Zwischen Tradition und Moderne

Afrikanische Musik auf CD (II)

 

Noch vor wenigen Jahren war Afrika für viele Musikliebhaber nicht mehr als ein weißer Fleck auf der musikalischen Landkarte. Das lag nicht etwa daran, daß in den afrikanischen Ländern keine Tonträger produziert wurden, sondern daran, daß diese Produkte den Weg auf den internationalen Markt nicht fanden. Die großen Firmen hatten zwar fast immer irgendwelche Sublabels, auf denen afrikanische Musik erschien, meist handelte es sich aber dabei um traditionelle Musik, die von Musikethnologen mit tragbaren Tonbandgeräten auf ihren Reisen durch Afrika aufgenommen wurde. Die populäre Musik, sei es nun Afro-Beat, Highlife, Juju oder die kongolesische Rumba, blieb, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auf Afrika konzentriert.

In den letzten Jahren eroberte sich afrikanische Musik einen festen Platz im Musikgeschäft. Dabei gilt es aber zu bedenken, daß es "die afrikanische Musik" nicht gibt. Zu unterschiedlich und verschiedenartig sind die einzelnen Musikstile oder -formen. Dies gilt sowohl für die traditionelle Musik als auch für die Pop-, Rock- oder Jazzmusik dieses Kontinents. Obendrein kann man oft nicht einmal die Musik eines Landes kategorisieren.

Dies verdeutlichen zwei Sampler die Musik von verschiedenen Gruppen aus Mozambique enthalten. "Mozambique One" und "Mozambique Two" (CDORBD 086-87) bieten Gesänge die nur von Mbiraklängen (Mbira=Daumenklavier) oder Trommeln begleitet werden ebenso wie ein unbegleitetes Vokalquartett oder Lieder die auf einem, der Okarina sehr ähnlichen, Instrument gespielt werden. Weiters finden sich auf diesen CDs Aufnahmen von SängerInnen die sich auf der Gitarre oder dem Akkordeon begleiten. Hier ist keine Hitparaden- oder Tanzmusik zu hören, sondern Musik wie sie in den Dörfern zu den verschiedensten Anlässen oder einfach bei der Arbeit erklingt.

Ähnliches bietet die CD "Music Of Tanzania" (King Rec. KICC 5150) aus der Serie World Music Library. Diese CD ist eine gute Zusammenstellung der traditionellen Musik Tansanias. Die Stücke 2 bis 7 sind Kinderlieder, daneben gibt es Lieder, bei denen einzelne, für die verschiedenen Regionen des Landes typische Instrumente, wie zum Beispiel eine einsaitige Geige oder eine Marimba mit 19 "Tasten", vorgestellt werden. Höhepunkt der CD sind die letzten beiden Stücke. Hier handelt es sich um einen "Trommeltanz" der Zaramos aus der Magomeni Region.

Obwohl er die meisten Stücke auf der CD "Chibite" (Real World CDRW 57) selbst komponiert hat, steht HUKWE ZAWOSE mit beiden Beinen in der Musiktradition Tansanias. Hukwe Zawose und Charles Zawose, der zweite Musiker auf Chibite benutzen nur traditionelle Instrumente wie Daumenklavier, Flöten und Geigen. Zawose singt in seiner Muttersprache, da er meint sich in der Sprache seines Volkes am besten ausdrücken zu können. Die Lieder handeln von Dingen die ihm in seinem Leben passiert sind. Eines dieser Lieder heißt "Safari Na Muziki", eine Reise mit Musik - unternehmen sie eine und hören sie sich diese CD an. Wesentlich "moderner" ist die Musik der Gruppe WATAFITI, die ebenfalls aus Tansania stammt. Mit dem Instrumentarium einer westlichen Rockband, das heißt mit elektrischen Gitarren, Keyboards, Baß und Schlagzeug, angereichert durch traditionelle Instrumente wie Kalimba, Marimba oder Flöten kreiert diese Gruppe auf ihrem Album "Umoja" (Koch Int. 322 414) eine Musik, die einerseits auf den traditionellen Rhythmen ihres Heimatlandes basiert, andererseits aber stark an die populäre Musik Zaires und Lateinamerikas angelehnt ist.

"Akwaaba" (EUCD 1263), die CD der Gruppe ADZIDO leidet leider ein wenig darunter, daß das visuelle Element verloren geht. Adzido ist nämlich ein Panafrikanisches Tanz Ensemble, welches sich zur Aufgabe gestellt hat, Tänze aus den verschiedensten Ländern Afrikas in Europa zu präsentieren. Wie gesagt, das visuelle Element fehlt beim Hören dieser CD. Was bleibt ist die Musik und auch mit dieser allein kann Adzido überzeugen, egal ob es sich nun um einen Tanz aus Ghana, Tansania oder Südafrika handelt. Erwähnenswert ist noch, daß Adzido in den letzten 10 Jahren zur größten und erfolgreichsten afrikanischen Tanzgruppe Europas geworden ist.

Nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt erfolgreich ist der nächste Interpret. KING SUNNY ADE, der König der Juju-Musik legt mit "E Dide / Get Up" (Mesa 7567-92644-2) ein sehr perkussives Album vor. Unterstützt von einem ganzen Heer von Mitmusikern erbringt Ade wieder einmal den Beweis, daß er den Titel "King" nicht zu unrecht trägt. "E Dide" ist afrikanische Popmusik (oder Juju-Musik, wenn sie so wollen), interpretiert von einem Musiker, der seine Wurzeln nicht verleugnet.

Die Wurzeln vieler afrikanischer Pop Musiker liegen in der Musik der Griots. Auf den nächsten beiden CDs befindet sich Musik, die von Griots, den "Historikern" Westafrikas, eingespielt wurde - unverfälscht und pur.

"Les Griots" (Koch Int. 322 412) von SOURAKATA KOITE & DIOMBO KOUYATE und "Farafina" (Koch Int. 322 413) von KEMANG KANOUTE & LANSANA DIABATE geben einen guten Einblick in die Welt der Griots. Vorherrschende Instrumente sind Kora und Balafon. Die Lieder behandeln Alltagsthemen aus dem Leben der Musiker oder ihrer Angehörigen oder sie sind Preislieder auf (verstorbene) Persönlichkeiten, die für die Region irgendwelche Bedeutung haben.

Zum Abschluß noch der Hinweis auf einen Sampler mit dem Titel "Soweto Never Sleeps" (Shanachie SH 43041). Der Untertitel dieser CD lautet Classic Female Zulu Jive und gibt damit auch schon die Musikrichtung an. Einige der bekanntesten Frauen-Gesangsgruppen Südafrikas sind hier vertreten. Neben den Mahotella Queens kann man noch die Mgababa Queens, die Dark City Sisters und Irene and the Sweet Melodians hören.

Diese 10 CDs sind nur eine klitzekleine Auswahl aus dem reichen Angebot an afrikanischer Musik. Viele Musikstile oder -richtungen habe ich hier gar nicht angesprochen und doch glaube ich, daß allein schon an wenigen Aufnahmen die Vielseitigkeit, die Verschiedenheit, aber auch die Schönheit afrikanischer Musik festzustellen ist. Egal ob traditionelle Musik oder populäre Musik, wie Reggae, Township-Pop oder Soukous - Afrika ist reich an guter Musik. Wir sollten dieser Musik unser Gehör schenken.

Pepsch Muska alias JGM, Jazzlive 112