STORIES


JANDUN

Folge 1: DER TRANSFER

von Susanne Stahr



Daschir lag mit zerschmettertem Körper im Straßengraben und weinte. Noch immer sah er das hämische Grinsen in dem sommersprossigen, vierschrötigen Gesicht des Truckfahrers, der ihn überfahren hatte. Unschätzbares Wissen würde seinem Volk, den Jandun, mit seinem Tod verloren gehen! Verzweifelt sandte er immer wieder seinen telepathischen Hilferuf aus. Konnte es sein, dass sich im Umkreis von dreißig Meilen kein einziger seines Volkes aufhielt? Der feingliedrige Mann fühlte, wie der Tod mit eiskalten Fingern nach ihm griff. Ein schrecklicher Bann verließ seinen Geist. Dunkelheit senkte sich über Daschirs Bewusstsein. War das das Ende?

Da fühlte er eine Hand auf seiner Schulter und hörte eine leise Männerstimme: "Er lebt noch! Ruf einen Krankenwagen, Amy!"

"Der Kerl ist tot!", antwortete eine harte Frauenstimme. "Sieh doch, wie viel Blut er verloren hat!"

"Hol die Ambulanz! Er atmet noch!", ereiferte sich der Mann.

"Du hast mir nichts mehr zu befehlen, Keegan Mosley. Wir sind nicht mehr verheiratet," gab die Frau patzig zurück.

"Dann tu ich's eben," seufzte Keegan. "Das scheint ein Indianer zu sein."

"Wenn er stirbt, gibt's einen weniger von deinen roten Saufkumpanen," versetzte sie kalt.

Mit schier unmenschlicher Anstrengung öffnete Daschir die Augen. Durch den Schleier von Schmerz und Tränen sah er ein verschwommenes Gesicht, umrahmt von schulterlangem, dunklem Haar. War sein Ruf doch noch gehört worden? "Bleib!", bat er. "Der Transfer ..." Die Finger seiner unverletzten Hand krallten sich in Keegans Knie.

"Was?" Der junge Mann starrte in die blauvioletten Augen des Sterbenden. Das war kein Indianer! Eine Erinnerung aus seinen Kindertagen im Reservat, wo sein Vater an einer Indianerschule unterrichtete, tauchte aus den Tiefen seiner Erinnerungen. Das Verborgene Volk, eine alte Indianerlegende! Dann schlug eine Flut von Bildern, vermischt mit Geräuschen, Gerüchen und Gefühlen, über ihm zusammen und nahm ihm das Bewusstsein. Dass die Hand von seinem Knie rutschte und der geschundene Körper sich im Tod entspannte, nahm er nicht mehr wahr.



Ein scharfer Schmerz fuhr durch Keegans Brustkorb und brachte ihn wieder halbwegs zu sich. Stöhnend kam er auf die Knie. Jetzt griff eine grobe Hand in sein langes Haar und zog seinen Kopf nach hinten.

"Steh endlich auf, du Weichei!", keifte Amy, seine frisch geschiedene Frau. "Die Polizei muss jeden Augenblick da sein und wir haben eine Leiche am Hals!"

"Ach, halt doch die Klappe!" Ohne dass er es erklären konnte schoss ein Blitz aus Keegans Hand und Amy verstummte. Verblüfft starrte er die Frau an. Was war mit ihr passiert? Sie sah aus wie schockgefroren. Vorsichtig erhob er sich und tastete seine Rippen ab. Sie taten von Amys Tritt weh, schienen aber heil. Im stillen gab er Amy recht, auch wenn er es ihr gegenüber nie zugeben würde. Bei einer Leiche angetroffen zu werden, würde seine Zukunft finster aussehen lassen.

"Steig endlich ein!", fuhr er sie an und klemmte sich hinter das Lenkrad des alten Rovers.

Amy reagierte nicht. Unbeweglich und stumm stand sie noch immer an der gleichen Stelle. Ärgerlich stieg er wieder aus und fasste sie am Arm. "Brauchst du eine Sondereinladung? Ich muss in zwei Tagen am Harney Peak sein. Farel zieht mir das Fell über die Ohren, wenn er auf den nächsten Vollmond warten muss! Er ..." Was hatte er da gesagt? Wer war Farel? Verwirrt betastete er Amys Arm. Er war hart wie ein Felsen. Ihr halb offener Mund schien ihm etwas sagen zu wollen und ihre Augen sprühten tödliche Blitze. Sie waren das einzige Lebendige an ihr. Was war nur mit ihr geschehen? In seinem Inneren hob die Angst ihr hässliches Gesicht. Was mach ich jetzt? , überlegte er und sah sich gehetzt um. Wir müssen hier weg! Kurz entschlossen hievte er seine Ex-Frau mühsam hoch und bugsierte sie auf den Rücksitz. Dieser Kraftakt brachte ihn ein wenig ins Schwitzen. Keegan war mittelgroß und schlank, aber mit schlaffen, untrainierten Muskeln, die unter dem Gewicht der kräftig gebauten Frau zu schmerzen begannen. Keuchend schüttelte er seine Arme. Wer konnte ihm jetzt helfen? Seine Brüder? Noch immer dröhnte ihm Matthews "Lass dich erst wieder blicken, wenn du trocken bist!" in den Ohren. Tyndall, der alte Schamane, musste ihm helfen.



Fluchend steuerte Keegan den Wagen über die schlechten Straßen des Reservats. Diese Fahrt würde ihm einen Satz Stoßdämpfer kosten. Warum musste sich der Alte auch so tief im Wald verkriechen? Etwas Hartes schrammte kreischend an der Unterseite des Rovers entlang und Keegan trat auf die Bremse. Amys steifer Körper rutschte halb vom Sitz, doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Voll böser Ahnungen sprang er aus dem Vehikel und lugte unter den Kühler. Der Geruch auslaufenden Motoröls bestätigte schon seine schlimmsten Befürchtungen. Ein spitzer Stein hatte die Ölwanne aufgerissen. Hier stand er nun, mitten im Wald, Meilen von jeder Werkstatt entfernt, mit einer stocksteifen Frau auf dem Rücksitz!

"Harney Peak liegt in der entgegengesetzten Richtung!" , meldete sich eine Stimme in seinem Hinterkopf.

Was war das nun wieder? Kalter Schweiß brach ihm aus. Die Nervenanspannung war zuviel für ihn gewesen! Zuerst der Krach mit seinem Chef, der zum Verlust seines Jobs führte und dann die Scheidung. Sein Leben war eine ununterbrochene Kette von Misserfolgen. Er war am Ende. Kein Wunder, wenn er seinen Kummer ab und zu im Alkohol ertränkte. War diese Stimme das erste Anzeichen von Delirium tremens?

"Laß mich mal ran!" , drängte die Stimme. Dann wurde Keegans Geist in den Hintergrund gedrängt. Entsetzt hörte er, wie fremdartige Laute wie Perlen von seinen Lippen rollten und den schadhaften Wagen umfingen. Die kaputte Ölwanne saugte das ausgelaufene Öl wieder ein und der Riss schloss sich als wäre er nie da gewesen. Die Wanne sah jetzt wie neu aus, sogar die Rostflecken waren verschwunden. "Steh nicht so blöd da mit der Zunge im Maul!" , schimpfte die geheimnisvolle Stimme. "Ich bin in Eile!" Dann zog sie sich wieder zurück und Keegan stieg mit zitternden Knien in seinen Wagen.



