SOLARIS Teil II Vorwort Der erste Teil von Solaris wurde von dem hoffnungsvollen Nachwuchsautor Stanislaw Lem geschrieben. Als der allseits beliebte und berühmte Bestsellerschreiber Bednarik diesen Roman in die Hand bekam, war er von seiner Unbeholfenheit gerührt. Er beschloß in selbstloser Weise, literarische Entwicklungshilfe zu leisten. So entstand Solaris II, und so darf sich Stanislaw Lem zu den Graf-Hombug-Co-Autoren zählen. Die Graf-Hombug-Landung Das kleine Aufklärungsboot raste jaulend durch die obersten Schichten der Erdatmosphäre. Die Ionenschutzschirme waren nicht einschaltbar, und so glühte die Vorderseite seines Rumpfes bereits dunkelrot. Hombug, der in seinem Kontursitz angegurtet war, und die wenigen noch funktionsfähigen Bildschirme studierte, meinte zu McFertig, dem Kopiloten: "Hoffentlich hält die Kiste noch bis Terrania-Spaceport durch." McFertig zog den Kursrechner zu Rate, mit dem Ergebnis: "Der Computer ist auch kaputt!" Die Wruks hatten, wie es so ihre Art ist, die friedliche Erkundungsmission Hombugs total mißverstanden, sie hatten sie als Spionagevorhaben gedeutet. Und da hatten sie nach altem Wrukschen Brauch ihr Laserveto eingelegt. Nur dem brillianten Astrogationsvermögen Hombugs war es zu verdanken, daß das Dreiviertelwrack bis in Erdnähe gelangte. Die Bilder der wrukschen Raumbasen waren übrigens unversehrt. Hunter, der Flottenoberkommandierende, saß in seinem Büro am Rande des Raumhafens. Er sortierte die Akten des letzten Monats, eine Tätigkeit die er haßte. Sein Büro lag auf der Spitze des Büroturms, von seinen großen Fenstern aus konnte er den Raumhafen bequem überblicken. Genau zu diesem Zeitpunkt gab Hombug dem flackernden Bugbildschirm einen wohlgemeinten Tritt, und meinte zu Mc Fertig: "Ich finde es idiotisch, direkt neben die Landepiste Hochhäuser hinzustellen." Hunter vernahm zu dieser Zeit ein anschwellendes Heulen, das ihn unter dem Edelholzschreibtisch in Deckung gehen ließ. "Langsam fragen - schnell sterben" hieß es in der Raumflotte. Hombugs Schiff entfernte im Zuge seines Durchfluges das Dach des Bürohauses, sowie das obere Drittel von Hunters Büro. Dann setzte es mit kreischenden Kufen auf der Piste auf. Hunter entfernte einige Mauerbrocken von seinen Akten, blinzelte nach oben, zum jetzt sichtbaren blauen Himmel, und meinte: "Dieser Hombug macht mich noch nervös." Er betrachtete das Gewimmel der Löschkommandos, und dachte bei sich, daß auch ein Bürojob manchmal seine Reize hat. Neues Schiff - neuer Auftrag Frederik Hombug stand mit leicht angesengter Uniform vor Adriral Hunter, und meinte: "Das Freiluftbüro ist jetzt sowieso stark im Kommen." Hunter griff mit lüsternen Fingern nach der Filmspule die Hombug ihm gebracht hatte. Hombug erläuterte: "Was ich so bisher gesehen habe, ist die Defensivlinie der Wruks bei den Plejaden am dünnsten. Ein massiver Vorstoß an dieser Stelle, und wir sitzen ihnen im Nacken." Nach Abschluß der strategischen Diskussionen knurrte Hunter: "Wenn sie auch weiterhin bei jedem Einsatz ein Schiff verbrauchen, werde ich die Entwicklung eines Wegwerfaufklärers beantragen." Hombug, der dieses Thema lieber mied, fragte: "Bis zum Beginn der Großoffensive dauert es bestimmt noch ein paar Wochen. Aufgeklärt haben wir vorerst ausreichend, fragt sich nur was Mc Fertig und ich in der Zwischenzeit machen sollen." Hunter wühlte im Verputz, und auch in seinen Papieren. "Ein Sauhaufen ist das hier. Ach ja." Er blies den Kalkstaub von einem Blatt. "Sehen Sie, hier habe ich einen hübschen