Gespenster sehen für AnfängerBiologie einer optischen Täuschung - oder: Wie das Auge das Gehirn überlistet."Die Sinne trügen nicht, aber das Urteil trügt" schrieb einst der Dichterfürst aus Weimar. Mit letzterem wird Goethe wohl recht behalten, mit ersterem sicherlich nicht. Die Sinne trügen tatsächlich, und unsere höheren und höchsten geistigen Fähigkeiten sind ihnen dabei hilflos ausgeliefert.
Betrachten wir das nebenstehende, sogenannte Hermann-Hering-Gitter! Sind da nicht kleine graue Flecke zwischen den Ecken der schwarzen Quadrate? --- Mitnichten! Der Bildhintergrund ist einheitlich weiß, genau so wie die Quadrate schwarz sind. Schauen wir uns das Bild noch mal an! Auch mit dem Wissen, dass da keine grauen Flecke sein können, und mit dem größten Bemühen werden wir es nicht schaffen, sie verschwinden zu lassen - gesundes Augenlicht vorausgesetzt. Dieses ergraute Weiß ist eine Sinnestäuschung für die das Auge selbst verantwortlich ist. Schon in der Netzhaut oder Retina wird optische Information vorverarbeitet. Ein wichtige Fähigkeit der Netzhaut ist die "künstliche" Vergrößerung von Helligkeitsunterschieden. Dies bewirkt zum Beispiel, dass wir schwach kontrastierende Konturen besser erkennen können, etwa einen im Dämmerlicht auf uns lauernden, hungrigen Löwen. Diese Kontrastverstärkung ist es aber auch, die uns schlussendlich die grauen Flecke im Gitter sehen lässt. Und so funktioniert's: An den weißen Kreuzungen im Gitter ist wenig Kontrast. Links, rechts, oben und unten - überall ist es einheitlich weiß. Entlang der Gassen jedoch geht es nur in zwei Richtungen weiß weiter, in den beiden anderen Richtungen lauern die schwarzen Quadrate. Hier gibt es also starke Kontraste. Diese Unterschiede zwischen Hell und Dunkel werden von der Netzhaut noch zusätzlich hervorgehoben; die überzeichneten Informationen werden darauf hin dem Gehirn übermittelt. Dem Gehirn wird so vorgegaukelt, das dunkles dunkler ist und helles noch heller. Für unser Gitter heißt das: Das Weiß wird "weißer" und das Schwarz "schwärzer". Und wie wird demnach das "normale" Weiß der Kreuzungen erscheinen, verglichen mit dem "weißeren" der Gassen? --- GRAU!
Anmerkung: Diesen Artikel schrieb ich im Sommer 2000 für ein mittlerweile verblichenes Rätselportal. Alle Rechte liegen bei mir, Klaus Steiner. Wenn du etwas von meinen Seiten verwenden willst, schick mir bitte eine E-Mail. Für die Korrektheit der Seiten übernehme ich keine Garantie. Für etwaige Korrekturen und konstruktive Kritik bin ich immer dankbar. Ich weiß nicht, ob es für mich als Österreicher nötig ist, mich vom Inhalt der verlinketen Seiten zu distanzieren, so wie es den Deutschen ein Urteil ihres Bundesgerichtshofs vorschreibt. Nichtsdestotrotz übernehm ich für die Links natürlich keinerlei Haftung. Zur Startseite |