BOBBY PREVITE - CHARLIE HUNTER - GREG OSBY

Jazzit; Salzburg 30.10.2003

Bobby Previte by Rainer Rygalyk

 

 

Bereits bei "The Horse" und seinen Darbietungen der Miles-Davis-Kompositionen aus den frühen 1970ern dachte ich mir: der Mann ist im positivsten Sinne des Wortes verrückt. So was kann nur jemand machen, der sich auch gänzlich außerhalb eingefahrener Konzepte, Ideen und Techniken trittsicher bewegen kann. "Live" stellte Previte im Trio vor, was er zuvor als Ein-Mann-Performance (unter anderem in Saalfelden) schon gemacht hatte, nämlich ein elektronisch verfremdetes Schlagzeug, dessen Sound sich mit Schlagort und Schlagstärke veränderte, wobei die elektronischen Drums mit Soundloops, Scratches und Rap-ähnlichen Gesangspartikel verknüpft waren. So entsteht auf der Bühne ein Mikrokosmos getrommelter Geschichten, deren Horizont noch nicht einmal entfernt absehbar ist. Deutlich wurde: hier hat jemand musikalisches Neuland entdeckt und erschlossen. Charlie Hunter und Greg Osby erwiesen sich als kongeniale Partner. Heraus kam ein ungemein dichtes, verzahntes, in unentwegter Abfolge Patterns, Beats, melodische Bögen, Sounds und modale Strukturen veränderndes Arrangement bzw. Set von Konzepten und Ideen. Previte präsentierte sich mit schier überschäumender Kreativität, führte bzw. lenkte die Band unentwegt in andere Richtungen, wobei Hunter im musikalischen Dialog der Gefolgschaftsbereitere war, Osby hingegen wie ein Komet seine komplexen,Bahnen am Altsaxophon zog, zwar den Gruppenkontext nicht verließ, sich aber auch nicht in jede neue "shift", jedes neue Thema umgehend hineinziehen ließ. Was da zu hören war, gab in souveräner Manier und mit wohl kaum übertrefflicher handwerklicher Kompetenz schon einen profunden Ausblick auf die Konzept- und Dogmengeschichte des Jazz in den nächsten 25 Jahren.

 

Nikolaus Dimmel