THE LONDON HOSPITAL MEDICAL COLLEGE (Universitätsklinik London)
Turner Street, Londen E1 2 AD
Telefon 01-377 7000, Nebenstelle 3115
Gerichtsmedizinische Abteilung
Professor J.M. Cameron, M.D (Dr. med.), Ph.D. (Dr. phil.),F.R.C.S. Glasg.
(Mitglied des königlichen chirurgischen College Glasgow), F.R.C. Path.
(Mitglied des königlichen pathologischen College), D.M.J. (Path.) (Titel)
Obduktionsprotokoll an dem alliierten Gefangenen Nr. 7
Am Mittwoch, dem 19. August 1987, um 8.15h, wurden mir in der Leichenhalle des
britischen Militärhospitals Berlin von Oberst J.M. Hamer-Phillip, dem
kommandierenden Offizier des britischen Militärhospitals Berlin, eine, vom 19.
August 1987 datierte Vollmacht für die Durchführung einer Obduktion an einem
bestimmten Gefangenen, zusammen mit einem klinischen Bericht über den
Verstorbenen, übergeben.
Oberst J.M. Hamer-Philip identifizierte dann mir gegenüber die Leiche eines älteren
Mannes als die des
alliierten Gefangenen Nr.7. bekannt als Rudolph (Walter Richard) Hess
geboren am 26. April 1894.
dessen Tod am 17. August 1987 um 16.10h festgestellt wurde.
Bei der Identifizierung waren folgende Personen anwesend:
Oberst J.M. Hamer-Philip
Gefängniskommandanten:
M. Planet, Frankreich
Mr. A.H. le Tissier, Vereinigtes Königreich
Mr. D. Keane, USA
Mr. I.V. Kolodnikow,UdSSR
Medizinische Berater:
Oberst Ailland, Frankreich
Oberstleutnant Menzies, Vereinigtes Königreich
Oberstleutnant Wilkerson, USA
Oberstleutnant Koslikow, UdSSR
Folgende Mitglieder der Sonderermittlungsabteilung der königlichen Militärpolizei:
Major J.P. Gallagher
Warrant Officer 1 (Dienstgrad) W.L. Ford
Warrant Officer 2 (Dienstgrad) D. Bancroft
Warrant Officer 2 (Dienstgrad) N. Lurcock - Asservatenoffizier
Oberfeldwebel I. Brewster
Präambel
Die Leiche wurde nach dem Tode, vor meiner Untersuchung, geröngt und mir wurden
von Oberst J.M. Hamer-Philip in Gegenwart der o.g. Herren, Röntgenbilder und
verschiedene Papiere (Unterlagen des Krankenhauses), die mit dem Tod zu tun
haben, übergeben. Insgesamt waren es elf (11) große und elf (11) kleine Röntgenaufnahmen
ohne Begleitschreiben (siehe unten).
Man war übereingekommen, während der Obduktion eine Kamera für
institutinternes Fernsehen zu benutzen, aber keine Standfotos zu machen. Bei
Beginn der Obduktion verließen alle, außer den medizinischen Beratern und den
Offizieren der Sonderermittlungsabteilung der königlichen Militärpolizei, die
Leichenhalle.
Meinungen, die während der Obduktion hinsichtlich der Röntgenaufnahmen geäußert
wurden, wurden später von Dr. Maurice J. Turner, F.R.C.P.(Mitglied des königlichen
pathlogischen College), F.R.C. R.(Mitglied des königlichen radiologischen
College), D.M.R.D.(Titel), Facharzt für Radiologie des London Hospital, London,
bestätigt.
Schädel:
Es wurde keine Anomalie festgestellt.
Halswirbelsäule:
Auf einigen Aufnahmen war ein endotrachealer Tubus vorhanden. Brüche waren
nicht zu sehen aber besonders auf der linken Seite wurden osteoarthritische
Knorpelwucherungen mit Spondylose des fünften und sechsten Halswirbels
festgestellt.
Brustkorb:
Ein Hochstand der linken Zwerchfellkuppel mit Anwachsungen an die linke Brust
wurde festgestellt. Frische Brüche der 4. Bis einschließlich 6. rechten und
der 3. bis einschließlich 6. linken Rippe wurden zusammen mit einem möglicherweise
altem Bruch der 7. rechten Rippe entdeckt.
Abdomen:
Gasöse Aufblähung des Magens - wahrscheinlich als Folge von Wiederbelebungsmaßnahmen.