kleinen Auftrag für zwischendurch. Der liegt schon Monate herum. Zivilsache." Er rümpfte die Nase. "Es geht um den Planeten Solaris. Dieser wird von einem Protoplasmaozean bewohnt. Das ist nichts seltenes, aber dieses Planetentier steht im Verdacht intelligent zu sein. Natürlich haben wir Wissenschaftler dort, aber die Eierköpfe verpulvern nur haufenweise unser Geld, und kommen nicht weiter. Und so dachte sich der Innenminister, wenn wir zwei Experten von der strategischen Aufklärung ausborgen könnten, würde das Problem ruck-zuck gelöst werden. So oder so." Hombug überlegte kurz, ob er das erste oder das zweite "so" bevorzugen sollte, und fragte: "Wo ist eigentlich der Haken? Der Minister kommt normalerweise nicht freiwillig zur Raumflotte weinen." Hunter erläuterte: "Ganz einfach, dort geistert es. Nach neuester Theorie liest diese Riesenamöbe die Gedanken der Menschen, wählt die Schuldgefühle aus, und produziert ihre Personifizierung. Diese Gestalten spazieren dort haufenweise in der Raumstation herum. Die Selbstmordquote unter den Eierköpfen ist ziemlich hoch. Ihr beide habt doch keine Schuldkomplexe, oder?" "Nein, nein," beeilte sich Hombug zu versichern. Mc Fertig stellte ein Bestellformular Nr.: 857344219 aus. Fünf Kopien, "Ausfolgung eines Aufklärungskreuzers, Typ 2/4628". Er fluchte über den verdammten Papierkrieg, und auch über die Wruks, die an allem Schuld seien. Dann machten sie sich auf den Weg. Das McFertig-Andock-Manöver Frederik Hombug blickte verwundert auf den Bildschirm. Die Raumstation, die um Solaris kreiste, war in der Tat ein sehr altes Modell. "Radform," sagte er, "die hat Wernher von Braun ja noch eigenhändig gebaut." Dies war zwar etwas übertrieben, aber es konnte dennoch Kompatibilitätsprobleme geben. Hombug steuerte den Ankoppelungskonus vorsichtig an. Es klackte, dann trieb das Schiff langsam wieder davon. McFertig schlug im Handbuch nach, und erklärte: "Der Konus ist noch im alten Zollmodus gebaut. Er ist um eine Spur enger als einen Meter. Heutzutage wird im Metermodus gebaut. Unser Konus ist daher exakt ein Meter groß." Hobug wollte die Raumanzüge holen, doch McFertig hielt ihn davon ab. "Lassen sie mich mal ran, ich habe bei der Todeslegion einen tollen Trick gelernt." Er schob etwas zurück, und dann zügig nach vorne. Ein dumpfer Knall, gefolgt von leisem Zischen ertönte. "Ankoppelungsmanöver klar beendet!" meldete er übertrieben zackig. Hombug bemerkte, daß das Zischen im Verbindungstunnel ziemlich laut war. "Trick zwei," verkündete McFertig. Er holte einen alten Kaugummi zwischen seinen Zähnen hervor, und klebte ihn auf den Riß in der Wand. Das Zischen verstummte. Das erste, was Hombug erblickte, als er die Schleuse verließ, war eine hochgewachsene, schlanke Blondine. Sie hatte schulterlanges Haar, und schwebte mit wiegenden Hüften den Hauptgang entlang, bis sie infolge seiner Krümmung außer Sicht geriet. McFertig pfiff anerkennend, und bedauerte, daß es bei der Raumflotte so etwas nicht gab. "Vorsicht!" warnte Hombug, "das ist die Alte vom Chef der Station. Manchmal bringt er sie um, manchmal bringt sie sich auch selber um. Diese da dürfte etwa die fünfzehnte, verbesserte Ausgabe sein." "Wer denkt da ans umbringen?" murmelte McFertig, doch er hatte den Bericht auch gelesen. Die Methoden der Neutrinoholographie Graf Hombug und McFertig steuerten zielsicher das physikalische Labor an. Ihr Blick fiel auf ein gigantisches, raumfüllendes Gerät, das wie die Kreuzung eines Zweiphasensynchrotrons mit einer