Michael Aharon Schüller's Private Office
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1) "Erschüttert von tragischen Ereignissen" (ORF 15./16.3.) mehr
...
Pabst-Hysterie
2) Keine großen Veränderungen beim kurzfristigen Geldmarktzins erwartet (HB 13.4.)
mehr ...
Bonität ist am Rentenmarkt derzeit wichtiger als Zins
3) Anleger folgen der großen Herde (HB 13.4.) mehr ...
4) "Es reicht einfach" (Müntefering) (HB 14.4.) mehr ...
Kapitalismus-Kritik findet positives Echo
5) WDH: HINTERGRUND: Abschwächung der Weltkonjunktur dürfte Ölpreis belasten (dpa-AFX 14.4.)
mehr ...
6) Italiens Inflationsrate bleibt unverändert (14.4.) mehr ...
7) US-Lagerbestände erhöhen sich wie erwartet (FINANZEN.NET 14.4.) mehr
...
8) HINTERGRUND: Parteiengeplänkel zur Steuersenkung dauert an (dpa-AFX 14.4.) mehr
...
9) US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sinken erwatungsgemäß (FINANZEN.NET 14.4.)
mehr ...
10) EU-BIP wächst langsamer (FINANZEN.NET 14.4.) mehr ...
11) BdF sieht beschleunigtes BIP-Wachstum im zweiten Quartal (FINANZEN.NET 14.4.)
mehr ...
12) Trend zur Teilzeitarbeit auch bei Selbstständigen (FINANZEN.NET 14.4.) mehr
...
Selbständige Gründerpersonen-Zahl im Jahresvergleich um 38% gestiegen
13) Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe nimmt weiter ab (FINANZEN.NET 14.4.)
mehr ...
14) Krisenrat der USA und Israels über Iran (NZZ 14.4.) mehr...
Sharon warnt vor dem Atomprogramm Teherans
15) Die deutsche Justizministerin besorgt über eine Ablehnung (NZZ 14.4.) mehr...
16) Nationalismus-Welle in der Türkei (NZZ 14.4.) mehr...
Ministerpräsident Erdogan bricht sein Schweigen
17) Lebenslanges Lernen in der Praxis (NZZ 14.4.) mehr...
Postgraduate-Programm für Ärzte aus Osteuropa
18) Steuerharmonisierung durchsetzen (NZZ 14.4.) mehr...
Bundesrat plant Kontrollkommission
19) «Zürich muss wieder mehr die Muskeln spielen lassen» (NZZ 14.4.) mehr...
Gesundheitsdirektorin Verena Diener zum Seilziehen in der Spitzenmedizin
20) Solides Weltwirtschaftswachstum mit Risiken (NZZ 14.4.) mehr...
Der IMF erinnert Politiker an ihre Reformversprechen
! 21) Zinspolitik - politisieren mit Zinsen? (NZZ 14.4.) mehr...
COMMENT zum nicht nur australischen Tanz auf dem Vulkan
22) Der erste Hominide lebte in Zentralafrika (NZZ 14.4.) mehr...
Vorläufiges Ende der Kontroverse um ein Fossil
23) Der Vater der Homöopathie (NZZ 14.4.) mehr...
Zum 250. Geburtstag von Samuel Hahnemann
1) "Erschüttert von tragischen Ereignissen" (ORF 15./16.3.) nach
oben
http://orf.at/050415-85909/index.html
Der Vatikan hat am Freitag das letzte Vermächtnis von Johannes Paul II. veröffentlicht. Der vor rund zwei Wochen verstorbene
Heilige Vater warnt vor "dunklen Schatten", die über der Gesellschaft liegen. "In unserer Zeit scheint die menschliche
Gesellschaft, erschüttert von tragischen Ereignissen und verheerenden Naturkatastrophen, von dunklen Schatten umhüllt zu
sein", so Johannes Paul II. Unterdessen wird der "Kult" um den toten Pontifex immer größer.
"Dunkle Schatten" über der Gesellschaft
http://orf.at/050415-85909/85910txt_story.html
Das letzte Vermächtnis des Papstes ist nun veröffentlicht worden.
Eine Woche nach dem Papst-Begräbnis hat der Vatikan am Freitag eine Botschaft von Johannes Paul II. posthum
veröffentlicht. Dabei handelt es sich um ein im Februar verfasstes Schreiben zum Weltmissionstag.
Johannes Paul habe "am 22. Februar 2005 die jährliche Botschaft zum Weltmissionstag unterzeichnet und festgelegt, dass sie
am heutigen Tag veröffentlicht wird, um den Bischöfen zu ermöglichen, sie rechtzeitig für eine angemessene Vorbereitung der
Feier im Oktober zu verbreiten".
"Erschüttert von tragischen Ereignissen"
In der Botschaft weist der Papst auf die Bedeutung der Eucharistiefeier hin, doch er warnt auch vor "dunklen Schatten".
Verkaufsschlager in Polen
http://orf.at/050415-85909/85912txt_story.html
"Erinnerung und Identität" stellt "Harry Potter" in den Schatten.
Das letzte Buch von Papst Johannes Paul II. hat in Polen alle Verkaufsrekorde gebrochen. Die erste Auflage von 600.000
Stück sei bereits verkauft und es gebe 500.000 Nachbestellungen, teilte der Verlag Znak am Freitag mit.
"Damit ist 'Erinnerung und Identität' der Bestseller aller Zeiten", erklärte der Buchmarktexperte Andrzej Rostocki der AP. "Ich
könnte mir vorstellen, dass sogar mehr als 1,5 Millionen Exemplare verkauft werden."
"Von Anrufen bombardiert"
Der am 2. April verstorbene Johannes Paul stellte "Harry Potter" weit in den Schatten und zog auch an Dan Browns "Da Vinci
Code" vorbei; beide Bücher blieben unter der 500.000er-Marke.
"Nach dem Tod des Papstes wurden wir mit Anrufen von Buchhandlungen praktisch bombardiert, die neue Exemplare
bestellten", sagte Znak-Vermarktungsleiterin Sylwia Wcislo.
Erlös soll Studenten helfen
Das letzte von fünf Büchern Johannes Pauls behandelt eine ganze Reihe von Themen, darunter das Attentat auf den Papst im
Jahr 1981 sowie das Unheil, das Nationalsozialismus und Kommunismus über das vergangene Jahrhundert gebracht haben.
Es steht erst seit Ende Februar in den Buchhandlungen. Johannes Paul verfügte, dass der Erlös aus dem Verkauf an
mittellose Studenten in Mitteleuropa gehen soll. "In unserer Zeit scheint die menschliche Gesellschaft, erschüttert von tragischen Ereignissen und verheerenden
Naturkatastrophen, von dunklen Schatten umhüllt zu sein", schrieb Johannes Paul II. in einem Brief, den der Vatikan am
Freitag posthum veröffentlichte.
Erdbeben im Iran und Tsunami
Das Schreiben trägt das Datum des 22. Februar. An diesem Tag erschütterte ein schweres Erdbeben den Iran, bei dem
mindestens 600 Menschen ums Leben kamen.
Rund zwei Monate zuvor hatte eine Flutwelle in den Anrainerstaaten des Indischen Ozeans mutmaßlich mehr als 220.000
Menschen in den Tod gerissen.
Gedenken an Märtyrer
Dem Vatikan zufolge wollte der Papst mit dem Brief die Gläubigen auf den Weltmissionstag im Oktober einstimmen.
"Wie viele Märtyrer gibt es in unseren Tagen. Ihr Beispiel soll vielen jungen Männern und Frauen dazu dienen, den redlichen
Weg zu Christus zu finden", so die Botschaft weiter.
Missionarin ermordet
Im Februar war die US-Missionarin Dorothy Stang in Brasilien ermordet worden. Die Missionarin, die seit 27 Jahren in Brasilien
lebte und die brasilianische Staatsbürgerschaft hatte, war im Amazonasgebiet 700 Kilometer südlich der Stadt Belem
erschossen worden.
Einsatz für Regenwald Stang war wegen ihres Einsatzes für den Erhalt des brasilianischen Regenwaldes mehrfach ausgezeichnet worden. Außerdem
setzte sie sich für die Rechte von landlosen Bauern ein, wofür sie sich den Unmut von Großgrundbesitzern zuzog.
Eines der letzten Schriftstücke
Zwei Tage nach Unterzeichnung des Papiers wurde Johannes Paul zum zweiten Mal binnen weniger Wochen mit akuter
Atemnot ins Krankenhaus gebracht. Kurz darauf wurde der Luftröhrenschnitt vorgenommen.
Es ist eines der letzten Schriftstücke von Johannes Paul II., der vor knapp zwei Wochen nach langer Krankheit im Alter von 84
Jahren gestorben ist.
Eine Million Papst-Marken
http://orf.at/050415-85909/85913txt_story.html
Auch die Österreichische Post würdigt Papst Johannes Paul II. mit einer Sonderbriefmarke. Das Wertzeichen mit dem
Konterfei des verstorbenen Pontifex ist seit 14. April in allen Postämtern erhältlich.
Der Wert der Sonderbriefmarke beträgt einen Euro (Tarif für Briefe im Inland bis 100 Gramm und innerhalb Europas -
Economy-Versand - bis 50 Gramm). Insgesamt produzierte die Österreichische Staatsdruckerei eine Million Stück im
Kombinationsdruck.
Nicht die erste Papst-Marke
Der Entwurf stammt von Peter Sinawehl, der Stich von Kurt Leitgeb.
1983 hatte die Post AG aus Anlass des ersten Papst-Besuches in Österreich eine Briefmarke herausgegeben: Damals waren
201 Jahre vergangen, seit das letzte Mal ein Papst, Pius VI., Wien und Österreich besucht hatte.
Johannes-Paul-II.-Brücke in Bratislava
Eine neue Donaubrücke in Bratislava soll nach dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. benannt werden. Das hat der
Stadtrat der slowakischen Hauptstadt Medienberichten vom Freitag zufolge beschlossen. Formell muss noch das
Stadtparlament zustimmen.
Die fünfte Donaubrücke der Stadt steht kurz vor der Fertigstellung und soll im Sommer dem Verkehr übergeben werden.
Bratislava sei eine der wenigen Städte der Welt, die der verstorbene Papst während seines Pontifikats gleich drei Mal besucht
habe, hieß es zur Begründung.
Zahlreiche Umbenennungen erwogen
Tod des Papstes löst weltweite Welle von Straßen-Umbenennungen aus.
http://orf.at/050415-85909/85911txt_story.html
Nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. wollen Städte in der ganzen Welt Straßen und Plätze nach dem Heiligen Vater
benennen und ihm neue Denkmäler errichten.
Besonders in Polen, wo Karol Wojtyla vor knapp 85 Jahren geboren wurde, werden eifrig Umbenennungspläne geschmiedet,
obwohl in dem Land schon seit dem Sturz der Kommunisten im Jahr 1989 zahlreiche Orte nach dem Papst benannt wurden.
"Möge der Heilige Geist herabsteigen"
In der polnischen Hauptstadt Warschau soll auf dem Pilsudski-Platz künftig ein Denkmal an Johannes Paul II. erinnern, wo der
Papst eine historische Messe hielt.
Im Fuß des Denkmals soll der Satz "Möge der Heilige Geist herabsteigen und das Gesicht dieses Landes verändern"
eingemeißelt sein, den viele Polen seinerzeit als versteckten Aufruf zum Widerstand aufgefasst hatten.
Breslau will Papst-Tor
Die Stadt Breslau (Wroclaw) im Süden des Landes will ihm sogar ein Tor errichten: Zu Ehren "des Mannes, der uns ins dritte
Jahrtausend führte", wie Bürgermeister Rafal Dutkiewicz sagt.
Flughafen soll umbenannt werden
Die Stadt Lodz plant eine Umbenennung ihres Flughafens. Auch hier hielt der Papst 1987 eine Messe. Die Katholische
Universität von Lublin soll künftig nach Johannes Paul II. benannt werden, ebenso wie eine Fakultät an der Universität Krakau,
wo der Papst einst studierte.
Die Umbenennungsaktivitäten machen vor der polnischen Grenze nicht Halt: In dem tschechischen Ort Hradec Kralove schlug
der Bischof ein Umtaufen des Doyensplatzes im Stadtzentrum vor.
Kolumbien: Papst-Statue aus Sand
Der Bürgermeister von Madrid, Alberto Ruiz-Gallardon, kündigte an, einen Platz in einem des Papstes würdigen
"angemessenen Ort" umzubenennen.
In Kolumbien errichtete ein Skulpteur in der Küstenstadt Cartagenas de Indias eine drei Meter hohe Papst-Statue aus Sand.
Gysi will Papst-Straße
In Deutschland wurden am Donnerstag erste Vorschläge laut: PDS-Politiker Gregor Gysi sprach sich nach Angaben des
"Berliner Kuriers" dafür aus, eine Berliner Straße nach dem verstorbenen Pontifex maximus zu ernennen.
Der Papst sei "eine moralisch integre Persönlichkeit" gewesen, die Ungerechtigkeiten scharf kritisiert habe, sagte Gysi zur
Begründung. Die Berliner CDU schlug vor, die Karl-Marx-Allee im Stadtteil Mitte rasch in Johannes-Paul-II.-Allee umzutaufen.
Das Einbringen eines entsprechenden Antrags ins Bezirksparlament werde derzeit von der Partei geprüft, sagte der Chef der
CDU-Fraktion in Mitte, Carsten Spallek.