Tyndalls Hütte versteckte sich zwischen Ahornbäumen und Haselnusssträuchern. Keegan konnte sich nicht erinnern, dass sie je anders ausgesehen hatte. Das rissige Holz der Wände, die kleinen Fenster mit den gehäkelten Gardinen und das oftmals geflickte Dach. All das hatte schon vor 20 Jahren so ausgesehen. Sein Herzschlag beschleunigte sich, wie jedes Mal, wenn er den Schamanen besuchte. Klein und unwürdig fühlte er sich, wie er so vor der Hütte stand und rief: "Tyndall! Bist du zu Hause? Keegan Starcatcher Mosley braucht deine Hilfe!"

In der Hütte war ein Rumoren zu hören. Dann wurde die Tür aufgestoßen und eine gebeugte, weißhaarige Gestalt stand im Rahmen. Verwaschene Jeans wurden von breiten Hosenträgern getragen, die sich über die knochigen, von einem löcherigen T-Shirt verhüllten Schultern spannten. Die nackten Füße steckten in ausgetretenen Sandalen, die er fast verlor als er mit festen Schritten auf Keegans Wagen zuging. "Was hast du denn mit deiner Frau gemacht? Ist sie tot?", fragte er und kratzte sich am Hinterkopf.

Keegan fragte sich, wie es Tyndall schaffte, in diesem Aufzug soviel Würde auszustrahlen. Er hätte für einen Bruchteil davon seinen rechten Arm geopfert. "Ich weiß es nicht. Hilf mir, Tyndall! Sie war plötzlich ganz steif. Ich wollte nur, dass sie den Mund hält, wegen der Leiche. Und dann war diese Stimme da und hat die Ölwanne repariert. Sie ist in meinem Kopf und will zum Harney Peak ...." Unkontrolliert sprudelten die Worte aus Keegan heraus.

"Bring sie in die Hütte!", befahl Tyndall sachlich. "Und dann erzähl mal vom Anfang an, was passiert ist."

Der besonnene Ton des Schamanen brachte Keegan wieder ein wenig ins Gleichgewicht. Schweigend gehorchte er und ließ sich von Tyndall zu einer abgeschabten Couch dirigieren, deren Muster nicht mehr zu eruieren war. Darauf bettete er Amy. Am Rande nahm er wahr, dass sich auch im Innern der Hütte nichts verändert hatte. Ein Tisch mit einem kleinen Gaskocher, ein Stuhl und ein zerkratzter Vorratsschrank vervollständigten die Kochecke. Die Couch, auf der Amy nun lag, war wohl Tyndalls Bett. Dann gab es noch an der Rückwand der Hütte Regale, vollgestellt mit Büchsen und Gläsern zwischen denen ein paar Bücher und eine Lincoln-Büste standen. Mit einem Seufzer setzte er sich zu Tyndall auf den alten Webteppich und berichtete ihm alles. "Werde ich jetzt verrückt?", schloss er seine Erzählung. "Und was ist mit Amy geschehen?"

"Das war nur ein kleiner Konservierungszauber" , brummte die Stimme in seinem Kopf. "Was willst du bei dem alten Narren? Die Zeit wird knapp!"

"Eine alte Legende erzählt ...", begann der Schamane.

"Das ist sie wieder! Die Stimme!", unterbrach ihn Keegan aufgeregt.

"Unterbrich mich nicht, Starcatcher!", rügte ihn der Alte. Tyndall nannte ihn immer bei dem Namen, den ihm die Indianer gegeben hatten. "Diese alte Legende ...."

Eine unsichtbare Hand drängte Keegan in eine dunkle Ecke seines Geistes. "Halt die Luft an, alter Mann! Ich muss unverzüglich zum Harney Peak!" Dann zog sich der Fremde wieder zurück und überließ Keegan die Oberhand. Der junge Mann spürte zwar, dass er wieder die Kontrolle über seinen Körper hatte, doch die stille Präsenz des anderen war ihm schmerzlich bewusst. "Ich bin schizophren!", stellte er betroffen fest.

"Unsinn!" , rief die Stimme.

"Unsinn!" Tyndall hatte gleichzeitig mit dem Fremden gesprochen. "In deinem Kopf ist das Bewusstsein eines Jandun. Eine alte Legende besagt, dass die Jandun, das Verborgene Volk, ihr Wissen im Augenblick ihres Todes auf einen ihres Volkes übertragen. Ist aber ein Mensch der Empfänger, so lebt die Seele des Jandun weiter bis zum Tod des Menschen. Das ist bisher nur ein einziges Mal geschehen. Starcatcher, wie konnten die Geister gerade dir diese Ehre zuteil werden lassen?!"

"Der Alte ist gar nicht so dumm!" , kam der lautlose Kommentar. "Nur dass ich es nicht als Ehre empfinde, in dir gefangen zu sein."

"Ich hab mich nicht darum gerissen!" , dachte Keegan gekränkt zurück. Laut sagte er: "Und wie kann ich ihn loswerden?"

"Pffft!" Tyndall wiegte überlegend den Kopf. "Vielleicht weiß er eine Möglichkeit." Er richtete sich ein wenig höher auf, zupfte an seinem T-Shirt und machte ein wichtiges Gesicht. "Sprich, Jandun! Wie heißt du und was hast du mit dem Körper dieses grünen Jungen vor?"

Eine Welle von überheblicher Belustigung überschwemmte Keegans Geist. Dann wurde der junge Mann wieder in den Hintergrund gedrängt. "Ich bin Daschir. Ein verrückter Truckfahrer hat mich plattgewalzt und dieses halbe Hirn war die einzige Möglichkeit, mein Wissen für die Jandun zu erhalten."

Keegan erkannte, dass Daschir log. Er hatte ihn in seiner Agonie für einen Jandun gehalten und wollte jetzt diesen Irrtum nicht zugeben.

"Was willst du am Harney Peak?", bohrte Tyndall weiter.

"Unsere Forschungen haben ergeben, dass sich dort möglicherweise ein Tor zu unserer Welt befindet. Zügle deine Neugier, Alter! Mein Bruder erwartet mich."

Doch der Schamane ließ nicht locker. "Was geschieht mit dem Küken, wenn du dein Ziel erreicht hast?"

"Er kann gehen, wohin er will", erklärte Daschir schnell. Für Keegans Gefühl ein wenig zu schnell. Log der Jandun schon wieder?

"Und was soll aus der Frau werden, die du verhext hast?", blieb Tyndall am Ball.

"Die ist uninteressant. Sie störte nur."

"Das sehe ich anders. Weck sie auf, Jandun!"

Gelangweilt schnaufend hob sich Keegans Hand und entließ wieder einen Blitz. Amy tat einen tiefen Atemzug und setzte sich auf. Verwirrung malte sich in ihren derben Zügen. Endlich erkannte sie ihre Umgebung. Nun verzerrte Wut ihr Gesicht als sie Keegan ins Auge fasste. "Was hast du mir angetan, du Ratte!", schrie sie und sprang mit vorgestreckten Händen auf ihren Ex-Mann zu. Wollte sie ihn erwürgen oder nur das Gesicht zerkratzen?

