Die nicht ganz so lange Reise der R. P. Feynman
              ( Das ETS-Projekt )

  Graf Hombug, gezeichnet von W.A.R.

  Nach dem Krieg gegen die Wruks versuchten die Mächtigen
  unserer Galaxis, Graf Frederik von Hombug möglichst schmerzlos
  abzuservieren.

  Dazu bot sich ein Langzeitforschungsauftrag an.
  Die R. P. Feynman war ein uraltes Raumfahrtkonzept, ohne
  Hypertriebwerk, ein zwei Kilometer langes Ungetüm, gefüllt mit
  fünf Millionen Tonnen Antimaterieplasma, eingehüllt in
  Magnetschirme. Zu dieser relativ bescheidenen Starthilfe kam
  noch ein Bussard Ramjet-Triebwerk neuerer Bauart hinzu, welches
  oberhalb von 30 % der Lichtgeschwindigkeit mit seinem
  sanduhrförmigen Magnettrichter die interstellare Materie
  einsammeln und zur Kernfusion bringen sollte.

    1.) Abschnitt für Kosmologie

  Die Wissenschafter hatten behauptet, daß das Problem des
  expandierenden Raumes nun endgültig gelöst sei. Jede
  Galaxie werde in eine Wolke von Tau-Netrinos gehüllt, genug
  Ruhemasse, um die Kontraktion des Universums zu garantieren.
  Auch über den nun folgenden Kollaps des Universums hatten sie
  sich Gedanken gemacht. Unser bekanntes Weltall ( das jetzt ca.
  zwanzig Milliarden Jahre alt ist ) würde etwa noch achtzig
  Milliarden Jahre lang expandieren, bevor es sich etwa hundert
  Milliarden Jahre lang kontrahieren würde. Das End- oder auch
  Ausgangsprodukt eines solchen Raumes zum Zeitpunkt Null hätte
  aber nicht die Längenausdehnung Null, da die Impulsvektoren der
  Materiepartikel nicht genau zum Zentrum zeigen würden. So
  wurden dem Universum und auch den ihm innewohnenden Physikern
  das sogenannte Singularitätsproblem erspart.
  Die nun folgenden Berechnungen hatten gezeigt, daß sich die
  gesamte Materie des Universums in einem Bereich von etwa
  fünfhunderttausend Lichtjahren Durchmesser konzentrieren würde.
  Unmittelbar darauf würde natürlich wieder die neuerliche
  Expansion des Universums erfolgen.
  Zum Vergleich sollte bemerkt werden, daß eine durchschnittliche
  Galaxis etwa hunderttausend Lichtjahre Durchmesser hat,
  und unser Universum immerhin hundert Milliarden Galaxien
  enthält. Andererseits bestehen Galaxien, wie fast alles andere
  auch, zu großen Teilen aus völlig leerem Raum.
  Ein Raumschiff mit halbwegs tauglichen Schirmfeldern könnte
  dieses heiße Plasma durchfliegen und nahe der
  Lichtgeschwindigkeit in Zeiten vorstoßen, in denen sich erste
  Planeten bildeten. So wäre die Vormachtstellung der Menschheit
  auch nach dem Endknall/Urknall weiterhin gesichert.
  Falls aber jemand das gesamte Raumzeituniversum umfliegen
  wollte, müßte er zweihundert Milliarden Lichtjahre Entfernung
  zurücklegen, was bei annähernder Lichtgeschwindigkeit etwa
  zweihundert Milliarden Jahre Zeit in Anspruch nehmen würde.
  Bei einem k-Faktor von zehn hoch neun, also einer
  Milliarde ( k=1/SQR(1-(v/c)^2), z.B.:10^9 ), würden dabei im
  Raumschiff nur zweihundert Jahre vergehen, was im Kälteschlaf
  durchaus auszuhalten war.
  Aufgrund des Massezuwachses von 10^9, und aufgrund der
  Lorentzkontraktion von 1/10^9 entlang der Flugachse, würde das
  Raumschiff beim Durchstoßen des Urknalles nahezu unverwundbar
  sein.

  Massezuwachs und Geschwindigkeit

  Lorentzkontraktion und Geschwindigkeit

  Dabei würde der größte Teil seiner
  Bewegungsenergie aus der Ramjet-H->He-Reaktion stammen.
  Laien pflegen an dieser Stelle des Gedankenmodells stets zu
  fragen, ob es nicht noch günstiger wäre, außen an der glühenden
  Gaswolke des Endknalls/Urknalls vorbei zu fliegen und sie zu
  umrunden. Die Physiker erklärten dann stets bestimmt, aber
  unverständlich, daß ein Außerhalb gar nicht vorhanden sei.
  Schließlich wäre zu diesem Zeitpunkt der Raum selbst nur
  fünfhunderttausend Lichtjahre groß und restlos von heißem
  Plasma ausgefüllt.
  Darauf reagieren die Mutigeren unter den Laien meist mit der
  Frage, was denn geschähe, wenn das Raumschiff mit dem Rand
  des Raumes kollidierte.
  Die Physiker, die ja auch sonst viel Kummer gewöhnt sind,
  bemerken dann meist, daß sie nun noch viel mehr erklären
  müssen. Die Dimensionen, und es gibt immerhin vierzehn,
  haben allesamt zwei gemeinsame Eigenschaften.
  Einerseits die Eigenschaft, kein Ende zu haben, und
  andererseits die Eigenschaft, von endlicher Größe zu sein.
  Im Klartext ausgedrückt, jede Dimension hat die Topologie des
  Kreises. Obwohl die Kreislinie keine End- oder Anfangspunkte
  besitzt, so hat sie doch eine endliche Länge. Genauso verhält
  es sich bei der zweidimensionalen Kugeloberfläche. Diese hat
  keine Randlinie und dennoch eine endliche Fläche.
  Unser vierdimensionales Raum-Zeit-Universum hat daher die
  Topologie der Oberfläche einer fünfdimensionalen Hyperkugel.
  Die verbliebenen zehn Dimensionen der Raumzeit haben nur
  Subatomare Ausdehnungen und sorgen für den Kummer der Physiker
  und für den Aufbau der Materie, was in etwa das selbe ist.
  In der Praxis bedeutet das, daß man bei Reisen im Raum, sofern
  sie geradlinig verlaufen, und auch dann, wenn man eine
  X-bliebige Richtung wählt, immer an den Ausgangsort zurück
  gelangt. In einem etwas hinkenden Beispiel erklärt, so wie auf
  der Erde, wo man vom Nordpol aus auf jedem beliebigen Meridian
  zum Südpol gelangt und später dann wieder zum Nordpol.
  Und um jetzt endlich zu etwas völlig Unanschaulichem zu kommen,
  verhält es sich mit der Zeitdimension natürlich genauso.
  In etwa zweihundert Milliarden Jahren ist wieder heute, vor
  zweihundert Milliarden Jahren war auch heute, und natürlich
  wird auch in vierhundert Milliarden Jahren wieder heute sein.
  Strenggenommen ist das nicht eine Wiederholung des Heute,
  sondern nur das einzige Heute, das existiert. In unseren
  Universum gibt es nur zweihundert Milliarden Jahre Zeit,
  das aber ohne End- und Anfangspunkte.
  Wenn Ihnen das zu schwierig ist, dann denken Sie sich einfach,
  daß jemand den Endknall an den Urknall geklebt hat, was zur
  Folge hat, daß auf das Jahr Zweihundert-Milliarden das Jahr
  Null folgt, und daß, wenn Sie den End-/Ur-Knall durchstoßen,
  aus der fernen Zukunft schlagartig die ferne Vergangenheit
  wird.