Was sich die Österreicher vom Papst wünschen
Viele Österreicher erwarten sich vom neuen Papst in erster Linie eine "innere Modernisierung der katholischen Kirche". Das
geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Oekonsult hervor.
Kampf gegen Armut
22,6 Prozent der Befragten meinten dabei, diese Aufgabe solle oberste Priorität für den Nachfolger von Johannes Paul II.
haben. 17,9 Prozent nannten dagegen den Kampf gegen Hunger und Armut.
Außerdem nannten die Umfrageteilnehmer auch häufig die Demokratisierung der Kirche (15,5 Prozent), die Öffnung der Kirche
für Frauen (13,1 Prozent) und den Dialog mit dem Islam (10,7 Prozent) als Anforderungen, die sie an das künftige
Kirchenoberhaupt an erster Stelle richten.
Jugendarbeit und Weltpolitik nicht so wichtig
Weniger dringende Erwartungen betreffen die Fähigkeiten des neuen Pontifex maximus, was die Versöhnung mit dem
Judentum, die Jugendarbeit, das karitative Engagement oder gar die Positionierung der katholischen Kirche in der Weltpolitik
anbelangt. Keinem dieser Bereiche wurde von mehr als fünf Prozent der Befragten oberste Priorität eingeräumt.
Papst aus der "Dritten Welt"
Was die Herkunft des neuen Oberhirten angeht, so gaben knapp 20 Prozent die "Dritte Welt" allgemein als erste Wahl an.
Weitere knapp 22 Prozent tendierten spezifischer zu Südamerika, nur knapp zehn Prozent zu Afrika als erste Präferenz.
Ebenfalls zehn Prozent wünschten sich Italien als Nation, die den Papst stellen soll.
Ein ganzes Viertel sprach sich für ein anderes "altes" EU-Land als Italien aus. Abgeschlagen landeten die neuen EU-Staaten,
die seit dem Vorjahr bei der Gemeinschaft sind und zu denen auch Polen, die Heimat des verstorbenen Karol Wojtyla, gehört.
Auf den hinteren Rängen landeten auch Asien und die USA.
Wie alt der Papst sein soll
Die Mehrheit der Österreicher hätte gerne einen Papst unter 60 Jahren. 45,8 Prozent sprachen sich, auf ihre idealen
Altersvorstellungen angesprochen, dafür aus.
Rund 40 Prozent favorisieren eine Person zwischen 60 und 69 Jahren, knapp elf Prozent jemanden zwischen 70 und 79.
Keine Chance für Schönborn?
Konfrontiert mit der Aussage, der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, habe sehr gute Chancen, auf den Stuhl
Petri zu gelangen, antwortete mehr als ein Drittel (34,9 Prozent), dieser Satz treffe "überhaupt nicht" zu.
Gerade einmal zwölf Prozent trauen es Schönborn einigermaßen zu, als Papst aus dem nächste Woche beginnenden
Konklave zu kommen, indem sie meinten, es treffe voll bzw. eher zu, dass er sehr gute Aussichten auf die Papstwürde habe.
Die hartnäckigen Zweifler an dem Wiener Kardinal als "Papst aus Österreich" machen dagegen insgesamt knapp die Hälfte
(49,4 Prozent) aus. Die übrigen sehen mittelmäßige Chancen für Schönborn.
Lange Kür?
In der Frage, wie schnell es gehen wird, bis weißer Rauch von der Sixtinischen Kapelle, dem Ort des Konklaves, aufsteigt und
es heißen wird: "Habemus papam", sind die Österreicher gespalten: 51 Prozent glauben an eine rasche Kür eines neuen
Oberhauptes der katholischen Kirche, 48 Prozent glauben, es werde "sehr langwierig und kompliziert werden".
Gute Noten für Johannes Paul II.
Das zu Ende gegangene, 26 Jahre währende Pontifikat von Johannes Paul II. wird von den Österreichern generell positiv
beurteilt. Auf einer Notenskala von eins bis fünf vergaben weniger als ein Zehntelprozent ein Nicht genügend, nur sechs
Prozent ein Genügend. Je rund ein Viertel verteilte ein Sehr gut bzw. ein Befriedigend. Die meisten (39,5 Prozent) entschieden
sich für ein Gut.
Für die Straßenbefragung wurden zwischen dem 5. und dem 14. April 581 Personen herangezogen.
Gesetz soll Feiertag regeln
http://orf.at/050415-85914/85915txt_story.html
Der Tag, an dem Johannes Paul II. 1978 zum Pontifex gewählt wurde, soll in Polen zum Feiertag werden.
Der 16. Oktober soll in Polen zu einem offiziellen Feiertag zum Gedenken an Papst Johannes Paul II. erklärt werden.
Einen diesbezüglichen Gesetzentwurf brachte Senator Slawomir Izdebski für die radikale Bauernpartei Samoobrona am
Donnerstagabend im polnischen Oberhaus ein, wie Kathpress berichtete.
Forderungen mehren sich
Mit dem Feiertag solle "der größten Autorität des 20. Jahrhunderts Respekt gezollt werden", heißt es demnach in dem
Gesetzentwurf. Karol Wojtyla war am 16. Oktober 1978 zum Papst gewählt worden.
Offener Brief in Zeitung
Seit Tagen mehren sich in Polen die Stimmen, die einen offiziellen Feiertag für Johannes Paul II. fordern. So erschien die
angesehene Tageszeitung "Rzeczpospolita" am vergangenen Samstag mit einem Offenen Brief auf der Titelseite.
Darin wurden der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski sowie der Sejm (Unterhaus), der Senat und
Regierungschef Marek Belka aufgefordert, einen solchen Gedenktag einzuführen.
"Lass uns auf die kranken Ambitionen verzichten", forderte der Lubliner Erzbischof auf. In einem Sonderdekret schrieb er unter
anderem: "Lass uns unsere treue Erinnerung an den Heiligen Vater dadurch zeigen, dass wir über seine Lehren nachdenken
und seine Vision der neuen Barmherzigkeit durch karitatives Handeln realisieren."
Bischof: Jeder Sonntag ein "Papst-Tag"
Der Vizevorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, kritisierte die Idee, den 16. Oktober
zum nationalen Feiertag zu machen.
"Es soll kein Tag ohne Arbeit werden, sondern ein Tag, an dem man vor allem für den anderen Menschen tätig ist." Bis jetzt
war jeder Sonntag vor dem 16. Oktober ein "Papst-Tag".
Bischöfe: Lehren in die Tat umsetzen
"Keine Denkmäler mehr für unseren Papst", appellieren hingegen polnische Bischöfe. Anstatt eine neue Straße nach ihm zu
benennen, wäre es besser, eine Mensa für obdachlose und arme Menschen zu errichten.
Am besten könnte man Johannes Pauls II. gedenken, indem man seine Lehren in die Tat umsetze.
250 Papst-Denkmäler in Polen
Gegen "einfache Lösungen, wie dem Bau neuer Denkmäler oder eine Umbenennung von Straßen" sprach sich am Mittwoch im
Gespräch mit der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" der Erzbischof von Lublin, Jozef Zycinski, aus.
In Polen stehen bereits 250 Denkmäler, die dem polnischen Papst gewidmet sind. Nach seinem Tod wollen zahlreiche Städte
und Städtchen neue errichten. Jacek Wozniakowski, Kunsthistoriker aus Krakau, wies darauf hin, dass Karol Wojtyla ein
äußerst bescheidener Mensch war.
Auch Universität will sich umbenennen
Trotzdem wollen Museen, Plätze, Gemeinden, Kirchengemeinden und Institutionen in ganz Polen Papst Johannes Paul II.
auch weit über seinen Tod hinaus ehren.
Überall werden in diesen Tagen Straßen und Plätze nach ihm benannt und Denkmäler projektiert. Die Katholische Universität
Lublin will sich in Johannes-Paul-II.-Universität umbenennen und ein nationales Museum soll über das Leben von Wojtyla
informieren.
40 Meter hoher Hügel in Krakau
Krakau, wo es schon zwei Gedächtnishügel gibt, möchte nun einen noch größeren, 40 Meter hohen Hügel aufschütten - alles
für den geliebten verstorbenen Papst. Der riesige Hügel in Krakau soll 20 Millionen Zloty (4,90 Mio. Euro) kosten.
2) Keine großen Veränderungen beim kurzfristigen Geldmarktzins erwartet (HB 13.4.)
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Bonität ist am Rentenmarkt derzeit wichtiger als Zins
Von Johannes Führ
Aufmerksam verfolgen Rentenanleger die Politik der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank.
Aktuelle Einflüsse auf deren Verhalten wie Staatsverschuldung, Wirtschaftswachstum und Stagflationstendenzen werden
diskutiert. Für die Anleger ergibt sich Handlungsbedarf. Die Frage nach Laufzeit und Qualität – also der Bonität – steht im
Vordergrund. Wie soll sich der Renteninvestor positionieren?
Anleger in Rentenpapieren sollten derzeit eher kürzere Laufzeiten halten und beachten, dass beim aktuellen Zinszyklus
Bonitätsveränderungen höhere Kurswertveränderungen bewirken als Zinsveränderungen. Ohnehin dürfte der kurzfristige
Geldmarktzins in Europa 2005 relativ unverändert bleiben.
Für einen relativ konstanten kurzfristigen Geldmarktzins spricht das Umfeld in den USA und im Euroraum. Auf den ersten Blick
präsentiert sich das Wirtschaftswachstum in den USA zwar als „gesund“. Dieser Eindruck wird durch die Aussagen der
US-Notenbank verstärkt. Und mit rund 3,5 Prozent Wachstum in 2004 zeigen die USA ein Bild, von dem europäische
Industrienationen zurzeit nur träumen können.
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Die Netto-Neuverschuldung der USA belief sich 2004 auf rund 420 Mrd. US-Dollar und
wird die Wirtschaft auch in diesem Jahr belasten. Zurzeit finanzieren mit rund 564 Mrd. Dollar ausländische Investoren und
Regierungen über den Kauf von US-Staatsanleihen rund 43 Prozent des Leistungsbilanzdefizits. Verringert sich der Strom
ausländischen Kapitals, muss verstärkt auf inländische Guthaben zurückgegriffen werden.
In Europa hat sich der Trend der Verlagerung der industriellen Basis aus den Kernländern der EU beschleunigt. Die Hoffnung,
dass sich diese Entwicklung erst langfristig bemerkbar machen würde, ist ein Trugschluss. Mit der Euro-Einführung erlebten
oder empfanden viele Bürger, dass sich die Lebenshaltungskosten nahezu verdoppelt haben – auch wenn die offizielle Statistik
das nicht widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund tragen die Belastungen durch indirekte Steuern dazu bei, den
Inflationsprozess zu initiieren oder zu beschleunigen.
Stagniert das Wirtschaftswachstum bei gleichzeitiger Inflation, sprechen Ökonomen von Stagflation. Das entspricht dem
heutigen Umfeld in Deutschland, Frankreich und Italien. Eine kurzfristige Änderung ist nicht in Sicht.
Entscheidend für die Zinshöhe ist auch der zinsmathematische Zusammenhang zwischen dem Markt für kurzes Geld
(Geldmarkt) und dem Markt für festverzinsliche Papiere, die länger als ein Jahr laufen (Kapitalmarkt). Sieht man von kurzen
Zeiten ab, in denen eine inverse Zinsstruktur bewirkte, dass der kurze Zins höher war als der langfristige, dann wird deutlich,
dass sich der Kapitalmarktzins in der Vergangenheit zwischen 1,5 und 3,0 Prozent über dem kurzen Zins bewegte.
Mit dem Bild des „Gummibandes“ lässt sich diese Entwicklung erläutern: Der kurze Geldmarktzins ist die feste Größe, von der
sich der längere Kapitalmarktzins auf und ab bewegt. Seit 1999 gibt es einen neuen Zinszyklus, der etwa zehn Jahre andauern
wird.
Angesichts des erwartet konstanten kurzfristigen Geldmarktzinses in Europa verkürzt man die Laufzeiten, wenn das
„Gummiband“ bei den zehnjährigen Rentenpapieren nur noch einen 1,5-prozentigen Zinsspread anzeigt. Man verlängert sie
wieder, wenn der Zinsspread Richtung 2,5 Prozent liegt.
Wenn im Übrigen bei der Auswahl der Emittenten professionelle Instrumente eingesetzt werden und man neben Laufzeit und
Bonität auch noch auf die Diversifikation und auf die Minimierung von Fremdwährungsrisiken achtet, dann steht dem
Anlageerfolg auch im derzeitigen Rentenumfeld nichts im Weg.
Johannes Führ ist Verwaltungsratpräsident der Johannes Führ Vermögensverwaltungs-AG.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 13. April 2005, 17:31 Uhr
3) Anleger folgen der großen Herde (HB 13.4.) nach
oben
Der Boom der Aktienmärkte Ende der 90er Jahre und der folgende Absturz zeigte wieder einmal: Anleger folgen leicht dem
Herdentrieb. Wer die Psychologie studiert, kann das Wissen für eine effiziente Anlage nutzen.
Die Aktienmärkte sind effizient, alle Anleger handeln immer rational und nutzen alle ihnen zur Verfügung stehenden
Informationen – soweit die Theorie. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Denn auch Investoren lassen sich mehr von ihren
Gefühlen als von der Vernunft leiten. Angst, Gier, Unsicherheit und Selbstüberschätzung der Anleger können so zu
Ineffizienzen an den Märkten führen. Mit Hilfe von "Behavioural Finance" nutzen Fondsmanager dieses Phänomen aus.
