Die Geschichte Wiens

Prähistorische Besiedelung
 
Bereits ab ca. 2000 v. Chr. siedelten indoeuropäische bzw. indogermanische Volksstämme in den nordwestlichen Waldbergen des Wiener Beckens; 400 v. Chr. (in der späten Eisenzeit) wurde die frühere Bevölkerung von den einziehenden Kelten verdrängt. An der Stelle des heutigen Wiens entstand eine Siedlung mit dem Namen Vedunia (Wildbach); der Leopoldsberg trug vermutlich eine keltische Stadtburg.
 
Römerzeit
 
Im 1. Jhdt. n. Chr. legten die Römer an der Stelle des heutigen Wiener Stadtzentrums ein Militärlager mit der angeschlossenen Zivilstadt Vindobona an; diese Siedlung wurde im Jahre 212 zum Municipium (autonome Stadt) erhoben und noch heute kann man an den Straßenzügen des 1. Bezirks (Innere Stadt) den Mauerverlauf des Lagers erkennen.
 
Das frühe Mittelalter
 
Die ursprüngliche keltische Siedlung Vedunia und spätere römische Legionslager Vindobona im heutigen Wien lag weit im Osten des weströmischen Reiches und fiel daher rasch den Wirren der germanischen Völkerwanderung zum Opfer. Nach einem katastrophalen Feuer etwa zu Beginn des 5. Jhdts. n. Chr. blieb eine kleine Restsiedlung zurück, in der die zu dieser Zeit herrschenden Langobarden regen Handel trieben; später folgen Slawen und Awaren.
 
Die erste urkundliche Erwähnung im Mittelalter erfolgte 881 in den Salzburger Annalen, als eine Schlacht gegen die Magyaren stattfand - wobei unklar ist, ob es sich um die Stadt oder um den Wienfluß handelt. Der ostfränkische König Otto I. besiegte die Magyaren im Jahre 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld und damit begann für das frühe Wien der Weg ins Mittelalter.
 
Die Zeit der Babenberger
 
Im Jahre 976 wurde unter den Babenbergern die Markgrafschaft Ostarrîchi eingerichtet und bereits im 11. Jhdt. war Wien ein wichtiger Handelsort; im Jahre 1155 machte Herzog Heinrich II. (Jasomirgott) Wien zu seiner Hauptstadt; im Jahre 1156 wurde Ostarrîchi (Österreich) mit dem „Privilegium Minus” zum Herzogtum erhoben und Wien Sitz des Herzogs.
 
Die Gefangennahme des englischen Königs Richard Löwenherz durch Markgraf Leopold V. (dem Tugendreichen) im Jahre 1192 in Erdberg bei Wien brachten ein enormes Lösegeld, von dem um das Jahr 1200 die Wiener Stadtmauer gebaut wurde.
 
1221 bekam Wien das Stadt- und Stapelrecht verliehen, das der Stadt weitreichende Handelsbeziehungen (insbesondere entlang der Donaustraße und nach Venedig) ermöglichte und Wien sehr bald als eine der bedeutendsten Städte des Reichsgebiets galt.
 
Die Habsburger
 
Nach seinem Sieg über König Ottokar II. Premysl von Böhmen im Jahre 1278 nahm König Rudolf I. von Habsburg die österreichischen Länder unter eigene Verwaltung und damit begann die Herrschaft der Habsburger.
 
Der kulturelle und wirtschaftliche Wettstreit mit den Luxemburger-Kaisern und Prag verhalf der Stadt unter Erzherzog Rudolf IV. (der Stifter; 1339-1365) zu einigem Wohlstand (Bau des gotischen Langhauses von St. Stephan sowie Gründung der Universität Wien 1365).
 
Die Zeit der Erbstreitigkeiten unter den Habsburgern führte zum wirtschaftlichen Niedergang der Stadt und sozialen Unruhen; nach der Zerschlagung der politischen Strukturen durch Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) unterstand Wien der direkten kaiserlichen Kontrolle und wurde im Jahre 1556 schließlich Sitz des Kaisers, nachdem Ungarn und Böhmen zum Herrschaftsbereich der Habsburger hinzugekommen waren.
 
Die Türkenkriege
 
Wien wurde im Jahre 1529 das erste Mal von den Türken belagert und konnte den Angriffen nur mit Mühe Stand halten - durch diese Belagerung war die Notwendigkeit zeitgemäßer Befestigungsanlagen deutlich geworden; nach Plänen von Hermes Schallauzer wurde Wien ab 1548 zu einer Festung ausgebaut und die Stadt wurde mit 11 Bastionen aus Mauerwerk versehen und von einem Graben umgeben; um Wien entstand ein Glacis (ein breiter, unverbauter Bereich).
 
