Dieser Text ist eine Vorversion der später Publizierten Fassung – es fehlen daher einige Angaben und Details, die allerdings für unsere Belange unwichtig sind. Ich bitte Euch die Urheberrechte und das Copyright zu beachten. Wenn Ihr Textteile veröffentlichen möchtet, bitte ein Mail an mich – ich gebe die Anfrage dann an Thomas weiter.  Martin Reinhart

 

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Ein Film kann einen anderen verdecken

 

Zu den verschiedenen Fassungen des Panzerkreuzer Potemkin und Meisels wiedergefundener Musikvertonung

Ein Forschungsbericht von Thomas Tode

 

Wer von uns kann schon Auskunft darüber geben, in welcher Version er Sergei Eisensteins Bronenosez Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin, SU 1925) das erste Mal zu Gesicht bekommen hat? Ich möchte im folgenden die Historie der diversen Fassungen des Potemkin nachzeichnen,[1] und zwar aus Anlass des Fundes der bis heute verschollen geglaubten Vertonung des Films durch den Filmkomponisten Edmund Meisel. Drei komplette Sätze der synchron abzuspielenden Nadeltonplatten von 1930 wurden kürzlich im Lager des Wiener Technischen Museums aufgefunden und sollen noch im Jahr 2003 zu einer Rekonstruktion der Tonfassung führen. Panzerkreuzer Potemkin ist wie eine jener russischen Puppen, die immer noch kleinere in sich enthalten und eine nach dem anderen zum Vorschein bringen. Der ursprüngliche, am 24.12.1925 im Moskauer Bolschoi-Theater uraufgeführte Film enthielt all jene verstümmelten Fassungen und illustren Vertonungen, die im Laufe von über 75 Jahren die Kinogeschichte heimgesucht haben.[2]

 

1. Potemkin in Berlin

 

Panzerkreuzer Potemkin galt lange Zeit als Paradebeispiel eines Films, der erst nach einem sensationellen Erfolg im Ausland (nämlich in Berlin) auch im eigenen Land Anerkennung gefunden hat. Diese Darstellung geht u.a. auf den sowjetischen Kulturministers Anatoli Lunatscharski zurück, wurde aber schon durch den Filmhistoriker Jay Leyda in Zweifel gezogen, der dennoch weiterkolportierte, dass der Leiter von Sowkino selbst durch Wladimir Majakowski nicht überzeugt werden konnte, den Film nach Berlin zu schicken.[3] Werner Sudendorf hat schließlich dieses allzu nette Mythologem zurechtgerückt und basierend auf zeitgenössischen Kritiken und Eintrittszahlen gezeigt, dass das Sowjetpublikum durchaus von Anfang an die außergewöhnliche Qualität des Potemkin erkannte und schätzte.[4] Vermutlich hatte sich allein die Filmadministration reserviert verhalten und später die Mär vom kühlen Empfang durch das russische Publikum verbreitet. Es herrschte nämlich die Überzeugung, dass Filme mit allzu direkter Revolutionspropaganda nicht exportierbar seien. Unbestritten ist jedoch der unglaubliche Erfolg des Films in Berlin, der — da sind sich alle einige — in großen Teilen auf die von Edmund Meisel komponierte Begleitmusik zurückgeht.[5]

                Auf Druck einer zunehmenden Schar von Journalisten und einiger einflussreicher Parteileute war der Film schließlich doch nach Berlin gesandt worden. Nach anderen Quellen (Carl Junghans) soll Willi Münzenberg, der rührige Organisator der kommunistischen Filmfirma »Prometheus«, den Film bei seiner Moskauer Premiere gesehen und nach Deutschland geholt haben.[6] Laut Emil Unfried, einem weiteren Direktor der Prometheus, sahen er und Münzenberg den Film aber erstmals in Berlin: »Am 21. Januar 1926 rief der Sachbearbeiter für Filme in der Handelsvertretung bei der ›Prometheus‹ an und lud deren Leiter ein, sich einen neuen russischen Film anzusehen, der in einer geschlossenen Veranstaltung der russischen Botschaft zum zweiten Todestag Lenins gezeigt werden sollte. ›Der Film war bereits angelaufen, als wir das verdunkelte Theater betraten‹, erinnerte sich Pfeiffer viel später, ›ein junger russischer Student begleitete auf der Theaterorgel. Was wir da erblickten, zog uns sofort in den Bann, so dass wir vergaßen, unsere Plätze aufzusuchen und während des ganzen Films im Gang stehen blieben.‹«[7] Diese deutsche Erstaufführung fand am 21.1.1926 im Großen Schauspielhaus in Berlin statt, wo der Film unter dem Titel Das Jahr 1905 (Panzerkreuzer Potemkin) präsentiert wurde, eingeleitet durch Ansprachen des sowjetischen Botschafters Nikolai Krestinski und Wilhelm Piecks. Die offenbar gewaltige Resonanz dieser Aufführung bestärkte die Prometheusdirektoren, den Film in Deutschland groß herauszubringen.[8]

                Am 4. März 1926 berichtet die Licht-Bild-Bühne über den Abschluss eines Vertrages, in dem die sowjetische Filmorganisation Goskino der Prometheus das Verleihmonopol für den Panzerkreuzer Potemkin auf zunächst drei Jahre überträgt. Der Regisseur Phil Jutzi bearbeitet bei der Prometheus die deutschen Fassungen sowjetischer Verleihfilme. Er stellt für Potemkin die deutschen Zwischentitel her, wobei er einige weg lässt und andere hinzugefügt, so werden z.B. die Geschehnisse nun als eine auf historischen Dokumenten beruhende Tatsachengeschichte präsentiert. Eisensteins strenge dramaturgische Fünf-Akte-Struktur löst er zu Gunsten einer Aufteilung in 6 Filmrollen auf und kürzt dem Film um Szenen, die die deutsche Zensur reizen könnten, insgesamt 123 m (etwa 6 Min. bei 18 Bilder/Sekunde). Um den Film schlüssiger zu machen, stellt er auch einige Montagekomplexe um, so dass nun beispielsweise der Matrose Wakulintschuk nicht erst nach dem Sieg der aufständigen Matrosen verfolgt und erschossen wird, sondern mitten drin.[9] Nachdem die deutsche Fassung erstellt ist, lässt sich — da es thematisch um eine Meuterei geht — das Reichswehrministerium den Film am 17.3.1926 vorführen und beschließt, in der Zensurverhandlung auf ein Verbot zu drängen. Jutzis Fassung des Potemkin wird der Filmprüfstelle am 24.3.1926 vorgelegt und tatsächlich gleich verboten mit der Begründung, dass der Film »geeignet sei, die öffentliche Ordnung und Sicherheit dauernd zu gefährden«[10].

                Inzwischen ist Sergei Eisenstein zusammen mit seinem Kameramann Eduard Tissé am 18.3. in Berlin eingetroffen, offiziell um sich einen Einblick in die Arbeitsmethoden deutscher Kollegen zu verschaffen, aber sicher auch, um der geplanten Premiere seines Filmes beizuwohnen. Nach dem Verbot trägt er in Pressekonferenzen dazu bei, die liberale Öffentlichkeit zu mobilisieren und trifft sich u.a. auch mit dem Theaterkritiker Alfred Kerr, der in der Revisionsverhandlung vor der Filmoberprüfstelle als Beisitzer des Bereichs »Kunst und Literatur« fungiert. Darüber hinaus verpflichtet die Prometheus den bekannten Theaterregisseur Erwin Piscator als eigenen Sachverständigen. Gemeinsam mit Kerr und Piscator entkräftet der Rechtsanwalt der Prometheus Dr. Paul Levi den Vorwurf der kommunistischen Propaganda, indem er plausibel macht, dass der Film »der ganzen Taktik der Kommunisten widerspricht«, da er die Ereignisse »als eine rein zufällige Meuterei – hervorgerufen durch den Vorfall mit dem Fleisch« erscheinen lässt.[11] Dass ein isoliertes, zufälliges Einzelereignis »ohne Beziehung zu den Kräften der Revolution« dargestellt sei, hat Piscator später auch öffentlich vertreten (Rote Fahne, 1.1.1928), sehr zum Ärger Eisensteins.[12] Allerdings ist diese Lesart bereits in den veränderten Zwischentiteln der Jutzi-Fassung angelegt, denn die Prometheus hatte vorsorglich alle textlichen Verbindungen zwischen der Revolution von 1905 und der von 1917 eliminiert.