Professor Daniel Kahneman von der Princeton Universität hat das Verhalten von Anlegern jahrelang beobachtet und aufgezeigt,
wie das tatsächliche Anlegerverhalten von den Annahmen der traditionellen Wirtschaftstheorie abweicht. Für seine
Forschungsarbeit auf diesem Gebiet erhielt er 2002 den Nobelpreis für Wirtschaft. Laut Kahneman lassen sich Investoren bei
ihren Anlageentscheidungen nicht nur von ihren Ängsten, Unsicherheiten und persönlichen Vorlieben beeinflussen, sondern sie
folgen auch dem so genannten Herdentrieb – egal was die Marktdaten sagen. Die Folge sind wiederkehrende Marktblasen, von
der Tulpen-Manie der 1680er Jahre in Holland bis zur Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre.
Kahneman und andere Behavioural-Finance-Experten konnten nachweisen, dass das unlogische Verhalten der Anleger
System hat. Investoren zeigen immer wieder dieselben irrationalen Verhaltensmuster. Daher sollte jeder Anleger, der
permanent höhere Renditen als der Markt erzielen möchte, die wichtigsten dieser Verhaltensmuster kennen.
Die wichtigsten Verhaltensmuster
Selbstüberschätzung: Übergroßes Selbstvertrauen führt dazu, dass Anleger regelmäßig Vorhersagen treffen, die auf
ungenügenden Informationen beruhen. Dabei überschätzen sie die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit ihrer Analysen und
vergessen tendenziell Fehler, die sie in der Vergangenheit gemacht haben.
Verlustängste: Anleger möchten Verluste vermeiden und Gewinne möglichst schnell realisieren. Daher neigen sie dazu,
Aktien, deren Kurse fallen, zu lange zu halten. Steigende Aktien hingegen verkaufen sie, bevor diese ihr gesamtes
Kurspotenzial ausgeschöpft haben. Statistisch gesehen wird eine gute Aktie mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit verkauft
als eine schlechte.
Verankerung: Investoren, die Verluste erlitten haben, investieren erst wieder, wenn sich die Märkte über einen längeren
Zeitraum hinweg wieder positiv entwickelt haben – anstatt bereits Investitionen zu tätigen, wenn es deutliche Anzeichen für
eine bevorstehende kontinuierliche Verbesserung gibt. Ein Beispiel dafür liefert die JPMorgan Fleming Investor Confidence
Studie für Deutschland: Im Dezember 2004 und Januar 2005 wuchs das Vertrauen der deutschen Anleger in eine zukünftige
positive Entwicklung der Aktienmärkte signifikant. Zugleich stagnierte aber die Investitionsbereitschaft der Befragten.
In Wachstums- und Substanzwerte investieren
Wie können Anleger dieses Wissen für sich nutzen? Zum einen sollten sie selbst die häufigsten Anlegerfehler vermeiden. Zum
anderen können sie durch rationale Anlageentscheidungen und Berücksichtigung aller relevanten Informationen von
Marktanomalien profitieren, die durch das irrationale Verhalten anderer Investoren auftreten.
Diese Strategie verfolgen viele Fondsmanager, indem sie in Wachstums- und Substanzwerte investieren.
Wachstumswerte sind Aktien mit einem überdurchschnittlichen Gewinnwachstum. Viele Anleger verkaufen diese Werte zu früh, um ihre Gewinne
schnell sicherzustellen. Davon profitieren die Fondsmanager, da sie alle im Markt erhältlichen Informationen analysieren und so
das weitere Gewinnpotenzial der Aktien einschätzen können.
Substanzwerte sind Aktien, die etwa wegen schlechter Unternehmensnachrichten in der Vergangenheit am Markt in Ungnade
gefallen sind. Häufig sind Anleger solchen Papieren gegenüber zu pessimistisch eingestellt. Dies hat zur Folge, dass die
Aktien unterbewertet sind und ihr derzeitiger Kurs nicht ihren inneren Wert widerspiegelt. Wenn die anderen Marktteilnehmer
den wahren Wert der Aktien erkennen, werden sie mit Gewinn verkauft.
Michael Hughes ist Senior Product Manager in der European Equities Group von JPMorgan Fleming in London.
Von Michael Hughes
13. April 2005
4) "Es reicht einfach" (Müntefering) (HB 14.4.) nach
oben
Kapitalismus-Kritik findet positives Echo
Die Kapitalismuskritik von Franz Müntefering stößt nicht nur bei SPD-Linken auf Zustimmung. Auch der rechte Flügel stellte
sich am Donnerstag hinter den SPD-Chef, der Teilen der Wirtschaft vorgeworfen hatte, sie gefährde mit "internationalen
Profitmaximierungsstrategien (...) auf Dauer unsere Demokratie".
SPD-Chef Franz Müntefering sieht in der zunehmenden Dominanz der Wirtschaft eine Gefahr für die Demokratie in
Deutschland.
tsp BERLIN. Damit habe Müntefering zum Ausdruck gebracht, "was bei uns alle denken", sagte der Sprechers der im
"Seeheimer Kreis" organisierten SPD-Rechten, Johannes Kahrs, dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). Dies gelte für
Abgeordnete vom linken wie vom rechten Flügel, für die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder wie für das Kanzleramt. "Es
gibt einen tiefen Frust über das Vorgehen der Wirtschaftsfunktionäre. Wir finden: Es reicht einfach."
Die Koalition sei der Wirtschaft weit entgegen gekommen, doch deren Vertreter hätten dies nicht honoriert, sagte Kahrs. "Es
gab nichts als Gemeckere und Genöle." So hätten die Unternehmerverbände trotz steigender Gewinne den Standort
gemeinsam mit der Union schlecht geredet und die Bürger "in Unruhe versetzt". Dadurch sei die Binnenachfrage geschwächt
und die Wirtschaftslage verschlechtert worden. "Die unpatriotische Bande hat den Kreislauf produziert, unter dem wir nun alle
leiden."
Müntefering habe mit seiner Rede "das Lebensgefühl von vielen Menschen getroffen", sagte der Generalsekretär der
NRW-SPD, Mike Groschek und nannte "eine breite Volksfront vom Handwerksmeister bis zum Gesellen, die fürchten, von den
Großen an die Wand gedrängt zu werden". Groschek: "Wir stehen in der Europäischen Union vor den gleichen Kämpfen um
soziale Gerechtigkeit wie die SPD vor 140 Jahren.
Der niedersächsische SPD-Fraktionsvorsitzende und frühere Ministerpräsident Sigmar Gabriel sagte dem "Tagesspiegel",
Müntefering habe eine wichtige Wertedebatte angestoßen. CDU, FDP und wesentliche Teile der Wirtschaftsverbände stünden
nicht mehr hinter den Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. "Sie fordern den alten Nachtwächterstaat, bei dem für den
internationalen Kapitalismus keinerlei Regeln mehr gelten. Die Verlierer sind 18 Millionen Arbeitslose in Europa, für deren
Teilhaberechte der Staat nicht mehr sorgen kann." Für die SPD gehe es nun "in einer zweiten Jahrhundertaufgabe darum, den
wirtschaftlichen und den sozialen Fortschritt durch europäische Regeln wieder miteinander zu verkoppeln".
In Kooperation mit www.tagesspiegel.de
HANDELSBLATT, Donnerstag, 14. April 2005, 16:45 Uhr
Wenn Sie auf diesen Artikel verweisen möchten, benutzen Sie bitte folgenden Link:
http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1021455
5) WDH: HINTERGRUND: Abschwächung der Weltkonjunktur dürfte Ölpreis belasten (dpa-AFX 14.4.)
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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die jüngste Abschwächung der Weltkonjunktur dürfte nach Einschätzung von Volkswirten den
Ölpreis künftig belasten. Der Rückgang in den vergangenen Tagen sei aber vor allem darauf zurückzuführen, dass spekulative
Anleger Kasse gemacht hätten, sagte Wolfgang Wilke von der Dresdner Bank. Der US-Ölpreis war am Dienstag erstmals seit
Februar bis auf 50,00 Dollar gefallen. Seinen höchsten Stand hatte der Ölpreis am vierten April mit 58,28 Dollar erreicht. 'Der
vorangegangene deutliche Kursanstieg war eine Übertreibung', sagte Wilke. Vor allem die Krise im Iran als auch die
außergewöhnliche Kälte in den USA hätten Verknappungsängste geschürt. Öl diene in der jüngsten Zeit zunehmend als
Alternativinvestment.
IN WENIGEN MONATEN ANZIEHENDE NACHFRAGE
Sandra Ebner von der DekaBank hält einen niedrigieren Ölpreis jedoch nur kurzfristig für wahrscheinlich. Zur Zeit sei der Markt
zwar sogar zu stark versorgt. Darauf deuteten Fundamentaldaten wie die Rohöllagerbestände hin. 'Jedoch wird der Ölmarkt in
einigen Monaten angesichts der steigenden Nachfrage wieder unter Druck kommen', sagte Ebner. Das Angebot dürfte
hingegen weitgehend konstant bleiben, da die OPEC kaum noch freie Kapazitäten habe. Die Spekulanten befinden sich daher
laut Ebner in einer Zwickmühle. Sie erwarte daher weiter eine hohe Volatilität. Eine sich abkühlende Weltkonjunktur dürfte laut
Ebner jedoch nur kurzfristig den Ölpreis dämpfen. Die Nachfrage nach Rohöl dürfte daher laut Wilke in den kommenden
Monaten sinken. Fair bewertet ist der Ölpreis laut Wilke zur Zeit bei 40 Dollar. Angesicht der spekulativen Übertreibungen zu
Beginn des Jahres erwartet Wilke im Jahresdurchschnitt einen Ölpreis von 45 US-Dollar. Langfristig erwartet Wilke angesichts
der steigenden Nachfrage aus Asien einen weiter steigenden Ölpreis und Kurse von 50 bis 60 Dollar.
MINERALÖLKONZERNE INVESTIEREN ZU WENIG
Ebner sieht hingegen auf Sicht von einigen Jahren die Chance, dass durch die Investitionen von Mineralölkonzernen das
Angebot steigen wird und der Ölpreis wieder sinkt. Derzeit investierten die Konzerne aber noch zu wenig. Diese kalkulierten
immer noch mit einem Ölpreis von 25 Dollar. Bei gestiegenen Förderkosten rechneten sich Investitionen so nicht./js/he ---Von
Jürgen Sabel, dpa-AFX--- . .
Quelle: DPA AFX
6) Italiens Inflationsrate bleibt unverändert (14.4.) nach
oben
Die nationale Statistikbehörde Istat veröffentlichte in Rom die endgültigen Daten zu den italienischen Verbraucherpreisen für
März 2004 und bestätigte hierbei den vorläufig gemeldeten leichten Preisanstieg.
Demnach erhöhten sich die Lebenshaltungskosten wie schon im Februar um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die
Jahresteuerungsrate verharrte erwartungsgemäß bei 1,9 Prozent, nachdem sie sich im Februar schon auf 1,9 Prozent belaufen
hatte. Damit lag die Inflation der drittgrößten Volkswirtschaft der EU weiterhin auf dem niedrigsten Stand seit September 1999.
Der für europäische Vergleichszwecke ermittelte Harmonisierte Verbraucherpreis-Index HVPI stieg auf Monatssicht um 1,2
Prozent und binnen Jahresfrist um 2,1 Prozent. Auch vorläufig waren diese Zuwächse gemeldet worden.
Quelle: FINANZEN.NET
7) US-Lagerbestände erhöhen sich wie erwartet (FINANZEN.NET 14.4.)
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Das US-Handelsministerium veröffentlichte am Donnerstag in Washington für Februar 2005 einen langsameren Anstieg der
Lagerbestände in den Industrie- und Handelsunternehmen.
Demnach wuchsen die Bestände um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat, wobei Volkswirte einen Anstieg um 0,5 Prozent
erwartet hatten. Im Vormonat Januar hatten die Bestände um 0,9 Prozent zugelegt.
Die Daten der Lagerbestände gelten als wichtiges Indiz für die Entwicklung der US-Konjunktur. Ein Lageraufbau signalisiert
einen Produktionsrückgang und damit eine gedämpfte Wirtschaftsentwicklung in den USA.
Quelle: FINANZEN.NET
8) HINTERGRUND: Parteiengeplänkel zur Steuersenkung dauert an (dpa-AFX 14.4.)