Panische Angst ergriff Keegan. Er kämpfte das fremde Bewusstsein nieder und wich den langen rot lackierten Nägeln aus. Von seinem ungebetenen Gast empfing er ein Signal, in dem sich Erstaunen mit Ärger mischte. "Du bist stärker als ich dachte" , erkannte Daschir widerwillig an.

"Das war ich nicht!", beteuerte der junge Mann. "Ich war's!", erklärte Daschir selbstgefällig, der Keegans Schrecken nutzte, um ihn wieder niederzukämpfen.

Amy zögerte, da beide Male die Worte aus Keegans Mund gekommen waren. "Jetzt bist du endgültig verrückt", löste sie das Problem ihrer einfachen Denkweise entsprechend. "War ja auch zu erwarten, bei deiner Sauferei."

Wie ein Peitschenhieb brannte dieses vernichtende Urteil in Keegans Seele. Er konnte nicht leugnen, dass er einfach zu oft betrunken zur Arbeit gekommen war und deshalb seinen Job verloren hatte. Wie oft hatte er schon geschworen, nie wieder einen Tropfen zu trinken! Doch dann passierte immer irgend etwas. Ein Freund hatte Geburtstag, ein Plan ging schief, ein Streit mit Amy .... Der Gin half ihm über vieles hinweg, auch wenn es nachher noch schlimmer war.

"Mit Keegan hast du leichtes Spiel, aber Daschir ist eine Nummer zu groß für dich, Amy", meinte Tyndall so nebenbei, der den Diskurs mit Interesse beobachtet hatte.

"Du bringst mich sofort zu meinen Eltern nach Hot Springs", forderte sie giftig. "Oder du hast eine Anzeige wegen Körperverletzung und Entführung an der Backe. So ein Stück Dreck wie du sollte ohnehin nicht frei herumlaufen."

"Bei allen Göttern! Das ist vielleicht ein Drache!" , ließ sich Daschir vernehmen.

"Vielleicht wäre es nicht falsch, dem Jandun nachzugeben", überlegte Tyndall und spielte mit einem dünnen weißen Zopf. "Wenn du über die Route 18 nach Hot Springs fährst, kannst du Amy abladen und auf der Route 385 zum Harney Peak kommen."

"Mach schon, Mensch! In zwei Tagen ist Vollmond und ich muss Farel noch erklären, warum ich ausgerechnet im Körper eines arbeitslosen Säufers komme" , drängte Daschir in Keegans Kopf.

Der junge Mann zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. "Ich bin kein Säufer!" , dachte er trotzig. "Manchmal trinke ich einen über den Durst, aber das ...,"

"Halt die Klappe und fahr endlich!" , fuhr ihm der Jandun in die Parade.

"Brauchst du Geld, Starcatcher?", fragte Tyndall ruhig und kramte aus seinen Taschen einige Scheine.

Acht Dollar und ein paar kleine Münzen kugelten noch in Keegans Taschen herum. Das reichte nicht einmal zum Tanken und er brauchte dringend einen Drink. Dankbar nahm er das Geld an. "Du bekommst es wieder zurück", versprach er.

"Farel wird das regeln", fügte Daschir hinzu.

Angetrieben von dem Jandun stieg er in seinen Wagen, in dem Amy schon ungeduldig wartete und fuhr die holprige Straße zurück.



Kurz hinter Hot Springs hielt Keegan an einer Tankstelle an. Als er das Benzin bezahlen wollte, fiel sein Blick auf das Regal mit den Spirituosen. Schnell zählte er seine Barschaft nach und grinste. Eine Flasche Gin konnte er sich noch leisten.

"Lass das Zeug!" , klang es in Keegans Kopf als er nach der Flasche griff. "Kauf dir etwas zum Essen. Dein Körper braucht Kraft für das Ritual. Vitamine!"

"Halt die Klappe!" , gab Keegan grob zurück. "Ich weiß selbst, was ich brauche." Und das war jetzt ein Drink. Amy hatte ihn auf der Fahrt nach Hot Springs nur böse angeschwiegen. Das kränkte ihn mehr als wenn sie ihm Vorwürfe gemacht hätte. Vor ihrem Elternhaus war sie grußlos ausgestiegen und im Innern verschwunden. Ungeweinte Tränen brannten heiß in Keegans hellbraunen Augen als er den Wagen aus der Stadt auf die Route 385 lenkte. Jetzt, wo sie endgültig gegangen war, fühlte er eine schmerzhafte Leere in seinem Inneren als hätte sie ein Stück aus ihm herausgerissen. Sechs Jahre waren sie verheiratet gewesen. Wenn er gewusst hätte, dass sie das Baby verlieren würde, hätte er sie nicht geheiratet. Jedenfalls nicht so überstürzt. Mit der Fehlgeburt hatte sich alles verändert. Aus dem fröhlichen, unbekümmerten Mädchen war eine verbitterte, ewig unzufriedene Frau geworden. Was hätte er anderes tun können als sich zu betrinken?

Keegan legte die Flasche auf den Beifahrersitz und fuhr weiter. Zu seiner Überraschung blieb der Jandun still. Vorsichtig tastete er im Geist nach dem fremden Bewusstsein und fand es in einer entlegenen Ecke seines Gehirns. Der Jandun schien sehr angespannt mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Um so besser, dachte Keegan und fuhr auf einen Parkplatz, wenigstens kann ich mir in Ruhe einen genehmigen. Mit einem genüsslichen Seufzer setzte er die Flasche an den Mund und nahm einen großen Schluck. Der Gin rann wie Öl durch seine Kehle und wärmte angenehm seinen leeren Magen. Fast augenblicklich fiel die Anspannung der vergangenen Stunden von ihm ab. Sein Kopf wurde leicht, der Schmerz in seiner Seele begann abzuebben. "Das ist schon viel besser", brummte er und nahm noch einen Schluck.

Ein gellender Schrei explodierte in seinem Kopf. "Bist du verrückt?!" Daschirs Gedankenstimme kippte fast über vor Wut und Panik. "Hör sofort auf damit! Weg! Weg!" Machtvoll wurde Keegan in eine Ecke gedrängt und wie mit einer Stahlklammer festgehalten. Dann übernahm der Jandun die Kontrolle über seinen Körper. Als Erstes flog die Flasche in hohem Bogen aus dem Fenster und zerschellte auf dem Asphalt. Dann sprang er aus dem Wagen und begann wie verrückt auf- und abzurennen. Ein Trucker, der kurz nach Keegan auf den Parkplatz gekommen war, riss verwundert die Augen auf und schüttelte den Kopf. Als Keegan das dritte Mal an seinem Wagen vorbeikam, stoppte ihn der Jandun und zwang den rechten Mittelfinger tief in seinen Rachen. Krampfhaft würgend erbrach er den Gin auf die Motorhaube. Damit gab Daschir die Kontrolle wieder an Keegan. Der sank erschöpft in die Knie. Schluchzend verharrte er so bis er schwere Schritte hörte.

"Sind Sie in Ordnung, Mister?", fragte eine strenge Stimme.