Richtfunkstation aussah. Ein Mann in weißem Mantel kniete auf allen Vieren davor, und versuchte im Dunkel unter der Anlage etwas zu erkennen. Ein zweiter Wissenschaftler kam bald darauf an dieser Stelle auf dam Bauch hervorgerobbt. Er hatte eine Elektronenröhre im Mund. Nachdem er sie herausgenommen hatte, verkündete er: "die PCF 82 ist schon wieder durchgebrannt." Hombug begrüßte die beiden Männer, die er aus seinen Unterlagen als Dr. Sartorius und Dr. Snaut kannte, und sagte: "und das hier dürfte ihr neuer Neutrino-Interferenz-Generator sein. Schwierigkeiten?" Snaut wühlte fluchend in der Kiste mit den Ersatzröhren. Dann nahm er eine in den Mund und kroch wieder unter das Gerät. Sartorius erklärte: "An sich ist die Anlage ja ein voller Erfolg. Kaum ist sie in Betrieb, verschwinden alle Neutrinogespenster. Jedoch ist die Versuchsanlage nicht für den Dauerbetrieb gebaut. Unabhängig davon braucht man etwa fünf Gigawatt Sendeleistung um die Einstrahlung von Solaris im Bereich der Station zu übertönen. Unser Hauptreaktor liefert im Dauerbetrieb aber bedeutend weniger. Außerdem würde Solaris sicher die Sendeleistung schneller erhöhen können, als wir, wenn uns die Regierung einen zweiten Großreaktor bewilligt. Wenn unsere Anlage arbeitet, geht in der ganzen Station das Licht aus." "Wo steht eigentlich die Richtfunkanlage des Gegners?" fragte Mc Fertig, mit einem thermonuklearen Glitzern in den Augen. Leider mußte er erfahren, daß die ganze Planetenoberfläche gleichermaßen strahlte. "Zumindest die uns zugewandte Seite, und wir sind natürlich im Fokus." Im Büro des Forschungsleiters fanden sie Dr. Kelvin vor. Er hatte die Füße auf dem Tisch und las im Perry-Rhodan-Band 7428, Titel: "Massaker in Andromeda." "Ich finde diese historischen Romane sehr beruhigend," sagte er entschuldigend. "Wir haben ihr weibliches Hausgespenst gewissenhaft studiert," begann McFertig, "und sind zu der Auffassung gelangt, daß wir uns auch vier bis fünf Schuldkomplexe zulegen werden." "Aber vorher," setzte Frederik Hombug fort, "werden wir noch einen Lokalaugenschein abhalten." "Keine Angst, guter Mann," beruhigte McFertig, "ab jetzt stehen sie unter dem Schutz der Raumflotte." Biologische Beobachtungen Hombug und McFertig begaben sich an Bord ihres Aufklärers. McFertig nutzte die Gelegenheit, um noch etwas Kaugummi im Kopplungskonus zu applizieren. Sie landeten auf einer aus dem Plasma ragenden Felseninsel. Nachdem sie einige riesige, kompliziert aufgebaute Schaumgebilde entstehen gesehen hatten, meinte McFertig, der seine Pfeife stopfte: "Schaut aus wie Vanillepudding mit Schlagobers." Hombug überlegte: "wenn der Pudding die Neutrinoholographie beherrscht, dann wird er wohl intelligent sein." "Ganz und gar nicht," erwiderte McFertig, "mein Meerschweinchen stellt auch Hämoglobin her, und ist kein Doktor der Chemie." Er zerriß eine alte Semmel und warf die Stückchen in das Plasma am Ufer. Dieses sonderte irgend eine Flüssigkeit ab, die die Semmelbröckchen bald aufgelöst hatte. Dann wurde alles aufgesaugt. "Sehen sie, er hat Hunger," verkündete McFertig sein Forschungsergebnis. "Was soll er auch fressen?" fragte Hombug, "wenn es außer ihm kein anderes Lebewesen auf dem ganzen Planeten gibt." "Wahrscheinlich ist er selber daran schuld," mutmaßte McFertig, "er wird in seiner Jugendzeit alles andere verspeist haben." Er zog seinen linken Handschuh aus, und tauchte seinen kleinen Finger in den Ozean. Nichts passierte. "Rücksichtsvoll ist er auch," meldete McFertig. "Vielleicht ist