soundgrube 15 oder: die lust, mit einem klavier ein kleines lokal vollzuräumen 21.01. bis 23.01.05
Fr.21.1.2005: KOSMOS LUTOSLAWSKI Oskar Aichinger, Klavier DER BÖSE ZUSTAND Judith Unterpertinger, Klavier Michael Bruckner, Gitarre Christoph Roithner, Gitarre Lukas Wallstädt, Bass Bernhard Breuer, Schlagzeug Gast: Wolfgang Schiftner,as Sa.22.1.2005: TUNES & VARIATIONS Veryan Weston, Klavier, Vocals DUO Wolfgang Mitterer, Klavier, Elektronik Reinhardt Winkler, Schlagzeug So.23.1.2005: DUO Veryan Weston, Klavier Noel Akchote, Gitarre ECHOS AN KEGELRÄNDERN Josef Novotny, Keyboards, Elektronik Hannes Löschel, Klavier, Devices Didi Bruckmayr, Stimme
Bereits zum 5. Mal lockte die Soundgrube mit aktueller, avancierter und von eigenständigen Persönlichkeiten repräsentierter Improvisationsmusik in verschiedendsten Schattierungen rund um das Thema Klavier. Mit einem solchen wurde das Blue Tomato vollgeräumt(macht optisch einiges her). Mit viel Lust, wie der Untertitel der Veranstaltung verhieß. Und das war auch unüberhörbar bei den MusikerInnen zu bemerken. Die Soundgrube ist eine Initiative des Wiener Pianisten Hannes Löschel, die er mit den beiden engagierten Betreibern des Blue Tomato auf die Beine gestellt hat. Eine beispielhafte Zusammenarbeit von Künstler & Veranstalter. Das Tomato ist eines der letzten Biotope im letscherten, angepassten, idustrialisierten Mainstream-Fastfood. Eine Frucht voll Saft und Kraft. Eröffnete wurde das Festival von Oskar Aichinger. Sein aktuelles Projekt ist ein Piano-Recital, für das er sich in das Werk des polnischen Komponisten Witold Lutoslawski (1913 – 1994), der als Vater der Neuen Musik in Polen gilt, vertieft hat. Bereits nach den ersten Tönen wird deutlich, auf sehr undogmatische, persönliche, von großem Verständnis für die musikalische Sprache des Komponisten, gekennzeichnete Weise. Souverän, einer sich eleganten Beweglichkeit befleißigend, flocht Aichinger Materialien aus Lutoslawskis Kompositionen, wie etwa den Variationen über ein Thema von Paganini, dem Streichquartett, einer Hommage an Bela Bartok, in seine leuchtenden Reflexionen ein. Dabei nahm er sich auch genügend Freiraum für Extemporen, immer unter Bedacht auf die Charakteristik von Lutoslawskis Ästhetik, deren wesentliches Merkmal der gesteuerte Zufall im Sinne einer aleatorischen Auffassung war. „Ein aichisches Irrding“. Den zweiten Teil des Abends bestritt das Ensemble Der Böse Zustand. Ein Kollektiv aus jungen MusikerInnen mit hohem technischen Niveau und teilweise originären kompositorischen Ideen rund um die aus Tirol stammende Pianistin Judith Unterpertinger. Zum regulären Ensemble(siehe oben), gesellte sich ab und an der heißspornige Saxophonist Wolfgang Schiftner. Die vertrackten Arrangements mit diffizilen Rhythmuswechsel wie harmonischen Schichtungen, vollführten radikale Schnitte zwischen losen, feinmaschigen Klangfarbenimprovisationen und muskulösen Noise-Metall Sequenzen. Erinnerungen an die NYer Down Town-Szene der 1980er Jahre wurden geweckt. Ein bisschen zu offensichtlich verfolgte der Böse Zustand einen postmodernen Duktus. Doch die Band ist jung und heiß, die kriegen das schon in die richtige Kehle. Den Samstag musste der Verfasser dieser Zeilen bedauerlicher Weise auslassen. Dafür begann der Sonntag gleich mit einem Knalleffekt für den Veryan Weston und Noel Akchote verantwortlich zeichneten. Beim diesem ersten Zusammentreffen(so glaub ich wenigstens) dieser beiden charismatischen, gestandenen Improvisatoren schlossen sich interaktive Meisterschaft, einfallsreiche Klangfindungsgabe und pulsierende Nervenbahnen kurz. Fazit: Improvisierte Musik mit der Frische von Lemonen – gelenkig, leichtfüßig, brodelnd vor Spielwitz. In diesem fesselnden Dialog türmten sich Tonkaskaden übereinander, die einen aber nie erschlugen, da die immer präsente Subtilität der beiden Musiker die nötigen Raumfugen zuließ. Aber ebenso konnten sie es ganz leise und verhalten – ohne Spannungsabfall. Ein berauschender Parforce-Ritt zwischen Schroffheit und glühender Sinnlichkeit durch einen musikalischen Feinkostladen mit franko-britischen Spezialitäten. Einen spannenden, aber etwas gespaltenen Eindruck hinterlassenden Schlusspunkt setzte das Trio Antasten. Eigentlich ein Klavier/Elektronik Trio, wurde an diesem Abend der dritte Antaster durch den Stimmperformer Didi Bruckmayr ersetzt. Die elektro-akustische Musik des Trios verband sehr zwingend strukturierte Genauigkeit und spontane Risikofreude im Ausdruck einer expressiven Attitüde. Dicht wallende, dennoch sehr differenziert zusammengebaute Klangflächen, von einem extrovertiert agierenden Hannes Löschel und den konzentrierten, Impulse setzenden elektronischen Transformationen Josef Novotnys angetastet, kommunizierten mit den nonverbalen Vokaleskapaden Bruckmayrs, die sich einmal abdriftend, einmal heterogen darstellten und auch gelegentlich ob klanglicher Enge steckenblieben. Nichts desto trotz spannende Echos. Soundgrube 2005: Eminent wichtige Echos am Stadtrand.
Hannes Schweiger
|