  Zyklisches Universum, Zeitskala

  Zyklisches Universum, toroidales Modell

  Analog dazu gibt es nur zweihundert Milliarden Lichtjahre hoch
  drei Raumvolumen, und das nur bei der maximalen Ausdehnung des
  Universums.
  Sollte also jemand weiter reisen, so wird er sich mit dem
  selben Raum wie vorher konfrontiert sehen, ganz ohne auf eine
  Grenze aufzuprallen.

    2.) Abschnitt für Raumfahrttechnologie

  Ewigkeitsprojekte dieser Art hatten Graf Frederik von Hombug
  schon immer interessiert, schließlich war Unsterblichkeit sein
  Steckenpferd.
  Er betrachtete das gigantische Fernraumschiff genau, während
  er mit seinem ZB-732-Jäger langsam vorbeidriftete.
  Am hinteren Ende, Raumfahrer nannten es lieber das untere Ende,
  was beschleunigungsmäßig auch korrekter war, konnte er den
  zweihundert Meter großen Gamma-Interferenz-Reflektor-Spiegel
  erkennen. Dieser sah aus wie ein riesiger Parabolspiegel, aber
  kompliziert an ihm war eher die Mikrostruktur. Der Spiegel
  sollte jene Gammaquanten reflektieren, die durch die Proton-
  Antiproton-Zerstrahlung entstanden ( 938 Megaelektronenvolt ).
  Deshalb bestand er aus unzähligen monoatomaren Schichten von
  Beryllium und Wolfram. Durch die dichte Abfolge von leichten
  und schweren Atomkernen wurden die harten Gammaphotonen in die
  gewünschte Richtung reflektiert.
  Nur durch jahrelange geduldige Aufdampfvorgänge im Vakuum des
  Weltraumes konnte so ein Präzisionssystem geschaffen werden.
  Immerhin betrug die Wandstärke des Reflektors zwanzig Meter.
  Auf den inneren drei Metern allerdings war eine viel gröbere
  Schichtstruktur aufgedampft. Diese diente nur zur Reflektion
  der viel energieärmeren Gammaquanten, die bei der Elektron-
  Positron-Zerstrahlung entstanden ( 0.51 Megaelektronenvolt ).
  Die Proton-Antiproton-Quanten würden diese Schicht mühelos
  durchfliegen, natürlich in beiden Richtungen.

  Gamma-Triebwerk

  Da aber diese Reflektionsvorgänge nicht ganz ohne Verluste
  abgehen würden, hatte man auf der Außenseite des Spiegels
  ein Kühlsystem mit suprafluidem Helium installiert. Dieses
  System hätte die Eislaufplätze einiger Sonnensysteme versorgen
  können.
  Weiter vorne, besser oberhalb des Spiegels, befand sich ein
  fünfhundert Gigawatt Fusions-Reaktor mit
  magnetohydrodynamischen Stromwandlern (MHD),
  zur Bordstromversorgung.

  MHD-Wandler

  Über diesem folgte der Magnetfeldtank, gefüllt mit fünf
  Millionen Tonnen Antiwasserstoffplasma. Plasma deshalb,
  weil neutrale Antiwasserstoffatome durch das Magnetfeld
  fliegen und dann an der Behälterwandung zerstrahlen würden.
  Die Zugabe von Positronen zu den Antiprotonen war aber zur
  Verhinderung von Raumladungseffekten unvermeidbar. Da dieses
  Plasma nur eine geringe Dichte hatte, füllte dieser Tank drei
  Viertel des Schiffsvolumens aus.
  Auf dem Planeten Merkur hatten jahrelang riesige
  Photovoltaische Anlagen ebenso riesige Teilchenbeschleuniger
  gespeist, um diese großen Mengen an Antiwasserstoff
  bereitzustellen.

  Proton-Proton-Collider

  Noch weiter oben in der Konstruktion war der viel kleinere
  Flüssigwasserstofftank zu sehen. Er enthielt etwas mehr als
  sechs Millionen Tonnen Wasserstoff. Ein leichter Überschuß
  sollte garantieren, daß die viel teurere Antimaterie auch voll
  ausgenützt wurde. Der weitaus größere Teil der zusätzlichen
  Wasserstoffmenge wurde aber von dem Kernfusionsreaktor zur
  Stromerzeugung verbraucht.
  Man hatte auch dafür gesorgt, daß dieser Wasserstoff völlig
  frei von Deuterium war. Man wollte das Auftreten von freien
  Neutronen tunlichst vermeiden. Vorsichtshalber war der Kryotank
  möglichst weit vom Triebwerk entfernt angebracht.
  Um das Triebwerk zu starten, brauchte man nur den Wasserstoff
  zu verdampfen. Dann wurde er in einem Lichtbogen in Plasma
  umgesetzt. Dieses wurde mit einem Magnetfeldrohr zum Brennpunkt
  des Spiegels geführt. Rohre dieser Art bestanden aus Beryllium,
  innen Vakuum, außen waren große Mengen keramischer
  Supraleitringe aufgefädelt. Also eine Art von
  Permanentelektromagnet, der dafür sorgte, daß das
  heiße Plasma niemals die Berylliumwandung berührte.
  Das Antiwasserstoffplasma wurde durch einen Magnetfeldengpaß
  gedrosselt und ebenso zum Spiegelfokus geleitet. Zwischen den
  Enden der Magnetfeldrohre beulte sich das gemeinsame Feld zu
  einem größerem Durchmesser aus, und dort war auch dann die
  Zerstrahlungszone.
  Die Sicht auf den Antiwasserstoffplasmatank wurde dadurch etwas
  eingeschränkt, daß das Bussard-Ramjet-System dort seine
  Ruhestellung hatte. Wie eine riesige Bauchbinde umgab ein
  vierhundert Meter durchmessender Supraleitring das gesamte
  Raumschiff.