er Vegetarier," überlegte Hombug, "viele Pilze bevozugen außerdem abgestorbenes Material." "Die ganze Ökologie ist mir ein Rätsel," sagte McFertig, "wenn er auch nur daliegt und abwartet, so hat er doch sicher einen Grundumsatz." "Vielleicht ist er eine Pflanze," spann Hombug den Faden weiter, das erklärt auch das unbegrenzte Wachstum. "Assimilation," staunte Mc Fertig, "mit gelbem Chlorophyll." Nach einer längeren Denkpause fragte er Hombug: "Warum ist es noch keinem gelungen, die Funktion dieser großen Schaumstrukturen herauszufinden?" "Ganz einfach," antwortete Hombug, "weil sie gar keine Funktion haben." "Und wozu werden sie dann überhaupt hergestellt?" wollte Mc Fertig wissen. "Mensch, sei doch nicht so begriffsstützig! Wenn ein Pferd schnaubt, dann hat es Schaum vor dem Maul. Also ein unerwünschtes Nebenprodukt seiner Atmung. Auch Pflanzen atmen, sie haben Spaltöffnungen an den Blättern. Dieses Wesen hat an seiner Oberfläche, wenn die Sonne scheint, einen pflanzlichen Gasaustausch, und in seinen tieferen Schichten einen tierischen. Besonders letzterer erfordern ausgedehnte Belüftungsschächte, mit Pumporganen, schützender Schleimschicht usw., usf.. Große Lebewesen machen langsame Atemzüge, und für seine Größe ist der Verlust an Schleim ohnehin minimal. Und die Spaltöffnungen scheinen radialsymmetrisch angelegt zu sein. Mit der variablen Zähflüssigkeit des Schleims bekommt man dann pseudoreguläre Strukturen. Mit einem Wort Nasenschleim." "Einmal," erinnerte sich McFertig, "wagte sich ein Forscher zu weit in so ein Gebilde hinein. Es explodierte. Wahrscheinlich wurde der Niesreflex ausgelöst." Im Büro von Dr. Kelvin diktierte Graf Hombug der Pseudofrau und Sekretärin Kelvins den ersten Zwischenbericht: "...gelang es also dem Forschungskommando der terranischen Raumflotte erstmalig eine brauchbare Theorie der sogenannten Symmetriaden aufzustellen, Punkt, Absatz!" Hombug überlegte gerade, wie er das schleimge Thema hygienisch beschreiben sollte, als das Licht erlosch. Ein dumpfer Brummton brachte den Raum zum beben. Er aktivierte die Lampe seines Funkhelms und bemerkte, daß sich die Sekretärin in Luft aufgelöst hatte. Das war nicht weiter schlimm, denn die Schreibmaschine funktionierte ohne Strom sowieso nicht. Hombug stürmte auf den Hauptgang, und eilte zum Reaktorraum. Seltsamerweise brannte dort Licht, allerdings rotes. Rasch entdeckte er auch die Ursache dieser Beleuchtung. Es war die Sicherung des Physiklabors, die jemand mit Kupferdraht geflickt hatte. Anscheinend nicht ganz ausreichend, denn sie glühte bereits hellrot. Kurz darauf besann sie sich eines Besseren und zersprühte wie ein Sternspucker in Millionen greller Funken. Es wurde endgültig finster. "Dagegen ist unsere Todeslegion ein harmloser Pfadfinderverein!" brüllte Hombug, nicht ohne leise Bewunderung. Man wechselte also die Sicherungen und auch einige verkohlte Kabel aus, und hatte wieder Strom. Hombug fragte Sartorius: "Eines verstehe ich nicht ganz. Wieso ist Frau Kelvin noch nicht zurück?" Sartorius sagte: "Das ist normal, es braucht immer einen Planetentag, um zu merken, daß etwas nicht stimmt. Das gilt auch für Neuankömmlinge wie Sie." Als Hombug am nächsten Normtag erwachte, entdeckte er das Räupchen auf dem Nachtkästchen. Es war hellgrün mit schwarzen Tupfen, und hatte relativ kurze Haare. Hombug prüfte sein Gewissen. Er hatte zwar etwa zwanzig wruksche Kolonialplaneten und etliche Schlachtschiffe zur Hölle geschickt, jedoch war das einzige schuld- und wehrlose Lebewesen, das