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BERLIN (dpa-AFX) - Der Aufbruch kam schon wenige Stunden nach dem Job- Gipfel von Regierung und Union zum Stillstand.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte sich erst am Abend des 17. März mit den Unionsspitzen Angela Merkel und
Edmund Stoiber auf eine Senkung der Unternehmenssteuern verständigt. Aber schon am Morgen danach wurde über die
Finanzierung gestritten. Beide Seiten müssen sich auch mit Widerstand aus den eigenen Reihen auseinander setzen. Eine
klare Linie ist weder im Lager der Union noch bei Rot-Grün zu erkennen. Der von Schröder vorgeschlagenen Senkung des
Körperschaftsatzes von 25 auf 19 Prozent stimmte die Unionsspitze natürlich zu. Die Forderung aber, dass genauso viele
Steuern wieder eingenommen werden wie ausfallen, halten auch Finanzpolitiker der Union für problematisch. Und ob die
Steuersenkung am Ende doch über neue Schulden finanziert werden muss - was Rot-Grün nicht will und die Union ablehnt -
zeigt sich erst, wenn die von Finanzminister Hans Eichel (SPD) erhofften Mehreinnahmen später ausbleiben sollten. 'Wenn
man die Steuern senken will, muss man wohl oder übel auch halb gare Annahmen akzeptieren', heißt es im Unionslager zu
den Vorschlägen Eichels für eine Finanzierung der Steuerausfälle von mehr als sechs Milliarden Euro. Freilich würden etwa die
Steuerschätzungen seit Jahren angesichts ausbleibender Einnahmen verfehlt. Aber sicher sei nie etwas, Prognosen basierten
auf Annahmen. 'Es gibt immer 1000 Argumente, dass eine Gegenfinanzierung nicht klappen könnte', hieß es am Rande der
Finanzministerkonferenz auch in Richtung der Unionsländer, die derzeit eher bremsen als mitziehen. Ein Kompromiss ist
durchaus möglich. So wird die Annahme Eichels, dass durch niedrigere Steuersätze wieder mehr Unternehmensgewinne in
Deutschland und nicht im Ausland versteuert werden, für richtig gehalten. Dass dieser 'Selbstfinanzierungseffekt' 3,3 Milliarden
Euro bringen könnte, wird aber von Union und Grünen bezweifelt. Leben können alle Seiten wohl mit dem Plan, die Fonds
trockenzulegen, die nur wegen ihrer Verluste als Steuersparmodelle genutzt werden. Keine Chancen dürfte das Vorhaben
haben, Möglichkeiten der Verrechnung von Verlusten mit Firmengewinnen einzuschränken. 'Das wird mit der CDU
hundertprozentig nicht laufen', heißt es. Eine stärkere Belastung der Aktionäre bei Dividendeneinnahmen wird in der Union aber
durchaus als gangbarer Weg betrachtet. Dies hatte Eichel in seinem zuletzt vorgelegten Finanzkonzept aber wieder
gestrichen. Mitgetragen werden dürfte auch die verbesserte Anrechnung der Gewerbesteuer für kleine und mittlere Firmen. Das
Vorhaben Eichels hingegen, von den angenommen Steuereinnahmen den Kommunen wieder eine Milliarde'wegzunehmen',
wird so kaum durchgehen. Der von Schröder aufgegriffene CSU-Plan, die Erbschaftsteuer für Unternehmenserben bei
Fortführung der Firma nach zehn Jahren zu erlassen, klingt gut, macht das Steuersystem aber nicht einfacher. Neben
Abgrenzungsproblemen steht hier auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus. Aber auch in der Koalition rumort es.
Die Forderung der Grünen, den Steuervorteil für Auslandsinvestitionen abzuschaffen, stößt bei der SPD auf wenig Gegenliebe -
auch wenn die Debatte noch anhält. In der Union gibt es vereinzelt Sympathien für den populären Vorstoß, dass Job-Exporte
nicht auch noch subventioniert werden dürften. Das Parteiengeplänkel dürfte noch bis zu den Landtagswahlen in
Nordrhein-Westfalen am 22. Mai andauern. Eine Kompromissformel - Senkung etwa nur auf 22 Prozent - gilt als
unwahrscheinlich. Angeblich hat die Regierung noch 'Plan B' in der Schublade, um Handlungsfähigkeit zu zeigen: 'Dann
zünden wir eben die nächste Stufe.' dpa sl yydd ot --- Von André Stahl, dpa ---
Quelle: DPA AFX
9) US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sinken erwatungsgemäß (FINANZEN.NET 14.4.)
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Das US-Arbeitsministerium veröffentlichte in Washington einen saisonbereinigten Rückgang der US-Erstanträge auf
Arbeitslosenhilfe für die Woche zum 9. April 2005.
Die Zahl verringerte sich um 10.000 auf 330.000 Erstanträge, während Experten durchschnittlich einen Stand von 330.000
Anträgen geschätzt hatten. Für die Vorwoche wurde eine revidierte Abnahme um 13.000 auf 340.000 ermittelt, nachdem auf
vorläufiger Basis ein Stand von 334.000 Erstanträgen gemeldet worden war.
Der Wert für den gleitenden Vier-Wochen-Durchschnitt stieg von 336.500 in der Vorwoche auf 338.000 Erstanträge für
Leistungen im Rahmen der US-Arbeitslosenversicherung. Dieser Wert ist weniger schwankungsanfällig und daher
aussagefähiger.
Eine Zahl von etwa 400.000 Erstanträgen gilt allgemein als Signal für einen stagnierenden Arbeitsmarkt. Ab einem Wert von
unter 350.000 erwarten Experten einen Rückgang der Arbeitslosenzahl.
Quelle: FINANZEN.NET
10) EU-BIP wächst langsamer (FINANZEN.NET 14.4.) nach
oben
Das europäische Statistikamt Eurostat legte seine dritte Veröffentlichung zum Bruttoinlandsprodukt für das vierte Quartal 2004
vor und teilte mit, dass sich das Wachstum verlangsamt hat.
Gegenüber dem Vorquartal wuchs das BIP in der Eurozone um 0,2 Prozent und in der gesamten Europäischen Union (EU25)
um 0,3 Prozent. Im dritten Quartal 2004 hatte das BIP um jeweils 0,3 Prozent zugelegt.
Im Vergleich zum Schlussquartal 2003 legte die Wirtschaft in der Eurozone um 1,6 Prozent zu, nachdem sie im Vorquartal um
revidiert 1,8 Prozent gewachsen war. In der EU25 lag das BIP um 1,9 Prozent über dem Vorjahresniveau, nach einem Plus von
2,2 Prozent im vorangegangenen Quartal.
Quelle: FINANZEN.NET
11) BdF sieht beschleunigtes BIP-Wachstum im zweiten Quartal (FINANZEN.NET 14.4.)
nach oben
Die Banque de France (BdF) in Paris veröffentlichte am Donnerstag ihren Monatsbericht für März 2005 und teilte darin mit,
dass sich das französische Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2005 leicht beschleunigt hat.
Demnach wächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal, nachdem es
im ersten Quartal um 0,4 Prozent zugelegt hatte.
Ferner meldete die BdF, dass sich die Stimmung in der französischen Wirtschaft im März deutlich verschlechtert hat. So fiel
der Stimmungsindikator der Führungskräfte von 101 im Februar auf nun 98 Zähler. Dies ist der niedrigste Stand seit dem
zweiten Halbjahr 2003.
Quelle: FINANZEN.NET
12) Trend zur Teilzeitarbeit auch bei Selbstständigen (FINANZEN.NET 14.4.)
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Selbständige Gründerpersonen-Zahl im Jahresvergleich um 38% gestiegen
Das Statistische Bundesamt äußerte sich anlässlich der Deutschen Gründer- und Unternehmertage in Berlin zur Entwicklung
bei den Selbstständigen und Gründerpersonen.
Demnach wächst in Deutschland nicht nur die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, auch Selbstständige arbeiten vermehrt Teilzeit.
So übten im März 2004 gut eine halbe Million der 3,8 Millionen Selbstständigen ihre Tätigkeit nach eigener Einstufung in
Teilzeit aus. Damit hat sich ihre Zahl gegenüber April 1996 (395.000) um knapp 36 Prozent erhöht, während die Zahl der
Teilzeitbeschäftigten um rund 33 Prozent anwuchs.
Auch die Zahl der selbstständigen Gründerpersonen in Teilzeit (Selbstständigen, die innerhalb der letzten zwölf Monate den
Schritt in die Selbstständigkeit getan hatten und Teilzeit arbeiteten) stieg um 38 Prozent auf 78.000 im März 2004.
Quelle: FINANZEN.NET
dazu
ots news:Statistisches Bundesamt/Teilzeitarbeit-Trend auch bei Selbstständigen
Wiesbaden (ots) - In Deutschland wächst nicht nur die Zahl der Teilzeitbeschäftigten insgesamt, auch Selbstständige arbeiten
vermehrt Teilzeit. Wie das Statistische Bundesamt anlässlich der Deutschen Gründer- und Unternehmertage in Berlin mitteilt,
übten im März 2004 gut eine halbe Million der 3,8 Mill. Selbstständigen ihre Tätigkeit nach eigener Einstufung in Teilzeit aus.
Damit war ihre Zahl gegenüber April 1996 (395 000) um knapp 36% gestiegen, die der Teilzeitbeschäftigten insgesamt um gut
33%. Auch die Zahl der selbstständigen Gründerpersonen in Teilzeit - also der Selbstständigen, die innerhalb der letzten zwölf
Monate den Schritt in die Selbstständigkeit getan hatten und Teilzeit arbeiteten - war deutlich gestiegen, nämlich um 38% auf
78 000 im März 2004. Vor allem persönliche und familiäre Verpflichtungen sowie die Tatsache, dass eine Vollzeittätigkeit nicht
gewünscht wird, führten bei den betrachteten Personengruppen zur Ausübung einer Teilzeittätigkeit.
Dies zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus, der mit rund 830 000 befragten Personen in gut 390 000 Haushalten (1% der
Bevölkerung Deutschlands) größten jährlichen Haushaltsbefragung in Europa.
Die Teilzeitquote unter den Selbstständigen hat sich gegenüber 1996 erhöht und zwar um zwei Prozentpunkte auf 14%.
Demgegenüber lag der Anteil der Teilzeit Arbeitenden an allen Erwerbstätigen im März 2004 mit 22% deutlich höher (April
1996: 17%). Anders sieht es bei den Gründerpersonen aus. Hier erreichte die Teilzeitquote im März 2004 mit 20% nahezu den
Anteilswert aller Teilzeiterwerbstätigen. Während 7% der erwerbstätigen Männer einer Teilzeittätigkeit nachgingen, arbeiteten
12% der Gründer Teilzeit. Bei Frauen war es umgekehrt: Teilzeit-Gründerinnen waren mit einem Anteil von 34% im Vergleich
zu 42% der Teilzeit tätigen Frauen insgesamt relativ seltener.
Weitere Informationen zum aktuellen Mikrozensus enthält die Pressebroschüre 'Leben und Arbeiten in Deutschland -
Ergebnisse des Mikrozensus 2004'. Sie ist unter http://www.destatis.de (Pfad: Mikrozensus/Pressekonferenzen) kostenlos
abrufbar.
Details siehe unter
http://news.onvista.de/politik-wirtschaft.html?HO=3&OFFSET=7&DATE_RANGE=week&ID_NEWS=34247321&NEWS_LANG
=de
13) Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe nimmt weiter ab (FINANZEN.NET 14.4.)
nach oben
Das Statistische Bundesamt präsentierte für Februar 2005 einen Rückgang der Beschäftigung in den Betrieben des
Verarbeitenden Gewerbes und des Bergbaus von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten.
Verglichen mit dem Vorjahresmonat ging die Zahl der Beschäftigten um 84.000 Personen bzw. 1,4 Prozent auf rund 5,9
Millionen im Jahresdurchschnitt zurück. Gleichzeitig sank die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden binnen Jahresfrist um 1,4
Prozent auf 751,8 Millionen, während die Lohn- und Gehaltsumme mit 17,3 Mrd. Euro um 0,1 Prozent unter dem Niveau des
Vorjahresmonats lag.
Dagegen zog der Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer binnen Jahresfrist um 2,1 Prozent auf 112,1 Mrd. Euro an. Der darin
enthaltene Auslandsumsatz wuchs um 3,7 Prozent auf 45,7 Mrd. Euro.
Quelle: FINANZEN.NET
dazu:
ots news: Statistisches Bundesamt / Verarbeitendes Gewerbe Februar 2005 (14.4.)
Wiesbaden (ots) - Ende Februar 2005 waren 5,9 Mill. Personen in den Betrieben des Bergbaus und des Verarbeitenden
Gewerbes von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten tätig. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, sind dies 84.000
Personen oder 1,4% weniger als im Februar 2004.
Auch die Zahl der im Februar 2005 geleisteten Arbeitsstunden nahm im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,4% auf 751,8
Mill. ab. Die Lohn- und Gehaltsumme lag bei 17,3 Mrd. Euro; das waren 0,1% weniger als im Vorjahresmonat.
Gegenüber Februar 2004 erhöhten sich der Gesamtumsatz (ohne Umsatzsteuer) um 2,1% auf 112,1 Mrd. Euro und der darin
enthaltene Auslandsumsatz um 3,7% auf 45,7 Mrd. Euro. Der Inlandsumsatz stieg um 1,1% auf 66,4 Mrd. Euro.
Die Gesamtumsätze wichtiger Branchen entwickelten sich im Februar 2005 weiterhin positiv. Überdurchschnittliche
Umsatzsteigerungen gegenüber dem Februar 2004 wurden vor allem in der Metallerzeugung und -bearbeitung mit 12,1% und
im Recycling mit 11,9% erwirtschaftet. In der Herstellung von Büromaschinen, DV-Geräten und -einrichtungen und in der
Herstellung von chemischen Erzeugnissen lagen die Zuwachsraten bei 11,4% bzw. 10,7%. Der Gesamtumsatz im
Maschinenbau und in der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen nahm um 3,3% bzw. 2,3% zu, im
Ernährungsgewerbe erhöhte er sich um 1,8%. Umsatzrückgänge gab es dagegen u. a. in der Branche Glasgewerbe,
Herstellung von Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden (- 10,0%) und im Textil- und Bekleidungsgewerbe (- 2,5%).