                Die Taktik greift und führt zur Freigabe des Films, mit kleineren Schnittauflagen von 30 m Länge (ca. hundert Sekunden), die vor allem das Überbordwerfen der Offiziere und das Massaker auf der Treppe betreffen, u.a. wird der hinabrollende Kinderwagen entfernt.[13] In dieser — nun 1586,85 m langen — Fassung kann der Potemkin seinen Siegeszug durch die internationale Öffentlichkeit antreten, beginnend mit der Kinopremiere am 29.4.1926 im Berliner Apollo-Theater. Eisensteins Visum, dass bereits einmal verlängert worden war, ist allerdings schon Tage vorher abgelaufen, so dass er weder an der Zensurverhandlung noch an der Premiere teilnehmen kann.[14] Erstaunlicherweise hat aber nicht nur Deutschland, sondern auch ein großer Teil der restlichen Welt den Potemkin in dieser von der deutschen Zensur genehmigten Fassung zu sehen bekommen, was vermutlich mit dem Monopolvertrag der Prometheus zusammenhängt.

                Aber die Gefahr eines Verbotes war noch nicht endgültig gebannt. Noch am Nachmittag vor der Berliner Uraufführung erscheint im Apollo-Theater die Regierungsspitze des Landes — mit Ministerpräsident Otto Braun, Kultusminister Carl Heinrich Becker, Polizeipräsident Albert Greszinsky, Oberreichsanwalt Ludwig Ebermeyer und weiteren Amtsträgern aus der Reichskanzlei — und ließ sich den Film vorführen. Das Reichswehrministerium hatte nämlich gegen die Zulassung des Films Beschwerde erhoben und profilaktisch den Angehörigen der Streitkräfte den Besuch des Filmes untersagt, da »eine Gefährdung der Disziplin zu befürchten« sei.[15] Die hochrangige Kommission bestätigt nach ihrer Sichtung allerdings die Freigabe des Films: Eine intakte Demokratie müsse diese Herausforderung aushalten können. Außenminister Gustav Stresemann hinterfragt später in einem Brief an Ministerpräsident Braun diese Entscheidung, da »bei dieser Darstellung der Film ohne Musik aufgeführt wurde«[16] Die Mitglieder von Edmund Meisels Premierenorchester fanden sich nämlich erst kurz vor der Abendpremiere im Apollo-Theater ein.

 

2. Die Meiselsche Musikvertonung

 

                Die Musik der Uraufführung des Potemkin im Moskauer Bolschoi-Theater bestand aus einer konventionellen Katalog-Musik, d.h. es wurden Versatzstücke bekannter Sinfonien und Operetten für den Film neu arrangiert. »Gleich drei Personen — der Hausdirigent Nikolai Golowanow, Leonid Sabanejew als ›wissenschaftlicher‹ Berater und der Premierendirigent Jurij Feier — hatten sich das Kompilat kurzfristig erarbeitet. Zu Eisensteins Bilderkatarakt erklangen Beethovens ›Egmont‹-Overtüre, Litolffs ›Robespierre‹, Tschaikowskys ›Francesca da Rimini‹-Overtüre und weitere Stücke aus dem Klassikerfundus[17] Diese beliebig und lieblos wirkende Vertonung nur aus Repertoirestücken war damals in Russland selbst bei Premieren durchaus üblich. Beim Potemkin kam hinzu, dass Eisenstein und Alexandrow noch am Tag der Premiere an der Arbeitskopie des Films schnitten und die letzten Rollen erst nach Beginn der Vorstellung in Kino brachten. Ein musikalisch feinsinnige Abstimmung kann da nicht erwartet werden. Welche Musik beim sowjetischen Kinostart des Films ab dem 18.1.1926 gespielt wurde, ist leider in den Kritiken nicht überliefert, vermutlich eine ähnliche Musikillustration wie bei der Premiere. Bei der deutschen Erstaufführung im Berliner Schauspielhaus am 21.1.1926 spielte wie oben berichtet ein »russischer Student« auf einer Theaterorgel, — eine Formulierung, die wohl auf eine mehr oder minder improvisierte Musik hindeuten soll.

                Gleich nach dem Erwerb des Films Anfang März 1926 beauftragt die Prometheus auf Vorschlag von Maria Andrejewna, der Frau Maxim Gorkis, den Komponisten Edmund Meisel, eine eigenständige Musik zum Film zu komponieren. Der aus Wien stammende Meisel war bis dato im Berliner Kulturleben vor allem als Kapellmeister von Erwin Piscators Theaterinszenierungen hervorgetreten (1924 »Revue Roter Rummel«, 1925 »Trotz alledem«). Eisenstein trifft bei seinem Berlin-Aufenthalt mit ihm zusammen. Vermutlich war Meisels Komposition zu diesem Zeitpunkt aber schon weit fortgeschritten, denn der Film wird am 24.6., nur sechs Tage nach Eisensteins Ankunft, bereits zur Zensur eingereicht, was überlicherweise erst unmittelbar vor der geplanten Premiere geschieht. Auch schätze Meisel bei einem vergleichbaren Projekt seine Arbeitszeit für Musikkomposition inklusive (!) Aufnahme auf vier Wochen. Eisenstein und Meisel konnten daher wohl nur noch die Musik der finalen Szene des Geschwaderdurchbruchs miteinander abstimmen, wie sich zwischen den Zeilen auch einer Äußerung Eisensteins entnehmen lässt:

                »Gewiss, vieles war noch lückenhaft und keineswegs vollkommen; denn mein Aufenthalt in Berlin während der Zeit, als die Musik entstand (1926), war zu kurz. Doch er war trotzdem nicht so kurz, als ich nicht die Zeit gefunden hätte, mich mit Meisel, dem Komponisten, über den entscheidenden ›Effekt‹ der Potemkin-Musik zu verständigen. Und zwar über die ›Musik der Maschinen‹ in der Szene der Begegnung mit dem Geschwader. Für diese Stelle forderte ich vom Komponisten kategorisch den Verzicht auf die gewohnte Melodik und eine genaue Ausrichtung auf das nackte Klopfen der Kolben, und mit dieser Forderung zwang ich, genaugenommen, auch die Musik, an dieser entscheidenden Stelle in eine ›neue Qualität‹, in Geräusch, ›überzuspringen‹.«[18] Eisenstein attestiert der Komposition, dass sie weit über die übliche Illustration hinausging und »musikalisch und optisch verschmolzenen Bilder« schuf. Nicht bloß die Szene des Finales, sondern auch die der Treppe verdanke — so Eisenstein — der Meiselschen Musik »sehr viel von ihrer Kraft«.

                Meisel beschreibt, dass sich bei der Arbeit an der Komposition herausstellte, dass seine und Eisensteins Auffassung von der Funktion der Filmmusik völlig übereinstimmten: »Die Filmmusik soll den Zuhörer energisch auf den Film konzentrieren. Sie muss deswegen immer und immer wieder die Tendenz herausholen und muss hinweisen auf alle wesentlichen Punkte. Sie muss das Publikum aufregen und erschüttern können, damit es unbedingt zum Miterleben gezwungen wird[19] Auch die Musik sollte also »die Seele des Zuschauers durchpflügen«, um Eisensteins berühmte, drastische Formulierung aufzugreifen. Aus der nur kurzen Begegnung entwickelt sich eine durch regen Briefwechsel[20] unterhaltene Freundschaft, aber auch Arbeitsgemeinschaft: Eisenstein verpflichtet Meisel für die Vertonung seines Films Oktober (1928) und auch für Die Generallinie (1930) ist dieser ursprünglich als Komponist vorgesehen. Obwohl Meisel mehrmals versucht hat, die Potemkin-Musik auch in Moskau live vorzustellen, ist dies nie gelungen. Eisenstein hört sie zum ersten Mal am 10. November 1929 bei einer Vorstellung in London, wo Meisel damals arbeitete. Eine von Zeitgenossen kolportierte kritische Äußerung Eisensteins über die Meiselsche Musik, die seinen Film zur Oper gemacht hätte[21], ist wohl dem damals akuten Zerwürfnis der Freunde geschuldet, ausgelöst durch eine Affäre zwischen Eisenstein und Meisels Frau Elisabeth. Eisensteins oben zitierte, von 1939 stammende positive Einsschätzung ist mit mehr Abstand und Gleichmut geäußert worden.

