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Wachstum um jeden Preis? Die prognostizierte Katastrophe!

Frühere Hochkulturen paßten das Wirtschaftswachstum den Resourcen der Natur an.

Die kapitalistische Wirtschaft braucht Zuwachsraten in der Leistung, der Produktion und in der Finanzwirtschaft. Ohne dieses Wachstum, behaupten Wirtschaftswissenschaftler, bricht die freie Marktwirtschaft zusammen. Kann sich die Welt ein ungehemmtes Wachstum noch leisten? Können immer neue Rekordhochs an den Börsen der Industrienationen auf Dauer für die ganze Weit das erstrebenswerte Ziel sein?

Die Natur schlägt zurück. Wer es noch nicht bemerkt hat, lebt entweder in einer hermetisch abgeriegelten Region oder ist Blind. In jeder Woche bricht seit Jahren irgendwo auf der Welt eine Naturkatastrophe über die Menschen herein. Die Medien berichten ausführlich nur noch über die Katastrophen, welche sich auch vermarkten lassen. Waldbrände in abgelegenen Regionen Spaniens oder Griechenlands sind lang nicht so medienwirksam und >gewinnträchtig< wie die auf Mallorca oder an der Costa Blanca. Unwetterkatastrophen, wie die in Mozambique lassen sich nur dann vermarkten, wenn Hilfsorganisationen mitspielen und dafür sorgen, daß durch Auflagen und Einschaltquoten die Werbeeinnahmen steigen. 4.000 überschwemmte Dörfer in Bangladesh lassen sich eben nicht so gut verkaufen wie ein Erdbeben in der Türkei, die als Touristenland entdeckt worden ist.

Wetterkapriolen und auch einige Naturkatastrophen gehören zu den Normalitäten des physikalischen Geschehens auf und um den Globus. Direkt haben sie mit den Rekordhöhen der Börsenindices wenig gemein. Indirekt beeinflussen sie die Kapriolen bis hin zur finalen Katastrophe. Denn seit rund 20 Jahren ist ein Trend zu beobachten, den Börsianer mit dem Fachausdruck "Überhitzung" bezeichnen: Die Erwärmung der Erde. "Der Klimawechsel läuft bereits auf vollen Touren", erklärt Dr, Mojib Latif vom Max Planck Institut in Hamburg.

Anders ausgedrückt: der viel beredete Treibhauseffekt hat längst eingesetzt.

Ähnlich der immer schneller wachsenden technologischen Fortschritte der Jagd nach immer neuen Börsenrekorden gleicht dem des Raubbaus an unserer Erde. Seit dem Jahr 1.000 kann anhand von Quellen belegt werden, daß das wirtschaftliche Wachstum mit dem Klima einherging.

Die wirtschaftlichen Blüte zur Mitte des 12. Jahrhunderts begleitete eine leichte Erhöhung der Jahresdurchschnittstemparatur in Europa und dem Vorderen Orient.

Den durch die Pest hervorgerufenen wirtschaftlichen Niedergang zur Mitte des 14. Jahrhunderts und in der ersten Dekade des 15. Jahrhunderts begleitete ein Absinken der durchschnittlichen Temperatur von mehr als einem Grad Celsius. Dann, mit der Verbreitung der Dampfkraft, der Erfindung der Verbrennungsmotoren beginnt ein steiler Anstieg der Durchschnittstemperaturen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderst zeigt die Klimakurve zuerst sachte, dann ab 1960 steil nach oben.

Was hat das für Folgen? Die Sommer werden in Zukunft heißer werden. Verregnete Unterbrechungen mit kühlen Perioden, wie im Juli, sind dabei normal und nur ein weiterer Beweiß für die Laufänderung des für Europa lebenswichtigen Golfstromes. "Die Sommer werden in Zukunft heißer werden", bestätigt der Direktor des Metereologischen Instituts in Hamburg, Professor Hartmut Graßl.

Diese heiße Zukunft wird schon in 20 Jahren Realität sein. Deutschland triftet in das Klima mit einem Wetter wie auf Sizilien, ein Winter ohne Frost und Urlauber auf Sylt unter Palmen. Graßl: "An den deutschen Küsten wird man die Deiche erhöhen - das ist zwar teuer, aber technisch machbar. Schwieriger wird es, Wetterereignisse zu kontrollieren, die mit dem Klimawechsel einhergehen".

Einem Sturm mit den Windgeschwindigkeiten eines Hurrikans sind die europäischen Hochhäuser nicht gewachsen. Auf die Versicherungen kämen dreistellige Milliardenschäden zu. Die müßten dann ihre Beteiligungen aus der Industrie und dem Handel abziehen und reißen das Gros der Wirtschaft in den Abgrund. Hinzu kommt, daß milde Winter viel Wasser mit sich bringen, Schädlinge gut überwintern lassen, die sich vermehren und im Sommer nicht nur über die Ernten und Vorräte herfallen sondern auch über die Menschen.

Die Malaria, die vor Jahrhunderten schon einmal in Mitteleuropa heimisch war, wird sich in Deutschland ausbreiten. Die Kosten für das Gesundheitswesen dürften kaum zu bezahlen sein. Wachstum gilt dann nur noch für die, die sich skrupellos durchsetzen!

Weiteres Wachstum mit demokratischen Spielregeln und dem sozialen Schutzes für die Schwächeren wird nicht mehr möglich sein.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird auch in den Industrieländern um ein mehrfaches des Konjunkturwachstums ansteigen. Auf der Strecke bleiben die, die in's Schema des ungebremsten Kapitalismus nicht mehr passen, die im Wachstum eher einen Rückschritt in die Steinzeit sehen, als einen Fortschritt. Börsenrekorde und Wachstumsziffern sind nicht beliebig vermehrbar, ebenso wenig wie Wasser, Erdöl oder Kohle.


Quelle: Kapitalforum, 09/2000

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