Keegan sah aus dem Augenwinkel die Uniformhosen eines Highway-Cops. Auch das noch! , dachte er und richtete sich mühsam auf. Wieder übernahm Daschir. "Ich bin Ok, Sir. Offenbar habe ich etwas Verdorbenes gegessen", sagte er und wischte einen Speichelfaden von seinem Kinn.

"Gegessen", wiederholte der Polizist trocken und musterte die Scherben der Gin-Flasche.

"Das war ein Versuch, meinen Magen wieder einzurenken." Ein schuldbewusstes Lächeln huschte über die fein gezeichneten Züge. "Ein untaugliches Mittel, wie Sie sehen. Ich denke, eine leichte Mahlzeit und ein paar Stunden Schlaf bringen mich wieder auf den Damm, damit ich morgen weiterfahren kann."

"Wohin wollen Sie?"

"Nach Idaho. Zu einem Familientreffen. Aber zuerst muss ich mich ausruhen."

"Das würde ich Ihnen dringend empfehlen", stimmte ihm der Beamte zu. "In diesem Zustand sind Sie nicht fahrtüchtig." Nervtötend langsam kontrollierte er Keegans Papiere. Dann ließ er noch einige Ermahnungen vom Stapel, schwang sich auf sein Motorrad und fuhr in Richtung Hot Springs davon.

Die Klammer um Keegans Geist löste sich. "Du verdammter Idiot hast meine Flasche zerbrochen!", schrie er in seiner hilflosen Wut laut. "Verschwinde aus meinem Kopf, du dreckiger Mistkerl!"

"Du solltest mir danken, du versoffenes Subjekt!" , schimpfte nun auch Daschir. "Ich habe dir aus der Patsche geholfen, sonst wäre dein Führerschein jetzt weg. Und wie willst du dann rechtzeitig zum Harney Peak kommen?"

"Du willst doch dort hin, ich nicht!" , konterte Keegan nun in Gedanken und freute sich über seine Argumentation. Doch nicht lange. Ein wütendes Knurren kam von dem Jandun, dann fand sich Keegan wieder in einer dunklen Ecke gefangen.

Daschir kontrollierte sein Äußeres und fand es passabel. Leicht abgetragene hellblaue Jeans, ausgelatschte, weiße Turnschuhe, ein dunkelblaues Sweatshirt mit ein paar feuchten Flecken, die nach Gin und Magensäure rochen. Aus der Hecktasche der Jeans förderte er ein paar Geldscheine hervor. Das reichte für ein Essen. Wie konnte der dumme Kerl nur ein derart hochprozentiges Gesöff auf leeren Magen trinken! Sein Blick fiel auf den Truck, dessen Fahrer auf dem Trittbrett saß und systematisch einen Stapel Sandwiches vernichtete. Auf den Seitenwänden des Trucks prangte in großen, roten Lettern der Name eines Lebensmittelgroßhändlers. Daschir ging lächelnd auf ihn zu. Vorsichtig versuchte er seine Magie zu aktivieren. Doch Keegan hatte genug Gin getrunken um sein Potential erheblich zu vermindern. Hätte er ihn nicht zum Erbrechen gezwungen, wäre seine Magie für Stunden lahmgelegt worden. Nun, er würde seinen Charme einsetzen. "Hallo, schöner Tag heute!", grüßte er freundlich.

Eine grobe Hand legte sich auf den Knauf eines Revolvers, der aus dem Hosenbund des Truckers ragte. "Hm", war die ganze Antwort während wachsame, blaue Augen jede Bewegung Daschirs verfolgten.

"Können Sie mir etwas zum Essen verkaufen? Mir war ein wenig übel und jetzt würde ein Glas Milch und ein paar Stückchen Gebäck meinen Magen wieder beruhigen." Bei dem Wort 'Milch' bäumte sich Keegan auf, doch die geistige Klammer hielt ihn eisern fest.

Der Trucker verschlang sein letztes Sandwich und spülte mit einer Cola nach. "Hast du Geld?", fragte er und erhob sich. Dabei wischte er seine Hände am Hosenboden ab.

"Was soll es denn kosten?" Daschir zog die Scheine heraus und winkte damit.

"Fünf Dollar für eine Flasche Milch und eine Schachtel Donuts." Bedächtig öffnete er die Hecktür des Lasters.

"Drei Dollar und du gibst mir noch zwei von den roten Äpfeln dazu." Mit einem Sprung, der Keegans Muskeln ächzen ließ, war er in dem nur halb beladenen Truck. "Diese zerdrückte Schachtel kann ohnehin nicht mehr verkauft werden", sagte er.

Nach einigem Hin und Her gab er dem Mann vier Dollar und bekam dafür eine Flasche Milch, die Donuts, drei Äpfel und eine zerquetschte Packung Vollkornriegel. Zufrieden ging er zu Keegans Wagen zurück und begann langsam zu essen. Er kaute sorgfältig und nahm nur kleine Bissen. Immer wieder machte er Pausen und lauschte auf die Reaktionen seines Magens. Der Alkohol in seinem Blut beeinträchtigte ihn immer noch, doch das Essen tat dem Körper gut. Nach einer halben Flasche Milch, drei Donuts und einem Apfel versetzte er Keegan in Schlaf, blieb aber selbst wach. Sein sechster Sinn lauschte angestrengt auf die Signale seiner Brüder. Nichts war zu hören. Übermorgen ist Vollmond, dachte er, da müssten sie doch schon da sein. Geduldig lauschte er weiter während die Schatten länger wurden und der Himmel sich rot färbte. Als die kühler werdende Luft den Körper frösteln ließ, schloss er magisch das Fenster und zauberte eine sanft leuchtende Wärmekugel. Die nächsten zwei Tage wirst du nüchtern bleiben, kleiner Mensch, dachte er, und wenn das Ritual gelingt, hast du keine Sorgen mehr.



Eine frische Brise, die den moosigen Duft des nahen Waldes zu ihm brachte, weckte Keegan. Sein Kopf war klar und sein Magen knurrte hungrig. Als ein Blick auf die Lebensmittel auf dem Beifahrersitz fiel, überkam ihn schlagartig die Erinnerung an die Erlebnisse des vergangenen Tages. Die Scheidung! Amy! Der Sterbende auf dem Highway! Amy, oh Amy! Sein Herz krampfte sich zusammen. Dieser verdammte Jandun, der jetzt in seinem Kopf war! Der Kerl hatte seine Flasche zerbrochen. Was gäbe er für einen Drink! Lustlos begann er an einem Donut zu kauen. Systematisch durchsuchte er seine Taschen und förderte alles Geld, das er noch hatte zutage. Elf Dollar und 62 Cent. Das reichte für eine neue Flasche.

"Das kannst du dir abschminken, Kleiner!" , meldete sich Daschir. "Bis zum Ritual gibt es keinen Tropfen. Du wirst es doch heute noch aushalten."

Ja, er hatte die Macht des Jandun gespürt. Es war dem fremden Wesen zuzutrauen, dass er ihn vom Trinken abhalten würde. "Das ist kein Problem mich" , gab er leichthin zurück. Eine eiserne Faust schien ihn an der Kehle zu packen und er fand sich wieder in einem dunklen Winkel seines Seins verbannt. "Farel?" , dröhnte die Gedankenstimme Daschirs. "Bist du das?"