An der unteren Brustwirbelsäule und an der Lendenwirbelsäule wurden große
osteoarthritische degenerative Veränderungen mit Skoliose (Verkrümmung)
festgestellt.
Becken:
In den weichen Geweben der unteren Beckengegend und der Oberschenkel wurden
strahlenundurchlässige Fremdkörper wahrscheinlich Rückstände alter Gewehrschüsse
- entdeckt.
Beine:
In der linken Trochantergegend (linker Oberschenkel/Hüfte) und des
Femurschaftes wurde eine Deformität auf Grund eines alten Bruches festgestellt.
Es wurden weder Brüche des Schienbeins noch des Wadenbeins festgestellt und
abgesehen von arthritischer Veränderung in den Metatarsophalangealgelenken,
wurden keine Anomalien festgestellt.
Arme:
Es wurden weder Brüche des Unterarms, der Hand oder des rechten Humerus
(Oberarm) festgestellt, der linke Humerus (Oberarm) wies jedoch zwei
strahlenundurchlässige Fremdkörper in der Nähe der Mitte des oberen Schaftes
auf, die auf einen alten Gewehreinschuß hindeuten. Frische Verletzungen wurden
nicht entdeckt.
ÄUSSERE UNTERSUCHUNG:
Der Tote war mit einer grauen Jacke, grauen Flanelhosen mit Hosenträgern, einem
weißem Hemd, weißen langen Unterhosen und weißen Boxershorts bekleidet.
Die Leiche war die eines gut ernährten, älteren Mannes, 5 Fuß 9 Inch (175 cm)
groß, mit beidseitigem Leistenbruch, wobei der linke schlimmer war als der
rechte. Es waren Anzeichen da, daß diese Person kürzlich an der linken
Halsseite, der Daumenseite des linken Handgelenks und der Rückseite des rechten
Handgelenks im Krankenhaus behandelt worden war. Auf der Vorderseite des
Brustkorbs, besonders auf der äußeren Seite der linken Brust und auf der
Mittellinie der Brust befanden sich Zeichen die mit Wiederbelebungsmaßnahmen im
Einklang stehen. Auf der Spitze des Hinterkopfes befand sich eine runde,
gequetschte Abschürfung und die Fußknöchel waren leicht angeschwollen. Auf
der linken Seite des Halses wurde ein feines linienförmiges Zeichen, ca. 3
Inch(7.5 cm) lang und 0.75 cm breit, entdeckt, das besser sichtbar war, wenn die
Leiche bei ultraviolettem Licht betrachtet wurde, ebenso wurde eine alte Narbe
auf der linken Seite der Brust, 126 cm von der Ferse und 7 cm von der
Mittellinie entfernt, entdeckt. Abgesehen von einer leichten Abschürfung an der
Oberlippe, l cm von dem rechten Nasenloch entfernt, gab es an der Leiche keine
Anzeichen von einer frischen Verletzung oder Gewalteinwirkung auf den Körper.
Petechien (punktförmige Hautblutungen) wurde in der Bindehaut von beiden Augen,
besonders auf der linke Seite festgestellt.
INNERE UNTERSUCHUNG:
Kopf und Hals:
Es wurde eine Kopfhaarprobe entnommen (Asservat Nr.NL/6).
Das Umschlagen der Kopfhaut machte Petechien (punktförmige Hautblutungen) auf
der Unterseite der Kopfhaut, sowie eine leichte Quetschung des rechten Schläfenmuskels
und dunkle Quetschungen an der Spitze des Hinterkopfes sichtbar, die bereits bei
der äußeren Untersuchung festgestellt wurden. Der Schädel war nicht
gebrochen. Die Gehirnhaut und das Gehirn selbst (es wog 1305 Gramm) waren stark
gestaut und bei der Sektion wurden Petechien (punktförmige Hautblutungen) in
der weißen Gehirnsubstanz allgemein und im Gehirnstamm sichtbar. Die Gehirngefäße
waren von mäßig starken Atheromen (degenerative Veränderungen) befallen aber
für das bloße Auge gab es kein Anzeichen einer natürlichen Krankheit, die zu
dem Zeitpunkt den Tod hätte verursachen oder zum Tode beitragen können.
Der Mund war völlig zahnlos, leichte Quetschungen wurden am oberen Zahnfleisch,
links der Mittellinie festgestellt, die mit Wiederbelebungsmaßnahmen in
Einklang stehen.