er jemals getötet hatte, eben dieses Räupchen gewesen. Bei der Pflege seines Rasens im Garten seines Hauses war er versehentlich darauf getreten. Damals schalt er sich schon als unsensibel. Hombug begab sich also,nachdem er sich angekleidet hatte, in die Küche und organisierte ein gut erhaltenes Salatblatt. Jenes faltete er zweimal und steckte es anstelle seines Stecktuches in die Außentasche seines Jacketts. Er nahm die Raupe behutsam und setzte sie auf sein Salatblatt. Dann entschied er sich doch noch für eine grüne Krawatte, denn die paßte besser dazu. Mit fürwitzig aus der Tasche blickender Raupe, machte er sich auf die Suche nach McFertig. Aus McFertigs Kabine drang grölend ein altes Raumfahrerlied. Zweistimmig. Der Whiskydampf in der Kabine warf selbst Hombug beinahe um. "Darf ich vorstellen," lallte McFertig begeistert, "John McReady. Commodore erster Klasse. Träger des Platinmeteors mit zwei Rubinen. Ein alter Kumpel von der Todeslegion." Hombugs Blick fiel auf eine lange, erschreckend magere Enscheinung von Mann, die ansonsten wie ein Raumpirat aussah. Taktvoll bemerkte Hombug: "Der Platinmeteor wurde in Ihrem Fall doch erst posthum verliehen!" "Das war so," meldete sich McFertig zu Wort, "aber zuerst schenke ich noch eine Runde Whisky ein. Der Vanillepudding dort unten wird mir immer sympathischer. Denn die Whiskyflasche, die McReady immer bei sich hat, wird nie leer." Hombug bemerkte, daß der Whisky wirklich nicht schlecht war. Er schmeckte genau wie der Whisky der Todeslegion. Die Wiedersehensfeier hatte eine solide Basis. "Also," setzte McFertig fort, "vor der Schlacht im Schedirsystem wurden McReady und ich über Antares 37 von den Wruks abgeschossen. Wir pirschten uns durch den Dschungel von Antares 37 an den Raumhafen der Wruks heran. Ich sagte zu McReady: "Du nimmst den Kontrollturm, und ich nehme die Flakstellung." Dann trennten wir uns. Ich kassierte tatsächlich die Flakstellung ein." John McReady setzte fort: "Ich konnte die Wruks nicht aus dem Kontrollturm rauskriegen, denn sie hatten sich dort verschanzt. Ich mußte mich auf das Flugfeld absetzen, und schnappte mir dort einen wrukschen Raumgleiter. Naiverweise wollte ich damit Mc Fertig abholen." McFertig schenkte nach, und endete: "Ich sah einen wrukschen Gleiter auf mich zukommen, und hechtete ohne zu denken zur Flak-Kanone. Nachdem ich begriffen hatte, daß McReady nicht im Kontrollturm war, konnte ich den ganzen Raumhafen natürlich in die Luft jagen. So bekam die Erde Antares 37 in die Hand. Leider habe ich dabei McReady eigenhändig abgeschossen. Darauf muß ich noch einen trinken." "War aber trotzdem eine tolle Aktion," versicherte McReady, "sonst wäre ich nie zu einen Platinmeteor mit zwei Rubinen gekommen." Hombug gewann langsam den Eindruck, daß beide Mcs die Wiedersehensfeier nur als Vorwand für schweren Alkoholismus verwendeten. Er erinnerte sich daran, daß keine Hoffnung bestand, daß die Flasche leer werden würde. Selbst wenn Snaut seine Höllenmaschine wieder in Gang brachte, konnten höchstens zwanzig Stunden Ausnüchterung herausspringen, dann war der "Heimkehrer" wieder da. Diagnose Allergie "Diesen Fall werde ich wohl im Alleingang lösen müssen," sagte er sich. Er entfernte sich aus der fröhlichen Runde, nicht ohne ein volles Glas mitzunehmen. Hombug wollte zuerst seinen Bericht beenden, doch war Frau Kelvin Nr. 16 nirgends zu finden. Dr. Kelvin kam vom Sondenhangar zurück. "Die steckt in einem Raumtorpedo," erklärte Kelvin zufrieden. "Sie hätten bis nach