John Tchicai
Porgy & Bess
Es wird an das Gewissen
des avancierten Jazz (Zitat Christoph Huber), den Bassisten, Biographen
und Analytiker Peter Niklas Wilson gedacht. Er hätte bei dieser
Tournee dabei sein sollen, allein es war ihm nicht mehr vergönnt. Viele
Kompositionen von Wilson werden an diesem Abend gespielt. Dazu gesellten
sich Stücke von Billy Strayhorn, Johnny Dyani, dem Leader selbst und
einige Takes, von denen Loboga, das für mich schönste Stück des Konzertes
darstellte, waren von Witold Rek. Da wurden auf sehr einfühlsame Weise
folkloristische Elemente mit einer modernen Jazzsprache verbunden und
zeitigten ein äußerst gelungenes Ergebnis; wenn man von Spirit spricht,
dann hatte dieser Part eindeutig diesen Vorzug. Mit seinem voluminösen
Ton, wunderbar leicht und doch sehr präzise schaffte Rek an seinem
Geburtstag (49) eine schöne Basis für die Legende John Tchicai. Dabei
überzeugte er sowohl mit seinem dynamischen Pizzicatospiel als auch mit
seiner überzeugenden Bogenarbeit. Bei den seelenvollen Balladen sorgte, so
schien es, nur der Lichtmeister für Drive. Aber man kann auch undankbar
sein. Wenn ich schreibe, dass der Saxophonist Belanglosigkeiten
aneinandergereiht hat, dann ist das natürlich meine sehr subjektive
Meinung. Der Schlagzeuger Makaya Ntshoko erholte sich im Verlaufe des
Konzertes von seiner anfänglichen Steifigkeit und trommelte, in seiner ihm
eigenen Art, einen melodiösen (vor allem durch seine akzentuierte
Beckenarbeit) Rhythmusteppich für seinen Kollegen. Der 68-jährige Tchicai
hat ein erfülltes Jazzleben hinter sich. Es ist ihm, ähnlich wie dem
Trompeter Don Cherry, immer wieder gelungen, bei elementaren Ereignissen
dabei zu sein.
Erinnere
nur an Ascension (Coltrane, 1965), New York Eye and Ear Control (Ayler,
1964), Four for Trane (Shepp, 1964).
Seine eigene Projekte
waren ab den frühen 60-er Jahren von einem mutigen Neuerungsgeist und
einer eigenen Formensprache gekennzeichnet. Das New York Art Quartet
schrieb dabei neben den großorchestralen, leider längst vergriffenen Alben
'Cadencia Nova Danica' und 'Afrodisiaca' Musikgeschichte.
Ernst Mitter |