Vom Stamm der "Schwarzen Füße" Wien, 27. April 2002

Hi!

Heute war es soweit. Ich war schon den ganzen Freitag nervös, hatte ich doch schon so viel vom Grazer Notfall gehört. Was würde uns erwarten? Ich war ja auf unzählige, traurig dreiblickende Hunde-, Katzen- und Rattenaugen eingestellt. Zig tierische und menschliche Schicksale die mein Herz sofort in Raserei versetzen würden und trotz allem musste ich ihnen und mir immer wieder sagen, dass ich sie nicht mitnehmen kann! :(

An Schlaf war nicht mehr zu denken, ruhelos lag ich im Bett und sah mir stumpfsinnige Serien, Spielfilme und Talkshows an. Meine Gedanken kreisten nur um die Arche Noah in Graz.

Ich hatte ja schon vorab einen kleinen Erfolg erzielt, als ich Pascal zuerst von einer Ratte überzeugen konnte, und ein paar Stunden vehementen Schweigens sogar von einer zweiten, trächtigen Ratte. Doch, was sind schon zwei Ratten angesichts der Unmenge an Tieren die dort im Moment untergebracht ist? Der Vergleich mit einem Tropfen auf dem heißen Stein schien mir mehr als unangebracht.

Heute um 8:00, na ja eher 8:30, ich wollte noch eine Tasse schwarzen Lebenselixiers zu mir nehmen, damit ich nicht hinter dem Steuer einschlafe, haben wir uns auf den Weg gen Süden gemacht. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug, kann aber auch daran liegen, dass ich ein klitzekleines viel wenig schneller Gefahren bin, als die Polizei erlaubt und nur ein einhalb Stunden gebraucht habe! ;)

Wir haben dank Nicoles Beschreibung die Arche auch ziemlich schnell gefunden! Eigentlich eh nur zwei Mal verfahren, gilt also gar nicht wirklich! ;)

Dort angekommen begegnete uns Claus schon auf dem Parkplatz und führte uns zum Rattenraum. Dort war geschäftiges Treiben angesagt und ich schloss mich gleich an, um bloß nicht auf dumme Gedanken zu kommen und mich doch in die eine oder andere Pelznase unsterblich zu verlieben, mit dem Wissen, dass ich niemals nicht das Einverständnis meines zukünftigen Göttergatten bekommen würde.

So wurde die "Bestellliste" ausgepackt und die passenden Nasen eingepackt. Die Jungs waren schnell gefunden und verschwanden in der mitgebrachten Transportbox. Dann ging's weiter zu den Damen der Schöpfung. Das war gar nicht so einfach, galt es doch diejenigen zu finden, die nicht schwanger waren und auch noch den Vorstellungen der Wiener entsprachen. So langsam füllten sich die Boxen, doch ich war damit nicht glücklich. Zudem sah ich ein gröberes Platzproblem auf uns zukommen. So entschlossen wir uns einen großen Käfig mit den Vermittlungsweibchen zu füllen.

Als wir endlich alle Wiener beisammen hatten, machte ich mich auf die Suche nach "meiner" Ratte. Doch welche sollte ich wählen, gegen welche sollte ich mich entscheiden und wo zum Kuckuck war Pascal schon wieder!

Nach endlosen Minuten kam er endlich zurück. Ich hatte inzwischen ein paar sehr netter Jungs ausgemacht und machte sie meinem Schatz schmackhaft. Und, stellt euch vor, er wurde weich. Oh, wie weich er nur wurde. Wer konnte dem Blick dieses Agoutis auch schon wiederstehen? So wurde beschlossen, dass zwei der Herren aus diesem Käfig mitkommen sollten. So wurden die Häuschen umgedreht, die Hängematteninsassen wachgerüttelt und - das war ein Fehler. So viele so nette Ratten. *seufz*

So kam es wie es kommen musste und vier der Herren fanden den Weg in den kleinen Transportkäfig. Sie alle haben schwarze Füße und müssen deshalb und aus keinem anderen Grund dem Stamm der Schwarzfußindianer angehören! ;o)