Diese Befestigungsbauten, die bis ins 17. Jhdt. den Hauptteil der Bautätigkeit ausmachten, sollten sich 1683 bei der Zweiten Türkenbelagerung auszahlen - sie schützten die Stadt zwei Monate lang, ehe König Jan III. Sobieski von Polen das türkische Heer (unter Großwesir Kara Mustafa Pascha) in der Schlacht am Kahlenberg vernichtend schlug und damit das endgültige Zurückdrängen des Osmanischen Reiches einleitete.
 
18. Jahrhundert
 
Nach dem Ende der Türkenkriege setzte rege Bautätigkeit ein; im Zuge des Wiederaufbaus wurde Wien weitgehend barockisiert - dies ist vor allem mit den Namen der Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lukas von Hildebrandt verbunden.
 
In den Vorstädten überzog der Adel das ganze Umland mit seinen Gartenpalais’; am bekanntesten sind die Palais Liechtenstein, Schönborn und Schwarzenberg sowie vor allem das Schloß Belvedere, das Gartenpalais des Prinzen Eugen von Savoyen.
 
Ab dem Jahre 1704 bekamen die Vorstädte ihr eigenes, großzügig angelegtes Befestigungssystem (den Linienwall) und nach den großen Pestepidemien 1679 und 1713 wuchs die Bevölkerung ständig an. Unter Kaiser Joseph II. wurde die Stadtverwaltung 1783 modernisiert (eigene Beamte für die Stadt; der Magistrat); um 1790 wurde mit der Kanalisation begonnen und die Straßenreinigung eingeführt.
 
In diese Zeit fallen auch die Einführung der ersten Hausnummern (der Konskriptionsnummern), ebenso die Anfänge eines staatlichen Postsystems sowie die Auflösung der innerstädtischen Friedhöfe.
 
19. Jahrhundert
 
Während der Koalitionskriege wurde Wien von Kaiser Napoleon I. Bonaparte eingenommen (1805 sowie 1809); nach den Niederlagen des französischen Kaisers vor Aspern (1809) sowie der totalen Niederlage in der „Schlacht von Waterloo” (1815) fand in Wien vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 der „Wiener Kongreß” statt, der die politischen Verhältnisse in Europa neu ordnete.
 
In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts kam es zu einer intensiven Industrialisierung, ab 1837 begann der Anschluß an das Eisenbahnnetz und nach die Märzrevolution 1848 wurde ab dem Jahre 1850 die Stadt erweitert, indem vor allem der Bereich innerhalb des Linienwalls eingemeindet und in Bezirke unterteilt wurde. Auf diese Weise wurde die bisherige Stadt zum 1. Bezirk, alle bisherigen Vorstädte zu den Bezirken 2 bis 9. Im Jahre 1858 wurden die Befestigungsanlagen geschleift und an ihrer Stelle die Ringstraße gebaut, die mit Monumentalbauten gesäumt wurde.
 
Nach der großen Überschwemmung des Jahres 1830 wurde 1870 mit der Donauregulierung begonnen - die vielen verästelten Seitenarme der Donau wurden abgegraben und ein schnurgerader Hauptstrom abseits der Stadt geschaffen; der Arm, der zur inneren Stadt führte, wurde in verengter Form belassen und erhielt den (irreführenden) Namen Donaukanal.
 
Wien um 1900
 
In dieser Zeit stieg die Bevölkerung Wiens vor allem auf Grund der starken Zuwanderung stark an; die seit 1869 regelmäßig durchgeführten Volkszählungen zeigten schließlich im Jahre 1910 den historischen Höchstwert von 2.031.000 Einwohnern.
 
Im Jahre 1890 kam es zur zweiten großen Stadterweiterung; die Vororte wurden als Bezirke 11 bis 19 organisiert - der 10. Bezirk (Favoriten) war 1874 durch die Teilung des 4. Bezirkes (Wieden) entstanden. 1900 wurde auch die Leopoldstadt geteilt und der 20. Bezirk (Brigittenau) gegründet; 1904 wurde auch noch Floridsdorf als 21. Bezirk eingemeindet.
 
In diesen Jahren war Dr. Karl Lueger die führende Figur der Stadtpolitik; ihm verdankt Wien unter anderem die „Wiener Hochquellwasserleitung” und die Schaffung des Wald- und Wiesengürtels um die Stadt.
 
