TOCOTRONIC
(auf der Hauptbühne am Samstag, 21.8., um 16:30 Uhr)

VOLLE POWER!
DEPRESSIONEN!
ABERWITZIG!
POSTMODERN!

Schon komisch: Da geistert ein Begriff wie 'Hamburger Schule' seit Jahren durch die Medien, jeder, der sich halbwegs mit deutschsprachigem Liedgut auskennt, kann sich etwas darunter vorstellen, doch richtig glücklich ist keiner mit diesem Etikett - weder in der Hansestadt noch sonstwo. 1995 kamen drei Neue hinzu, die sich Tocotronic nannten, ausgewaschene, geschmacklose T-Shirts und Halbpilzkopf-Frisuren trugen und - um ein letztes Mal dieses Bild zu gebrauchen - auf Anhieb zu Klassensprechern gewählt wurden. "Digital ist besser" hieß das Album, das Dirk von Lowtzow, Jan Müller und Arne Zank aus dem Stand zu everyindie's darling machte. Von sechzehnjährigen Tigerentenfetischistinnen über gestandene Rocker bis zu angegrauten Sozialpädagogik-Studenten - dieser gleichzeitig charmanten wie wütenden Platte konnte sich niemand entziehen. Mit unverklärter Slacker-Romantik, jugendbewegender Teenage Angst im handlichen warum-Tagebuch-schreiben-wenn-es-Songs-gibt-Format und galant dilettantischem, aber um so wirksamerem LoFi-Schrammelgitarrenrock eroberte die Band die Herzen, Hörsäle und Lagerfeuer der Nation. Jetzt, drei Alben später, sind Tocotronic immer noch da, und auf dem neuen Album "K.O.O.K." zeigt man sich experimentell wie nie. Ob die Band auf großen Festivalbühnen gut aufgehoben ist, darf zwar bezweifelt werden, daß Tocotronic jedoch allen Unkenrufen zum Trotz auch Ende der Neunziger zum musikalischen Inventar deutscher Gitarrenmusik gehören, steht wohl außer Frage.

VISIONS, Ausgabe 8/99