Tuba Tuba

Porgy & Bess
30.03.2004

Dave Bargeron (tu, tb), Michel Godard (tu, serpent), Luciano Biondini (acc), Kenwood Dennard (dr)

 

Dennard, Bargeron, Biondini, Godard by Rainer Rygalyk
 

Let's warm up als stimmiges Interaktionsmodell, das Eingangsmotto, das Dave Bargeron ausgegeben hatte, funktionierte ganz ausgezeichnet. Ein begeisterungsfähiges Publikum konnte von den Darbietungen des Quartetts nicht genug bekommen. Der Band gefiel die gute Atmosphäre und sie packte offenbar gerne die Herzstücke ihres Repertoires aus. Da sang der gutgelaunte Bargeron ein swingendes 'Sweet Georgia Brown' auf der Tuba mit, leisteten er und sein Partner Michel Godard für einen Titel aus der Renaissancezeit die phantastischen Basic-Basslines, übte der sympathische Godard in einem schon beim Zuhören, atemlos machenden Stück, dem italienischen Partisanenlied 'Bella Ciao', die Simultanatmung und bescherte den Zuhörern damit eine merkbar beklemmende Atemnot...Luciano Biondini steuerte noch im ersten Set ein hochvirtuoses Solo bei; Godard & Bargeron durften sich dann mit tänzerischer Leichtigkeit in das komplexe Stück einmischen und bewiesen dabei eindringlich, wie sehr das dicke 'Bassersatzvehikel' inzwischen zum Soloinstrument mutiert ist.

Im zweiten Set wurden vorerst Plastiktränen vergossen. In einem sentimentalen Rührstück der verstorbenen Mutter des Leaders gedacht. Anyway. Einer der Höhepunkte des Abends war eine J.S. Bach inspirierte Nummer, für die wieder der Akkordeonist verantwortlich zeichnete. Wunderbar, als Kurzkommentar. Die 'Bekummernis' als scheinbares Grundmotto. Serpent (gespielt in der Kirche, 16. - 19. JHDT, auch Schlauch oder Snake genannt) und Posaune wurden dann von den beiden Tubisten ausgepackt. Eine hinreißende Melange aus musikalischer Ironie, Satire und ernsthaften Schalk, da konnte man sich in die Musik nur verlieben...
D.B. hat dabei manchmal in den riesigen Trichter seiner Tuba geblickt,  fast verschämt und ein wenig verloren, und ich glaube, er hat dem kleinen Kobold, der offenbar die Töne produzierte, irgendwie dankbar zugenickt; Michel Godard ist Franzose und glaubt daher an sich, seine Fähigkeiten und seinen Charme. Deshalb wiegt er sein Instrument lieber wohlwollend in den Armen als dass er es genauer untersucht. Dem Kollegen Rabih Abou Khalil wurde eine interessante Hommage, mit feurigen Rhythmen gewidmet, bei der Kenwood Dennard zum wiederholten Male brillieren durfte. Ein so unaufgeregter, entspannter Schlagzeuger, der mit feiner Technik und kaum zu überbietenden Understatement die aberwitzigsten Figuren spielt, ist selten zu hören. Sein Maultrommelsolo, im Zugabenteil, brachte das Publikum zum Toben. Keine öde Kopfmusik, sondern ein Konzert, bei dem man mit allen möglichen Körperteilen mitwippen konnte und durfte....

(Ernst Mitter)