  Die R.P.Feynman im Gamma-Modus

  Die Dicke des Ringleiters betrug etwa fünfzig Meter, er konnte
  an vier hydraulischen Säulen nach hinten, sprich unten,
  geschoben werden, soweit, daß er sechshundert Meter
  hinter/unter dem Gammaspiegel zum Stillstand kam.
  Graf Frederik von Hombug erinnerte sich deutlich an die
  Betriebsanleitung. Zuerst würde man den Zerstrahlungsantrieb
  zünden. Bei 30 % der Lichtgeschwindigkeit würde man ihn wieder
  abstellen. Dann würde der Ramjet-Ring nach hinten/unten
  gefahren. Das mehrere Kilometer große Magnetfeld des Ringes
  hatte, wie das Feld jeder Stromschleife, in etwa
  Sanduhrform.

  Die R.P.Feynman im Ram-Jet-Modus

  Das interstellare Wasserstoffplasma würde sich darin fangen und
  durch eine fünfzig Meter durchmessende Fusionszone gepreßt
  werden, und das mit 30 % der Lichtgeschwindigkeit. In der
  hinteren Aufweitung des Feldes sollte also vorwiegend extrem
  heißes Heliumplasma entweichen, was den Schub des Antriebes
  verursachte.
  Der komplizierte mechanische Aufbau dieses Doppeltriebwerks
  erklärte sich dadurch, daß erstens der Ramjet-Ring dem
  Gammaphotonentriebwerk im Wege gewesen wäre, zweitens der
  Schiffsrumpf den Ramjet-Ring verstopft hätte und drittens der
  Gammareflektor dann die Zusatzaufgabe übernehmen konnte, die
  weiche Gammastrahlung der Kernfusion vom Restschiff
  fernzuhalten. Dieses, im Deutschen auch als Staustrahltriebwerk
  bezeichnete Antriebssystem, hatte zwei große Vorzüge.
  Einerseits brauchte man keinen Treibstoffvorrat mitzuführen,
  und andererseits wurde seine Schubleistung bei steigender
  Geschwindigkeit immer höher. Es wurde dann ja auch mehr
  interstellarer Wasserstoff durchquert.
  Den Spitznamen ETS ( Eternity-Thunder-Ship ) hatten solche
  Schiffe deshalb, weil der interstellare Wasserstoff von Ort zu
  Ort unterschiedliche Dichte hatte und es daher ständig zu
  Schwankungen in der Schubleistung kam. Oberhalb von 99 % der
  Lichtgeschwindigkeit rüttelte und donnerte der gesamte
  Schiffsrumpf wie bei einem Erdbeben. Das Wort Eternity bezog
  sich natürlich auf die hohen Zeitdilatationswerte, die so ein
  Schiff erreichen konnte. Um aber auch abbremsen zu können, war
  es nicht nötig, das Schiff zu wenden. Durch eine Schaltung im
  Ramjet-Ring wurde dem heißen Heliumplasma der hintere Ausgang
  abgeschnürt. Es wurde dann schräg seitlich nach vorne
  emittiert. Diese Feldform wirkte also wie ein magnetischer
  Bremsfallschirm. Unterhalb von 30 % der Lichtgeschwindigkeit
  allerdings mußte man vom Ramjet- auf den Gammaantrieb
  umschalten und dann das Schiff wenden, um weiter bremsen zu
  können.
  Graf Frederik von Hombug erreichte in langsamem Flug die
  Bugsektion dieser beachtlichen Konstruktion. Auch hier hatte
  man sorgfältig auf supraleitende Magnetfeldabschirmung
  geachtet. Es handelte sich um zwei vierzig Meter durchmessende
  Supraleitringe, deren gemeinsame Achse aber quer zu
  Flugrichtung stand. Andernfalls wäre es hier zu einem sehr
  gefährlichen Ramjet-Effekt gekommen. Zwischen den also hochkant
  stehenden Ringen waren wiederum vierzig Meter Abstand,
  dazwischen befand sich auch die Kommandokapsel.

  Die Bug-Sektion der R.P.Feynman

  Wenn man mit annähernder Lichtgeschwindigkeit durch die
  interstellare Materie donnert, dann trifft einen dieselbe
  natürlich auch mit annähernder Lichtgeschwindigkeit. Da aber
  die interstellare Materie auch neutrale Atome enthält, die
  jedes Magnetfeld ignorieren, hatte man noch sieben
  Ultraviolett-Laserprojektoren installiert, um die neutralen
  Atome im Flugkorridor zu ionisieren. Diese UV-Laser waren an
  der Spitze des Schiffes auf einer vierzig Meter durchmessenden
  sechseckigen Gitterstruktur montiert. Sechs an den Ecken und
  einer in der Mitte. Ein wesentlicher Anteil der
  Stromreaktorleistung wurde von ihnen verbraucht.