Details siehe
http://news.onvista.de/politik-wirtschaft.html?HO=4&OFFSET=7&DATE_RANGE=week&ID_NEWS=34247302&NEWS_LANG
=de
14) Krisenrat der USA und Israels über Iran (NZZ 14.4.) nach oben
Sharon warnt vor dem Atomprogramm Teherans
Bei seinem Amerikabesuch hat der israelische Regierungschef Sharon nicht nur den nahöstlichen Friedensprozess zur Sprache gebracht, sondern auch eindringlich vor der Entwicklung iranischer Atomwaffen gewarnt. Sharon forderte die amerikanische Führung auf, den Druck auf das Regime in Teheran zu erhöhen.
A. R. Washington, 13. April
Der israelische Ministerpräsident Sharon hat am Mittwoch seinen Besuch in den USA abgeschlossen. Höhepunkt seiner Reise war das Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten in Texas gewesen. Vor seiner Rückkehr nach Israel hielt sich Sharon aber auch noch in Washington auf, wo er Gespräche mit Vizepräsident Cheney, dem stellvertretenden Verteidigungsminister und künftigen Weltbankpräsidenten Wolfowitz sowie Mitgliedern des Kongresses führte. Die Palästinafrage war dabei längst nicht das einzige Thema. Sharon hat offenbar bereits mit Bush ausführlich über die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm gesprochen und die Beratungen darüber mit seinen Gesprächspartnern in Washington weitergeführt. Seine
zentrale Botschaft lautete dabei, wie in israelischen Delegationskreisen erklärt wurde, dass
Iran bald an einem Punkt angelangt sein werde, wo es nicht mehr am Bau von Atombomben gestoppt werden könne.
Satellitenbilder vorgelegt
Israel scheint demnach eine grössere Dringlichkeit zum Handeln zu sehen als die
USA, die selbst im schlimmsten Fall frühestens in mehreren Jahren mit einer iranischen Atombombe rechnen. Der
«Point of no return» ist aus israelischer Sicht jedoch nicht erst mit dem Bau eines nuklearen Sprengsatzes erreicht, sondern wenn Iran die technischen Hürden auf dem Weg dorthin gemeistert hat. Sharon habe Cheney gedrängt, den Fall im Uno-Sicherheitsrat aufzugreifen und Iran internationale Sanktionen anzudrohen, berichtete die israelische Zeitung «Yediot Ahronot» auf ihrer Website.
Sharon habe sich dabei sehr skeptisch über die Anstrengungen der Europäischen Union
gezeigt, Iran auf dem Verhandlungsweg von seinen Atomplänen abzubringen. Seiner Ansicht nach
ermöglichen diese diplomatischen Bemühungen dem Teheraner Regime, das Nuklearprogramm im Verborgenen
voranzutreiben.
Wie die «New York Times» unter Berufung auf amerikanische Regierungsbeamte berichtete, warnte die israelische Delegation während ihres Besuchs auf Bushs Ranch eindringlich vor dieser Gefahr. Auf dem Mittagstisch habe
Sharon Satellitenaufnahmen von angeblichen iranischen Atomanlagen ausgebreitet. Sein engster Militärberater habe den amerikanischen Präsidenten über den Stand der israelischen Kenntnisse unterrichtet. Dabei seien jedoch
keine erschütternden neuen Informationen zutage gekommen, hiess es von amerikanischer Seite. Die USA und Israel dementierten zudem, dass Sharon die Möglichkeit eines
israelischen Luftschlags gegen Anlagen des iranischen Nuklearsektors zur Sprache gebracht habe. Allen Anwesenden dürfte jedoch klar gewesen sein, dass
diese Option im Raum steht. In einer Überraschungsaktion hatte
Israel 1981 den irakischen Reaktor von Osirak zerstört.
Treffen mit amerikanischen Hardlinern
Dass Sharon das Thema Iran auch mit Cheney beriet, ist nicht uninteressant. Der Vizepräsident ist eine
treibende Kraft in den regierungsinternen Debatten. Er vertritt dabei eine sicherheitspolitische Denkschule, die vor blindem Vertrauen in internationale Abmachungen warnt und notfalls keine Hemmungen vor dem präventiven Einsatz militärischer Machtmittel hat.
Israelische Luftschläge gegen Iran hatte Cheney zudem vor einem Vierteljahr in einem Fernsehinterview selber als ernstzunehmendes Szenario dargestellt. Zugleich hatte er damals klar gemacht, dass eine solche Aktion
weitreichende internationale Erschütterungen auslösen würde und nichtkriegerische Mittel vorzuziehen wären.
Worüber Sharon mit Wolfowitz gesprochen hat, konnte das Büro des Vizeverteidigungsministers auf Anfrage nicht mitteilen. Denkbar ist, dass der Israeli sein Anliegen auch mit einem weiteren Hardliner in der Administration besprechen wollte - Wolfowitz arbeitet bis zu seinem Wechsel an die Weltbankspitze im Juni weiter im Pentagon. Sharon erörterte nach eigenen Angaben mit Wolfowitz die
Idee, die im Gazastreifen zu räumenden Häuser israelischer Siedler an die Weltbank zu verkaufen, um sie vor der Zerstörung zu
bewahren. Welche Wirkung er mit seiner Warnung vor einer iranischen Atombombe erzielt hat, lässt sich vorerst nicht abschätzen. Die USA haben sich kürzlich klar hinter die europäischen Verhandlungsbemühungen gestellt und scheinen nicht gewillt, eine baldige Konfrontation mit Iran herbeizuführen.
15) Die deutsche Justizministerin besorgt über eine Ablehnung
(NZZ 14.4.) nach oben
(Reuters) Die deutsche Justizministerin Zypries hat sich besorgt gezeigt über eine
mögliche Ablehnung des EU-Haftbefehls durch das deutsche
Bundesverfassungsgericht. Deutschland würde sich vorerst aus der gemeinsamen Verbrechensbekämpfung in der Europäischen Union zurückziehen müssen, sollte das Verfassungsgericht die Rechte Brüssels beschneiden, sagte sie kurz vor Beginn der Verhandlung des Gerichts am Mittwoch. Das Verfassungsgericht will anhand des EU-Haftbefehls prüfen,
inwieweit der Bundestag EU-Vorgaben bei der Strafverfolgung umsetzen muss, obwohl sie eventuell nicht mit der deutschen Verfassung übereinstimmen.
16) Nationalismus-Welle in der Türkei
(NZZ 14.4.) nach oben
Ministerpräsident Erdogan bricht sein Schweigen
Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat am Mittwoch erstmals Stellung zum jüngsten Nationalismus-Ausbruch in der Türkei genommen. Kurz zuvor hatten rund 200 Intellektuelle die in den letzten Wochen stetigen Angriffe der Rechtsnationalisten als «eine Gefahr für den inneren Frieden der Türkei» bezeichnet.
it. Istanbul, 13. April
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat am Mittwoch sein wochenlanges Schweigen gebrochen und
erstmals zu den nationalistischen Auswüchsen der letzten Tage Stellung
bezogen. Niemand dürfe im Namen der Nation Selbstjustiz ausüben, mahnte er in einer Fraktionssitzung seiner Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP). Neue, interne Feinde zu erfinden und sich das Recht auf Selbstjustiz herauszunehmen, würde die Nation nur schwächen und die Integrität des Landes bedrohen.
Lynchjustiz in Anatolien
Der gemässigte Islamistenchef malte dann vor den AKP-Abgeordneten ein Szenario aus, das er bis dahin nur den ihm nahestehenden Medienleuten preisgegeben hatte.
Sobald die Türkei einen gewissen Grad an Stabilität erreiche, würden «gewisse Kreise» unruhig werden, sagte er.
Provokationen kämen dann auf die Tagesordnung. Erdogan wollte die Urheber nicht benennen. Die Türkei werde diesmal aber auf «dieses Spiel nicht eingehen», suchte er seine Zuhörer zu beschwichtigen. Die Rede des türkischen Regierungschefs bezog sich auf eine
Nationalismus-Welle, die neuerdings wie ein eisiger Wind durch das Land zieht und gegen vermeintliche Andersdenkende gerichtet
ist.
Letzten Donnerstag konnte die Polizei in der Hafenstadt Trabzon am Schwarzen Meer fünf Personen im letzten Moment und nur dank dem Einsatz eines Schützenpanzers vor einem Lynch-Mob retten. Die fünf Angegriffenen waren Mitglieder eines sogenannten Vereins für Solidarität mit den Familien der Inhaftierten (Tayad). Sie wollten gegen die schlechten Bedingungen in den Sondergefängnissen protestieren. Der aufgebrachte Mob hielt sie fälschlicherweise für Kurden.
Im Istanbuler hauptsächlich von Alewiten besiedelten Viertel «Gazi» wurde einen Tag später das Mitglied der alewitischen Religionsgemeinschaft Esat Atmaca von einem Rechtsnationalisten mit einem Messer zu Tode gestochen. In der Hauptstadt
Ankara wurde der kurdische Anwalt und einstige Verteidiger des Kurdenführers Abdullah Öcalan, Medeni Ayhan, von Unbekannten auf offener Strasse erschossen. Angriffe von Rechtsextremen oder aufgepeitschten Volksmengen wurden mittlerweile auch aus der westlichen Stadt
Sakarya gemeldet. Unmittelbaren Anlass zur nationalistischen Aufwallung gaben zwei 13-jährige Kurden, die während des kurdischen Festes «Newroz» am 23. März in der südwestlichen Stadt Mersin eine türkische Flagge in Brand zu stecken versucht hatten. Das Büro des Generalstabs verurteilte den Vandalismus damals als einen «von Pseudo-Bürgern verübten Verrat». Erst diese Erklärung liess Rechtsradikale mit riesigen türkischen Flaggen in der Hand durch die Strassen der türkischen Städte ziehen. Ihr «Fahnenkrieg» artete rasch in eine Machtdemonstration gegen Kurden, gegen «europäische Imperialisten» und gegen Armenier, insbesondere aber gegen türkische Andersdenkende aus.
Die Bücher des bekannten türkischen Schriftstellers Orhan Pamuk wurden in der südostanatolischen Stadt
Bilecik in Brand gesetzt. Pamuk hatte in einem Interview erklärt, dass in der Türkei Anfang des letzten Jahrhunderts eine Million Armenier getötet worden seien.
Türkische Nationalisten leugnen diesen Massenmord an den Armeniern vehement. Aus ihrer Sicht haben die Armenier einen Genozid an den Türken verübt.
Aufruf von 200 Intellektuellen
Alarmiert haben rund 200 Intellektuelle des Landes vor einer «Gefahr für den inneren Frieden» der Türkei gewarnt. «Wir sind besorgt, dass diese Eskalation erneut zu einem
Klima der Gewalt und der Spannungen in unserem Land führt», hiess es in einer letzten Montag veröffentlichten Erklärung. Der Patriotismus der Bürger werde «durch das Anstacheln des
auf Unversöhnlichkeit zielenden radikalen türkischen und kurdischen Nationalismus in eine Massenhysterie verwandelt». Als
Urheber der «gelenkten Wut» vermuten sie dabei vor allem
Kreise, die dem Demokratisierungsprozess der Türkei Einhalt bieten wollten und gegen die EU-Reformen gerichtet
seien. EU-Gegner versuchten, in der Bevölkerung Angst zu verbreiten. Seine Erfahrung aus der Vergangenheit zeige, dass solche nationalistischen Aufwallungen in der Regel von «Elementen, die irgendwie mit dem Staatsapparat assoziiert waren», provoziert würden, schrieb der
liberale Intellektuelle Cüneyt Ülsever.
Ob die Rede des Regierungschefs im Parlament die Entwicklungen im rechtsextremen Raum beeinflussen kann, bleibt abzuwarten. Seine Rede wurde in Brüssel jedenfalls gerne gehört. EU-Kreise hatten die Nationalismus-Welle mit wachsender Besorgnis beobachtet und wollten seit langem wissen, ob die Regierung Erdogans auf dem eingeschlagenen Weg in Richtung EU weiter voranschreiten werde.
17) Lebenslanges Lernen in der Praxis
(NZZ 14.4.) nach oben
Postgraduate-Programm für Ärzte aus Osteuropa
Ein gelungenes Beispiel für Hilfe zur Selbsthilfe sind die auf österreichische Privat-Initiative in Zusammenarbeit mit der George-Soros-Stiftung und amerikanischen Universitäten entstandenen «Salzburg Medical Seminars». Darin werden
Ärzte aus Osteuropa an westliche Standards herangeführt.
M. K. Wien, im April
Wolfgang Aulitzky ist Urologe, ärztlicher Direktor der Confraternität, einer Wiener Privatklinik, vor allem aber ist er Gründer und treibende Kraft bei den «Salzburg Medical Seminars International», einem medizinischen Ausbildungsprogramm für Ärzte aus den Staaten des ehemaligen Ostblocks.
Seit Herbst 1993 wurden in Salzburg in einwöchigen Seminaren 5866 Ärzte aus 33 Staaten von 671 Mitgliedern amerikanischer Partner-Universitäten kostenlos auf den neusten Stand des medizinischen Wissens
gebracht. Träger der Seminare ist die American Austrian Foundation; finanziert werden sie von der George-Soros-Stiftung, die eine Million Dollar beisteuert, und dem österreichischen Bildungsministerium, das die gleiche Summe in Euro
bereitstellt.
