Larry Ochs & Drumming Core

Porgy & Bess
03.06.2004
 



Larry Ochs: ss, ts, Scott Amendola: dr, perc, Donald Robinson: dr, perc


Die Perkussionisten, die zu Beginn des Konzertes noch sehr konzentriert und, einander belauernd und in der Zeichensprache interagierend, den Rhythmusteppich für den Saxophonisten legten, steigerten sich im Verlauf der Darbietung zu einem homogenen und traumwandlerisch sicheren Gespann. Nach dem Motto: Wehe, wenn sie losgelassen. Von der melodischen bis zur 'Orgy in Rhythm'- Stimmung, hörte man da sie trommeln. Peter Brötzmann hat vor einiger Zeit auch dieses Wagnis unternommen, sich als Bläser einer Drummerphalanx zu stellen. Er hat das Problem damals wunderbar gelöst aber individuell andere Vorgehensweisen dafür verwendet. Larry Ochs reagierte mit flirrenden Saxophonlinien, ließ mächtig Dampf ab aber er war auch bereit dem mächtigen Trommelwirbel von Scott  Amendola und Don Robinson, lyrische Akzente und Aspekte entgegenzusetzen und zeigte, dass seine musikalischen Ahnen und Vorbilder, die illustren Namen Anthony Braxton, Roscoe Mitchell, der frühe Archie Shepp, in seinem Spiel auszumachen sind. Natürlich nicht epigonenhaft oder als reine Zitatansammlung, sondern in einer durchgeistigten, transparenten, amalgamierten Formensprache, die Eigenständigkeit und raffinierte Lösungsansätze dem Hörer darbot. Die überlagerten Rhythmen der beiden Schlagwerker schufen die Basis für das alte Spiel: Improvisation versus Struktur (die bei Ochs immer klar determiniert ist). Komplexe  Konstellationen wurden von der Band virtuos und doch leicht den leider spärlichen Zuhörern als Hörgenuss abgeliefert. Am Tenor entführte uns der Rova-Gigant in intergalaktische Klangwelten. Der Saxophonist Larry Ochs hat etwas zu sagen, wenn er spielt; der Humanist, der Menschenfreund, der Musikprofessor, der Komponist, der Arrangeur, der Nicht-Bush- Wähler...

Larry Ochs by Rainer Rygalyk


Für Spannung und Abwechslung sorgten die Klangmalereien der Drummer, dadurch wurden Balladen, in heldenhafter Reduktion und solider Einfachheit möglich. Da wurden der Stille ein paar Töne geraubt, hatte das Klanglabor und Kommunikationszentrum offen...Auch wenn zwei Birdland Besucher sich über den Stadtpark ins Porgy verirrt haben (perfektes Amerikanisch nicht ganz sattelfest in der Beurteilung der musikalischen Darbietung waren - und das dann  lautstark besprachen ...) Aber, viel wichtiger: Feinnerviges und abgeklärtes Spiel und der positive Drang, gar die Gier, nach Neuem wurde von Larry Ochs und seinem 'Drumming Core' zelebriert. Eine hochpoetische, intime und berührende Auseinandersetzung mit den Elementen ... Tonkaskaden und Tontrauben wurden manchmal über sehr simple Grooves gelegt. Damit erzeugte das Trio enormen Drive. Ein wunderbares Konzert, vor intimer Kulisse. Viele der an diesem Abend gespielten Stücke sind nachzuhören auf dem Tonträger (Black Saint 120217) 'The Neon Truth'. 

 

Ernst Mitter