  Das Ram-Jet-Feld der R.P.Feynman

  Oberhalb des Flüssigwasserstofftanks hatte man jene Fracht-
  Container plaziert, welche ohnehin gekühlt werden mußten.
  Das waren nicht nur die Lebensmittelvorräte, viel teurer war
  die Gen- und Zellbank. Für die Besiedelung eines jungen
  sterilen Planeten benötigte man die eingefrorenen Keimzellen
  von einer großen Anzahl von Lebewesen.
  In der nächst höheren Containeretage befanden sich daher auch
  Inkubatoren zur Ausreifung dieser Keimzellen. Für den
  menschlichen Nachwuchs gab es auch noch eine Anzahl Erziehungs-
  und Lehrroboter. Das gesamte Wissen der Menschheit lagerte
  verwendungsbereit in Form von holographischen
  Speicherkristallen. Auch die zugehörigen Lesegeräte und
  Computer hatte man nicht vergessen. Abgerundet wurde
  diese Ausrüstung noch durch zehn Von-Neumann-Arbeitsroboter.
  Alle Datenspeicher, Computer, Roboter und die gesamte
  Bordinformatik basierten auf Photonenrechnern. Auf diese Weise
  umging man elegant die gewaltigen elektromagetischen
  Störeinflüsse.
  Graf Frederik von Hombug stand es natürlich frei zu
  entscheiden, ob er nach der Gründung einer Kolonie bei dieser
  bleiben wollte, oder ob er das Gammatriebwerk erneut zünden
  würde, um aus der Vergangenheit wieder in unsere Gegenwart
  zurückzufliegen.
  Da Graf Hombug kein Kolonist war, war ihm klar, daß er so bald
  wie möglich in seine eigene Zeit zurückkehren würde.
  Sich selbst persönlich begegnen würde er sich in diesem Fall
  aber nicht, denn er konnte sich an keine solche Begegnung
  erinnern, und es gab nur eine einzige Vergangenheit im
  Universum. Allenfalls würde er sich selbst aus größerer
  Entfernung vorsichtig beobachten können.
  Über so viel Phantasie hätten die Physiker nur milde gelächelt,
  denn selbstverständlich braucht man zur lichtschnellen
  Umrundung eines zweihundert Milliarden Lichtjahre großen
  Universums die Zeit von zweihundert Milliarden Jahren.
  Graf Hombug würde niemals den Ort seiner Abreise vor dem
  Zeitpunkt seiner Abreise erreichen können. Die
  Natur der Raumzeit selbst verhinderte dieses Zeitparadox.
  In der dritten Etage dieses Frachtabteils befanden sich die
  Hangars mit den Landungsbooten. Hier hatte auch Graf Hombug
  seinen ZB-732-Jäger verankert. Dieser fiel in dem Dickicht von
  Streben und Containern überhaupt nicht auf.
  Am vorderen/oberen Ende dieses Raumschiffs war die zwanzig
  Meter durchmessende Kommandokapsel montiert. Sie war
  kugelförmig und wirkte im Vergleich zum restlichen Schiff
  ziemlich winzig. Über ihr war die Gitterstruktur der UV-Laser,
  links und rechts standen die beiden Supraleitringe der
  Abschirmung, und unterhalb befanden sich dann die
  Frachtcontainer, die sich quasi auf dem Flüssigwasserstofftank
  stapelten.
  Man hatte diese Kommandokugel kardanisch aufgehängt und für
  einen tief liegenden Schwerpunkt gesorgt. Auf diese Weise würde
  sie sich, ganz von selbst, immer nach den
  Beschleunigungskräften ausrichten.
  Das war besonders während der Ramjet-Bremsung nützlich.
  Gegen den hohen Andruck hatte man Salzwasserliegewannen
  installiert. Diese konnten auch gekühlt werden, was für den
  künstlichen Winterschlaf nötig war.
  In die kardanischen Aufhängungsringe hatte man
  auch Stoßdämpfer integriert, um die Vibrationen des Ramjet-
  Antriebs abzufangen. Den größeren Anteil an dieser Aufgabe
  übernahmen aber die vier hydraulischen Säulen, die den Ramjet-
  Ring festhielten. Selbstverständlich besaßen diese Säulen
  auch ein eigenes Magnetschutzfeld.
  Zusammengehalten wurde das gesamte Schiff durch ein Gitterwerk
  aus Terkonitstahlstreben, haltbar bis zu zwanzig g
  Beschleunigung, und jede einzelne Strebe besaß eine
  Supraleitmagnetabschirmung gegen das interstellare Plasma.
  Wie schon erwähnt, hatte das Schiff eine Länge von zweitausend
  Metern, und das galt auch für die Längsträger.
  Am unteren Ende hatte das Gitterwerk zweihundert Meter
  Durchmesser, um den Gammareflektor zu halten, in der
  Schiffsmitte vierhundert Meter. Dort waren die vier
  Ramjethaltehydrauliken verankert und im Rumpf der
  Antimaterietank. Am oberen Ende des Schiffes hatte das
  Gitterwerk etwa fünfzig Meter Durchmesser, vorne war der
  Ultraviolettlaser, seitlich die Interstellarplasma-Abschimungs-
  Magnetfeldringe und innerhalb die Kommandokugel.
  Da das Schiff niemals in eine Planetenatmosphäre eindringen
  würde, hatte man auf Verkleidungsbleche gänzlich verzichtet.
  So konnte Graf Hombug auch viel besser die technischen Details
  betrachten.

    3.) Abschnitt für Raumkriegsführung

  Zwischen Theorie und Praxis klaffen, wie wir alle wissen,
  ziemlich große Zwischenräume.
  Siebenunddreißig Jahre nach dem Start, also nach zwei Wochen
  Eigenzeit, wurden Graf Frederik von Hombug und Rick McFertig
  aus dem Hibernationsschlaf geweckt. Der Bordcomputer, Marke
  HAL-9997 hatte befunden, daß ein kritischer Zustand eingetreten
  sei. In diesem Punkt gab ihm sogar Rick McFertig recht.
  Immerhin waren die Ortungsreflexe von zwölf Mirg-Jägern auf dem
  Bildschirm zu sehen.
  Dennoch nahm sich Graf Hombug die Zeit, kurz die Außenbild-
  Schirme zu betrachten. Wie zu erwarten war, sah man in der
  Flugrichtung nur ein finsteres großes Loch, das aber in
  Wirklichkeit mit ultraviolettverschobenem Sternenlicht gefüllt
  war. Hinter dem Schiff und auch seitlich vom Kurs war ein noch
  größeres finsteres Loch mit infrarotverschobenem Sternenlicht.
  Um das vordere finstere Loch herum wand sich ein
  regenbogenfarbiges ringförmiges Sternenband, mit den Farben
  violett, blau, grün, gelb, orange und rot, von innen nach außen
  gezählt. Die gelbe Mitte dieses Bandes war etwa fünfundvierzig
  Winkelgrade vom Zentrum des vorderen Loches entfernt.

  Doppler-Effekt und Aberration

  Doppler-Effekt und Richtung

  Doppler-Effekt und Geschwindigkeit

  Graf Hombug war klar, daß jene Sterne, die er gelb und ohne
  Dopplereffekt erkennen konnte, in Wirklichkeit genau seitlich
  vom Kurs des Schiffes stehen würden. Während dieses
  Sternenlicht von der Seite ankam, flog das Schiff mit 99.9 %
  der Lichtgeschwindigkeit nahezu die selbe Strecke nach vorne.
  Deshalb kam dieses Licht schräg von vorne beim Raumschiff an,
  diese Winkelabweichung wurde Aberration genannt.
  Mit der Teleoptik konnte man an den Sternen eine auffällige
  Abplattung in der Flugrichtung des Schiffes erkennen. Diese
  sogenannte Lorentzkontraktion war ein relativistischer Effekt,
  er ging direkt parallel zur Massenzunahme und zur
  Zeitdilatation bei extrem hohen Geschwindigkeiten.
  Aus all diesen Gründen gab es noch einen zweiten Satz von
  Bildschirmen, die vom Bordrechner versorgt wurden. Dieser
  korrigierte die Doppler-Farbverschiebung, die Winkel-Aberration
  und die Lorentz-Kontraktion mathematisch wieder weg.
  Der Computer bemühte sich,das Weltall so zu zeigen, wie es ein
  ruhender Beobachter von der selben Stelle aus gesehen hätte.
  Infolge der Zeitdilatation hatte man jedoch beim Betrachten
  dieser Bilder den falschen Eindruck, daß man mit tausendfacher
  Lichtgeschwindigkeit durch das All rauschte.
  Was aber Graf Hombug wirklich beunruhigte, war die Tatsache,
  daß er die Mirg-Jäger auf den direkten Bildschirmen ohne
  Computerhilfe im Zentrum des Infrarotloches sehen konnte.
  Im Gegensatz zum restlichen Universum besaßen sie keine
  Dopplerverschiebung, was bedeutete, daß sie bereits ihre
  Fluggeschwindigkeit an die der R. P. Feynman angeglichen
  hatten. Auf Grund seiner Kampferfahrung schloß Graf Hombug,
  daß ein Angriff unmittelbar bevorstand.