Soros-Stiftung als Anlaufstelle
Möglich werden die Seminare aber erst durch die Bereitschaft von Ärzten und Wissenschaftern renommierter amerikanischer Universitäten und Kliniken, sich für die Seminare kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die
ursprüngliche Idee, in Salzburg eine zentraleuropäische Postgraduate-Ausbildung für Medizin aufzubauen, scheiterte daran, dass die amerikanischen Partner fanden, Österreich sei reich genug, eine solche Einrichtung selbst zu finanzieren; dagegen waren sie sofort bereit, ein Programm für Ärzte aus den Reformstaaten Osteuropas zu unterstützen. Die
Soros-Stiftung trat dabei nicht nur als Financier auf, sondern bildete dank flächendeckender Präsenz in Osteuropa auch den
Anlaufpunkt.
Drei Praktika in Österreich
Zielgruppe des Programms waren Ärzte im Alter von 30 bis 40 Jahren, die fliessend Englisch sprechen mussten und aus jenen Bereichen kommen sollten, wo die
Ausbildungsdefizite in den osteuropäischen Staaten am grössten waren:
Kardiologie, Anästhesie, Kinderheilkunde, Traumatologie und Orthopädie sowie
Psychiatrie. Wie Aulitzky im Gespräch erklärt, galt es sicherzustellen, dass die Seminar-Teilnehmer wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Deshalb bleibt es nicht bei einem einmaligen Seminar, sondern
jedem Teilnehmer werden in gewissen Abständen drei jeweils einmonatige Praktika in österreichischen Spitälern
angeboten. Eine besondere Attraktion für die Seminarteilnehmer ist die zur Verfügung gestellte
CD-ROM mit allen Inhalten der Seminare. Die Absolventen sollen ihrerseits
als Vervielfältiger wirken und treten in ihren Ländern als
Organisatoren von Satelliten-Symposien auf.
Imitatoren und Nutzer des Modells
Ein Beweis für den Erfolg der Salzburg Medical Seminars ist, dass sie Nachahmer finden. Etwa in der
Vienna School of Clinical Research (VSCR), die sich darauf spezialisiert, Ärzte aus dem Osten in der klinischen Forschung auszubilden. Die Einrichtung wird von der Pharma-Industrie getragen und von der Stadt Wien «massgeblich» gefördert. Aulitzky sieht Möglichkeiten einer Kooperation. In Zukunft will er den Salzburger Absolventen anbieten, nicht nur Praktika in Wien (Innere Medizin) oder Graz (Kinderheilkunde) zu absolvieren, sondern auch einwöchige Kurse der VSCR zu belegen. Aufmerksam geworden ist auch die
Weltgesundheitsorganisation (WHO), die die elektronischen Seminare für ihre Online-Plattform einer «WHO Health Academy» verwenden will.
18) Steuerharmonisierung durchsetzen
(NZZ 14.4.) nach oben
Bundesrat plant Kontrollkommission
wab. Bern, 13. April
Der Bundesrat will nicht länger dulden, dass Kantone das Bundesgesetz über die formelle Steuerharmonisierung verletzen. Er schickt einen Expertenbericht, der die Schaffung einer Kontrollkommission und eines gerichtlichen Verfahrens vorschlägt, in die Vernehmlassung. Die Kommission soll die Steuergesetze und die Praxis der Kantone auf ihre Übereinstimmung mit dem Bundesrecht überprüfen und Stellungnahmen abgeben. Will ein Kanton diesen Empfehlungen nicht folgen, so kann er selber, der Bund oder die Kontrollkommission eine richterliche Überprüfung verlangen. Der Rechtsweg würde über ein kantonales Gericht bis vor Bundesgericht führen.
Typische Beispiele für Gesetzesverstösse sind zurzeit das Bausparmodell des Kantons Baselland und die Steuerbefreiung von Lotteriegewinnen in Basel-Stadt, wie Niklaus Sommerer von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erklärt. Die Frist zur Anpassung des kantonalen Rechts ans Steuerharmonisierungsgesetz ist Ende 2004 abgelaufen, ohne dass die beiden Kantone ihre Praxis geändert hätten. Einen weiteren Bereich bilden Steuererleichterungen für einzelne Firmen, die entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht nur für Neuansiedlungen, sondern zum Teil auch bei blossen Umstrukturierungen gewährt werden.
Heute fehlt es dem Bund an Mitteln, die Steuerharmonisierung durchzusetzen. Dies ist auch der grossen Mehrheit der Kantone, welche sich ans Gesetz halten, ein Dorn im Auge. Die Kantone drängten daher selbst auf die Schaffung von Kontrollinstrumenten. Der jetzt publizierte Expertenbericht wurde unter der Leitung des Walliser Staatsrates Wilhelm Schnyder erarbeitet, und die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren hat die Empfehlungen bereits im letzten Herbst mit 20 zu 1 Stimme gutgeheissen. Die neue Kontrollkommission soll fünf bis sieben Mitglieder zählen und administrativ dem Eidgenössischen Finanzdepartement angegliedert werden. Die Mitglieder würden von Bund und Kantonen paritätisch bestimmt.
19) «Zürich muss wieder mehr die Muskeln spielen lassen»
(NZZ 14.4.) nach oben
Gesundheitsdirektorin Verena Diener zum Seilziehen in der Spitzenmedizin
Die kantonalen Gesundheitsdirektoren versuchen zurzeit, die Angebote der hochspezialisierten Medizin besser auf die fünf Schweizer Universitätsspitäler zu verteilen und sie zu konzentrieren. Zürich sei gegenüber anderen Kantonen zuletzt zu zurückhaltend aufgetreten, sagt die Zürcher Gesundheitsdirektorin Verena Diener im Gespräch mit Benjamin Tommer. Künftig müsse der Kanton wohl wieder mehr die Muskeln spielen lassen.
Verena Diener, Sie haben sich bereit erklärt, in Zürich auf Herztransplantationen zu verzichten. Bereits beim ersten «Gegengeschäft», den Lebend-Lebertransplantationen, lassen die anderen Kantone Zürich im Stich. Ist Ihre Taktik gescheitert?
Verena Diener: Nein, für mich ist die Konzentration der hochspezialisierten Medizin ein Prozess mit verschiedenen
Etappen. Beunruhigend ist, dass man willkürlich die Entscheidungskriterien neu festlegen will. Bei den Herztransplantationen wurden die Qualität und die Ökonomie ins Zentrum gestellt. Das sind zwei wichtige und richtige Kriterien. Bei den Lebend-Lebertransplantationen ist es nun plötzlich die Sprachzugehörigkeit. Ein derartiger Wechsel der Kriterien darf nicht sein.
Was hätte Zürich denn vom Verzicht auf Herztransplantationen?
Der Kanton Zürich wird aus politischen Überlegungen in irgendeinem Bereich einen Verzicht leisten müssen. Wir sind in unserem Land auf ein gegenseitiges Entgegenkommen angewiesen. Beim Herzen ergab sich die Situation, dass Klinikdirektor Marko Turina zu ersetzen ist. Es ist einfacher, einem neuen Chefarzt etwas nicht zu erlauben, als einem amtierenden etwas wegzunehmen. Der Kanton Zürich stand als erster in dieser Situation. Ich wollte damit den Konzentrationsprozess anschieben. Daneben spricht einiges gegen diesen Verzicht.
Zum Beispiel?
Wir sind das grösste Zentrum. Wir haben das grösste Universitätsspital und die grösste Universität. Wir haben eine lange Tradition, bei uns wurde die erste Herztransplantation durchgeführt.
«Man versucht, Zürich zu schwächen»
Sind Sie vorgeprellt? Die Gesamtregierung hielt in einer parlamentarischen Antwort fest, für sie sei der Entscheid noch nicht gefallen.
Das ist auch meine Haltung. Es geht darum, dass Regierung und Kantonsrat zur Frage des Verzichts Stellung nehmen können. Ich persönlich bin der Meinung, dass wir aus qualitativen und ökonomischen Gründen an einer Konzentration in der Spitzenmedizin nicht vorbeikommen. Das meint auch die Fachwelt. Nun müssen weitere Konzentrationsschritte folgen. Die Lebend-Lebertransplantationen zeigen aber, dass der gemeinsame Nenner klein zu sein scheint.
Was macht der Kanton Zürich falsch?
Der Kanton Zürich ist vor allem als Wirtschaftsmotor und Nettozahler beim interkantonalen Finanzausgleich akzeptiert. Ansonsten erlebe ich sogar, dass versucht wird, Zürich zu schwächen. Gerne wird von unseren Angeboten in Kultur, Bildung und Medizin oder vom Flughafen Gebrauch gemacht. Doch nehmen Sie das Beispiel Fluglärm: Es kann doch nicht sein, dass man nur profitieren und daneben nicht auch mittragen will. In den letzten Jahren war Zürich eher zu zurückhaltend im Vertreten seiner Eigeninteressen. Wir müssen wohl in Zukunft wieder mehr die Muskeln spielen lassen. Unsere Bevölkerung arbeitet für unseren Erfolg. Sie leidet unter Hektik, Stress und Spardruck. Andernorts geht es da oft schon gemächlicher zu. Das müssen wir wieder stärker aufzeigen.
Sie waren es aber, die den Zürcher Verzicht auf die Herztransplantationen angeboten hatte.
Der Vorschlag kam vom Fachgremium «Groupe 15». Ich war bereit, diese Diskussion aufzunehmen, um den Konzentrationsprozess in Bewegung zu bringen. Dass die vorangegangenen Bekenntnisse schon zerfallen, wenn man Zürich die Lebend-Lebertransplantationen zuhalten sollte, enttäuscht mich sehr.
Wie immer die Vereinbarung zur Spitzenmedizin am Schluss aussieht, Regierung und Kantonsrat müssen sie gutheissen. Wie soll das gelingen?
In der Regierung und im Kantonsrat weiss eine Mehrheit, dass man aus ökonomischen und qualitativen Gründen einen Konzentrationsprozess vorantreiben
muss. Das geht nur über ein freundeidgenössisches Geben und Nehmen. Ich habe das Parlament schon andere Male von schwierigen Geschäften überzeugen können. So wie der Vorstand der Gesundheitsdirektoren jetzt vorgeht, verliere ich jede Möglichkeit zu argumentieren. Ich bedaure das sehr, weil es auch den egoistischen Stimmen in unserem Kanton Auftrieb gibt, die gegen jede Art von Konzentration sind.
Vereinbarung noch nicht geplatzt
Scheitert die Konzentration am Röstigraben?
Das Sprach-Argument ist neu und meiner Meinung nach eine Bankrotterklärung für den kantonalen Konzentrationsprozess. Es schliesst auch die Bevölkerung im Tessin oder die Rätoromanen aus. Wir vom Kanton Zürich haben bis jetzt unsere Kinder trotz Sprachbarriere auch nach Genf gegeben für Lebertransplantationen. Wir gingen von Beginn weg von qualitativen und ökonomischen Überlegungen aus. Wenn das nicht mehr gilt, muss der Prozess gestoppt und neu diskutiert werden.
Wenn ein Kanton nicht mitmacht, zum Beispiel Zürich, platzen die Koordinationsbemühungen.
Das ist so. Die Ratifizierung im Kanton Zürich ist in meinen Augen massiv gefährdet. Ich habe praktisch keine Argumente mehr für die Ratifizierung; es ist enorm schwierig, nur schon die Frage der Glaubwürdigkeit des Prozesses politisch zu vertreten.
Also ist auch der Zeitplan der Gesundheitsdirektoren - Bereinigung in allen Kantonen bis in einem Jahr - unrealistisch?
Wir Ostschweizer Sanitätsdirektorinnen und -direktoren werden die Lage neu beurteilen müssen. Der Zeitplan des Vorstands ist sicher sehr ambitiös. Gelingt die Vereinbarung nicht, muss der Bund die Federführung übernehmen.
«Nur müdes Lächeln für Fiala und Good»
FDP und SVP verlangen von Ihnen ein Bekenntnis zum Spitzenmedizin-Standort Zürich.
Für Forderungen wie die jüngste von FDP-Präsidentin Doris Fiala und SVP-Präsident Peter Good habe ich nur ein müdes Lächeln übrig.
Genau sie haben Steuersenkungen veranlasst und fordern die rigorosesten Sparprogramme. Sie entziehen dem Gesundheitswesen Geld, wollen aber gleichzeitig die teuersten Spitzenärzte. Das ist Politik fern jeder Realität. Die beiden bringen zudem das
Universitätsspital mit Zweitklassigkeit in Verbindung. Das ist rufschädigend und erschwert die Berufungsverhandlungen der Universität.
Was soll das Zürcher Universitätsspital in Ihren Augen sein?
Für mich ist es klar das grösste Universitätsspital in der Schweiz, und es soll innerhalb der Schweiz seine Spitzenposition behalten. Ich bin durchaus auch gewillt, mitzuhelfen, damit das
Spital im europäischen Kontext vorne dabei ist. Ob das weltweit machbar ist, hängt davon ab, wie viel Geld wir zur Verfügung stellen können und wie geschickt man neue Leute akquiriert. Was zählt, ist deren Entwicklungspotenzial. Erste Liga - wer definiert das? Das können auch Primadonnen sein. Und mit diesen haben wir nicht nur gute Erfahrungen
gemacht.