"Hallo, Brüderchen!" , ließ sich eine neue Stimme vernehmen. Es klang wie eine schlechte Telefonverbindung. "Wir warten schon auf dich. Was hat dich aufgehalten? Biru hat sich schon Sorgen gemacht."

"Ein verfluchter Truckfahrer hat mich erwischt" , knirschte Daschir.

"Bist du verletzt?" , Farels Stimme klang plötzlich sehr besorgt.

"Mein Körper ist tot. Ich habe meinen Geist auf einen Menschen übertragen müssen. Er ist ein Säufer und Taugenichts, ein elender Waschlappen. Ihr müsst mich aus ihm herausholen."

"Ein Mensch? Spinnst du? Wenn wir dich herausholen, wird er ...."

"Sind alle da?" , fuhr Daschir Farel ins Wort.

Keegan, in seiner dunklen Ecke gefangen, konnte Schreck und Angst aus Farels Stimme heraushören. Offenbar war eine Trennung der beiden Identitäten nicht so einfach, wie Daschir es Keegan glauben machen wollte.

"Ja. Horrid, Biru, Kelat, Schorku und ich. Es kommen aber noch mehr. Kelat könnte dich aufnehmen. Er ist der Jüngste von uns" , antwortete Farel bereitwillig.

"Kelat ist zu alt" , widersprach Daschir. "Ich will einen Jandun, der nicht älter als fünf Jahre ist."

"Wir sprechen darüber, wenn du bei uns bist" , entschied Farel streng. "Beeil dich!"

Dann brach die telepathische Verbindung ab und Keegan war wieder Herr seines Körpers. Lustlos biss er in einen Donut. Er war altbacken und schmeckte wie gezuckerte Pappe. Ein Schluck Milch half beim Schlucken, verbesserte den Geschmack aber nicht wesentlich. Vor Keegans geistigem Auge erschien eine Ginflasche. Ja, das wäre jetzt das Richtige! Aus dem Hintergrund seines Bewusstseins kam ein warnendes Signal. Keegan lächelte grimmig. Mal sehen, ob sich der Jandun austricksen ließ. Widerwillig aß er noch einen Donut und trank den Rest der Milch.

"Ich habe Durst" , wandte er sich gedanklich an Daschir.

"Fahr los" , antwortete der Jandun. "Beim nächsten Back kannst du trinken."

"Wasser?!", Keegan hatte das Wort vor Überraschung und Abscheu laut gerufen.

"Wasser ist das Beste gegen Durst" , flüsterte es in seinem Kopf und die Häme war nicht zu überhören.

Missmutig startete Keegan den Wagen und lenkte ihn auf die Straße. Ein Knopfdruck schaltete das Radio an und füllte den Wagen mit Country-Musik. Die Sonne gewann bereits an Kraft und Keegan freute sich über die hohen Bäume, die ihre Schatten kühlend auf die Straße warfen. Ein Schild belehrte ihn, dass es noch acht Meilen bis zum Harney Peak waren.

"Du musst den Wagen abstellen und das letzte Stück zu Fuß gehen" , raunte die allgegenwärtige Stimme.

Keegan schaltete einen Gang zurück. Der alte Rover nahm es dankbar an und kroch brav die Steigung hinauf. Es begegnete ihm kaum ein anderes Fahrzeug, wie an einem Mittwoch nicht anders zu erwarten war. Erst am Wochenende würde die Gegend von Campern und Jägern übersät sein. Aber dann wäre er bereits über alle Berge.

"Dann habe ich wieder meine Privatsphäre" , dachte er giftig. "Ich brauche keinen Moralapostel. " Mit schief gelegtem Kopf lauschte er auf eine Antwort von Daschir. Doch der Jandun schien mit etwas Anderem beschäftigt. Verbissen fuhr er weiter. Ein Schild am Straßenrand wies ihn auf einen Parkplatz hin, für Wanderer zum Harney Peak. Wanderer? Er hatte keine Lust, stundenlang durch den Wald zu laufen. Plötzlich, ohne Vorwarnung, übernahm ihn der Jandun wieder. Keegan wehrte sich aus Leibeskräften. Der Wagen schlingerte, kam dem Straßengraben gefährlich nahe und lenkte im letzten Moment zurück auf die Straße.

"Lass das!" Die Gedankenstimme des Jandun klang genervt.

Sie erinnerte Keegan an seinen Vater als er noch ein Kind war. "Lass das!" waren die Worte, die er am häufigsten von ihm gehört hatte. Rotglühende Wut überschwemmte ihn. Und plötzlich hatte er wieder die Kontrolle über seinen Körper. "Ich bin doch stärker als du!" , frohlockte er, doch dann durchfuhr ihn eisiger Schreck. Der innere Kampf mit dem Jandun hatte den Rover auf den Parkplatz schlittern lassen und der Begrenzungspfahl der Ausfahrt kam mit haarsträubender Geschwindigkeit unerbittlich näher. Durch das geöffnete Seitenfenster hörte er eine Frau schrill schreien. Mit aller Kraft trat er auf die Bremse und riss gleichzeitig das Steuer herum. Der Wagen schleuderte herum, krachte mit der Seite gegen den Pfahl und kam endlich zum Stehen. Keuchend ließ Keegan den Kopf aufs Lenkrad sinken. Er zitterte als würde er nie wieder damit aufhören können. Wenn er nur einen einzigen Drink bekommen könnte!

"Sie haben wohl einen Sprung in der Schüssel!", keifte eine schrille Stimme vor seinem Fenster. Eine magere Frau um die fünfzig kam in sein Blickfeld. Das breite Gesicht mit dem streng nach hinten gekämmten grauen Haar war eine Maske des Zorns. Blauviolette Augen blitzten wütend. "Man sollte Sie in eine Klapsmühle stecken!"

Wie ein Hammer traf ihn Daschirs geballte Kraft. Der Jandun musste im Hintergrund gelauert und in dem Moment zugeschlagen haben als Keegan am schwächsten war. Diesmal konnte er nichts gegen die geistige Klammer tun, die ihn umfing.

"Biru!", rief Daschir mit Keegans Stimme.

"Woher kennen Sie meinen Namen?", Misstrauen glomm in den seltsamen Augen.

"Biru! Ich bin Daschir! Hat dir Farel nicht gesagt, dass ich einen Unfall hatte?" Daschirs eiserner Wille zwang den noch immer zitternden Körper zur Ruhe, dann stieg er aus. "Ich musste in diesen Menschen wechseln, weil mein Körper im Sterben lag."

Die Frau hörte zwar aufmerksam zu. Doch überzeugt wurde sie erst von einem telepathischen Gruß. "Was hast du dir nur dabei gedacht", brummte sie.

Wie ein Zuschauer nahm Keegan wahr, dass sich sein Körper hinter Biru an den Aufstieg machte. Eine halbe Stunde später dachte er anders. Der Weg wurde steiler und felsiger. Seine Beine schmerzten von der ungewohnten Belastung. Die Zunge klebte am Gaumen und sein Körper verlangte energisch nach der gewohnten Menge Alkohol. Vor seinen Augen verschwammen die Bäume. Boshaft grinsende Gesichter formten sich aus der Rinde der Stämme. Seine Beine stolperten nur noch automatisch weiter. Dann, endlich!, der Himmel färbte sich bereits rot, erreichten sie den Gipfel des Berges.