Von oben sehen sie wie folgt aus:
Der Häuptling: Fawn-Nochnichtweißdauntenrumnochnichtnachgeguckt
Der Vizehäuptling: Agouti-SieheFawnnochnichtgegucktgetrautgehabt
Der Vizevizehäuptling: Creme-Fragmichjetztbloßnichtwasichbinwasichwarundwasichmalseinwerde
Und der Mini, obwohl auch schon über ein Jahr alt: Fawn-GlaubstichzeigdirmeinenBauchdamussichdichenttäuschendafürkennenwirunsnochzuwenig

Stunden vergingen, Nasen wurden umgeschlichtet und zusammenverlegt. Die Käfige und Boxen stapelten sich. Es war Zeit für eine Kaffeepause. Wir setzten uns alle im Empfangsbereich zusammen und quatschten ein wenig über dieses und jenes und vor allem über die Nasen. Anschließend schnappten wir uns unsere größte "Ratte" der Welt, aka Chantalle, holten Arko, Nicoles Liebling und Buffy, eine super süße Bullterrierhündin aus den Zwingern und machten zu 9, inklusive Hunde, einen ausgiebigen Spaziergang.

Zurück in der Arche schleppten wir die Käfige und Boxen zum Auto und begannen sie zu verstauen. Jede kleine Lücke wurde hemmungslos ausgenützt und zugestopft. Immer mehr Nasen fanden so den Weg in unser Auto und waren somit schon so gut wie in Wien.

Anschließend wollte ich nur noch einmal kurz in den Rattenraum um die Schutzverträge zu holen, aber ich konnte mich einfach nicht von ihren Blicken losreißen. Besonders eine Dame, Chocolate-Hooded fixierte mich. Irgendwann kam dann mein Mann in Spe auf die Idee nach mir zu suchen, ich könnte ja eine Dummheit begehen und irgendwo in meiner Hosentasche eine Ratte versuchen zu verstecken. Auch er wurde sofort von ihr in ihren Bann gezogen und als ihn auch noch eine freche Agouti-Hooded mit ihrem schiefem Kopf ansah, war es auch um ihn geschehen. Diesem Blick hätte nicht einmal Arnold Schwarzenegger, Ehrenpräsident der Arche Noah, wiederstehen können.

So verschwanden die beiden Hübschen kurzerhand in einer der letzten Transportboxen.

Augen zu und durch, sonst wäre ich wohl nicht mit 50 sondern mit 300 Ratten aus Graz zurückgekehrt.

Insgesamt fanden folgende Käfige einen Platz in unserem Auto:
1 großer Käfig mit 9 Damen (eine davon mit einem Auge und Kringelschwanz, eine andere mit einer Entzündung am Auge)
1 mittlerer Käfig mit 4 Teenagermädls
1 kleiner Käfig mit 2 Omis (beide um die 1,5 Jahre, eher älter)
1 kleiner Käfig mit einer Mami und ihren 6 Kindern
1 Box mit einer Mami und 10 Kindern
1 Box mit zwei Damen (eine schwanger und kurz vorm Platzen, die andere mit Schiefkopf)
1 kleiner Käfig mit 4 großen Jungs
1 kleiner Käfig mit einem einzelnen Opi
noch 1 kleiner Käfig mit einem einzelnen Opi
1 Box mit 7 Jungs

Macht 9 Käfige oder Boxen, sowie eine leere Box und einem lästigen Hund, der Ratten gucken und lieb haben wollte. Wenn ich mich nicht verzählt habe sind das 48 Ratten plus dem was da noch kommen möge.

Ich denke ihr könnt euch vorstellen wie die Rückfahrt vor sich gegangen ist. Ein kleiner Tipp: ich konnte die Damen in der Hängematte wunderbar über meinen Rückspiegel beobachten. ;)

Nach weiteren zwei Stunden waren wir endlich in Wien und machten sofort einen Zwischenstopp bei Bella, aka Whoop und lieferten die ersten 3 Jungs und ein Mädel zur Weitervermittlung bei ihr ab. Dann ging es nach Hause. Leise schmuggelten wir die Käfige und Boxen mit ihrer wertvollen Fracht durchs Stiegenhaus in unsere Wohnung. Es muss ja nicht jeder Wissen, was hier so kreucht und fleucht.