                Eisensteins Wertschätzung konnte also zunächst nur auf den positiven Rückmeldungen aus Deutschland beruhen. So berichtet ihm der Prometheus-Direktor Pfeiffer am 1.6.1926: »Diese Musik war es, die den Film auch zu seinem höchsten Triumphe verhalf. Die Musik war teilweise so stark, dass sie in Verbindung mit den Bildern auf der Leinwand auf die Zuschauer derart wirkte, dass dieselben sich vor innerer Erregung an den Stühlen festhalten mussten. Besonders grandios ist die Musik bei der Treppensequenz und dann, wie ›Potemkin‹ sich zum Kampfe stellte. Man glaubt buchstäblich mit dem Schiffe zu fahren, so ist der Takt und der Rhythmus der Maschinen nachgeahmt. Das, was Sie sich unter einer Musik für Potemkin gedacht haben, ist in vollstem Maße erfüllt worden. Wir senden Ihnen mit gleicher Post, als Geschenk eine vollständige Partitur[22]

                Die Premierenpresse bestätigt diese Äußerungen: »Das Apollo-Theater gab dem Film durch eine Musik von Eduard Meisel äußerst packende Illustration. Der Kapellmeister-Komponist arbeitet mit einer Fülle von Disharmonien, die ebenso an den Nerven reißen, wie die wilden Szenen dieses Filmwerkes. Bei beiden aber fehlt es an der harmonischen Auflösung. Und insofern kann man diese eigenartige Musik, bei der das Schlagzeug die führende Rolle spielt, sehr wohl als stilgerecht und passend bezeichnen (Licht-Bild-Bühne, 1.5.1926). Unzufrieden ist dagegen die Welt am Abend (3.5.1926): »Zu diesem Film eine Musik zu schreiben, könnte einen Komponisten von Rang reizen. Edmund Meisel, der für die Musik verantwortlich zeichnet, hat bis auf den Schluss keine sehr glückliche Hand dabei gehabt Die gelungene Exponierung des Finales wird dagegen von der Vossischen Zeitung (1.5.1926) unterstrichen: »Ein besonderes Lob gebührt dem Kapellmeister Edmund Meisel, der (...) einen musikalischen Rahmen schuf, der der Würde und Größe der Bilder angepasst war. Der furchtbare, aus dem Dröhnen der Maschinen, dem Hämmern der Kolben und dem Toben der Geschütze zusammengesetzte Rhythmus wurde in seiner Musik lebendig Der Kinematograph (9.5.1926) resümiert nüchtern: »Ein guter Teil der Wirkung ist auf das Konto der Musikzusammenstellung zu setzen. Das wäre sofort einwandfrei zu beweisen, wenn der Film ohne die aufreizende Musik gesehen würde

                Mehr oder weniger einmütig stellt die Presse bereits hier fest, was Hans Richter über Meisels Komposition zu Ruttmanns Berlin-Film (1927) sagte, nämlich dass sie mit dem Hergebrachten brach und »eine bis dahin passive, konfektionierte Form der musikalischen Begleitung ersetzte durch eine aktive«[23]. Allerdings ist auch die Kritik nie ganz verstummt: »Meisel wird von einem großen Teil zünftiger Musiker und origineller Musikschöpfer nicht ernst genommen, ja viele seriöse Köpfe halten ihn für eine direkte Gefahr, da er in der Wahl seiner Mittel zu unbedenklich sei und das Können leider durch Propaganda und Radau ersetze.« (Film-Kurier, 20.6.1928). Abwägend kritisch urteilten später Theodor W. Adorno und Hanns Eisler über die Musik des Potemkin: »Meisel war ein bescheidenes Kompositionstalent und die Partitur gewiss kein Meisterstück. Jedenfalls aber war sie damals ›non-commercial‹, hat sich den neutralisierenden Klischees entzogen und eine gewisse, wenn auch noch so rüde Schlagkraft bewährt. Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass sie um ihrer Aggressivität willen die Publikumswirkung beeinträchtigt hätte, im Gegenteil, sie hat sie verstärkt[24]

                Die Uraufführung war aber erst der Beginn des Triumphs, wie man Eisenstein nach Moskau schrieb: »Binnen weniger Tage lief der Film bereits in Berlin in 25 Theatern, und schon nach 14 Tagen hatten wir bereits 45 Kopien laufen. (...) Die Zahl der Kopien ist nun in der Zwischenzeit bis auf 50 gestiegen[25] Den enormen Anklang bestätigen auch die zahllosen Schutzpolizei-Einsätze wegen Überfüllung der Kinos bei den ersten Berliner Aufführungen.[26] Wenig später meldet »Der Film« (23.5.1926), dass allein in Berlin 210 Filmtheater den Streifen gebucht haben. Die beachtlichen Einnahmen aus dem Verleih des Films lieferten der Prometheus die finanzielle Basis, zukünftig in größerem Umfang eigene Spiel- und Dokumentarfilme zu produzieren und zur wichtigsten linken Filmproduktionsorganisaton der Weimarer Republik zu werden.

                Die Potemkin-Musik hatte Meisel auf einen Schlag berühmt gemacht, selbst dem Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung wurde er in diesem Zusammenhang zum Begriff.[27] Meisel wird auch für weitere Aufführungen des Films in Deutschland angefragt, wie der Verleih Eisenstein stolz schrieb: »Wir müssen ihnen ferner mitteilen, dass in zahlreichen Städten, so in Mannheim, Leipzig, Danzig, der Komponist Meisel als Dirigent für die dortigen Erstaufführungen verpflichtet worden ist und dass dort in diesen Städten ebenfalls der Film ganz grandios herauskommt. Z.B. haben wir in Leipzig das schönste Theater für Potemkin bekommen, den Emelka-Palast. Alle diese Theater haben für diese Tage verstärkte Kapellen, teilweise bis zu 40 Mann[28]

               

3. Rückschläge

 

Die Zustimmung zum Film ist aber nicht ungeteilt. Die Rechtspresse und ds Militär mobilisieren gegen den Streifen und fordern unverblümt ein Verbot. Als der Kinostart des Potemkin für Württemberg und Bayern angekündigt wird, beantragt der Württembergische Innenminister Bolz am 12.6.1926  bei der Filmoberprüfstelle einen Widerruf der Zulassung für das gesamte Reichsgebiet, zumindest aber für Württemberg. Zwischenzeitlich wird ein Polizeiverbot für Stuttgart erlassen. Unter der Führung des Württembergischen Geschäftsträgers in Berlin schließen sich die Länderregierungen von Hessen, Thüringen, Bayern und Mecklenburg-Schwerin dem Antrag an.[29] Da aufgrund der gesetzlichen Schutzklausel ein Film allein wegen seiner politischen Gesinnung nicht verboten werden kann, wird eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch mögliche Ausschreitungen bei den Vorführungen behauptet. Am 12.7.1926 kommt es zur Revisionsverhandlung, bei der der Potemkin erneut verboten wird. Die Kammer hatte sich die Argumente der Antragsteller zu eigen gemacht. Im Anschluss setzt eine Protestwelle der linken und liberalen Presse ein, die gegen die »Vergewaltigung des Wortlauts und Sinnes der Gesetzesbestimmung« (Vorwärts, 14.7.1929) protestiert. Da die Entscheidung der Oberprüfstelle am Ende des Instanzenweges nicht weiter anfechtbar ist, sieht sich die Prometheus gezwungen, den Film in stark gekürzter Form erneut vorzulegen, so dass ein neuer Fall verhandelt werden kann.