dem Bericht warten sollen, rügte ihn Hombug, "außerdem sind diese Raumsonden doch wahnsinnig teuer." Hombug verschob die Schreiberei daher auf später. "Wenn sie mich schon sabotieren, so müssen sie mir wenigstens beim Denken helfen," sagte Hombug zu Kelvin. Er ließ sich von Kelvin die biologischen Labors zeigen. In der Bakteriologie die Kultursuspensionen. Anschließend die Versuchstierkäfige. "Wofür sollten eigentlich diese Kaninchen verwendet werden?" fragte er. Kelvin erklärte es ihm: "Als man noch annahm, daß auf Solaris gefährliche Bakterien leben könnten, wollte man sie zur Serumherstellung verwenden." "Und wie sollte das geschehen?" "Man nimmt Eiweißstoffe von den zu bekämpfenden Bakterien, und spritzt sie den Kaninchen ein. Diese bilden dann andere Eiweißstoffe, die Antikörper genannt werden. Diese blockieren dann die fremden Substanzen." "Ich habe es ja gleich geahnt!" rief Hombug, "wir sind nichts anderes als Mikroben für ein Planetentier." Kelvin staunte. "Passen sie auf: Bakterieneiweiß ist Fremdlebewesen. Antikörper ist Neutrino-Anti-Fremdlebewesen. Nichts anderes als ein Weg-Ekeln auf höherer Ebene." "Was nützt uns dieses Wissen?" fragte Kelvin, "die Anti-Menschen-Körper werden ja dennoch produziert." "Ich kenne eine Menge Leute mit lästigem Heuschnupfen," sinnierte Hombug. "Bei diesen findet eine Fehlreaktion statt. Blütenstaub enthält Pflanzeneiweiß. Der betroffene Mensch produziert daraufhin Antikörper. Das belastet seinen Organismus unnötig, denn der Blütenstaub ist ohnehin ungefährlich. Diese Leute schlucken Antihistamine, und ihre nutzlose Antikörperreaktion wird gestoppt." Hombug suchte die Hyperfunkstation auf. Er forderte bei der nächsten Flottenbasis einen Raumtransporter und ein paar tausend Tonnen Antihistamine an. Der Kapitän des Transporters wunderte sich etwas, als Hombug ihm sagte: "Auf hundert Kilometer Höhe gehen, und einfach abwerfen." Auch die Erklärung: "Da unten ist eine Pflanze, und die hat Heuschnupfen," verschaffte ihm keineswegs volle Klarheit. Die Neutrinogestalten verschwanden tatsächlich, dennoch staunte Hombug über die weiteren Effekte. Alle Symmetriaden, sowie alle anderen analogen Phänomene verschwanden ebenfalls. "Also hat es sich doch um eine krankhafte Schleimbildung gehandelt. Verdammt, jetzt kann ich den Bericht nochmal schreiben. Und noch dazu ohne Sekretärin." McFertig tauchte auf und klagte über Kopfschmerzen Hier war die Diagnose etwas leichter. Unternehmen Zeichenstift "Und jetzt, wo er wieder gesund und munter ist, müssen wir für den Ozean einen Intelligenztest ausarbeiten." "Können vor lachen," meinte McFertig, "der Ozean könnte uns höchstens im Mikroskop sehen. Und gerade das hat er noch gar nicht erfunden." In der Tat war die Kommunikation vorerst ein Größenproblem. "Außerdem ist er sicherlich etwas weitsichtig. Die Raumstation ist einfach viel zu nahe an ihm dran." Hombug war der Auffassung, daß alle bisherigen Verständigungsversuche entweder von zu großer Nähe aus, oder in zu kleinem Maßstab unternommen worden waren. "Wir könnten selbst ja auch nichts lesen, was auf unserer Wange steht." Zuerst würde man eine Schreibtafel aufstellen müssen, aber eine Schreibtafel von planetaren Dimensionen, die sich in etlichen Planeten-Radien Distanz von Solaris befinden sollte. Hombug rief den Raumtransporter wieder zurück. Der Kapitän war darüber nicht sehr erfreut. Ein innerer Planet in diesem Sonnensystem besaß glücklicherweise Meere. "Ihre Fracht ist sowieso schon gelöscht," funkte Hombug, "tanken