Zwei neue Nasen ziehen ein ;-)

Hallo! Wir sind die zwei Neuen! Wien, 4. Jänner 2002

Hi!

Na dann wollen wir uns einmal vorstellen.

Bis letzten Freitag waren wir Häftlinge im Wiener Tierschutzverein. Die Gefängnisaufseher dort meinten wir hätten Knast auf Lebenszeit aufgebrummt bekommen, warum haben wir leider nie erfahren. Unsere Besitzer haben uns einfach abgegeben, sich umgedreht und sind gegangen, ohne sich noch einmal nach uns umzusehen.

Da saßen wir nun und verstanden die Welt nicht mehr. Eingepfercht mit vielen hundert Ratten, bei Wasser und Brot!

Waren das noch Zeiten, als wir das Zimmer unsicher machen durften und hin und wieder ein Stück Obst vom Tisch stipizten. Sollte das wirklich alles gewesen sein?

Hin und wieder wurde die große Glastüre aufgeschlossen und ein wenig frische Luft strömte ins Zimmer. Das war immer das Zeichen für uns, dass jemand zu Besuch kam. Jedes Mal pressten wir uns gegen das Gitter und blickten auf die Menschen. Irgendeiner muss sich doch für uns erbarmen und uns mitnehmen.

Ja, kleine, süße Babywuserl waren immer schnell weg, aber uns beachtete man nicht, denn wir waren nicht mehr süß genug!

Unser Fell ist struppig und Milben, Läuse und Flöhe tummelten sich auf unserem Rücken. Unsere Schwänze sind krumm und unsere Ohren zerrupft. Nun, wir sind nicht mehr die Jüngsten, haben beide schon über 2 Jahre auf dem Buckel und das sieht man uns auch an! *seufz*

So langsam verloren wir die Hoffnung und fanden uns mit unserem Schicksal ab.

Doch was geschieht da letzten Freitag?
Die Türe öffnet sich und wir atmen die frische, saubere Luft. Wir heben unsere Kopf an und lauschen den Klängen des Vogelgezwitschers. Ach sind die Gesänge der Kanaries schön!

Zwei dunkle Gestalten drücken ihre Nasen an die Gitter und sehen uns an. Sie gehen wieder weg und wir hören sie bei den jungen Mädels sprechen. Dann stehen sie wieder da und sehen uns direkt in die Augen! Der Große mit der tiefen Stimme und die Kleine mit den langen Haaren fragen uns, ob wir mitkommen wollen. Wir sehen sie etwas misstrauisch an und blicken uns um. Haben die tatsächlich mit uns besprochen? Nun, hinter uns ist niemand mehr, muss also so sein. Wir stehen auf und strecken die müden Muskeln. Na dann begeben wir uns einmal an den Käfigrand und schau’n uns die Zwei mal näher an. Die müden Augen sehen nicht mehr so gut wie früher.
Huch - da ist ja noch was drittes! Am Ende der langen Schnur, welche die Kleine in der Hand hält, hüpft was Schwarzes rum. Das kleine schwarze Etwas sieht lustig aus. Das springt immer auf und ab und wackelt mit seinem Schwanz. Der Schwanz ist aber komisch, nicht so schön rosa wie unsere, sondern hat lange, schwarze Haare dran. Ich glaube nicht, dass man den gut zum Klettern verwenden kann. Aber auch die Hände von dem wachelnden Ding sind anders. Damit kann man keine Körner festhalten und klettern kann man damit sicher auch nicht, die Arme und Beine von dem Etwas sind ja auch viel zu lang dazu! Die arme Ratte, das ist sicher so ne Qualzucht! Viel zu groß und viel zu lange Beine! *seufz* Das die Menschen auch so dumm sein müssen.

Der Große mit der dunklen Stimme nimmt mich heraus und ich kuscheln mich ganz eng an seinen Arm. Die schwarze, große Ratte leckt mich ganz doll ab. Die Kleine mit den langen Haaren hat meinen Kumpel rausgenommen. Auch ihn hat die große Ratte abgeschleckt.

Dann kommt eine der Gefängnisaufseherinnen mit einer Schachtel! Hey! Wir haben doch gar nichts gemacht! Wir waren doch ganz lieb und haben nicht mal eine Lackerl los gelassen, na ja ein Kleines, aber die Blase, in dem Alter kein Wunder! Wir haben keine finstere Einzelhaft verdient! *fleh*

Die Großen setzen uns hinein und verschließen die Schachtel. Dann rumpelt es und pumpelt es. Draußen ist es kalt und wir kuscheln uns aneinander! Plötzlich ist es ruhig und warm. Die Schachtel wird geöffnet und ein andere Großer im weißen Kittel nimmt uns heraus. Oh, ist das Gott?
*schüttel*
Das kann nicht Gott sein, der würde uns nicht mit so ’nem stinkenden Wasser ansprühen. Der Große sagt, wir haben Läuse, das ist doch nichts Neues und die beiden schwarzen Gestalten sollen uns in zwei Wochen noch mal mit dem stinkenden Wasser einsprühen.

Dann setzten sie uns wieder in die Schachtel. Es geht wieder in die Kälte, aber nur ganz kurz. Durch die Löcher in der Schachtel können wir leckeren Kuchen und Nudeln riechen. Der Große und die Kleine öffnen die Schachtel und nehmen uns heraus. Sie geben uns Nockerl zu fressen! Sind die lecker! So was Tolles haben wir noch nie gegessen. Wir fressen so viel, dass unsere Bäuche dick und rund werden! Das war ein Festmahl.

Nach ausgiebigem Schmusen, Kuscheln und Streicheln, geht es wieder in die Schachtel.

Wir hören ein brummen und knattern, dann rüttelt es und der Boden bewegt sich. Nach 20 Minuten in der dunklen warmen Schachtel ist es plötzlich ruhig, kein Knattern und Rumpeln mehr. Die Schachtel wird aufgehoben und draußen wird es wieder kalt. Plötzlich öffnet sich die Schachtel und wir blinzeln. Das Licht blendet schon ein bisschen. Die beiden Schwarzen nehmen uns heraus und setzten uns in einen großen Käfig. Hey, so viel Platz für uns zwei? Echt? Cool!

Wir düsen durch den Käfig, stöbern nach Futter und trinken die halbe Flasche Wasser leer.

Jetzt sind wir in unserem neuen Zuhause! Wir haben uns vorgenommen ganz lieb und brav zu sein, damit wir nicht wieder zurück müssen. Bei den beiden Schwarzen (die heißen Mausi und Hase, zumindest sagen sie das immer zueinander!) gibt es noch ganz viele Kumpels von uns, den einen kennen wir sogar. Der hat bis vor einem Monat mit uns in einem Käfig gewohnt. Er heißt jetzt Anubis und er hat uns schon ganz viel von den beiden Großen erzählt. Also da ist es echt super!

Die beiden Großen sagen jetzt Nockerl und Sir Lancelot zu uns. Wir mögen die Namen!

Das war's einmal von uns und wir hoffen, dass noch viele Kumpels von uns so ein Glück haben und auch aus "Alcatraz" befreit werden!

Liebe Grüße
Nockerl und Sir Lancelot

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