  Mirg-Anatomie

  Allerdings würden die Mirgs nicht direkt von hinten anfliegen
  können, denn dieser Weg war ihnen durch das heiße Heliumplasma
  des Ramjet-Antriebes verwehrt. Anstelle des Mirg-Staffelführers
  hätte Graf Hombug den Verband trichterförmig aufgefächert,
  die Antriebssektion der R. P. Feynman umringt und dann unter
  Beschuß genommen.

  AM-Plasma-Werfer

  Mirg-Jäger waren kugelförmig und hatten einen Durchmesser
  von fünfundvierzig Metern. Ihre Ausrüstung beinhaltete auch die
  gefürchteten Antimateriewerfer. Glücklicherweise schirmte das
  Ram-Jet-Feld der R.P.Feynman auch Antimaterie-Ionenstrahlen ab.
  Graf Hombug hätte lieber ein Ultraschlachtschiff der Dragon-
  Klasse unter seinem Hintern gehabt als so ein Industriedenkmal
  wie den ETS-Raumer. Mit der Roaring Dragon, seinem ehemaligen
  Flaggschiff, hätte er dieses Ungeziefer mit einem einzigen
  Feuerschlag aus dem All gewischt. Selbst die Nova-
  Schlachtschiffe der Mirgs waren kein ernstzunehmender Gegner
  für ein Schiff der Dragon-Klasse. Aber das war, in Realzeit
  gesehen, siebenunddreißig Jahre her. Er fluchte verhalten.
  Vorsichtshalber überprüfte er noch jenen computerkorrigierten
  Bildschirm, der in die Flugrichtung blickte. Dort war etwas
  seitlich vom Kurs ein roter Zwergstern zu erkennen und mit der
  Teleoptik auch noch dessen zwei Planeten. Der innere war so
  heiß wie Merkur, der äußere erdähnlich, aber zur Gänze mit
  Wasser bedeckt. Rick McFertig brachte das Dopplerspektrometer
  zur Anwendung, und verkündete dann: "Stickstoff 70 %,
  Methan 29 %, Wasserdampf 1 %, und Spuren von Ammoniak in der
  Atmosphäre. Das schaut mir sehr nach einem Mirg-Planeten aus."
  Die Mirgs kamen aus der Andromeda-Galaxis und versuchten in
  regelmäßigen Zeitabständen unsere eigene Milchstraße zu
  erobern. Dieses Verhaltensmuster hatte ihre Beliebtheit stark
  verringert. Über die Mirgs war nur wenig bekannt, denn die
  meisten Kontakte mit ihnen liefen thermonuklear ab. Man wußte
  aber, daß es sich um quallenähnliche Wasserbewohner mit
  Methan-Atmung handelte.
  Planeten mit Stickstoff-Sauerstoff-Atmosphäre wurden von ihnen
  nach der Eroberung mirgo-formiert, also der Sauerstoff durch
  Methan ersetzt. Das tat der bisherigen Ökologie gar nicht gut.
  Normalerweise bündelten sie das Wasserstoffplasma des
  Sonnenwindes mit Hilfe von Magnetfeldern auf die
  Planetenatmosphäre. Auf diese Weise wurde der atmosphärische
  Sauerstoff in Wasser umgewandelt. Durch forcierten Vulkanismus
  verschafften sie sich dann anschließend ausreichend Methan und
  Kohlendioxid, letzteres wurde dann auch durch den stellaren
  Wasserstoff zu Methan und Wasser umgesetzt.