                Die nun wieder zuständige 1. Instanz der Filmprüfstelle lässt den Film am 28.7.1926 in der vorgelegten 1421 m langen Fassung passieren, d.h. weitere 117 m (nahezu 6 Min.) waren weggefallen. Diese entstammen im wesentlichen wieder den Kampfszenen, wie die Berliner Allgemeine Zeitung (2X.7.1929) aus einem direkten Vergleich mit der Originalfassung feststellte: »Man lies den Knutenhieb des inspizierenden Offiziers weg, man milderte den Todeskampf der Matrosen mit den Offizieren, so dass kaum etwas davon übrigblieb. Die blutigen Szenen auf der Treppe sind auch weitaus zahmer, als ursprünglich. Ebenso wurde in der Einleitung die Organisation ›Proletkult‹ fortgelassen. Auch die Zwischentitel wurden durchweg gründlich revidiert

                Ein Insiderbericht im Berliner Tageblatt (28.7.1926) beschreibt den Verlauf der Verhandlung, bei dem sich die Beisitzer durch kritisches Hinterfragen der Sachverständigen des Heeres und des Innenministeriums auszeichneten, die wiederum stur ihre alte Argumentation ablasen, ohne auf die neue Gestalt des Films einzugehen. Da es bei den bisherigen Kinovorführungen in Preußen nachweislich nicht zu Zusammenstößen gekommen war, wurde dieser Verbotsgrund nicht anerkannt. Dennoch war dies ein Pyrrhussieg. Herbert Ihering beklagt im Berliner Börsen-Courier (28.7.1926) die durch die Verstümmelung hervorgerufene Veränderung des Bildrhythmus’, spricht von einer Zensurfassung.[30] Ein letzter Versuch der rechten Kreise, den Streifen in einem Verfahren der Filmoberprüfstelle ausmustern zu lassen, scheitert am 2.10.1926: Die Zulassung wird bestätigt, allerdings die Jugendfreigabe zurückgenommen.

                Eineinhalb Jahre später bringt die Prometheus den Film als Reprise wieder heraus und reicht ihn am 5.6.1928 in veränderter Gestalt zur Zensurprüfung ein. Allerdings ist es keineswegs so, wie man der Presse weißmachte, dass diese Version nun »›ohne Zensurausschnitte‹ also in der von Eisenstein gedachten Fassung zusammengestellt ist« (Film-Kurier, 20.6.1928). Man hatte eine 1467 m lange Fassung eingereicht, die durch die Prüfstelle unwesentlich auf 1464 m gekürzt wurde. Damit war sie aber nur 43 m (= 2 Min) länger als die letzte genehmigte Fassung. Das ganze diente wohl eher dazu neue Aufmerksamkeit bei der Presse zu erregen. Die Rechnung geht auf und man attestiert dem Film, dass er nicht gealtert sei, anders als die Musik: »Meisel hält der Wiederholung des Films nicht ganz so stand wie Eisenstein. Viel Unwahres, Lyrisch-Versüßtes ist in seiner Partitur. Schlimme Partien: die Trauermusik um den toten Revolutionär. Fürchterliches Abirren in eine ausgewalzte Melodienführung. Schlimmer noch die D’Albert-Weise bei der fröhlichen Musik-Lyrik, wenn die Schiffe der Bürger nach Odessa fahren. Da ertappt man Meisel dabei, dass nicht alles Rot ist, was so tut. Dennoch steht er turmhoch über vieler Musikmacherei, wenn man ihn mit der üblichen Illustration (und nicht mit der modernen Musik) vergleicht. Er hat den parallelen Rhythmus ins Orchester gebracht, das Maschinengestöhn — gleichgültig, wo er er hergenommen hat (Film-Kurier, 20.6.1928).

                Erneute Versuche eines Zensurverbots in Württemberg werden gemeldet, nicht ohne dabei das Märchen von dem bedrohten »director’s cut« zu wiederholen: »Der Potemkin-Film läuft jetzt bekanntlich in einer Fassung, die sich vollständig mit der russischen Originalversion deckt.« (Film-Kurier, 28.7.1928). Interessanterweise kursieren auch die alten Kopien noch weiter und so kann man im Herbst 1928 in einem Rundschreiben der Internationalen Arbeiter Hilfe (IAH) ein günstiges Verleihangebot finden: »Panzerkreuzer Potemkin in alter Fassung (in neuer Fassung sehr teuer, je nach Ort 300,- bis 1000 M)«[31].

 

4. Die Tonfassung von 1930

 

Mit Beginn der Tonfilmzeit soll auch der bisher nur live begleitete Potemkin in einer Tonfassung herauskommen, wie der Film-Kurier am 23.6.1930 meldet: »Augenblicklich ist Hochbetrieb bei der ›Prometheus‹. — Der Film Panzerkreuzer Potemkin wird vertont und zwar mit der Originalmusik von Edmund Meisel. Der Komponist mit einem großem Stab von Musikern leitet persönlich das Orchester, Gesangschöre und Sprechchöre unterstreichen die Massenszenen Schon aus den ersten Meldungen geht hervor, dass Meisel nicht einfach nur seine ursprüngliche Komposition einspielt, sondern weitere Klangelemente hinzufügt, auf die man bisher hatte verzichten müssen: Sprechchöre, Geräuschkompositionen und Sprache! Die Zwischentitel werden nämlich — »außer in der Einführung«[32] — sämtlich entfernt und in Dialog umgeformt, gesprochen von Mitgliedern des Piscator-Ensembles, der Spielgemeinschaft und des Baranowski-Studios. Auf Fotos der Synchronisierungsaufnahmen im Studio der »Berliner Liedertafel« erkennt man beispielsweise den Schauspieler Friedrich Gnass, einen der Hauptdarsteller aus der Prometheus-Produktion Mutter Krausens Fahrt ins Glück (1929). Auch eine englische Sprachversion soll angefertigt worden sein, da auch England und die USA an einer Tonfassung des Potemkin interessiert waren. Die Aufnahmen wurden mit dem Organon-Verfahren mit Apparaturen der Deutschen Grammophon Gesellschaft durchgeführt.

                Der Versuch, den stummen Film konsequent zu dialogisieren, ist durchaus ungewöhnlich (in mehr als 50 % der Szenen gibt es Gesprochenes). »Das Hauptcharakteristikum des von A. J. Lippl verfassten Potemkin-Dialoges soll in seiner Abweichung vom Konversationsmäßigen bestehen. Die raschen und schnell wechselnden Überblendungen verlangen ein knappes präzises Wort, das des öfteren, ähnlich der Bildmontage, zu einer Wortmontage wird. Um das unerhörte Tempo des Bildes zu erreichen, war eine starke Rhythmisierung, also eine Loslösung vom alltäglichen Wort nötig (Film-Kurier, 4.7.1930). Lippl hatte sich ein neues Verfahren gar patentieren lassen: »Die zahlreichen Dialoge, Rufe usw. mussten silbenweise ausgezählt, Vokale und Verschlusslaute fixiert werden, die Dialoge dann mit Hilfe der Lautkurve und des Vokaldreiecks ausgearbeitet und in die Bildszenen eingepasst werden.« (Film-Kurier, 18.7.1930). Dr. Alois Johannes Lippl war ein junger Tonregisseur und Dramaturg, den die Prometheus anstelle von Phil Jutzi verpflichtet hatte, mit dem sie sich kurz vorher zerstritten hatten.

                »Mannigfach sind die Hilfsmittel des Geräuschensembles, von der Kaffeemühle, den Erbsen, die auf Bleche fallen, den Steinen in Sieben, den Donnerblechen, den leeren Flaschen, die angeschlagen, den Klang aufeinanderprallenden Eisens ergeben, bis zu den Ratschen, mit denen einzelne Schüsse bis zu ganzen Salven imitiert werden. (...) Meistens wird nur mit zwei Mikrophonen gearbeitet. Das eine für die Aufnahme der Musik, das andere für die Geräusche und die Sprache.« (Film-Kurier, 18.7.1930). Bei anderen Passagen werden die bereits auf Platten aufgenommenen Geräusche zu Chor und Musik hinzukopiert und mit Hilfe eines »Dupliziergeräts« gemischt.