«Das Unispital ist verhältnismässig teuer»
In welchem Zustand befindet sich die Herzchirurgie in Zürich nach dem Zwischenfall mit dem verwechselten Herzen, der Pensionierung von Marko Turina und dem möglichen Verzicht?
Die interimistischen Leiter der Herzchirurgie machen ihre Sache hervorragend, fachlich und menschlich. Zurzeit werden auch wieder Herzen transplantiert. Die Herzchirurgie am USZ wird auch künftig auf sehr hohem Niveau betrieben und weiterentwickelt werden. Wenn wir personell eine gute Besetzung haben, kann Zürich sehr schnell wieder die Spitzenposition übernehmen.
Gibt es weniger Zuweisungen als früher?
Das USZ ist relativ teuer, und auch die Kostentransparenz muss verbessert werden. Da haben die Spitalleitung und die Klinikdirektoren noch Hausaufgaben zu machen.
Andere Kantone kaufen Leistungen nicht zu jedem Preis bei uns ein. Die Konkurrenz ist gross.
Immer wieder scheitern Neubesetzungen von Chefarztposten, zuletzt an der Klinik für Wiederherstellungschirurgie.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Teilweise wurde zu spät mit der Bildung von Berufungskommissionen angefangen. Zudem gibt es Klinikdirektoren, die gerne über das eigentliche Pensionsalter hinaus arbeiten wollten. Dazu kommt der ökonomische Druck. Wir können Bewerbern nicht mehr alle Wünsche erfüllen. Andere Spitäler, andere Universitäten bieten zum Teil bessere Rahmenbedingungen. Wir haben auch das Dilemma: Wollen wir einen guten Dienstleister, also jemanden, der Hervorragendes für das USZ leistet, oder suchen wir jemanden, der in Lehre und Forschung hervorragend ist? In Bezug auf die Nachfolge von Herrn Turina arbeiten aber alle Beteiligten eng zusammen. Die Gespräche mit möglichen Nachfolgern laufen.
20) Solides Weltwirtschaftswachstum mit Risiken
(NZZ 14.4.) nach oben
Der IMF erinnert Politiker an ihre Reformversprechen
Der Internationale Währungsfonds (IMF) bescheinigt der Weltwirtschaft in seinem Ausblick für
2005 und 2006 ein solides Wachstum von deutlich über 4%.
Sorgen bereiten jedoch die Zunahme der globalen makroökonomischen Ungleichgewichte sowie die zuletzt wieder ausgesprochen volatile Entwicklung des
Erdölpreises.
Sna. Washington, 13. April
Der Internationale Währungsfonds (IMF) stellt der Weltwirtschaft in seinem jüngsten, jeweils halbjährlich erscheinenden «World Economic Outlook» grundsätzlich eine Fortsetzung der zuletzt überaus robusten Wachstumsentwicklung in Aussicht (vgl. Tabelle). Das in Washington beheimatete Institut erwartet allerdings für dieses und für das kommende Jahr eine merkliche Abschwächung der weltweiten
Output-Zunahme, die sich damit jedoch bloss auf ein auch in der langen Frist tragbares Niveau zubewegen soll. Gleichzeitig ist der im Vorfeld der am Wochenende stattfindenden Frühjahrstagung von Weltbank und IMF veröffentlichte Bericht wie üblich gespickt mit Hinweisen auf mögliche Unwägbarkeiten, die die Erfüllung der Prognosen behindern könnten. Dabei scheinen sich die möglichen Ausschläge vornehmlich auf der negativen Seite zu konzentrieren. In der Tat spiegeln sich in diesen vorab der mit zunehmenden Ungleichgewichten behaftete Verlauf der weltwirtschaftlichen Expansion sowie das Risiko, das von einem weiteren Anstieg der Erdölpreise ausgehen könnte.
Andauernde Wachstumsdifferenzen
Sorgen bereitet den IMF-Ökonomen in erster Linie das fortgesetzte Auseinanderdriften der Wachstumsraten in den einzelnen
Regionen. Wie der Chefökonom des Instituts, Raghuram Rajan, in seiner Präsentation des Berichts am Mittwoch darlegte, droht die
weltwirtschaftliche Expansion in eine übermässige Abhängigkeit vom Wachstumsverlauf der USA sowie Chinas zu geraten. Derweil
verharrt die wirtschaftliche Entwicklung in weiten Teilen der Euro-Zone sowie Japans weiterhin in einem Dämmerzustand, ohne dass auf absehbare Zeit eine substanzielle Belebung erkennbar wird. Als Folge davon haben sich laut dem Bericht die
globalen Ertragsbilanzungleichgewichte nicht nur weiter vergrössert. Vielmehr ist mit der an sich erwünschten Umkehrung dieser Entwicklung vorderhand nicht zu
rechnen.
Das allein schon hieraus sich ergebende Risiko allenfalls abrupter Preisbewegungen an den Finanzmärkten wird ferner dadurch
akzentuiert, dass die Zinsentwicklung in den meisten Ländern aus Gründen der Inflationskontrolle nach oben
weist. Dies könnte sich, so wird im Bericht weiter vermerkt, gerade mit Blick
auf die US-Endnachfrage besonders negativ auswirken, sollte etwa der Zinsanstieg zu einer merklichen
Abkühlung des amerikanischen Häusermarktes führen. Das dritte Unsicherheitselement, welches auf den Prognosen lastet, stellt schliesslich die weitere Entwicklung des Erdölpreises dar. So bewegte sich dieser zum Zeitpunkt der Drucklegung des Berichts bereits um beinahe 6 $ über dem Wert, der den IMF-Wachstumsprognosen für das laufende Jahr zugrunde liegt. Dabei erinnert der IMF selbst daran, dass
in der Vergangenheit permanente Preissteigerungen von 5 $ je Erdölfass eine Verminderung des weltwirtschaftlichen Wachstums von bis zu 3 Zehntelpunkten nach sich
zogen.
Allseits bekannte Pendenzenliste
Bezüglich der notwendigen Remedur, mit der sich ein geordneter Abbau der globalen makroökonomischen Ungleichgewichte anstreben liesse, nimmt der IMF in seinem Bericht einmal mehr kein Blatt vor den Mund. Deren Schlüsselelemente sind, wie Rajan spitz bemerkte, längst allseits bekannt. Doch trotz regelmässiger Bekräftigung dieser Ziele durch die Politiker und Verantwortlichen der betreffenden Länder habe man in dieser Hinsicht bisher kaum Fortschritte verzeichnet. Im Falle der
USA stehe die Erarbeitung und Umsetzung eines glaubwürdigen Programms zur mittelfristigen Konsolidierung des defizitären Bundeshaushalts nach wie vor
aus. In der an vielerlei wachstumshemmenden Strukturschwächen leidenden Euro-Zone stünden dagegen Besitzstanddenken und Reformangst einer Entfesselung der Produktivkräfte im
Weg.
Handlungsbedarf ortet der IMF auch in Japan, wo die
andauernde Schwäche des Finanzsektors einer dauerhaften Konjunkturerholung
entgegensteht, wogegen man den asiatischen Schwellenländern und namentlich China ein Abrücken vom System fixer Wechselkurse nahelegt. Ausdrückliche Unterstützung findet schliesslich im Bericht auch ein erfolgreicher Abschluss der
Freihandelsbemühungen im Rahmen der Dauha-Runde, zu deren Gelingen alle beteiligten Länder beitragen müssten.
21) Zinspolitik - politisieren mit Zinsen?
(NZZ 14.4.) nach oben
COMMENT zum nicht nur australischen Tanz auf dem Vulkan
ruh. Sydney, im April
Er ist ein diskret auftretender Herr, und dennoch sind jeweils am ersten Mittwoch des Monats aller Australier Augen voller Spannung auf ihn gerichtet: auf Ian Macfarlane, den Gouverneur der Notenbank (RBA). An diesem Tag nämlich gibt Macfarlane jeweilen bekannt, ob die Notenbank den Leitzins zu senken, zu belassen oder zu erhöhen beschlossen hat. Mag anderswo eine Zinserhöhung um einen Viertelpunkt auch gelassen zur Kenntnis genommen werden, in Australien ist dies kaum je der Fall. Tritt das Ereignis ein, sind die Medien sofort voll mit Geschichten über Familien, deren Haushaltbudget nun vor dem Zusammenbruch steht und die sich vielleicht gar ihr Heim nicht mehr werden leisten können.
*
Die Nervosität hat ihren Grund. Die Australier geben nämlich im Durchschnitt deutlich mehr aus als sie verdienen. Viele von ihnen sind deshalb über die Ohren verschuldet, mit Hypotheken, mit oft gleich mehreren Kreditkarten, mit Konsumkrediten und weiteren Dienstleistungen zur Beschaffung fremden Geldes, welche der Finanzsektor nur allzu gern bereithält. Unternehmen, die Umschuldungs- und Schuldenkonsolidierungsprogramme anbieten, werben aggressiv im Rundfunk, mit einem gutgläubigen Zielpublikum im Visier. In einem der eher zynischen Werbespots präsentiert sich ein Institut als «lending hand», was sowohl eine dargebotene wie eben auch eine leihende Hand bedeutet. Das Leben auf Pump geht so lange gut, als die Immobilienpreise steigen und mit der Wertzunahme für Konsumkredite gebürgt werden kann. Entweicht aber Luft aus der Immobilienblase, drohen manche Kreditkarten-Häuser einzustürzen.
*
In einer solchen Atmosphäre ist eine Zinserhöhung nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein politisches Ereignis. Das weiss die Notenbank natürlich und sieht deshalb generell etwa von Zinserhöhungen in einem Wahlkampf ab. Regierungen welcher Couleur auch immer sehen Zinserhöhungen nie gerne, denn diese schlagen sich unmittelbar in verlorenen Popularitäts-Punkten nieder. Das bekam Anfang März die liberal-nationale Regierung zu spüren, die ihre Wirtschaftspolitik der Bevölkerung als Garantin eines tiefen Zinsniveaus empfiehlt und der die vorgenommene Zinserhöhung damit als Verrat an einem zentralen Wahlversprechen ausgelegt wurde. Natürlich war diese Reaktion nicht angemessen, doch die Koalition trägt selbst die Schuld dafür. Sie nämlich hatte im vergangenen Jahr ihre Kampagne auf ihrem Leistungsausweis zur langfristigen Senkung des Zinsniveaus aufgebaut und die Bevölkerung davor gewarnt, dass mit Labor an der Macht die Zinsen immer höher sein würden als unter einer liberalen Regierung. Wohlweislich versprach sie nicht, Zinserhöhungen überhaupt vermeiden zu können, doch wer hört in einem Wahlkampf schon so genau hin?
*
Die Kampagne verfehlte ihre Wirkung nicht - wohl auch dank einem Flugblatt, das auf die (erwiesenermassen) höheren Zinsen unter Labor hinwies und auf dem den Lesern vorgerechnet wurde, was für ein exorbitanter Mehrbetrag nach einem Regierungswechsel an Hypothekarzinsen anfallen könnte. Als Quelle figurierte dabei die Notenbank. Die Autoren des Textes hatten allerdings «vergessen», deutlich offenzulegen, was genau man aus dieser Quelle geschöpft hatte - ob nur einzelne, nachprüfbare Zahlen oder auch die daraus abgeleitete politische Aussage.
*
Die RBA, peinlich auf unpolitisches Auftreten bedacht und durch das Flugblatt deshalb brüskiert, wendete sich mit einem Vorbehalt an die Wahlkommission. Diese fand den Vorfall aber nicht gravierend genug, dass ein Eingreifen angezeigt war, und empfahl der Notenbank, direkt an die für den Text verantwortliche Stelle zu gelangen. Die betreffende Person, ein laut politischen Insidern wichtiger Funktionär der Liberalen, sah sich aber zu keiner Antwort veranlasst. Die in den Wahlen schwer geschlagene Laborpartei griff nach Bekanntwerden der Affäre energisch in die Kontroverse ein und sprach (vielleicht etwas allzu optimistisch) davon, dass die Wahlen anders hätten ausgehen können, wäre das Konstrukt der Regierungsparteien rechtzeitig aufgedeckt worden (sie selber hatte dies allerdings verpasst). Für die Liberalen ist die ungenaue Quellenangabe dagegen nicht mehr als ein unglückliches Versehen und die Affäre nicht einmal ein Sturm im Wasserglas. Der für den Fehler Verantwortliche hatte bisher der Öffentlichkeit dazu nichts zu sagen.
*
Die Notenbank ist von der Regierung unabhängig, und diese Unabhängigkeit steht auch nach der jüngsten Affäre nicht in Frage. Doch während die Politiker von der Notenbank eine Zinspolitik auf sachbezogenem Fundament erwarten, haben sie selber kein Problem damit, für eigene Interessen das Thema über Gebühr zu politisieren - und Zinserhöhungen damit a priori zu politischen Ereignissen zu machen.
COMMENT: Der in diesem NZZ-Kommentar geschilderte Tanz auf dem Vulkan der überschuldeten Privathaushalte wird auch andernorts geübt: USA, Großbritannien, weniger Frankreich, Spanien. Das Anziehen der Zinsschraube könnte - und darin liegt die politische Brisanz - erhebliche negative Folgen für die einzelnen Volkswirtschaften haben, nicht zuletzt über die in Mitleidenschaft geratenden Finanzmärkte - eine Spiralbewegung diverser Märkte nach unten ist durchaus vorstellbar. Demgegenüber steht derzeit die Politik des billigen Geldes gerade der Notenbanken, welche Spekulationen in Grund und Boden einerseits, Finanzwerten andererseits (derzeit Anleihen, aber auch Aktien) mächtigen Vorschub leistet. Die spekulationsblasige Abkoppelung der Geld- und Finanz-, auch der Immobilienmärkte von realwirtschaftlichen Gegebenheiten ist das Feuer, welches einen weiteren Vulkan in seinem Inneren zum Brodeln bringt. Auch auf diesem wird einstweilen - noch? fröhlich? - getanzt ...
