PADOVA PORSCHE JAZZ FESTIVAL 2003

9. - 16. Oktober

"Oh Lord, want you buy me, a Mercedes Benz, my friends all drive Porsches...." sang einst Janis Joplin. Nun, ich kann mir weder einen Mercedes, noch einen Porsche leisten aber auf den Geschmack kann einer schon kommen, wenn er 30 Edelkarossen an einem vorbeiziehen sieht. So geschehen beim Porsche Korso im Rahmen des Jazz Festivals in Padua. Ein Autokorso bei einem Jazzfestival? Na ja, der Hauptsponsor will sich ja schließlich präsentieren. Dass die deutsche Automarke in Italien als Sponsor fungiert, ist ein Verdienst der umtriebigen Gabriella Piccolo Casiraghi, die seit einigen Jahren das Jazz Festival in Padua organisiert. Als musikalischer Leiter stand ihr heuer erstmals der Musiker Claudio Fasoli zur Seite. Gemeinsam und mit einer Reihe weiterer Heinzelmännchen schafften sie es, ein tolles Festival auf die Beine zu stellen.

Einer Einladung meines Freundes Francesco Martinelli folgend, konnte ich mich an einem Oktoberwochenende, genauer vom 10. bis 12. nicht nur an der Schönheit Paduas und an den sommerlichen Temperaturen, sondern auch an einigen musikalischen Leckerbissen erfreuen. Als Hauptschauplätze hatte man heuer das altehrwürdige und wunderschöne Caffe Pedrocchi und das nicht minder schöne, und akustisch hervorragende Teatro Verdi ausgewählt.

Einer Einladung meines Freundes Francesco Martinelli folgend, konnte ich mich an einem Oktoberwochenende, genauer vom 10. bis 12. nicht nur an der Schönheit Paduas und an den sommerlichen Temperaturen, sondern auch an einigen musikalischen Leckerbissen erfreuen. Als Hauptschauplätze hatte man heuer das altehrwürdige und wunderschöne Caffe Pedrocchi und das nicht minder schöne, und akustisch hervorragende Teatro Verdi ausgewählt.

Unter dem Motto "Strings Of Italy" traten im Caffe Pedrocchi am Freitag den 10. Oktober der Gitarrist Pietro Condorelli und der Bassist Dario Deidda auf. Die beiden spielten sehr gefälligen und interessanten Modern Jazz. In ihrem Programm fanden sich Eigenkompositionen ebenso wie Kompositionen so bekannter Musiker wie Nat Adderley oder Charles Mingus. Besonders angetan war ich dabei von ihrer Interpretation des Mingus Klassikers "Good Bye, Pork Pie hat". Bei diesem Stück griff Deidda zum E-Bass, und es gelang dem Duo dieser ohnehin großartigen Komposition noch zusätzliche Farbtupfer aufzusetzen.

Vom Caffe Pedrocchi ging es dann in das Teatro Verdi wo Pierre Favre hinter einer Batterie an Trommeln und Becken fast nicht zu sehen war. Aber zu hören war er, und das nicht weil er auf Lautstärke setzte, sondern wegen der bereits erwähnten guten Akustik und einem Publikum, welches ob seiner Darbietungen wahrlich den Atem anhielt. Favre versuchte nicht mit spektakulärer Technik zu glänzen sondern lieferte ein facettenreiches und faszinierendes Spiel auf dem Schlagzeug, respektive diversen Perkussionsinstrumenten, welche zum Teil präpariert waren.

Nach der letzten Nummer blieb es für kurze Zeit mucksmäuschenstill, ehe ein gewaltiger Beifall losbrach. Ein tolles Konzert von einem außergewöhnlichen Musiker.

Als nächstes folgte eine Konzert der Gruppe Oregon. Und, nun ja, Oregon war... eben Oregon. Nichts wirklich Neues was die Gruppe da präsentierte, doch das ist ja auch nicht immer notwendig. Allerdings wirkt Ralph Towners Gitarrespiel auf mich zu etüdenhaft und dadurch ermüdend und die Oboe, auch wenn sie von einem ausgezeichneten Musiker wie Paul McCandless geblasen wird, war nie und wird (höchstwahrscheinlich) nie ein Jazzinstrument. Der Perkussionist Herb Walker, technisch zwar hervorragend, kann einen Colin Walcot nicht vergessen machen. Bleibt nur noch der Bassist Glen Moore, der für die interessantesten Momente sorgte. Manchmal, vor allem in den bluesigeren Nummern, kam ein wenig Spannung auf, der Großteil des Konzertes war aber einfach fad.

Danach erneuter Schauplatzwechsel und zurück ins Caffe Pedrocchi, wo bei meinem Eintreffen bereits das österreichische Karl-Heinz Miklin Trio spielte. Miklin wie immer an diversen Holzblasinstrumenten, am Bass der bewährte Ewald Oberleitner und am Schlagzeug Miklins Sohn Karl-Heinz Junior. Die nächtlichen Konzerte im Caffe Pedrocchi standen unter de Motto "Music from Europe" und das Miklin Trio bewies einmal mehr, dass es in der europäischen Jazzszene eine fixe Größe ist. Für mich ist das Trio ohnehin die Formation, in der Miklins Musik am besten rüberkommt, und das tat sie auch an jenem Abend. Nicht nur das Publikum sondern auch der musikalische Leiter des Festivals war begeistert. In einem Gespräch nach dem Konzert meinte Claudio Fasoli über Karl-Heinz Miklin: "Er ist ein fantastischer Typ. Am Beginn immer etwas scheu, doch wenn er erst einmal loslegt, spielt er sich wirklich den Arsch ab."