                Als Grundlage des Bildes dient noch immer die Jutzi-Fassung, denn die Licht-Bild-Bühne (18.7.1930) meldet ausdrücklich: »der Bildschnitt bleibt unverändert«. Die im Vergleich zur letzten genehmigten Potemkin-Fassung (1464 m) kürzere Länge der Tonfilmversion mit 1353 m ist demnach allein durch Entfernung der ca. 120 Zwischentitel zustande gekommen (die längste Jutzi-Fassung von 1926 besaß 137 Zwischentitel). Dies ist durchaus nachvollziehbar, denn die 111 m Längendifferenz entsprechen bei 18 B/s etwa fünfeinhalb Minuten, wobei dann jeder Zwischentitel im Mittel noch nicht einmal drei Sekunden gestanden hätte. Ein viel größeres Problem entsteht dadurch, dass der Film nun mit der genormten Tonfilmgeschwindigkeit von 24 B/s  abgespielt werden musste, die auch für das Nadeltonverfahren gilt. Sämtliche Bewegungen erscheinen dadurch etwas schneller, da sie ja ursprünglich mit etwa 18 B/s aufgenommen worden waren. Offenbar war es 1930 noch nicht üblich, die Originalgeschwindigkeit der Bewegungen bei der Umkopierung zu erhalten, indem — wie heute — jedes zweite Filmbild doppelt kopiert wird. Die Meterzahl hätte sich dann nämlich um ein Drittel verlängern müssen. Die Länge der Tonfilmfassung beträgt aber 1353 m, was etwa 49 Minuten entspricht. Schon aufgrund dieser Verkürzung der Laufzeit gegenüber den Versionen von 1926 und 1928 hatte Meisel für die Tonfassung seine alte Komposition »von Grund auf neu gestalten müssen« (Licht-Bild-Bühne, 18.7.1930).

                Im Zuge der Werbekampagne vor der Premiere hat sich Meisel zum den Überarbeitungen geäußert: »Die Hauptaufgabe, über die Tonregisseur und Komponist sich einig waren, bestand darin, Sprache wie Ton zu stilisieren. An Stelle der Titel, die naturgemäß fortfielen, ist eine telegrammwortartige Erläuterung getreten. Wort und Musik werden stimmungsgemäß verwandt: mitunter zusammen, dann auch getrennt. (...) In der Musik sind Motive leitend verwandt: sie ist unter Anlehnung an die seinerzeit geschaffene Originaluntermalung nach den bisher gemachten Erfahrungen umgeändert und erweitert worden (Film-Kurier, 9.8.1930). Das Berliner Tageblatt (2.8.1930) brachte in seiner wöchentlichen Musikbeilage sogar vier Seiten mit den Noten der wichtigsten Musikthemen, aber auch der Text wurde in Teilen veröffentlicht.[33] Für die Werbung wurde außerdem ein kurzer (84 m) tönender Vorspannfilm zu »Panzerkreuzer Potemkin« eingesetzt.

                Der Film passiert am 1.8.1930 anstandslos die Zensur und wird am 12.8.1930 im ausverkauften Berliner Marmorhaus uraufgeführt: »Das Haus jubelt. Der Neufassung des Films steht ein neuer Siegeszug durch die Lichtspieltheater bevor. (...) Musik schafft die Überleitung. Sie erzielt ihre stärksten Wirkungen mit dem Trauermarsch der russischen Revolutionäre und der klassische gewordenen Maschinenmusik, die untrennbar ist vom Bilde, ihm in der Konzeption gleichwertig (Film-Kurier, 13.8.1930). Dagegen missfällt dem Berliner Börsen-Courier (14.8.1930) vor allem die Dialogisierung: »Die Matrosen reden jetzt, Organe, die zu den Gesichtern nicht passen, knarren Schlagworte. Alles verschiebt sich. Alles verbiegt sich. Wenn früher der Bildschnitt sprechend war, so ist er jetzt zerstört zugunsten wirklicher Worte. Ein Filmdokument von historischem Wert ist vernichtet zugunsten einer falschen Augenblickssensation Dieser Verdacht, dass die Vertonung des Potemkin nur als lukrative Transaktion zu werten ist, wird wiederholt geäußert: »Einige kluge Fachleute wollten die Konjunktur nutzen und haben unter Benutzung der Meiselschen Originalmusik den herrlichen Potemkin-Film nachsynchronisiert. Sie haben ihn ganz und gar verschandelt (Der Film, 16.8.1930).

                Die Licht-Bild-Bühne (14.8.1930) moniert dagegen nur die Solo-Sprachszenen während die kombinierten und rein musikalischen durchaus Lob finden: »... die auch im stummen Film gewaltige Treppenszene wirkt mit den Schreien der Menge doch wohl noch aufwühlender (?). Soweit die Kompositionen von Edmund Meisel die Vertonung tragen, müssen wir wieder bewundern und aus vollem Herzen zustimmen Dieselbe abwägende, geteilte Wertung findet sich nach der österreichischen Uraufführung auch in Paimann‘s Filmlisten (5.9.1930): »... Dialoge, deren Nachsynchronisierung allerdings als Minus zu werten [ist]. Dagegen bringen die Meiselsche Begleitmusik, Sprechchöre und sonstige klangliche Untermalungen Leben ins Bild (...) Zusammenfassend: kein nennenswerter Vorzug gegenüber der stummen Version, dieser aber zumindest gleichwertig Und selbst die Nazis loben in ihrem Organ »Der Nationale Sozialist« die neue Fassung: »Der Film läuft jetzt als Tonfilm. Er hat dadurch gewonnen, wirbt stärker. Interessant, dass die ›Internationale‹ nur an einer Stelle durch einige Takte intoniert ist. Es kann dies bewußt gemacht sein, um den russischen Charakter des Films mehr zu betonen[34] Wie man sieht wird der Film hier vor allem als nationales Epos des russischen Volkes interpretiert und aus dieser Perspektive lässt sich auch verstehen, warum Joseph Goebbels das Werk schätzte und von den Filmschaffenden einem »deutschen Potemkin« forderte..

                Das nicht minder parteiische KPD-Organ »Rote Fahne« (15.8.1930) sieht — wie nicht anders erwartet — ihre grundsätzlichen Bedenken bezüglich der nachträglichen Synchronisierung eines Stummfilms durch den vorgelegten Film ausgeräumt: »Und doch ist die Vertonung zu bejahen, denn durch sie ist die wunderbare, revolutionäre Filmsymphonie Eisensteins zu neuem Leben erwacht. Der akustische Teil steigert — trotz seiner Fehler — die Wirkung des ›stummen‹ Potemkin-Films. Man erlebt den Film, als ob man ihn jetzt zum ersten Mal sehen würde. Er wird als — ursprünglich, elementar, erstmalig — wieder in die Massen dringen. Durch die Vertonung. Durch das Interesse, das dem Tonfilm als Tonfilm entgegengebracht wird.«

                In der Tat muss dieses akute Interesse an der technischen Neuerung Tonfilm als einer der Hauptgründe für die Anfertigung einer Tonfassung von Eisensteins Potemkin gelten. In der Tonfilmära läuft das Verleihgeschäft für Stummfilme nur noch schleppend und die finanzielle Lage der Prometheus im Jahr 1930 ist besorgniserregend. Keinen einzigen neuen Spielfilm produziert sie mehr in diesem Jahr, bloß noch sechs kurze dokumentarische Streifen, z.T. aus recyceltem Material. Sowjetische Tonfilme sind noch nicht zu haben, da die Sowjets versuchen ein eigenes Tonsystem zu entwickeln, um nicht von den teuren Lizenzgebühren des Westens abhängig zu sein]. Gewissermaßen als einzige Gegenmaßnahme lässt die Prometheus einen ihrer Klassiker vertonen. Er ist das letzte Aufgebot der Firma, das letzte Aufbäumen. Aber die Kinos sind in der Zeit der Arbeitslosigkeit meist halbleer. Gerade viele der kleineren und mittelständischen Kinobetriebe — traditionell Kunden der Prometheus — brechen unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise und der hohen Investitionen bei der Umstellung auf Tonfilm zusammen. Im Januar 1931 muss die Prometheus Konkurs anmelden. Der in Produktion befindliche Prometheus-Tonfilm Kuhle Wampe von Slatan Dudow und Bert Brecht wird aus der Konkursmasse aufgekauft und zuende produziert.

