Europas Führer eilen nach Washington, um Präsidenten auch bei voller militärischer Solidarität zu besonnener Haltung zu ermuntern.

 

Bush macht Ernst: 100 Bomber Richtung Afghanistan!

VON KURT SEINITZ - Donnerstag, 20. Sept. 2001

 

 

Washington/Wien. - Präsident Bush macht Ernst: Eine US-Luftarma­da startet Richtung Afgha­nistan! Heute Nacht gab Bush den Einsatzbefehl für die Operation „Gren­zenlose Gerechtigkeit" (Infinitive Justice): 100 Bomber und Kampfflug­zeuge starteten von den USA über den Atlantik in den Golf. Auch zwei Flug­zeugträger-Flotten werden dort zusammengezogen.

Ein US-Regierungsspre­cher: „Es wird keine Beset­zungsaktion in Afghanistan geben nach fehlgeschlage­nem sowjetischen Muster. Das werden Rein- und Raus­Säuberungsaktionen mit Spezialkommandos."

Europas Führer eilen nach Washington, um Präsi­dent Bush zu einer besonne­nen Haltung zu ermuntern, aber auch die volle, notfalls militärische, Solidarität zu versichern.. Deutschlands Kanzler brachte es im Bun­destag auf den Punkt: „Wir sind zu militärischen Risi­ken bereit, zu Abenteuern nicht."

In die USA reisen jedoch ebenso die Außenminister Russlands und Chinas. Sie präsentieren jetzt ihre Rechnung, also die politi­schen Bedingungen, für eine politische Unter­stützung. Und diese Rech­nung wird den angeschla­genen USA einen hohen politischen Preis kosten.

 

Russland und China stellen Bedingungen

Russland fordert freie Hand in Tschetschenien und in den Ex-Sowjet­republiken. Im Klartext: Hände weg von Kaukasus und Zentralasien, wo die USA Erdöl herausholen wollen, und keine NATO-Erweiterung im Baltikum und in der Ukraine!

China fordert freie Hand in Tibet und gegen die Falun-Gong-Sekte. Peking will sogar schon bei US-­Schlägen gegen den Terror mitreden, indem es dazu ein UNO-Mandat verlangt. Im UNO-Sicherheitsrat ist Chi­na Veto-Macht.

 

Taliban: Keine Beweise gegen Osama bin Laden

Unter dem Eindruck einer Forderung des UNO-Sicher­heitsrats zur bedingungslo­sen Auslieferung von Osama bin Laden nahm gestern in Afghanistan der „Große Rat" der Mullahs seine Bera­tungen auf. Der Taliban-­Obermullah Omar gab sofort die Richtung an: Die Forderung der USA nach Ausliefe­rung von Osama bin Laden sei nichts als ein Vorwand, um das Taliban-Regime und den Islam zu zerstören. Außerdem könnten die USA gar keine Beweise vorlegen. Der Taliban­-Innenminister: Schuld seien die Juden.

 

Sympathie-Kundgebung für USA in Teheran!

Erstaunliche Entwicklung im Iran: Tausende Iraner konnten mit Duldung des Regimes eine Sympathie­kundgebung für die Opfer der Terroranschläge in den USA abhalten.

Sie versammelten sich mit brennenden Kerzen im (wohlhabenden) Norden Teherans und riefen Slogans wie „Tod den Terroristen", „Tod den Taliban".

Erstmals seit der Anti­-Schah-Revolution verzich­teten die Geistlichen bei Gebetsaufrufen auf Angriffe gegen die USA. In den USA leben 1,2 Millionen Exil-­Iraner.

Der Bruder von Präsident Chatami forderte dazu auf, die Ereignisse zum Anlass zu nehmen, eine neue Ära mit den USA einzuleiten.

 

politik@kronenzeitung.at

 

Quelle: Kronen Zeitung, Politik  Seite 2 und 3, Do-20.09.01