Erster Weltkrieg und erste Republik
 
Der Erste Weltkrieg (1914-1918) führte zwar nicht zu einer unmittelbaren Bedrohung Wiens, jedoch zu einer verheerenden Versorgungskrise auf Grund der wirtschaftlichen Blockade der Entente-Mächte, die insbesondere zu einer Verknappung der Nahrungsmittel und Bekleidung führte; das Ende des Ersten Weltkrieges war zugleich auch das Ende der österreich-ungarischen Monarchie.
 
Am 12. November 1918 wurde vor dem Parlament in Wien die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen, die 1919 auf den Namen Republik Österreich geändert werden mußte. Auf Grund des nun kleineren Staatsgebietes war Wien im Verhältnis dazu zu groß und deshalb im Jahre 1921 durch das „Trennungsgesetz” vom umgebenden Niederösterreich abgetrennt und zum eigenen Bundesland erklärt.
 
Ständestaat und drittes Reich
 
Der Brand des Justizpalastes im Jahre 1927, der Zusammenbruch einer der größten Banken des Landes und schließlich die Auflösung des Parlaments 1933 markierten den Weg zum Bürgerkrieg im Februar 1934 - Dr. Engelbert Dollfuß (seit 1932 Bundeskanzler und Außenminister) schuf einen autoritären Ständestaat und regierte mit Notverordnungen. Zur Arbeitsbeschaffung wurden diverse Straßenbau-Großprojekte durchgeführt wie die Großglockner-Hochalpenstraße und die Höhenstraße auf den Kahlenberg, den Wiener Aussichtsberg.
 
Am 12. März 1938 erfolgte der Anschluß an das Deutsche Reich durch den österreichischen „Reichsführer” Adolf Hitler; noch im selben Jahr wurden durch eine große Stadterweiterung 91 „Umlandgemeinden” in die Stadt integriert und damit die Bezirke 22 (Groß-Enzersdorf), 23 (Schwechat), 24 (Mödling), 25 (Liesing) sowie 26 (Klosterneuburg) geschaffen - und Wien wurde mit 1.224 km² zur flächenmäßig größten Stadt des Deutschen Reiches.
 
Vier-Sektoren-Stadt
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wien zunächst eine Vier-Sektoren-Stadt unter Verwaltung der Alliierten; schon wenige Tage nach Ende der Kämpfe wurde eine provisorische Stadtregierung und Stadtverwaltung eingerichtet und die politischen Parteien formierten sich wieder. Am 29. April 1945 wurde das Parlamentsgebäude von der Besatzungsmacht an die neue Regierung übergeben und Dr. Karl Renner verkündete die Wiederherstellung der demokratischen Republik Österreich.
 
Nach der Konstituierung einer provisorischen Gemeindeverwaltung wurden im November 1945 die ersten Gemeinderatswahlen abgehalten und Anfang 1946 das so genannte „Gebietsänderungsgesetz” beschlossen, das die Stadterweiterung von 1938 wieder rückgängig machte (ein Veto der Besatzungsmächte verhinderte das Gesetz bis zu seiner endgültigen Realisierung 1954).
 
Nur zwei Bezirke, die vor 1938 nicht zu Wien gehört hatten, wurden nun endgültig Teil von Wien: der 22. Bezirk (Donaustadt) nördlich der Donau und der 23. Bezirk (Liesing) im Süden.
 
Innere Stadt Leopoldstadt Landstraße Wieden Margareten Mariahilf Neubau Josefstadt Alsergrund Favoriten Simmering Meidling Hietzing Penzing Rudolfsheim-Fünfhaus Ottakring Hernals Währing Döbling Brigittenau Floridsdorf Donaustadt Liesing
Zweite Republik
 
Am 15. Mai 1955 erreichte Österreich mit dem Staatsvertrag endlich seine Freiheit zurück und auch in Wien erfolgte wie überall in Westeuropa ein beispielloser Wirtschaftsaufschwung, nicht zuletzt mit Hilfe des Marshall-Planes.
 
Wichtig für Wien wurde die U-Bahn, deren erste Teilstrecke im Jahre 1978 eröffnet wurde; in den 1970er-Jahren wurde der dritte Amtssitz der UNO mit der UNO-City errichtet und ab den 1990er-Jahren eine Skyline mit den „Wolkenkratzern” Andromeda Tower und Millennium Tower am linken und rechten Donauufer (21. und 20. Bezirk) geschaffen.
 
Wien ist heute Sitz verschiedener internationaler Organisationen wie der OPEC (Organisation erdölexportierender Länder; seit 1965) und der IAEA (internationale Atomenergiebehörde; seit 1980); die Innenstadt von Wien wurde im Dezember 2001 auf Antrag der Republik Österreich von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.