Unter dichten Tannen standen mehrere blaue Zelte in deren Mitte ein Feuer brannte. Mittelgroße, zum Teil untersetzte Gestalten bewegten sich in diesem Lager. Die meisten trugen Sonnenbrillen. Ein flüchtiger Beobachter hätte sie für Indianer halten können, die hier eines ihrer Feste feierten. Einige junge Männer trugen trockene Äste zu einer flachen, felsigen Stelle und schichteten sie dort kunstvoll zu einem Scheiterhaufen auf. "Die Vorbereitungen für das Ritual", dachte Daschir. Ein Mann in mittleren Jahren kam auf sie zu. Sein kurzes, schwarzes Haar war bereits stark von Grau durchzogen. Der Blick der typischen Jandun-Augen bohrte sich tief in Keegans.

"Daschir!", sagte er und eine ganze Palette von Gefühlen schwang in diesem einen Wort. Erleichterung und Enttäuschung, Liebe und Misstrauen, Hoffnung und Angst.

"Ich bin so schnell als möglich gekommen, Farel", sprudelte er los. "Dieser Körper machte mir Probleme. Er denkt immerzu daran, wie er an einen Drink kommen könnte, dieser versoffene Nichtsnutz!"

"Ruh dich zuerst einmal aus", schlug Farel vor und führte ihn zum Feuer. "Dann werden wir sehen, was wir für dich tun können."

Die Ruhe in der Stimme seines Bruders übertrug sich auch auf Daschir. Wie aus weiter Ferne fühlte er Keegans Aufbegehren, doch es war ihm ein Leichtes, ihn nieder zu halten. Erschöpft ließ er sich auf einen Campingstuhl fallen und trank gierig den Eistee, den ihm eine junge Frau reichte. Zuerst einmal ausruhen, dachte Daschir und ließ den Blick über seine Leute schweifen. Etwa dreißig schätzte er ihre Zahl. Aber es würden noch mehr kommen.

Die Sonne näherte sich dem Horizont. Einige Frauen begannen zu kochen und bald mischte sich der Duft von gebratenem Fleisch und gekochtem Gemüse unter die frische Waldluft. In Keegans Bauch rumpelte es. Daschir freute sich auf das Essen.

Sein Blick fiel auf ein Paar mit einem Kind. Der Junge war etwa drei Jahre alt. In zwei Jahren würde er erwachsen sein. Eine Welle von Trauer schwemmte über ihn hinweg. Es war einfach nicht fair, dass sie auf dieser Welt gefangen waren. Hier alterten sie viermal schneller als in ihrer Heimat. Irgendetwas beschleunigte ihren Stoffwechsel auf fatale Art. Keegan war 29 Jahre alt. Das hatte Daschir schon herausbekommen. So alt wurde ein Jandun nie. Er selbst war neun Jahre alt gewesen als sein Körper starb. Wenn es ihnen gelänge die Körper von Menschen zu übernehmen ohne deren Persönlichkeiten .... Nein, die einzige Chance war ein Ritual, das ihnen ein Tor in ihre eigene Dimension öffnete. Er sah die Mitglieder des Rats vor dem Scheiterhaufen stehen. Horrid war schon sehr gebrechlich, obwohl er erst 22 war. Dagegen wirkte Schorku mit seinen 24 viel frischer. Morgen, tröstete er sich, morgen nacht ist alles vorbei. Das Ritual würde ein Tor nach Jahanda öffnen und dann .....

"Und was geschieht mit mir?" , meldete sich Keegan.

"Ich weiß es nicht" , antwortete Daschir wahrheitsgemäß. "Wir wissen nur von einem Jandun, der im Körper eines Menschen lebte. Er starb mit ihm im hohen Alter und es gelang ihm nicht, sein Wissen auf einen von uns zu übertragen. Er diente uns mehr als vierzig Jahre."

"Nur dein Wissen wird übertragen? Und du?"

"Ich werde endgültig sterben." Die Gedankenstimme Daschirs ließ keine Emotionen erahnen.

"Du wirst sterben? Hast du keine Angst?" , wunderte sich Keegan.

"Mein Körper ist schon tot. Glaubst du, es ist ein Vergnügen, in deinem Körper zu sein? Dein Magen ist übersäuert, die Leber zeigt erste Anzeichen von Verhärtung und von deinem Gehirn will ich gar nicht reden. Wenn du weiterhin so säufst, wirst du in spätestens zehn Jahren tot oder zumindest vertrottelt sein. Es ist eine Schande, was du dir antust! Die Götter hätten dir niemals so einen langlebigen Körper geben dürfen. Ich bin lieber tot als noch länger in dir gefangen!"

Daschir wappnete sich gegen eine empörte Antwort, doch es kam keine. Vorsichtig tastete er nach dem Bewusstsein des jungen Mannes und fand es zusammengerollt in einem Meer von Pein. Bestürzt löste er die geistige Klammer. Augenblicklich flossen heiße Tränen über Keegans Wangen und sein Körper zuckte unter dem Schluchzen, das er nicht mehr unterdrücken konnte. "Vielleicht sterbe ich auch, dann hab ich's hinter mir" , dachte Keegan hoffnungslos und überließ sich dem Schmerz.

Kühle Finger legten sich auf seine Schultern, eine Hand nahm die seine. Sanft drängten ihn die Jandun zum Aufstehen. Er fand sich mit einem Mal umringt von schwarzhaarigen Menschen, die ihre blauvioletten Augen fest auf ihn richteten. Viele Hände stützten ihn, der sich allein kaum auf den Beinen hätte halten können. Dann geschah etwas Unbegreifliches. Gehalten von der telepathischen Gemeinschaft der Jandun widerfuhr ihm Heilung. Keegans Seele definierte es als ein sanftes Streicheln, das den Schmerz linderte. Er fühlte sich wie in einem warmen, weichen Nest, das Schutz und Geborgenheit bot wie er sie nie in seinem Leben gekannt hatte. Ein letzter Seufzer entrang sich ihm. Dann sah er sich um. Die Jandun wichen zurück und er war wieder allein mit Daschir. Erstaunt entdeckte er Reue und Schuldbewusstsein in den Gedanken des Jandun.

Ein Teller wurde ihm in die Hand gedrückt. Der würzige Duft ließ ihm das Wasser im Mund zusammenrinnen. Noch leicht benommen setzte er sich wieder und begann zu essen.