Oben angekommen, wir mussten die Treppen nehmen, da die Käfige nicht in den Lift passten, wurden die Ratten erst einmal versorgt und diejenigen, die in Boxen untergebracht waren, kamen in schöne, neue Käfige. Dann machte ich mich daran die Käfige der andere Ratten zu putzen, da sie durch die Aufregung wunderbaren Durchfall bekamen. Es roch schon während der Fahrt "herrlich"! *urks*

Eine Stunde später war ich geschafft, die Käfige noch lange nicht! ;)

Sissi und Sophie kamen schon heute und holten ihren Opi, sowie ihre Mami und die vier Vermittlungsnasen ab, so dass ich mich wieder ein wenig in der Wohnung bewegen kann.

Pascal ist ebenfalls schwer geschafft und schläft zusammen mit einer verdächtig ruhigen Chantalle auf der Couch. Den Käfig mit den 4 großen Schwarzfußindianern lässt er dabei nicht aus seinem Arm.

Was lernen wir daraus? Große Knopfaugen erwärmen selbst das entschlossenste Herz und selbst die wildesten Nasen werden zu manch besinnlicher Stunde richtige Kuschelbären.

Und was lerne ich daraus? Ich will eine Digi-Cam!!!!! Dieses Bild darf man der Nachwelt nicht vorenthalten! *schnüff*

Liebe Grüße
Eine geschaffte aber überglückliche Liv

Hi! Wien, 1. Mai 2002

Unsere Neuzugänge haben endlich ihre endgültigen Namen:

Die Agouti-Mama heißt nun Iphigenie.
Die Schoko-Mami heißt Fála (isl. für leichtes Mädchen, tja, hätt' sie sich nicht schwängern lassen!).
Die Agouti-Hooded mit dem Schiefkopf heißt nun Morla. Sie sieht irgendwie so nachdenklich uns weise aus!

Nun zu unseren Schwarzfussindianern:
Der kleine, schüchterne Fawn heißt nun Artax, nach Atréju's Pferd.
Der Creme Blazed heißt Fuchur, frei nach dem Drachen aus der Unendlichen Geschichte.
Der große, freche Fawn nennt sich nun Bastian, ebenfalls aus der Unendlichen Geschichte.
Und der Agouti heißt seit heute Atréju, der Indianerjungs aus der Unendlichen Geschichte, Bastians Wunschego.

Die 7 haben sich bisher komplett unterschiedlich entwickelt.

Die Agouti-Mami darf ich streicheln, wenn sie auf den Babys sitzt. Sie lässt mich auch ohne Probleme die Kleinen herausheben und nimmt sie auch wieder aus meiner Hand.
Die Schoko-Hooded-Mami ist ein ganz liebe, lässt sich schon auf den Arm heben und vorsichtig knuddeln. Ich will ihr auch nicht wehtun, wo ihr Bauch doch schon so dick ist.
Die Agouti-Hooded mit dem Schiefkopf ist immer noch sehr schreckhaft und lässt sich nur sehr ungern berühren. Sie beobachtet mich lieber aus sicherer Entfernung. Alle drei verstehen sich prima und kümmern sich abwechselnd um die Kleinen.
Der dicke Fawn ist äußerst frech. Erkommt schon an Gitter und frisst aus meiner Hand. Mit dem Nehmen haben sie's alle nicht sonderlich. Sie lassen sich lieber bedienen!
Der Champagner Blazed ist schon sehr zutraulich. Er lässt sich aus dem Käfig heben und streicheln. Am liebsten verkrümelt er sich mit seinen Kopf in meine Armbeuge und schläft dort ein.
Der kleine Fawn ist noch sehr schreckhaft. Er hat sich auch von den anderen drei Jungs abgesondert und liegt lieber unten als sich in die Hängematte zu quetschen. Er lässt sich nur selten berühren und fühlt sich am Arm noch sehr unwohl.
Und zu guter Letzt der dicke Agouti. Er ist sehr schüchtern, kneift auch einmal her und hat lieber seine Ruhe. Er ist der "Schwierigste" von allen und wird uns sicherlich noch einiges an Zeit und Pflaster kosten. Aber es wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinbekommen!

Das war der aktuelle Bericht von der Front!

Liebe Grüße
Liv

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