  Mirgo-Formieren

  Nach dem Ende dieser Prozedur mußte der Planet noch etwas
  abkühlen, dadurch regnete der Wasserdampf ab, was die
  Hydrosphäre deutlich vergrößerte, und den idealen Lebensraum
  für die Mirgs darstellte.
  Graf Hombug holte mit der Teleoptik den Planeten noch näher
  heran. Wie er befürchtet hatte, wimmelte es in der Umgebung des
  Planeten von tausenden Mirg-Schlachtschiffen. Auf Grund von
  Hombugs Zeitdilatation erschienen diese Flottenmanöver, so wie
  im Zeitraffer, mit tausendfacher Beschleunigung. Dieser Anblick
  war etwa so gemütlich wie der eines aufgescheuchten
  Hornissennests.
  Hombug wurde von McFertig darauf aufmerksam gemacht, daß sich
  die Mirgs hinter dem Schiff zum Angriff formierten. Da der
  Mirg-Kommandant offenbar eine andere Flottenakademie als Hombug
  besucht hatte, schien er nichts von Trichterformationen zu
  halten. Alle zwölf Jäger hielten sich in einem dichten Pulk,
  schlugen einen weiten Bogen um das Antriebsplasma und rasten
  anschließend in direktem Kurs auf den Ramjet-Ring zu.
  Während Rick McFertig mit den Hecklaserbatterien wie wild
  auf diese Jäger feuerte, bemerkte Graf Hombug, daß sich aus dem
  Dunkel der Rotverschiebung hinter ihnen weitere zwölf Jäger
  heran schoben. "Hier muß wohl ein Nest in der Nähe sein",
  kommentierte Hombug das Ereignis. In der Tat war erstaunlich,
  mit welchem Eifer die Mirgs ihre Feldtriebwerke strapazierten,
  um auf den Wert von 99.9 % der Lichtgeschwindigkeit zu kommen.
  Auf Grund dieses Tatbestandes war anzunehmen, daß jeder der
  Gegner das ETS-Schiff nur langsam von hinten, aus der
  Rotverschiebung heraus, anfliegen konnte. Auf dem letzten Teil
  des Anfluges allerdings, mußten die Mirgs den
  Antriebsemissionen der R. P. Feynman ausweichen.
  "Vermutlich rechnen sie mit einem Duodezimalsystem", mutmaßte
  McFertig und hämmerte heftig auf seine Feuerorgel ein.
  Bald erzielte er die ersten Treffer, und das All füllte sich
  mit gleißenden Feuerbällen und gigantischen Wasserdampfwolken.
  Letztere rührten natürlich daher, daß Mirg-Schiffe restlos mit
  Wasser gefüllt waren. Das ersparte ihnen zwar die hohen
  Beschleunigungskräfte, machte ihre Schiffe aber auch infolge
  des Gewichts ziemlich schwerfällig.
  Aufgrund der starken Freisetzung von Wasserdampf waren die
  zuvor im leeren Raum völlig unsichtbaren Laserstrahlen als
  glühende Energiebündel deutlich zu sehen, fast so wie bei einem
  In-Atmo Duell. Andernfalls hätte sich McFertig mit ihrer
  Darstellung auf dem taktischen Computerbildschirm
  zufrieden geben müssen.
  Nach mehreren Abschüssen war das All so sehr mit Nebel gefüllt,
  daß Graf Hombug gezwungen war, die Direktbildschirme auf
  Infrarot umzuschalten. Sonst hätte McFertig bald keine Ziele
  mehr gesehen.
  "Sie besitzen jedenfalls zwölf Tentakel", setzte Hombug das
  Gespräch fort, "und wir beobachten gerade ein ausgeprägtes
  Gruppenverhalten." Hombug richtete das Dopplerspektrometer
  genau auf eine der glühenden Explosionswolken aus:
  "Das Stickstoff-Methan-Ammoniak-Verhältnis entspricht exakt
  den Werten, die wir bei der Planetenatmosphäre gemessen haben."
  Allerdings war kaum mehr Zeit für weitere Grundlagenforschung.
  Der einzige noch überlebende Mirg-Jäger knallte schwer
  beschädigt in den Ramjet-Ring. Supraleitkeramik ist spröde wie
  Porzellan, und der Ring stand unter einer gewaltigen
  Magnetfeldspannung. Infolgedessen zerplatzte er augenblicklich
  in tausende Fragmente, zwischen denen grelle blauweiße
  Kurzschlußlichtbögen flackerten. Schlagartig fiel die
  Schubkraft auf null. Es war nur ein schwacher Trost, daß die
  Splitter des Ringes immerhin vier Jäger der folgenden Staffel
  erwischten. Die anderen acht Mirgs hielten sich dann auch
  vornehm zurück.
  Hombug hatte natürlich nicht damit gerechnet, daß die Mirgs
  am Anfang ihrer Offensive mit einem Kamikazeangriff beginnen
  würden, denn bei den Terranern kam so einer immer erst am Ende.
  Unabhängig davon hätte er mit diesem Museumsstück von
  ETS-Schiff ohnehin nicht ausweichen können.
  Graf Hombug sprengte die nun nutzlosen Hydrauliksäulen ab und
  zündete behutsam das Gammatriebwerk. Dabei beobachtete er
  besorgt die Gammastrahlungswerte, die durch den Reflektor
  drangen. Bei Undichtheiten des Spiegels würden sie in Sekunden
  gegrillt werden. Glücklicherweise hatte die wesentlich
  robustere Innenschicht des Reflektors die Splitter des
  Ramjet-Ringes abgefangen.
  McFertig setzte jedoch Hombugs Hoffnungen auf ein schnelles
  Schubmanöver ein jähes Ende: "Wir verlieren rasend schnell
  unser superfluides Helium, schließlich strömt es ja auch sehr
  leicht durch kleinste Risse."
  Hombug bemerkte, daß die Spiegeltemperatur pro Sekunde um etwa
  ein Grad Celsius anstieg. In ungefähr fünfzehn Minuten würde
  sich der Reflektor in Rauch auflösen.
  Die acht Mirg-Jäger im Heckbereich taumelten ungesteuert in
  alle Richtungen auseinander, weil die Gammastrahlung des
  Antriebes ihre Besatzungen getötet hatte. Weiter hinten
  allerdings tauchte aus der Rotverschiebung ein Mirg-
  Trägerschlachtschiff der Nova-Klasse auf. Es war drei Kilometer
  groß, und an seiner Oberfläche waren so viele Jäger
  angeflanscht, daß es von ihnen völlig bedeckt war. Da die Mirgs
  konsequent alle ihre Schiffe in Kugelform bauten, sah es aus
  wie eine große Weintraube, war aber nicht so schmackhaft.
  Der Mirg-Admiral, der es befehligte, schien doch ein
  Anhänger des Trichtermanövers zu sein, denn es lösten sich
  hunderte Jäger vom Schlachtschiff und schwärmten pulkweise aus.
  "Fassen wir einmal zusammen", überlegte Hombug, "der Ramjet-
  Antrieb ist bereits kaputt, und der Gammaantrieb wird es bald
  sein. Vor uns liegt ein Mirg-Stützpunkt mit etwa dreitausend
  Schlacht-Schiffen, hinter uns fliegt ein Trägerschiff der
  Nova-Klasse her, mit etwa zweitausend Jägern und
  Antimateriewerfern. Nun erhebt sich die Frage nach unserem
  weiteren Vorgehen."
  "Die Antwort ist einfach, Sir!", brüllte McFertig, "wir
  löschen sie alle aus und machen dann einen schnellen Abgang."
  Graf Hombug fand diesen Vorschlag recht akzeptabel. Daher
  justierte er den Kursvektor der R. P. Feynman exakt auf den
  Schwerpunkt des Mirg-Planeten. Dazu mußte er nur die
  Antimaterie-Zerstrahlungszone geringfügig seitlich aus dem
  Fokus des Gamma-Spiegels schieben.
  Glücklicherweise waren die Magnetfelder, die das für ihn
  bewerkstelligen sollten, noch funktionsfähig. Aufgrund des
  relativistischen Massenzuwachses und auch infolge der hohen
  Geschwindigkeit würde das ETS-Schiff in jedem Fall den Planeten
  treffen, auch dann, wenn es vorher zerschossen werden würde.
  Immerhin kamen auf diese Weise vier Millionen Tonnen
  Antimaterie mit dem Planeten in Kontakt.

  Die ZB-732

  Graf Hombug und McFertig begaben sich nun zu ihrem ZB-732-
  Jäger. Dieses Fahrzeug hatte alle Eigenschaften, die dem ETS-
  Schiff fehlten. Es war klein, wendig und modern ausgerüstet.
  Im Gefecht verhielt sich ein ETS-Schiff so elegant wie ein
  angeschossener Pottwal, eine ZB-732 war viel schwerer zu
  treffen.
  Die ZB-732 war das Nachfolgemodell der ZB-731, wobei die
  Konstrukteure nicht allzuviel Phantasie gezeigt hatten. Sie
  hatten einer ZB-731 fast die ganze rechte Tragfläche
  abgeschnitten und einer zweiten fast die ganze linke. Diese
  beiden Jäger hatten sie an den Tragflächenstümpfen
  zusammengeschweißt. Innen war ein reichlich unbequemer
  Kriechtunnel entstanden, der die beiden Pilotenkanzeln verband.
  Von außen jedoch war es ein perfekter Doppelrumpfjäger geworden
  mit Zwillingslasergeschützen und Doppelwarpantrieb.