Faserige Wolken breiteten sich über das tiefe Blau des Himmels und zogen weiße Schlieren durch die Sternbilder. Um den vollen Mond zog sich ein sanft geschwungener Wolkenschal. Die Jandun hatten den Scheiterhaufen entzündet und umstanden nun das Feuer. Keegan wurde brutal in den Hintergrund gedrängt als Daschir vor dem Feuer Aufstellung nahm. Eine Flöte schickte klagende Töne durch die Nacht, begleitet von Rasseln und dem Stampfen vieler Füße. Dann begann eine tiefe Stimme ein gutturales Lied zu singen. Keegan konnte die Worte nicht verstehen, aber er fühlte die Macht, die in ihnen steckte. Ein Kribbeln wie von tausend Ameisen überlief seinen Körper, durchdrang ihn und vibrierte durch jede Zelle. Das musste der Zauber sein von dem Daschir gesprochen hatte. Eine weitere Stimme fiel in den Gesang ein, noch eine und noch eine, bis ein ganzer Chor von Stimmen den Text immerfort wiederholte. Eine seltsame Spannung lag in der Luft und ließ die Natur den Atem anhalten. Kein Windhauch strich durch den Wald. Auch hatte er noch keine einzige Eule rufen hören. Daschir breitete die Arme weit aus. Das Wissen vieler weiser Jandun ließ machtvolle Magie durch den schwachen Körper strömen. Seine Zunge formte mühelos die Worte des Rituals. Jetzt ertönte ein leises Grollen. Das Feuer loderte heller und das Geräusch schwoll an. Die Jandun sangen unbeirrt ihr magisches Lied. Das Donnern wurde zu einem lauten Getöse das in einem ohrenbetäubenden Krachen gipfelte, begleitet von einem immensen Blitz. Keegan klangen die Ohren. So erkannte er erst Sekunden später, dass nun absolute Stille herrschte. Grelles Licht erhellte den Harney Peak. Das Feuer war niedergebrannt und an seiner Stelle war eine wie Perlmutt schillernde Kugel entstanden. Sie war die Quelle des hellen Lichts. Mit gemessenen Schritten ging Schorku auf die Kugel zu und verschwand darin. Keegan konnte förmlich die gespannte Erwartung der Jandun fühlen. Aller Augen war auf das gleißende Gebilde gerichtet. Es dauerte nur wenige Minuten, dann tauchte Schorku stolpernd wieder auf. Sein weißes Haar war angesengt und dunkle Flecken breiteten sich auf seiner nun zerrissenen Kleidung aus. Hilfreiche Hände bremsten seinen Sturz und ließen ihn sanft zu Boden gleiten.

"Das ist nicht Jahanda", flüsterte er blubbernd während Blut aus Mund und Nase sickerte. "Diese Dimension ist noch schrecklicher als die damals am Devils Tower." Der geschundene Körper krümmte sich unter einem krampfhaften Husten.

Die Hände der Umstehenden legten sich auf ihn und wieder umfing die telepathische Gemeinschaft der Jandun eine leidende Seele. Doch diesmal war es anders. Ein Jüngling legte seine Hand auf die runzlige Stirn und nahm alles Wissen Schorkus in sich auf während die Seele aus dem zerstörten Körper floh. Ein tiefer Seufzer ging durch die Reihen der Anwesenden. Sie hatte es wieder nicht geschafft. Daschir zog sich zurück. Es traf Keegan wie ein Hammer. Er hatte das Ritual aus seiner dunklen Ecke heraus beobachtet, doch wieviel Kraft es seinen untrainierten Körper gekostet hatte, fühlte er erst jetzt. Seine Knie gaben unter ihm nach. Schlafen war alles, woran er denken konnte, egal wo und wenn es in den verkohlten Resten des Feuers war.



Schmerzende Muskels, ein steifes Genick und eine trockene Kehle weckten Keegan. Mildtätige Hände hatte ihn in einem der Zelte in einen Schlafsack gesteckt. Die hochstehende Sonne schien genau auf die blaue Leinwand. Mühsam quälte er sich in eine sitzende Position. Jeder einzelne Muskel protestierte mit Stechen und Ziehen. Neben seinem Lager stand eine Schale mit einer kräftig duftenden Brühe. Sie war heiß und vertrieb ein wenig die Schmerzen. Ohne abzusetzen trank er die Schale leer und ließ sich wieder zurücksinken. Den Rest des Tages verdöste er.

Gegen Abend trat Farel auf ihn zu. "Es ist soweit, Bruder", sagte er ernst und führte ihn zum Scheiterhaufen, neben dem ein Jugendlicher saß. "Das ist Agis. Er ist viereinhalb Jahre alt. Der Rat hat beschlossen, dass er dein Wissen aufnehmen wird."

Daschir nickte zufrieden. Zuerst streckte er sich auf dem Lager aus und entspannte sich. Die Jandun versammelten sich um ihn und begannen zu singen. Es war ein eindringliches Lied, das die Seele frei machte, den Körper zu verlassen. Wie Tau sickerte die Musik in Daschirs Wesen. Er hatte keine Angst vor dem Tod. Das lag schon hinter ihm. Jetzt dachte er nur noch daran, wie er seinem Volk dienen konnte. Sein telepathischer Fühler tastete nach Agis. Ja, der Junge war bereit. Ein junger, gesunder Geist. Das war das richtige Gefäß für all seine Forschungen. Der Gesang legte eine schützende Hülle um ihn und zeigte ihm den Weg. Behutsam löste er sich von dem Menschenkörper und machte sich für den Transfer bereit. Es war als zöge eine Pflanze ihre Wurzeln aus dem Erdreich um sie woanders zu versenken. Eben wollte er den letzten Kontakt lösen, da ging ein schmerzhafter Riss durch sein Sein.

Keegan schrie in Todesangst auf. Sein Körper bäumte sich auf und schlug wild mit Armen und Beinen um sich. Mit aller Kraft klammerte er sich an Daschirs Bewusstsein. Denn er spürte, dass der Jandun sein Leben mit sich nahm, wenn er ihn verließ. Ein mörderisches Ringen begann, ein Kampf wie ihn Keegan noch nie erlebt hatte. So darf es nicht enden, sagte er sich immer wieder. Verzweifelt fühlte er wie sich sein Griff lockerte. Noch einmal sammelte er seine Kraft, doch zu spät. Tiefe Trauer und Enttäuschung über sein Versagen waren seine letzten Empfindungen als er in eine bodenlose Schwärze sank.



Das Knistern eines Feuers, die Hitze der Flammen und der Duft von Kräutern waren seine ersten Eindrücke als Keegan erwachte. Ich bin nicht tot, dachte er, Tote haben keine Schmerzen. Und er fühlte sich wie durch einen Fleischwolf gedreht. Es kostete ihm schon unendlich viel Kraft die Lider zu heben. Kalte Sterne und der volle Mond sahen auf ihn herab. In seiner Nähe hörte er ein Flüstern. Die Jandun! "Daschir ist nicht mehr in mir", wollte er sagen, doch es kam nur ein unverständliches Krächzen über seine Lippen. Erst als Biru ihm ein wenig heißen Tee eingeflößt hatte, fühlte er sich besser und konnte auch wieder leise sprechen.

"Er ist weg", teilte er einer Gruppe alter Männer mit.

Aufgeregtes Murmeln erhob sich. Biru verschwand und Keegan war einfach zu erschöpft um dem heftigen Disput der Jandun zu folgen. Müde schloss er wieder die Augen. Er wollte nur noch schlafen. Würde er jemals wieder ausgeruht und kräftig sein? Irgendwann fühlte er sich hochgehoben. Kräftige Arme trugen ihn zu den Zelten und legten ihn in einen Schlafsack. Das alles nahm er nur wie durch einen Schleier wahr. Das Einzige, das er jetzt ersehnte, war Ruhe.