sie reines Wasser, bis sie platzen." Der Kapitan tankte, und platzte fast vor Wut. "Dann steuern sie einen Punkt in Raum an, der etwa hunderttausend Kilometer von Solaris entfernt ist, am besten in der Planetenbahn." Der Kapitän steuerte leise fluchend dort hin. "Dann blasen sie das Wasser mit Preßluft ab, und machen das ganze noch öfter, bis ich sage, daß sie aufhören können." Der Kapitän blies das Wasser ab, und hatte keine Zweifel über Hombugs Geisteszustand. Im Vakuum entstand eine riesige Wasserdampfwolke. Sie hob sich wie ein heller Nebel vom schwarzen Weltraum ab. Auf Grund ihrer geringen Dichte reichten schon wenige Schiffsladungen Wasser, um sie auf zehntausend Kilometer Durchmesser zu bringen. Natürlich würde sie bald ganz verwehen, außer man lieferte fleißig nach. McFertig bereitete inzwischen das Unternehmen Zeichenstift vor. Er fuhr den Gefechts-Turm des Kreuzers aus, dann zapfte er den Feuerleitcomputer der überschweren Laserkanone an. Ein vieladriges Kabel wurde durch den Koppelkonus verlegt, und an den Großrechner der Raumstation angeschlossen. Hombug beorderte das Frachtschiff auf eine Parkbahn, nachdem er mit allen Vorbereitungen zufrieden war. Kelvin veranlaßte seinen Rechner zur Produktion von logischen Grundsymbolen. Demzufolge tastete die Laserkanone die Nebelwolke zeilenweise ab, und eröffnete von Zeit zu Zeit das Feuer. Die Wolke begann stellenweise grell zu glühen, sie zeigte Bildsymbole, und unterschied sich daher nur noch durch ihre Größe von dem kleinen Bildschirm im Rechenkontrollraum der Raumstation. "Das kommt garantiert ins Buch der Rekorde!" rief McFertig, "der größte Bildschirm der Galaxis." Sie hatten kaum das Grundrepertoire an Begriffen definiert, als direkt neben der Nebelwolke ein riesengroßer Bildschirm entstand. Er war exakt quadratisch und fast doppelt so groß wie die Wolke. Darauf erschienen bunte Buchstaben in der terranischen Schriftsprache. "Gratuliere, ihr habt den Test bestanden." Graf Hombug stoppte das Symbolprogramm, dann tippte er in das Terminal: "Wir erbitten eine Erklärung." Solaris erkärte: "Ich habe im laufe der Jahrmillionen gelernt, meine potentiellen Handelspartner genau unter die Lupe zu nehmen. McFertig hat mir bewiesen, daß ihr genügend charakterliche Festigkeit besitzt. Hombug bewies, daß ihr imstande seid in planetarem Maßstab zu denken." "Welche Handelswaren schweben ihnen denn vor?" erkundigte sich Hombug. "Zuerst würde ich gerne fünf Millionen Tonnen Semmelbrösel bestellen," legte sich der Ozean fest, zahlbar in gereinigten Schwermetallen, entsprechend dem galaktischen Kurswert." Hombug witterte eine saftige Vermittlungsprovision, und setzte sich mit den entsprechenden Produzenten in Verbindung. Mc Fertig wollte in den Whisky- und in den Mädchenhandel einsteigen, leider mußte er erfahren, daß die Reichweite der Neutrinoprodukte nur sehr gering war. Hunter sagte zu Hombug: "Was, sie sind schon wieder zurück? Na ja, wahrscheinlich haben sie Solaris in eine weißglühende Gaswolke verwandelt. Das ist eine zuverlässige Flottenmethode." Hombug erklärte ihm, daß zwar glühende Gaswolken bei der Aktion vorgekommen waren, aber andere als Hunter gewöhnt war. Hombug schloß mit den Worten: "Und nun frißt er uns bereits aus der Hand." Hunter erteilte Graf Hombug den Befehl zur Plejadenmission. Dann fragte er Hombug vertraulich: "Es geht mich ja nichts an, aber warum tragen Sie ein verwelktes Salatblatt anstelle eines Stecktuches?" Hombug begann: "Ach ja. Das ist eine lange Geschichte."