  Der Antrieb der ZB-731

  Die unglaubliche Zuverlässigkeit dieses Schiffstyps rührte vor
  allem daher, daß alle Funktionselemente zweifach vorhanden
  waren. Schließlich rechnete man die ZB-732 nicht umsonst zur
  Invictus-Klasse.
  Erfreut bemerkte Hombug, daß McFertig unter die Tragflächen,
  die im Weltall ja nur Waffenträger ohne aerodynamische Funktion
  waren, je ein siebenhundert Gigatonnen Fusionstorpedo
  eingeklinkt hatte. Auf diesen drei Bomben, denn er hatte auch
  eine an die mittlere Tragfläche gehängt, prangte der rote
  Warnring, der da besagte, daß man dieses Waffensystem nur
  Ex-Atmo und niemals in einer Planetenatmosphäre zünden
  durfte.

  Lithium-anti-Hydrid

  Ein weiterer Vorteil der ZB-732 war die Tatsache, daß die
  Pilotenkanzeln seitlich voneinander angeordnet waren, was den
  Sichtkontakt erleichterte. Graf Hombug blickte prüfend zu
  McFertig hinüber, und dieser zeigte mit dem Daumen nach oben.
  Hombug antwortete mit dem Victory-Symbol.
  Mit einem kurzen Schubimpuls katapultierte Hombug ihren Jäger
  in den Raum, dann schaltete er sein Triebwerk wieder ab.
  Die ZB-732 stürzte auf einer weit ausholenden Parabelbahn wie
  ein Stein in die Tiefe.
  Zumindest erschien es Graf Hombug und McFertig so, in
  Wirklichkeit behielt die ZB-732 nur ihre Startgeschwindigkeit
  bei, die R. P. Feynman und auch der Nova-Raumer der Mirgs
  beschleunigten aber mit zwei g weiter nach oben. Graf Hombug
  erinnerte sich an Albert Einsteins Beispiel mit der
  Aufzugskabine, während der ZB-732 in sicherem Abstand an dem
  bereits rotglühenden Gammareflektor vorbeistürzte. Aus der
  Perspektive des Nova-Schlachtschiffes war vor allem das
  intensiv strahlende Gammatriebwerk zu orten.
  Ein winzig kleines, energetisch totes Objekt würde wenig später
  an dem Trägerschlachtschiff vorbei stürzen, wahrscheinlich ein
  Splitter, dachte sich der mirgsche Ortungsoffizier.
  In diesem Objekt hingegen justierte Rick McFertig die drei
  Fusionstorpedos auf das energetische Zentrum des
  Schlachtschiffes.
  Mit dem historischem Ausruf "Geronimo!" hieb er auf die
  Sammeltaste für den Dreifachabwurf. Gleißende Ionenspuren
  hinter sich lassend orgelten die zielsuchenden Torpedos auf die
  riesige Weintraube zu. Dieser dicke Brummer würde ihnen niemals
  ausweichen können. Eine Zehntelsekunde später knallte Graf
  Hombugs Faust auf den Zündungsknopf für den Doppelwarpantrieb.
  Mit etwa zehn g Beschleunigung jagte er das Schiff
  in eine Haarnadelkurve, daß sich die Tragflächen bogen.
  Dann rasten sie, tief in die Kontursitze gepreßt, der R. P.
  Feynman hinterher. Wenig später, als sie das ETS-Schiff in
  großem Abstand überholt hatten, brach hinter ihnen die Hölle
  los. Drei siebenhundert Gigatonnen Fusionsbomben wurden
  synchron gezündet und verwandelten das Trägerschlachtschiff
  mitsamt seinen ausschwärmenden Jägern in eine riesige
  weißglühende Plasmawolke.
  Kurz danach erreichte die Randzone dieser schnell
  expandierenden Wolke den ZB-732. Ab diesem Zeitpunkt konnten
  sie den dumpfen Donner der Detonation hören, da das Plasma
  den Schall weiterleitete.
  Graf Hombug justierte den weiteren Kurs des ZB-732.
  Ihr Schiff mußte ungefähr drei Planetendurchmesser vor der
  R. P. Feynman ganz knapp seitlich am Planeten der Mirgs
  vorbeifliegen.
  Wie ein lichtschnelles unsichtbares Phantom donnerte der ZB-732
  zwischen den vielen Mirg-Schlachtschiffen hindurch, und nach
  wenigen Sekundenbruchteilen war er drei Planetendurchmesser
  hinter dem Planeten, leicht seitlich versetzt. In diesem
  Augenblick knallte das ETS-Schiff in die Masse des Planeten.
  Sekundenbruchteile später entwickelte sich eine gigantische
  gammastrahlende ultraheiße Plasmawolke, in der Materie-
  Antimateriereaktionen tobten.
  Der Gammablitz war so intensiv, daß er schlagartig alles
  Leben in diesem Sonnensystem und auch in einem Umkreis von
  drei Lichtjahren auslöschte. Als der ZB-732 etwa sechs
  Planetendurchmesser hinter dem Planeten war, hatte diese
  todbringende Wolke bereits einen Durchmesser, der größer als
  der des Planeten war.
  Ab diesem Zeitpunkt konnte die Gammastrahlung des Plasmas auch
  den ZB-732 erreichen. Die Strahlung hätte auch Graf Hombug und
  McFertig sofort getötet, hätte sich ihr Schiff nicht mit 99.9 %
  der Lichtgeschwindigkeit von der Wolke wegbewegt. Durch den
  Dopplereffekt wurde aus der Gammastrahlung vorwiegend
  sichtbares Licht.
  Auf dem direkten Heckbildschirm bot sich ein Anblick wie bei
  einer ringförmigen Sonnenfinsternis, hier wurden allerdings
  wesentlich intensivere Flares in den Raum geschleudert.