                Nachzutragen ist, dass Edmund Meisel schon wenige Monate später, am 14.11.1930, an den Folgen einer Blinddarmoperation im Alter von nur 36 Jahren verstirbt. In den Nachrufen wird immer wieder seine Potemkin-Musik hervorgehoben und geäußert, dass alle Unternehmungen zur »moderne Filmuntermalung« von dieser Arbeit an datieren: »Erstmalig wurden Rhythmus und Bildtempo des Films durch das Akustische ergänzt und miteinander zu Einheit verschmolzen (Film-Kurier, 15.11.1930). Die Tonfassung des Potemkin wird, ebenso wie die stummen Versionen, von den Nazis 1933 nachweislich beschlagnahmt und wohl zerstört. Diese Tonfassung wird sowieso nur in einer geringen Kopienanzahl existiert haben: Vermutlich entsprechen die drei in Wien aufgefundenen Schallplattensätze schon der Gesamtzahl der damals in Österreich kursierenden Kopien dieser Fassung. Der Bildteil kann ebenfalls beschlagnahmt oder auch während des Krieges verloren gegangen sein.

 

5. Die Nachkriegsfassungen

 

                Die Geschichte der Nachkriegsfassungen des Films ist schnell erzählt. Im wesentlichen sind es vier Stück. 1950 stellte das Studio Mosfilm in Moskau eine neue Fassung des Films mit einer von Nikolai Krjukow komponierten Musik her. Unter der Leitung von A. Gauk spielte das Orchestr Kinematografii, die Länge der künstlich verlangsamten Kopie beträgt 1777 m ( = 65 Min. bei 24 B/s, Kopie des Bundesarchivs Berlin). Eisensteins Freund und Regieassistent Alexandrow hatte einige Zwischentitel umgeschrieben, den Film teilweise ummontiert und gekürzt, z.T. auch verfälschend. In der Szene der Agitation im Anschluss an das Begräbnis rief ein Großbürger in der Originalversion »Nieder mit den Juden« und wurde dafür von der Menge verprügelt. Der Zwischentitel entfiel nun ersatzlos und man wunderte sich über die plötzlich losbrechende Aggression gegen einen den Zuhörer. Diese Lichttonversion wurde in zahlreiche Länder exportiert. Die deutsche Adaptation stellt noch eine besondere Verfälschung dar. Die Zwischentitel waren entfernt und durch einen von Friedrich Luft verfassten erzählenden Kommentar ersetzt worden, gesprochen von Eich Schellow. Diese Version mit 1538 m (= 57 Min. bei 24 B/s, Kopie des Deutschen Filminstituts, Frankfurt/M) wurde u.a. durch die »Filmkunst Walter Kirchner« (Lupe), aber auch die Landesbildstellen vertrieben und prägte hierzulande teilweise noch bis in die 80er Jahre die Wahrnehmung des Filmklassikers.

                1972 entsteht eine neue Vertonung, zu der der Pianist Arthur Kleiner eine eigene, aber auf Meisels Orchester-Partitur basierende Klavierkomposition liefert. Der 1903 in Wien geborene und aufgewachsene Kleiner war beinahe drei Jahrzehnte lang Kurator im Museum of Modern Art (MOMA) in New York gewesen und hatte als musikalischer Leiter der Filmbibliothek jahrelang vergeblich nach Meisels Partitur gefahndet, bis Jay Leyda 1970 im Moskauer Eisenstein Archiv Noten mit den »Stimmen« einiger Instrumente entdeckte. Kleiner schrieb diese nun fürs Klavier um: »Von Leyda hatte ich auf Mikrofilm nur die Orchester-Partitur erhalten. Die Partitur des Dirigenten fehlte völlig. Auch fehlten die Schlüssel. Da war nur Rolle eins, zwei und drei. So musste ich die Stimmen aller Instrumente abschreiben und dann die dazugehörigen Schlüssel finden. Das war nicht leicht. Die zensurierte Fassung des Films, deren sich Meisel bedient hatte, war kürzer als die mir vorliegende Fassung. Ich musste die Partitur verlängern, um sie der Länge des Films anzupassen[35] Kleiner benutzte eine wohl aus dem MOMA stammende Bildfassung von 715 m Länge im 16mm-Format (= 66 Min. bei 24 B/s, Kopie der Freunde der Deutschen Kinemathek, Berlin). Die Rekonstruktion wurde 1972 für den Fernsehsender KCET in Los Angeles durchgeführt. Eine von diesem Magnetband auf Film übertragene (gefazte) 16mm-Kopie wurde 1974 auf dem Forum des Jungen Films in Berlin aufgeführt und befindet sich im Archiv der Freunde der deutschen Kinemathek. Die Fassung wurde am 22.1.1978 im ZDF ausgestrahlt.

                1976 läßt das Mosfilm-Studio in Moskau den Film durch den Eisenstein-Experten Naum Kleemann, den Filmemacher Sergei Jutkewitsch und durch D. Wassiliew restaurieren. Einige in Deutschland und den USA aufgefundene Bilder, u.a. aus der Treppensequenz, werden zusammen mit den Originaltiteln wieder eingefügt — ausgenommen den Epitaph am Filmanfang, ein Trotzki-Zitat, das noch immer tabu ist. Da die Administration sich eine »recht sowjetische« Musik wünscht, wird diese aus den Werken des gerade verstorbenen Dmitri Schostakowitsch zusammengestellt. Es sind Fragmente seiner Symphonien Nr. 10, 11 (»Das Jahr 1905«), 12 (dem Jahr 1917 gewidmet) und 5 (die Toccata), nahezu ausnahmslos in historischen Aufnahmen der Leningrader Philharmoniker unter der Leitung von Jewgeni Mrawinski. Lediglich eine kleine Passage wird wegen der Tonalität vom Orchestr Kinematigrafii neu aufgenommen. Musikalische Leitung: A. Kliot und A. Lapissow. Diese Fassung mit der Länge von 2013 m (= 74 min. bei 24 B/s, Kopie des Deutschen Filminstituts) ist seit 1978 bei den Freunden der deutschen Kinemathek im Verleih und auch im Deutschen Institut für Filmkunde vorhanden. Die russischen Zwischentitel sind hier deutsch untertitelt worden.

                1986 hat Enno Patalas vom Münchener Filmmuseum zusammen mit dem Meiselexperten Lothar Prox eine eigene Restaurierung des Films vorgelegt, die auf ähnlichen Quellen wie die Schostakowitsch-Fassung beruht. Dennoch gibt es philologische Unterschiede, so beginnt etwa die Treppensequenz bei Patalas mit den Stiefeln der Kosaken, in der Schostakowitsch-Fassung mit der Großaufnahme einer Frau. Immer noch fehlen ganze Passagen, die durch ihre unerklärten Reste signalisieren, dass hier einmal konzise Szenen vorhanden waren, wie beispielsweise im Finale die in früheren Kritiken[36] geschilderte Gefangennahme des Torpedobootes Nr. 267. Die mit deutschsprachigen Zwischentiteln ausgefertigte Patalas-Fassung hat eine Länge von xxxx m (= 75 Min. bei 25 B/s, Kopie des Filmmuseums München) und wurde vollständig mit einer neu aufgenommenen Version der Meisels Musik vertont.