Am nächsten Tag der gleiche Programmablauf: Zuerst ein Konzert im Caffe, dann zwei im Teatro Verdi und dann war wieder das Caffe an der Reihe. Als "Strings from Italy" waren diesmal der Gitarrist Tomaso Lama und der Bassist Paolo Ghetti zu hören. Lama mag zwar ein technisch ausgezeichneter Gitarrist sein, doch konnte ich mit seiner Spielweise nicht wirklich viel anfangen. Da noch einen Akkord draufsetzen beziehungsweise noch eine Akkordzerlegung.. das wirkte auf die Dauer nervtötend. Auf der Strecke blieb die Musik.

Im Teatro Verdi gab es dann erneut ein Solokonzert. Diesmal erwies sich John Surman als Rattenfänger von Hameln. Egal ob Sopran- oder Baritonsax oder Bassklarinette - Surman findet auf jedem Instrument den richtigen Ton. Und sollte er das einmal nicht mehr tun, kann er immer noch als Conferencier auftreten. Seine launigen, oft schalkhaften Ansagen zwischen den einzelnen Nummern brachten das Publikum mehr als einmal zum Lachen. Auch in seiner Musik verbirgt sich jede Menge Humor und so wurde dieses Solokonzert ein sehr kurzweiliges Erlebnis. Bei der Zugabe wollte Surman eine Dudelsacknummer spielen, doch da er keinen Dudelsack hatte, wurde kurzer Hand das Publikum mit einbezogen. Dieses sang die Borduntöne und Surman spielte auf dem Sopran eine wunderschöne Melodie darüber. Ich glaube, an diesem Abend wäre ihm das Publikum überallhin gefolgt.

Nach diesem großartigen Konzert folgte ein weiteres, das ebenfalls als großartig bezeichnet werden muss. Das Henri Texier Strada Quartet des französischen Bassisten begeisterte mit wunderbarem Ensemblespiel, herrlichen Melodien und ausgezeichneten Soli. Fernab aller Klischees gab es Modern Jazz mit mediteranem und balkaneskem Flair. Texiers Sohn Sebastien überzeugte am Altosax und auf der Klarinette, Georgu Kornazov ist ein Posaunist, von dem man noch viel hören wird und am Schlagzeug wirbelte das madegassische Energiebündel Tony Rabeson.

Bei sommerlichen Temperaturen (kurz vor Mitternacht hatte es noch 21 Grad) machte der Spaziergang zurück ins Caffe Pedrochi richtig Spaß. Dieser Spaß wurde durch die Darbietung des irischen "Mappa Mundi" Quartetts noch gesteigert. Die Gruppe um den Leader und Bassisten Ronald Guilfoyle verstand es ausgezeichnet irische Volksmusik mit Blues und Jazz zu vermischen. Über weite Strecken war die Musik sehr ruhig gehalten, doch hin und wieder, vor allem bei einer von Charlie Parker inspirierten und diesem auch gewidmeten Nummer, ließ man so richtig die Sau raus. Mit Guilfoyle spielten der Saxophonist Julian Arguelles, der Pianist Greg Felton und der Schlagzeuger Sean Carpio.

Wer glaubte, nach diesem tollen Abend gäbe es keine Steigerung mehr, der irrte gewaltig. Nach dem bereits erwähnten Autokorso stand ein weiteres Solokonzert auf dem Programm. Schauplatz war diesmal der Sala Rossini des Pedrocchi. Auch dieser Saal konnte mit einer hervorragenden Akustik aufwarten und das nützte der französische Klarinettist und Saxophonist Louis Sclavis weidlich aus. "Unplugged" demonstrierte er, was man aus verschiedenen Holzblasinstrumenten "herausholen" kann. Mögliches und Unmöglisches gab es da zu hören. Mal wurde das Mundstück weggelassen, mal wurden nur die Klappen betätigt, mal wurde gegrunzt, dann wieder gequietscht und alles hatte Hand und Fuß, wirkte schlüssig, nie aufgesetzt. Sclavis wusste genau was er tat, und nach anfänglicher Überraschung oder Verwunderung ob so einer Darbietung wusste auch das Publikum Bescheid und dankte ihm dafür mit orkanartigem Beifall. Für mich der absolute Höhepunkt dieser drei Tage.

Neben guter Musik hatte das Festival aber noch eine andere Attraktion zu bieten. Am 11. Oktober wurde im Museo Civico al Santo eine Ausstellung mit Fotos von Guiseppe Pino eröffnet. Pino sollte den meisten Jazzfreunden ein Begriff sein, findet man doch seine Portraits in vielen der gängigen Jazzbücher. Pino hat aber nicht nur Jazzmusiker mit seiner Kamera porträtiert, sondern auch eine Unzahl anderer Prominenter. 98 Fotos zieren, die Ausstellung läuft bis zum 25.Jänner, die Wände des Museums. Neben Miles Davis, Louis Armstrong oder Dizzy Gillespie findet man die Gesichter von Frank Zappa, Roy Lichtenstein, Marcello Mastroianni, Hanna Schygulla oder Silvio Berlusconi. Viele dieser Fotos sind wahre Kunstwerke und Serena Baccaglini gebührt für die Organisation dieser Ausstellung ein herzliches Dankeschön.

Ein herzliches Dankeschön gebührt aber auch all jenen, die mitgeholfen haben, das Festival in Padua zu organisieren. Es war wirklich ein Erlebnis. Hier wurde dem Jazz ein würdiger Rahmen gegeben. Bravo! (Text: Pepsch Muska, Fotos: Daniela Zedda)