  Hombugo-Formieren

  "Wenn Du glaubst, es geht nicht mehr, dann kommt irgendwo ein
  Lichtlein her", zitierte Rick McFertig. "Ich muß das sofort in
  Gigatonnen umrechnen." Er beugte sich über die Tastatur des
  Bordcomputers.
  Inzwischen war die rein mechanische Schockwelle des
  lichtschnellen Aufpralls durch den Planeten gerast. Auf einem
  Viertel der Planetenoberfläche in der Umgebung des Antipoden
  des Einschlagsortes spritzten kochende Lavafontänen in den
  Weltraum und weißglühende kontinentgroße Krustenfragmente
  wurden wegkatapultiert.
  Diesen schönen Anblick konnten Hombug und McFertig aber nur
  genießen, weil sie auch einen computerkorrigierten
  Heckbildschirm besaßen. Die Lava leuchtete ja vorwiegend im
  sichtbaren Wellenlängenbereich, und der kam bei ihnen als
  Infrarot an.
  "Später wird man diese Vorgangsweise als Hombugo-Formieren
  eines Planeten bezeichnen", prophezeite Graf Hombug bescheiden.
  "Eigentlich ist es ja schade um die R. P. Feynman", setzte
  er fort, "aber sie diente einem guten Zweck."
  "Weil wir ja schon von Fernraumschiffen sprechen", fragte Rick
  Mc Fertig, "wie ( respektive wann ) kehren wir nach Hause
  zurück ?"
  "In etwa zwei Lichtjahren voraus existiert ein Neutronenstern",
  überlegte Graf Hombug, "im Katalog als N-8642 bezeichnet. Wenn
  wir durch leichte Kurskorrekturen eine nahe Begegnung
  riskieren, dann können wir unseren Kursvektor um 180 Grad
  umlenken. Die Gezeitenkräfte hätten die R. P. Feynman zerfetzt,
  aber niemals so etwas kleines wie einen ZB-732."
  Wie wir wissen, heben sich in jedem stabilen Orbit Schwerkraft
  und Fliehkraft gegenseitig auf. Da aber die meisten Objekte,
  die da kreisen, eine räumliche Ausdehnung besitzen, wird die
  dem Schwerezentrum nähere Seite mehr der Schwerkraft ausgesetzt
  und die außen liegende Seite mehr der Fliehkraft. Je nach
  Stärke und Steilheit des Schwerkraftgradienten, sowie nach
  Größe und Festigkeit des Objekts, wird es entweder in die Länge
  gezogen wie ein Ei mit zwei Spitzen ( eine zum Schwerezentrum
  hin, eine davon weg ) oder zerrissen. Zu einer Reise um einen
  kleinen schweren Stern braucht man ein kleines zähes Schiff wie
  den ZB-732. Auch die Besatzung sollte zäh sein, denn es ist
  auch für alte Raumfahrer etwas ungewohnt, wenn der eigene Kopf
  mit zwei g nach oben zieht und die Beine auch mit zwei g, aber
  nach unten. Glücklicherweise würde der hochrelativistische
  Vorbeiflug nur Sekundenbruchteile dauern.
  "Ein Problem gibt es da noch", gab McFertig zu bedenken, "wir
  werden nach unserer Umkehr mit 99.9 % der Lichtgeschwindigkeit
  in die glühende Plasmawolke knallen, die wir gerade mit so viel
  Mühe erzeugt haben."
  "Kein Problem, lieber McFertig", beruhigte Graf Hombug, "es ist
  zwar richtig, daß wir in einem Tag wieder hier vorbeikommen,
  aber im ruhenden Universum sind dann vier Jahre vergangen, und
  die Wolke hat sich längst verflüchtigt."
  Hombug konsultierte den Bordrechner, dann meinte er: "Wir
  können unsere Chancen außerdem noch verbessern, in dem wir das
  2-ZB-731-C-Manöver durchführen, weil die ZB-732 hier doch
  gefährlich große Ausmaße hat." Dieses, kurz 2-C-Manöver
  ( C für Cut ) genannte Verfahren, stammte schon aus dem Krieg
  gegen die Wruks. Wenn eine Hälfte der ZB-732 zerschossen war,
  kroch ihr Pilot, sofern er noch kriechfähig war, durch den
  Tunnel in die andere Pilotenkanzel. Dort fand er einen
  provisorischen Kontursitz vor, direkt neben der Medo-
  Versorgungseinheit. Dann wurde das Schiff in der Mitte zerteilt
  und aus Symmetriegründen die überzählige Tragfläche des
  Restschiffs abgetrennt. Der Überrest war der Stummelflügeljäger
  ZB-731-C, der dann nicht mehr In-Atmo-tauglich war.
  Angesichts des starken Gravitationsgradienten des
  Neutronensterns entschlossen sich Hombug und McFertig auch
  zu diesem Verfahren. Zuerst schlossen sie die beiden
  Druckschotts zum Verbindungstunnel. Dann wurden die beiden
  äußeren Tragflächen abgesprengt. Als Bombenträger hatten sie
  ohnehin ausgedient. Zuletzt zerschnitt eine Trennladung die
  Mitte der mittleren Tragfläche. Hombug schaltete den Laser-
  Sichtsprechfunk ein und setzte seinen ZB-731-C-Teil einen
  Kilometer hinter den von Rick McFertig.

  Kurs-Korrektur

  Ohne Photonencomputer mit automatischer Kurssteuerung
  wäre die Umrundung des Neutronensterns niemals erfolgreich
  gewesen. Da dieser Stern nur fünfhundert Kilometer Durchmesser
  hatte, aber zwanzig Sonnenmassen, mußte man etwa dreißig
  Meter über der Oberfläche dahinflitzen. Und das mit 99.9 % der
  Lichtgeschwindigkeit.
  Ein kurzer Ruck, der buchstäblich durch Mark und Bein ging,
  zeigte ihnen, daß der Kurswechsel stattgefunden hatte. Graf
  Hombug schaltete den computerkorrigierten Bildschirm auf
  Wiedergabe, wobei er die eher selten verwendete
  Zeitdilatationskorrektur benutzte. Diese zeigte zwar, was
  wirklich geschah, aber in Gefechten immer viel zu spät. Die
  Oberfläche des Neutronensterns schimmerte matt wie poliertes
  Blei im violetten Schein der Sterne, was natürlich eine Folge
  der Violettverschiebung durch die hohe Schwerkraft war. Auf dem
  Heimflug sah er sich diese Aufzeichnung noch öfter an.
  Nach der Kursumlenkung konnten sie die beiden ZB-731-C mit
  Magnetfeldern an den Stummelflügeln aneinander heften. Das war
  zwar keine luftdichte Verbindung, aber diese Gruppierung wurde
  ZB-732-C genannt und war wieder voll Ex-Atmo-tauglich. Wie die
  beiden erst viel später erfuhren, hing im Kriechtunnel immer
  ein breites Klebeband, um die provisorische Naht luftdicht zu
  machen. Auf der letzten Flugetappe drehten sie den Invictus-
  ZB-732-C um 180 Grad und bremsten mit dem Doppelwarpantrieb.
  Unsere beiden Helden schafften dann auch mühelos den Rückflug
  nach insgesamt achtundsiebzig Jahren Realzeit ( vier Wochen
  Schiffszeit ).
  Rick McFertig stocherte in seiner linken Ohrmuschel, wo sich
  noch einige Salzkristalle aus der Liegewanne der R. P. Feynman
  befanden und vermutete: "Wir sind die einzigen Menschen des
  vierten Jahrtausends, die achtundsiebzig Jahre lang nicht
  geduscht haben."
  "Jetzt werden wir uns die Verantwortlichen für das Feynman-
  Projekt vorknöpfen" meinten Hombug und McFertig unisono,
  als sie unser Sonnensystem erreichten. "Allerdings besteht die
  Gefahr, daß diese schon lange in Pension sind."

  Hier findet man die Fortsetzung dieser Geschichte:

  Die etwas längere Reise der S.W.HAWKING