                1983 hatte man nämlich in der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden einen vollständigen Klavierauszug der Meisel Musik aufgefunden. Die Prometheus hatte diese Noten in der Auswertung von 1926 den jeweiligen Orchesterleitern der Kinos zur Verfügung gestellt. Auf dieser Basis schuf Mark Andreas-Schlingensiepen eine Neubearbeitung für Orchester, die unter seiner Leitung durch das Orchestra della Radiotelevisione della Svizzeria Italiana eingespielt und im Schweizer Fernsehen und dem Bayrischen Rundfunk ausgestrahlt worden ist (Musik auch auf CD erhältlich). Auf einer Deutschland-Tournee wurde diese Fassung live von der Jungen Deutschen Philharmonie unter Dirigent David Shallon vorgestellt. Allerdings haftet dem Projekt ein Widerspruch an, denn das Bild rekonstruiert die Goskino-Fassung von 1925, während die Musik für die Jutzi-Fassung von 1926 geschrieben worden war — und zumindest für die umgestellten Montagekomplexe umarrangiert werden musste. Alle vertonten Kopien ab 1950 enthalten die Musik auf der Lichttonspur und haben also ein Bild, das um die Spurbreite verkleinert wurde.

                Fassen wir zum Abschluss die verschiedenen in Deutschland präsentierten Versionen des Potemkin noch einmal zusammen: Goskinofassung von 1925, zwei unterschiedlich lange Jutzi-Fassungen von 1926, Jutzi-Fassung von 1928, Tonfilmfassung von 1930, Krjukow-Fassung von 1950, Friedrich-Luft-Fassung ebenfalls mit Krjukow-Musik 50er Jahre, Kleiner-Vertonung von 1972, Russische Meisel-Vertonung zweier Akte von 1975, Schostakowitsch-Fassung von 1976, Patalas-Fassung von 1986.

                Potemkin hat — wie Chris Marker einmal treffend sagte — das kollektive Unterbewusste einer ganzen Generation beschrieben. Seine Bilder sind so sehr zu einer kollektiven Realität geworden, dass sich gar nach einer Kinovorstellung ein ehemaliger Matrose des echten Schlachtschiffs bei Eisenstein mit den Worten einfand, dass »er bei der Erschießungsszene auf dem Achterdeck unter der Persenning gestanden habe«[37] — obwohl dies doch ein reiner Regieeinfall Eisensteins gewesen war. Welch eine herrliche Fiktion, die so sehr in Realität umschlagen konnte! Herbert Ihering schrieb anläßlich der deutschen Premiere des Films daher zurecht: »Wenn von den Dokumenten der letzten zwanzig Jahre alles verloren ginge und nur der Panzerkreuzer Potemkin gerettet würde, man hätte ein Zeugnis ablegendes, gültiges Menschenwerk bewahrt, wie die Ilias, wie das Nibelungenlied. Der Regisseur des Films? Er ist fast gleichgültig. Aber er heißt Eisenstein. Er hat etwas technisch Vollkommenes geschaffen, und eine Weltgesinnung ausgedrückt[38] An diesen Worten sind auch heute kaum Abstriche zu machen, selbst wenn inzwischen über 100 Jahren Kinogeschichte vergangen sind. Und doch — der einzige bisher zum Weltkulturerbe erklärte Film ist ein anderer, Fritz Langs Metropolis (1926). Ein Film kann einen anderen verdecken.

 

Filmografische Angaben

 

SU 1925. Bronenosez »Potemkin« (»God 1905«)

Deutscher Zensurtitel: Das Jahr 1905 (Panzerkreuzer »Potemkin«).

Regie, Buch: Sergei Eisenstein. Regieassistenz: Grigori Alexandrow. Weitere Assistenten: Alexander Antonow, Michail Gomorow, Alexander Ljowschin, Maxim Schtrauch. Idee und Entwurf: Nina Agadshanowa-Schutko. Bauten: Wassili Rachals. Kamera: Eduard Tissé. Kameraassistenten: W. Popow, S. Kljutschewski. Schnitt: Sergei Eisenstein. Zwischentitel: Sergei Tretjakow, Nikolai Assejew, Sergei Eisenstein (SU 1925). Deutsche Zwischentitel: Phil Jutzi (D 1926). Musik: Nikolai Golowanow, Leonid Sabanejew, Jurj Feier (SU 1925), Edmund Meisel (D 1926 und Tonfilmfassung D 1930), Nikolai Krjukow (SU 1950), Dmitri Schostakowitsch (SU 1976).

Darsteller: Alexander Antonow (Matrose Wakulintschuk), Grigori Alexandrow (Leutnant Giljarowski), Wladimir Barski (Kommandant Golikow), Michail Gomorow (Matrose Matjuschenko), I. Bobrow (Jungmatrose), Alexander Ljowschin (Offizier), Zawitok (Schiffsarzt Smirnow), Andrei Fajt (Messeoffizier), Marusow (Offizier), Putjata (Pope), K. Feldman (Student), A. Massena (Alte auf der Mole), Protopopow (Alter auf der Mole), Brodski (Journalist), Glotow (Antisemitischer Provokateur auf der Demonstration), Silberman (Matrose auf der Mole), N. Poltawzewa (Lehrerin), A. Glauberman (Aba, der auf der Treppe ermordete Junge), Propenko (Mutter von Aba), Serenin (Student), Laskaja (Frau mit Stielbrille), Korbej (der Krüppel), Julija Eisenstein (Frau mit Gans), Beatrice Vitoldi (Mutter mit dem Kinderwagen), Krause, Dagmarow, Sokolski, T. Suworina, Repnikowa (Menschen auf der Hafentreppe), Matrosen der Schwarzmeer-Flotte, Bewohner von Odessa, Fischer.

Produktion. Goskino, Moskau. Drehzeit: März-November 1925. Drehort: Außenaufnahmen in Odessa, Studioaufnahmen in Moskau. Länge: 1740 m (SU 1925) / 1586,85 m (D 1926; 1617 m vor Zensur) / 1421 m (D 1926) / 1464 m (D 1928; 1469 m vor Zensur) / 1353 m (D 1930, Tonfilmfassung, = 49 Min bei 24 B/s). Format: 35mm, s/w, 1:1.33, 1925 stumm, 1930 Nadelton, 1950 und 1976 Lichtton. Deutsche Zensur: 24.3.1926, B.12595, Verbot / 10.4.1926, O.349, Jv / 12.7.1926, O.581, Verbot im Widerrufsverfahren / 28.7.1926, B.13346, Jf / 2.10.1926, O.801, Jv / 5.6.1928, B.19166, Jv / 1.8.1930, B.26505, Jv (= Tonfilmfassung).

Uraufführung: 20.12.1925, Moskau (Bolschoi-Theater, Feier des 20. Jahrestages der Revolution von 1905). Kinostart: 18.1.1926, Moskau (Kino Chudoshestwenny). Deutsche Erstaufführung: 21.1.1926, Berlin (Großes Schauspielhaus, Lenin-Gedenkfeier). Deutscher Kinostart: 29.4.1926, Berlin (Apollo-Theater). Wiederaufführung: 19.6.1928, Berlin (Tauentzien-Palast). Deutscher Kinostart Tonfilmfassung: 12.8.1930, Berlin (Mamorhaus).

— Deutsche Fassung 1926, 1928 und 1930: Phil Jutzi (Zwischentitel und Neumontage).

— Hersteller der deutschen Fassungen 1926, 1928, 1930: Prometheus-Film-Verleih und -Vertriebs-GmbH, Berlin.

— Vertrieb: Albert Angermann, Hamburg (D 1926); Filmkartell Weltfilm (nichtgewerblich, 16mm); Prometheus (Tonfilmfassung 1930)

— Deutsche Tonfilmfassung 1930: Musik, Chöre, Musikalische Leitung: Edmund Meisel. Dialog, Dialogregie, Geräusche: Alois Johannes Lippl. Sprecher: Schauspieler des Piscator Ensembles, u.a. Friedrich Gnass. Tommischung: Ehrlichs. Aufnahmeingenieur: Thomann. Tonsystem: Organon (Nadelton). Aufnahmegeräte: Deutsche Grammophon Gesellschaft.

