Gesellschaft der Lyrikfreunde
(Repräsentanz Wien)

 

 

Gedichte von Eva Avi-Yonah

Geschichte

Schau zurück, schau voraus -
du im Licht deiner Bühne
zwischen Dunkel und Dunkel.

Augen blinken auf - vereinzelt aus deinem Publikum,
den Milliarden der Vergangenen
den Milliarden der Geister
der Ungeborenen
wie du sie wiederspiegelst,
was du ihnen zumutest.

Bange Fragen.
Für deine kurze Szene hast du sie in der Hand,
Richter ihres Lebenswandels, verdammst du oder rühmst
nach deinem Licht, lenkst sie
in die Bahnen deiner Ziele oder lässt sie zurückfallen
ins Verlorene.

Bald fällst auch du zurück
in die kleine Verfälschung

in das grosse Vergessen.

 

(anlässlich eines Vortrags über die Zukunft der prähistorischen Forschung)

 


 

Weisser Tag

Es war ein ängstliches darum
wie so nach und nach die Welt verstummte
als die Wolke sich nieder senkte
und Schnee und Nebelgewehe
alle Dinge verschlang.

Mir war als wär ich selber auf einem Weg
wer weiss wohin;
als wollt es auch mich ins kühle Weisse ziehen
und mein Herz erschauerte

weil so plötzlich die Welt verstummt war
und nur spärlich dunkle Zeichen,
Spuren im weiten Nichts,
das Ding beim Namen nannten.

Fege hinweg


Stelle die Lautstärke auf Null und fege mit der Hand
zwischen Auge und Bildschirm die Falten hinweg.
Verdecke zwei Finger breit das gewaltige Doppelkinn.
Auf die Geierstirn pflanze dann braunes Gelocke
doch rühr nicht an den Schalk in den Augen:

   Das ist er,
   der Minister.-

Sitzt wieder auf der dritten Bank,
Fensterseite, schiesst wieder spitzbübisch
Papierpfeile auf dei Rücken der Maedchen.

Im Handumdrehen - zwei Finger -
So wenig nur brauchte es zur Verwandlung!

Und auch du bist noch die, die vormals dahersprang,
und was dir einmal im Auge erglänzte
ist nur leicht überdeckt vom Zauber der Zeithexe.

© Eva Avi-Yonah

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