Das Umschlagen der Haut am Hals bestätigte Blutungen in das Gewebe in der
Gegend der Muskelstränge an der linken Halsseite, sowie dunkle Quetschungen auf
der linken Seite des Kieferwinkels und auf der linken Seite der inneren Rückseite
der Kehle. Die Quetschungen innerhalb der Kehle stehen mit Wiederbelebungsmaßnahmen
im Einklang. Der Kehlkopf wies im oberen Teil der rechten Seite des
Schildknorpels (Kehlkopf), der auf Grund seiner Beweglichkeit eine spätere
Makroradiographie erforderte (siehe unten), übermäßige Quetschungen auf.
Diese Erscheinungen waren im Einklang mit einer Kompression des Halses. Dunkle
Quetschungen wurden ferner hinter dem Kehlkopf, insbesondere auf der rechten
Halsseite festgestellt, ebenso dunkle Quetschungen der Muskelstränge auf der
linken Halsseite.
Makroradiographie wies keinen Bruch des Zungenbeins, aber einen Bruch des
rechten oberen Cornu (Horns) des Schildknorpels auf (zwei (2) Röntgenaufnahmen
wurden gemacht).
Die Freilegung des Kehlkopfes, die nach dem Fixieren einer Probe in Formalien
zur Gewebefixierung (Asservat No. NL 17) durchgeführt wurde, bestätigte eine
deutliche Quetschung der hinteren Partie beider oberen Cornua (Hörner) der
Schildknorpel, besonders rechts, die bei ihrer vorhergehenden Freilegung einen
frischen Bruch mit Blutungen an der Bruchstelle und im Gewebe aufwies. In der Nähe
des Zungenbeins waren keine nennenswerten Quetschungen vorhanden.
Thorax:
Das Umschlagen der Brustkorbhaut bestätigte zwei Stellen mit dunklen
Quetschungen auf dem Zentrum der Vorderseite der Brust mit einem
darunterliegenden, querverlaufenden Bruch des Brustbeins (Sternum) und starke,
dunkle Quetschungen auf der linken Seite der Brust mit mehrfachen Rippenbrüchen
auf der Seite, die mit starken Herzwiederbelebungsmaßnahmen im Einklang stehen.
Auf der rechten Seite der Brust befanden sich weitere Quetschungen mit drei
gebrochenen Rippen. Die 2. bis einschließlich 7. linke Rippe waren vor der
Achselhöhle (vordere Achsellinie) gebrochen. An gleicher Stelle waren ebenfalls
die 4. bis einschließlich 6. rechte Rippe gebrochen. Alle Brüche stehen im
Einklang mit einer Verursachung zum Zeitpunkt der Wiederbelenung und hatten
keinen Einfluß auf die Todesursache.
Die Schleimhäute der unteren Luftwege (Trachea) waren leicht gequetscht, was
mit Wiederbelebungsmaßnahmen in Einklang zu bringen ist.
Der rechte Brustraum war frei, keine Adhäsionen auf der rechten Brustseite, es
wurden geringfügige subpleurale (Lungenschleimhaut) Petechien (punktförmige
Hautblutungen) festgestellt. Mit bloßem Auge konnte, außer Stauungen und
geringfügiger Ödeme der rechten Lunge, kein Anzeichen einer natürlichen
Krankheit festgestellt werden. Die linke Lunge jedoch war fest an die Brustwand
und das Zwerchfell angewachsen mit großen alten Adhäsionen und daher
resultierendem Hochstand der linken Zwerchfellkuppel. Die linke Lunge wurde geröngt
(es wurden fünf (5) leere Testfilme und eine (1) Weichteilröntgenplatte
verwendet) bevor sie entnommen und in Formalien fixiert wurde. Sie wies eine
leichte alte Narbenbildung, aber keine wirklich strahlenundurchlässige
Verschattungen auf. Nach Fixierung der Lunge (Asservat Nr. NL 16) bestätigte
die Untersuchung neben Stauungen nur alte pleurale und diaphragmale Adhäsionen.