— Deutsche Bearbeitung der sowjetischen Tonfilmfassung von 1950: Text: Friedrich Luft, Sprecher: Eich Schellow.



[1] Für Auskünfte bei meinen Recherchen danke ich folgenden Personen: Laura Bezerra, Hans Brecht, Christian Dewald, Jeanpaul Goergen, Fred Gehler, Ulrich Gregor, Jürgen Kasten, Naum Kleemann, Enno Patalas, Lothar Prox, Martin Reinhart, Barbara Visarius.

[2] Schon über dieses Datum gab es in der Forschung bisher wenig Einigkeit: 21.12. (Leyda), 24.12. (Sudendorf, Patalas), 1.1.1926 (Seaton) oder gar 7.11.1925 (Bulgakowa). Naum Kleeman vom Moskauer Filmmuseum bestätigte mir auf Nachfrage, dass die ursprünglich für den 21.12. angesetzten Jubiläumsfeiern zum 20. Jahrestag der 1905er Revolution auf den 24.12. verschoben wurden, damit Trozki daran teilnehmen konnte.

[3] Jay Leyda: Kino: A History of the Russian and Soviet Film, New Jersey: Princeton University Press 1983, 197 f. (1. Aufl. 1960). Ebd. auch Zitate von Lunatscharski.

[4] Werner Sudendorf: Sergej M. Eisenstein. Materialien zu Leben und Werk, München: Hanser 1975, 63. Vgl. auch Ippolit Sokolows positive Äußerungen vom 7.1.1926, in: Oksana Bulgakowa: Die ungewöhnlichen Abenteuer des Dr. Mabuse im Lande der Bolschewiki, Berlin 1995, 100.

[5] So z.B. Leyda, op. cit., 483.

[6] Bruce Murray: Film and the German Left in the Weimar Republic, Austin: University of Texas Press 1990, 121.

[7] Babette Gross: Willi Münzenberg. Eine politische Biografie, Leipzig: Forum 1991, 267 (Erstausgabe 1967).

[8] Laut Rote Fahne, zitiert bei Gerd Meier, in: Deutsche Filmkunst, Nr. 1, 1962, 14. Ebenso Eisenstein: »Der Weg des Potemkin durch die deutsche Zensur« (1926). In: Hans-Joachim Schlegel (Hg.): Sergej M. Eisenstein. Schriften 2. Panzerkreuzer Potemkin, München: Hanser 1973, 200 und 203.

[9] Details zu den Eingriffen bei Enno Patalas, in: Junge deutsche Philharmonie (Hg.): Panzerkreuzer Potemkin. Wiederaufführung des klassischen Stummfilms von Sergej M. Eisenstein (UdSSR 1925) mit der live gespielten Originalmusik von Edmund Meisel (Deutschland 1926), Köln 1986, 36-39. Eisensteins Kommentar zu den Änderungen in: Schlegel, op. cit, 200 ff.

[10] Protokoll der Filmprüfstelle. Der Zensurfall Potemkin findet sich ausführlich dokumentiert in: »Dokumente zur Aufführung des Panzerkreuzer Potemkin in Deutschland 1926«. In: Hermann Herlinghaus (Hg.): Sergei Eisenstein — Künstler der Revolution, Berlin (Ost): Henschel 1960, 228-327. Filmwissenschaftliche Mitteilungen, Nr. 3, 1967, 1105 ff. Film und revolutionäre Arbeiterbewegung in Deutschland 1928-1932, Band 1, Berlin (Ost): Henschel 1978, 323-369. Die Entscheide der Film-Oberprüfstelle neuerdings als digitalisierte Originaldokumente einzusehen unter: www.deutsches-filminstitut.de

[11] Eisenstein in: Schlegel, op. cit., 205.

[12] Eisenstein und Deutschland, op. cit., 39; 74.

[13] Die entfernten Passagen werden in der Zensurkarte detailliert aufgeführt, die faksimiliert vorliegt in: Junge deutsche Philharmonie, op. cit., 11-18. Die Erwähnung des Kinderwagens in einer Rezension geht offenbar auf den Besuch der deutschen Uraufführung vom Januar zurück.

[14] Entgegen den bei u.a. bei Sudendorf, op. cit., publizierten Daten hat Eisenstein Deutschland bereits vor der Revisionsverhandlung am 10.4. verlassen, dessen Ergebnis ihm von der Prometheus per Telegramm mitgeteilt werden mußte, wie aus einem weiteren nach Moskau gesandten Brief vom 16.4. hervorgeht, in: Eisenstein und Deutschland, op. cit., 74.

[15] Beschwerde und Befehl abgedruckt in: Film und revolutionäre Arbeiterbewegung, op. cit., 331 f.

[16] Zitiet bei Lothar Prox, in: Junge deutsche Philharmonie, op. cit., 32.

[17] Lothar Prox, in: Junge deutsche Philharmonie, op. cit., 30-34.

[18] Eisenstein: »Das Organische und das Pathos in der Komposition des Filmes Panzerkreuzer Potemkin« (1939). In: Schlegel, op. cit., 180 f.

[19] Edmund Meisel: »Musikalische Zusammenarbeit mit S. M. Eisenstein«, in: Film-Kurier, Nr. 49, 25.2.1928.

[20] Teile der umfangreichen Korrespondenz sind abgedruckt in: Filmwissenschaftliche Mitteilungen, Nr. 3, 1967, 1112-1120; Werner Sudendorf: Der Stummfilmmusiker Edmund Meisel, (= Kinematograph Nr. 1), Frankfurt a. M. 1984, 75-88; Akadmie der Künste (Hg.): Eisenstein und Deutschland, Berlin: Henschel 1998, 85-90.

[21] »turned his picture into an opera«, in: Ivor Montagu, With Eisenstein in Hollywood, Berlin (Ost): Seven Seas Publishers 1968, 32.

[22] Abgedruckt in: Eisenstein und Deutschland, op. cit., 76 ff.

[23] Hans Richter: Der Kampf um den Film, München: Hanser 1976, 145 (verfasst 1937-39).

[24] Theodor W. Adorno, Hanns Eisler: Komposition für den Film, textkritische Ausgabe von Eberhardt Klemm, Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Musik 1977, 172.

[25] Eisenstein und Deutschland, op. cit., 77.

[26] Berichte abgedruckt in: Film und revolutionäre Arbeiterbewegung, op. cit, 337-342.

[27] Vgl. Dokument in: Filmwissenschaftliche Mitteilungen, Nr. 3, 1967, 936.

[28] Eisenstein und Deutschland, op. cit., 76 ff.

[29] Verbotsanträge in: Film und revolutionäre Arbeiterbewegung, op. cit, 345-347 und 352

[30] Wiederabdruck in: Herlinghaus, op. cit., 322 f. und in: Jhering: Von Reinhardt bis Brecht, Reinbek: Rowohlt 1967, 385 f. und in: Junge deutsche Philharmonie, op. cit., 26 (mit falschem Datum).

[31] Film und revolutionäre Arbeiterbewegung, op. cit., Band 2, 226 f.

[32] Licht-Bild-Bühne, 4.8.1930.

[33] Arbeiterbühne und Film, Nr. 8, August 1930, 24-26.

[34] Zitiert in: Arbeiterbühne und Film, Nr. 9, September 1930, 24.

[35] »Michael Merchant interviews Arthur Kleiner«. In: Classic Film Collector, Indiana, Pennsylvania, no 41, Winter 1973. Deutsch in: Blätter des Internationalen Forums des Jungen Films 1974, Nr. 1. Vlg. auch Berndt Hellers Interview mit Kleiner in: Sudendorf: Meisel, op.cit, 39-42 und 95.

[36] Z.B. Rote Fahne, 1. 5.1926.

[37] Sergej M. Eisenstein: Yo — Ich selbst. Memoiren, Band 1, Frankfurt a. M.: Fischer 1988, 205.

[38] In: Berliner Börsenkurier, 1.5.1926.