22) Der erste Hominide lebte in
Zentralafrika (NZZ 14.4.) nach oben
Vorläufiges Ende der Kontroverse um ein Fossil
Im Sommer 2002 erschien im Wissenschaftsmagazin «Nature» ein aufsehenerregender Artikel: Das internationale Forscherteam um Michel Brunet von der Universität Poitiers beschrieb ein sieben Millionen Jahre altes Schädelfossil, das die Gruppe ein Jahr zuvor in der Dschurab-Wüste im zentralafrikanischen Tschad geborgen hatte. Für Aufsehen sorgte der Fund, der den wissenschaftlichen Namen Sahelanthropus tchadensis und den Kosenamen Toumaï (in der Lokalsprache «Lebenshoffnung») erhielt, gleich aus mehreren Gründen. Zum einen repräsentiere er - so seine Entdecker - den mit Abstand ältesten Hominiden, der jemals gefunden worden sei, mithin den ersten Menschen. Zum anderen überraschte der Fundort Toumaïs im Herzen Afrikas, stammten doch bisher fast alle fossilen Reste früher Hominiden aus dem östlichen und südlichen Afrika. Und schliesslich lebte dieser uralte Hominide im Gegensatz zu seinen ost- und südafrikanischen Verwandten nicht in einer offenen Savannenlandschaft, sondern in einem üppigen Galeriewald am Rande des jungtertiären Mega-Tschadsees. Damit geriet die Annahme ins Wanken, das Schlüsselmerkmal der Hominiden - der aufrechte Gang - habe sich in offenem Buschland entwickelt.
Neue Funde und virtuelle Rekonstruktion
Zweifel an Brunets Interpretation liessen nicht lange auf sich warten. Der Schädel sei nicht einem Hominiden, sondern einem Affen zuzuordnen, schrieben Milford Wolpoff von der University of Michigan und weitere Paläoanthropologen drei Monate später in «Nature». Vor allem deute nichts darauf hin, dass Sahelanthropus aufrecht gegangen sei. Vielmehr zeigten die am Schädel erkennbaren Ansatzstellen für die Nackenmuskulatur, dass sich Toumaï wie Schimpansen oder Gorillas meistens auf allen vieren fortbewegt habe. In seiner Replik hielt Brunet jedoch an seiner Annahme fest. Als Argument führte er besonders die steile Form des Gesichtsschädels und die Bezahnung ins Feld. Bei Hominiden beissen die Zähne aufeinander, während bei Affen vor allem die Eckzähne scherenartig übereinander greifen und sich dabei gegenseitig abwetzen. Brunet entdeckte an den Zähnen von Toumaï keinerlei Schleifspuren, seine Kontrahenten hingegen wollten auf Fotos solche Spuren gesehen haben. Interpretation stand gegen Interpretation.
Doch letzte Woche erschienen - wiederum in «Nature» - zwei Arbeiten, die der Debatte um die evolutionsbiologische Stellung von Sahelanthropus tchadensis ein vorläufiges Ende setzen dürften. In der ersten berichtet Brunets Team von neuen, der gleichen Art zugeordneten Funden aus dem Tschad, darunter zwei noch teilweise bezahnte Unterkiefer. In der zweiten präsentieren die Zürcher Anthropologen Christoph Zollikofer und Marcia Ponce de León eine Rekonstruktion des drei Jahre zuvor beschriebenen Schädels. Beide Arbeiten stärken die Annahme, dass es sich bei den sieben Millionen Jahre alten Fossilien tatsächlich um Hominidenreste handelt.
Hinweise auf aufrechten Gang
Mittels eines computergestützten Verfahrens gelang es den Zürcher Forschern, den deformierten Schädel virtuell so wiederherzustellen, dass seine Morphologie einerseits mit jener anderer Hominiden, andererseits mit der des Schimpansen verglichen werden konnte. Wie diese Arbeiten zeigen, überwiegen bei Toumaï trotz seinem kleinen, eher schimpansenhaften Gehirn gesamthaft die Hominidenmerkmale. Besondere Beachtung verdient, dass das (am Fossil nicht erhaltene) Hinterhauptsloch wie beim modernen Menschen nach unten orientiert gewesen sein muss, Toumaï also höchstwahrscheinlich aufrecht gegangen ist. Zusätzliche Argumente zugunsten der Hominidennatur von Sahelanthropus liefern die neu gefundenen Zähne: Sie zeigen keine Schleifspuren, sondern nur Abnützungserscheinungen an den Spitzen - wie das für Hominiden zu erwarten ist.
Toumaï darf also als der mit Abstand älteste aller bekannten Hominiden gelten. Er ist doppelt so alt wie «Lucy», jener in den 1970er Jahren als «missing link» zwischen Affen- und Menschenvorfahren gefeierte Australopithecus afarensis, und eine Million Jahre älter als ein anderer weit zurückreichender Hominide, Orrorin tugenensis, dessen fossile Reste 2001 in Kenya geborgen wurden. Laut Brunet müssen damit die Vorstellungen über die frühesten Kapitel der Hominidenevolution deutlich revidiert werden: Die Trennung zwischen den Vorfahren von Menschenaffen und Hominiden, bisher auf fünf bis sechs Millionen Jahre veranschlagt, verschiebt sich zeitlich rückwärts. Zudem entwickelte sich der aufrechte Gang gemäss der «Tschad-Story» in einer von reichhaltiger Vegetation bedeckten Landschaft, nicht im offenen Grasland. Und schliesslich waren frühe Hominiden auf dem afrikanischen Kontinent viel weiter verbreitet, als das die «East Side Story» mit ihren Funden aus dem östlichen und südöstlichen Afrika vermuten liess. Offen bleibt, ob es sich bei Toumaï um einen direkten Vorfahren des modernen Menschen handelt oder ob er - was wahrscheinlicher ist - auf einem der zahlreichen blinden Seitenzweige des buschförmigen Hominidenstammbaums anzusiedeln ist.
Sibylle Wehner-v. Segesser
Quellen: Nature 434, 752-755; 755-759 (2005)
Link: http://www.nature.com/nature/index.html
23) Der Vater der Homöopathie
(NZZ 14.4.) nach oben
Zum 250. Geburtstag von Samuel Hahnemann
Am 10. April 1755 wurde in Meissen der deutsche Arzt Samuel Hahnemann geboren. In Auseinandersetzung mit der damaligen Medizin entwickelte er die Homöopathie. Der Streit um ihre Wirksamkeit ist so alt wie die Methode selbst.
Aude sapere - wage zu wissen, lautete das Motto von Samuel Hahnemann. Und Mut brauchte der 1755 in Meissen geborene Arzt, denn er forderte die Schulmedizin seiner Zeit heraus, verglich sich in seinem Reformeifer sogar mit Martin Luther. Als Hahnemann um 1780 seine Arbeit als Arzt aufnahm, liess die Alltagsmedizin vornehmlich zur Ader, schröpfte und verordnete Brech- und Abführkuren. Die Arzneien enthielten oft Blei, Arsen oder Quecksilber und schadeten mehr, als sie nützten. Am Anfang der Homöopathie stand deshalb die Suche nach besseren, nebenwirkungsfreien Arzneien, aber auch eine grundlegend andere Auffassung von Krankheit: Hahnemann war überzeugt, dass nicht nur ein einzelnes Organ krank wird, sondern der gesamte Mensch - zu erkennen an Fieber, Schmerzen, Infekten, Ausschlägen oder seelischen Problemen. Diese Symptome wollte er nicht isoliert kurieren, sondern suchte stattdessen systematisch nach Mitteln, die ähnliche Symptome hervorrufen wie die Krankheit, um dem Körper so einen «Heilimpuls» zu geben. Dieses Simile-Prinzip (von lat.: Similia similibus curentur = Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt) war der Kern der neuen Heilmethode.
Zahlreiche Selbstversuche
Auf dieses Prinzip stiess der noch mittellose junge Arzt bei der Übersetzung medizinischer Fachliteratur, womit er seinen Lebensunterhalt bestritt. Es folgten zahlreiche Selbstversuche, aber auch Versuche an Freunden, Schülern und Patienten. Hahnemann schuf so umfangreiche Arzneimitteltabellen. Die Liste reicht von Arnika oder Kamille bis zu Tollkirsche und Schlangengiften. Sie wurde auch nach dem Tod Hahnemanns ständig erweitert, da viele Ärzte weitere Arzneimittelprüfungen vornahmen. Mittlerweile gibt es über 3000 homöopathische Arzneien, von denen gut 200 häufiger im Gebrauch sind. Um keinen Schaden im Körper des Patienten anzurichten und um - so widersprüchlich dies auch klingt - die Wirkung zu steigern, verdünnte und verschüttelte Hahnemann die Mittel (Potenzierung). Denn für ihn galt: Je höher die Potenz, umso durchgreifender die Wirkung. Dabei ist schon ab den mittleren Potenzen D24 und C12 kein Molekül des Wirkstoffs mehr in der Arznei enthalten, was der Homöopathie seit je den Ruf der Scharlatanerie einträgt. Humbug oder Heilmittel? - so lautet die Frage seit 200 Jahren.
1796 veröffentlichte Hahnemann die Grundlagen der Homöopathie, 1810 folgte sein Hauptwerk, das «Organon der rationellen Heilkunst». Sein Reformeifer trug ihm oft den Unmut der Ärzte und Apotheker ein, so dass die Familie häufig umziehen musste. Sein Ruf als unermüdlicher Kritiker der Schulmedizin und seine Heilerfolge, vor allem während der Cholera-Epidemie von 1831, förderten allerdings den Zustrom an Patienten. Bald war er über die Landesgrenzen hinaus bekannt. 1830 verwitwet, heiratete Hahnemann fünf Jahre später die Französin Melanie d'Hervilly-Gohier, eine begeisterte Anhängerin seiner Heilmethode. Noch mit 80 Jahren zog er nach Paris und führte dort bis zu seinem Tod acht Jahre später eine erfolgreiche Praxis. Besonders in Europa, den USA, aber auch in Indien und Südamerika fand die Methode viele Anhänger. Heute gibt es sogar Spitäler, die ausschliesslich homöopathisch arbeiten - in der Nähe von Stuttgart etwa eröffnete jüngst eine homöopathische Klinik für chronisch Kranke.
Bisher kein wissenschaftlicher Nachweis
Moderne Erklärungsversuche der Homöopathie stützen sich unter anderem auf die Quantentheorie oder die Biophotonenforschung, und Chemiker versuchen, die Wirksamkeit der Arzneien auf molekularer Ebene nachzuweisen. Den endgültigen wissenschaftlichen Beweis ist die Methode bisher allerdings schuldig geblieben. Klinische Studien belegen sowohl die Wirksamkeit als auch die Wirkungslosigkeit, je nachdem, wie sie angelegt sind: Beobachtungsstudien zeigen recht überzeugende Erfolge, die Doppelblindstudie hingegen, heute wissenschaftlicher Standard, ist eine Evaluationsmethode, die dem Ansatz der Homöopathie nicht entspricht. Nach der klassischen Homöopathie erhält nämlich jeder Patient eine nicht nur auf seine Beschwerden, sondern auch auf seinen konstitutionellen Typ abgestimmte Arznei. Das bedeutet, dass zwei Patienten mit derselben Erkrankung mit unterschiedlichen Mitteln behandelt werden können. Dennoch sind viele Ärzte, Heilpraktiker und Patienten von den Heilungserfolgen der Homöopathie überzeugt.
In Deutschland übernehmen die meisten Krankenkassen die Kosten für die Behandlung nicht, was der Beliebtheit der Methode aber keinen Abbruch tut. Laut Umfragen wünschen über 70 Prozent der Bevölkerung, homöopathisch behandelt zu werden. Auch in der Schweiz nimmt mehr als die Hälfte der Bevölkerung regelmässig komplementärmedizinische Behandlungen in Anspruch. Und die Homöopathie gehöre hier mit der Akupunktur zu den am meisten verwendeten Therapieformen, sagt Bruno Ferroni, der Präsident des Schweizer Vereins Homöopathischer Ärzte. Rund 300 Ärzte mit anerkannter Fachausbildung behandeln ihre Patienten in der Grundversorgung.
Ob die Kassen die Kosten auch künftig übernehmen werden, ist allerdings fraglich. Darüber wird Bundesrat Pascal Couchepin bis Ende Juni entscheiden, basierend auf den Resultaten des Programms Evaluation Komplementärmedizin (PEK), das seit 1999 die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von fünf alternativen Heilmethoden einschliesslich der Homöopathie untersucht. Entsprechend heftig wird derzeit in den Medien über Pro und Contra der Homöopathie diskutiert. Zudem ist inzwischen ein Streit darüber entbrannt, wer wann welche PEK-Daten veröffentlichen darf. Eine endgültige Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit der Homöopathie werden aber wohl auch diese Ergebnisse nicht geben können.
Eva Tenzer