Der Herzbeutel wies nichts Bemerkenswertes auf. Das Herz wog 385 Gramm mit
geringfügiger Fibrose (Narbenbildung) des Myokard (Herzmuskel). Eine alte
Verkalkung der Aortaklappe wurde festgestellt, wohingegen die Trikuspidalklappe
etwas schlaff war. Ein Atherom, bemerkenswert wenig für einen Mann dieses
Alters, hatte vor allem die linke Kranzaterie an ihrer Gabelung befallen. Die
rechte Kranzarterie war gekrümmt und wies ein geringfügiges Atherom auf. Der
Aortabogen war leicht ausgeweitet mit starkem Atherom (degenerative Veränderung),
das dieses Gefäß besonders an dessen Gabelung befallen hatte, zusammen mit
altem, medialem Gefäßwandschaden, was aber keinen Einfluß auf die
Todesursache hatte. Die untere Hälfte der Speiseröhre war aufgebläht aber
sonst normal.
Abdomen:
Der Magen war mit einer teilweise verdauten Mahlzeit, die kurz vorher
eingenommen worden war (500 ml), gefüllt. Anzeichen von Tablettenteilchen
wurden nicht entdeckt. Es gab keine Anzeichen für alte oder neue Ulkusbildung
des Magens oder Zwölffingerdarms, trotz einer geringfügigen Narbenbildung mit
einer leichten Vergrößerung des Duodenalbulbus. Die Eingeweide waren sonst
normal, der Blinddarm war vorhanden. Die Bauchspeicheldrüse war gestaut aber
sonst normal. Die Leber wog 1465 Gramm, erschien klein und die Gallenblase war
geschrumpft und fest an das Lebergewebe angewachsen. Die Milz war extrem weich
und abgesehen von geringfügigen Quetschungen um die rechte Niere herum, die mit
Wiederbelebungsmaßnahmen in Einklang stehen, waren die Nieren bemerkenswert
gesund, die Kapseln waren leicht abzulösen. In dem unteren Pol beider Organe
befand sich eine kleine kortikale Zyste. Abgesehen von Stauung, schienen beide
Nebennieren gesund zu sein. Die Blase war mäßig voll mit klarem Urin, die
Prostata war leicht vergrößert, an der Blasenwand befanden sich zahlreiche
Trabekel. Im Hodensack wurde ein rechtsseitiger Wasserbruch festgestellt, ungefähr
so groß wie eine Manderine (kleine Orange). Der linke Hoden war etwas
angewachsen, aber sonst wurden keine Anomalien der Hoden festgestellt. Abgesehen
von der Stauung gab es keine Anzeichen einer natürlichen Krankheit der
Unterleibsorgane, die den Tod hätte verursachen oder zum Tode beitragen können.
Von mir wurden folgende Proben entnommen und an 24101454 WO 2 (Warrant
Officer) N. Lurcock RMP, SIB (militärische Bezeichnungen) übergeben:
1. Kopfhaarprobe - NL/6
2. Urinprobe - NL/7
3. Rechte Niere - NL/8
4. Linke Niere - NL/9
5. Mageninhalt - NL/10
6. Blutprobe aus dem Herzen (kein Antikoagulans) - NL/11
7. Blutprobe aus dem rechten Bein (kein Antikoagulans) -NL/12
8. Blutprobe aus dem rechten Bein (mit Antikoagulans)-NL/13
9. Leber - NL/14
10. 2 x Behälter mit histologischen Proben in Formalin - NL/15 (siehe Seiten 6
u. 7)
11. Lungengewebe in Formalin -NL /16 (siehe die Seiten 6 u. 7 dieses Protokolls)
12. Rachengewebe in Formalin - NL/17 (siehe Seite 4 dieses Protokolls)
TOXIKOLOGISCHE UNTERSUCHUNG
Die Asservate NL/6-14 einschließlich wurden mir am 24. August 1987, um 16.30h,
unversehrt zurückgegeben und am 25. August 1987 von mir persönlich an Dr. P.A.
Toseland, -BSc (Bakkalaureus der Naturwissenschafften), PhD (Dr. phil.), FRCPath
(Mitglied des königlichen pathologischen College) - der Abteilung der
klinischen Chemie des Guy's Hospital London, zur toxikologischen Untersuchung,
ausgehändigt.
Die erhaltenen Resultate zeigten folgendes:
Blutalkohol - Keinen
Urinalkohol - Keinen
Blutkohlenoxydhämoglobin - weniger als 2%
Es gab keinen Befund von flüchtigen Substanzen, insbesondere kein Anzeichen für
Azeton.
Im gesamten Blut konnten folgende Medikamente gemessen werden:
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