Vogelgezwitscher und das Rumoren in und um den Zelten weckte Keegan. Sein Mund war trocken und als er sich aufsetzte, stach ein scharfer Schmerz durch seinen Schädel. Er hatte doch tags zuvor fast nichts getrunken! Verschlafen rieb er über seine Bartstoppel. Seit zwei Tagen hatte er sich nicht mehr rasiert. Draußen hörte er ein Brutzeln und der Duft von frischem Kaffee und gebratenem Speck mit Eiern stieg ihm in die Nase. Das ließ ihm das Wasser im Mund zusammenrinnen. Auch sein Magen knurrte bedenklich. Steifbeinig kroch er aus dem Zelt. Überall saßen Jandun und frühstückten. Ihre Gesichter waren ernst, aber nicht hoffnungslos.

Langsam ging er durch das taufeuchte Gras zur Kochstelle wo einige Frauen Essen verteilten. Biru war auch darunter. "Guten Morgen", sagte er mit rauher Stimme. "Kann ich auch etwas haben? Ich kann es bezahlen."

"Nicht nötig. Ein Frühstück ist bei uns immer umsonst." Die Worte klangen freundlich, doch Birus Miene war undurchdringlich als sie ihm einen Teller mit Eiern, Speck und Toast und einen Becher Kaffee reichte. "Farel will noch mit dir sprechen bevor du gehst."

Während er aß lauschte Keegan in sich hinein. "Daschir?" , rief er in Gedanken. Doch nichts rührte sich. Endlich war er den Jandun los. Aufatmend lehnte er sich gegen eine dicke Buche. Ein neuer Tag, ein neues Leben, dachte er. Über ihm spielten zwei Eichhörnchen keckernd Fangen. Keegan lächelte. Wenn er jetzt ein Eichhörnchen wäre! Seufzend zählte er sein Geld. Er brauchte einen Job. Vielleicht sollte er es in Rapid City versuchen. Da würde er sicher etwas finden. Es war ihm egal was. Anfangs würde er im Wagen schlafen und später könnte er sich ein Zimmer mieten. Oh! Sein Wagen! Die Erinnerung an den Kampf mit Daschir kam wie ein Hammer. Wie war das gewesen? Hatte es nicht ordentlich gekracht? Vielleicht war der Rover nur noch ein Haufen Schrott!

"Keegan!", Farel stand vor ihm. "Ich will mit Daschir sprechen."

"Der ist doch in dem Jungen. Warum kommst du zu mir?", wunderte sich dieser.

"Agis hat nichts empfangen. Er muss noch bei dir sein."

"Aber ich fühle nichts. Er ist weg."

Farel schüttelte störrisch den Kopf. "Vermutlich ist er nur geschwächt von dem missglückten Transfer. Komm!" Mit großen Schritten ging er Keegan voran, den Berg hinunter. Am Parkplatz hielt er zielstrebig auf den alten Rover zu.

Entsetzt sah Keegan den aufgerissenen Reifen, den eingedrückten Kotflügel. Die Achse hatte wohl auch einiges abbekommen und wie es mit der Lenkung stand, wollte er gar nicht wissen. Eine schwarz glänzende Lache versprach Übles. "Den kann ich vergessen", brummte er verdrossen.

"Das ist nicht das Problem", widersprach Farel und vergewisserte sich, dass es keine ungebetenen Zuschauer gab. Ein Leuchten kam aus seinen Händen und das Loch im Reifen schloss sich, Metall glättete sich. Mit einem Mal stand der Wagen unversehrt da. "Daschir trägt das Wissen von einigen namhaften Jandun-Forschern in sich. Er kann nicht einfach verschwunden sein. Wenn er sich erholt hat, wird er seine Suche fortsetzen. Dazu braucht er deine Hilfe." Diese Worte erstickten Keegans Dank im Keim.

"Er ist aber nicht mehr in mir. Und ich kann nichts tun um euch zu helfen."

Farels herrische Handbewegung brachte Keegan zum Schweigen. "Er wird sich wieder bei dir melden. Du sollst einfach dorthin gehen, wo er hin will und ihm für seine Arbeit deinen Körper leihen."

"Aber mein Körper muss auch essen und schlafen. Ich muss Geld verdienen, damit ich leben kann", wandte Keegan ein.

Im nächsten Moment drückte ihm Farel ein Stück Plastik in die Hand. "Mit dieser Kreditkarte kannst du dir Geld für deinen Lebensunterhalt beschaffen. Die Jandun verlangen nichts Unmögliches."

Ein breites Grinsen erschien auf Keegans Gesicht. Er würde niemals wieder Geldsorgen haben. Plötzlich sah seine Zukunft sehr rosig aus. "Und der Code?", fragte er ungeduldig.

"Den weiß Daschir. Hältst du uns für blöd?", brachte ihn Farel wieder in die harte Wirklichkeit.

Das war also der Haken an der Sache. Seufzend steckte er die Karte in die Brusttasche seiner ausgebleichten Jeansjacke. "Nettes Andenken", höhnte er und stieg in den Rover.

"Daschir soll sich bei mir melden, wenn er wieder auf dem Damm ist", bat Farel abschließend mit unbewegtem Gesicht. Dann wandte er sich ab und ging wieder den Berg hinauf.



Keegan lenkte den Wagen auf die Straße. Nach Rapid City. Dort würde er ein ganz normales Leben führen und den Alptraum der letzten Tage vergessen. Ja, vergessen. Das war gut. Er beschloss dem ein wenig nachzuhelfen. An der nächsten Raststätte hielt er an und kaufte eine Flasche Gin. Ein Waldweg, zwei Meilen weiter, war genau das, was er jetzt brauchte. Mit einem erwartungsvollen Grinsen stellte er den Rover ab und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Das tat gut! Jetzt wusste er, was ihm gefehlt hatte! Noch einmal setzte er die Flasche an. Als er sie von seinen Lippen löste war der Pegel deutlich gefallen. Schon fühlte er sich leicht und frei. Nur ein Ziehen in seinem Kopf störte ihn. Noch ein Schluck, dann war auch das vorbei, dachte er.

"Bist du verrückt?" , explodierte Daschirs Stimme in seinem Kopf. "Ich muss nach St. Paul in das Minnesota History Center und du hast nichts Besseres zu tun als dich zu besaufen!" Mit roher Gewalt wurde Keegan in eine finstere Ecke verbannt. Dann steckte der Jandun einen Finger tief in den Rachen und erbrach den Schnaps. "Das muss ein Ende haben!" , schimpfte er. "Du hast meine Magie für mindestens einen Tag lahmgelegt."

"Steck dir deine Magie sonstwo hin" , gab Keegan trotzig zurück. "Warum konntest du nicht verschwinden? Ich hab immer nur Pech!"

"Glaubst du, ich bin glücklich?" , konterte Daschir. "Wir müssen sehen, dass wir das Beste daraus machen."

"Das Beste? Ja, ich werde gegen den nächsten Baum fahren."

"Das kann ich nicht zulassen" , wies ihn Daschir kalt zurecht. "Du hast dich bis jetzt immer nur treiben lassen. Es wird Zeit, dass du dein Leben selbst in die Hand nimmst."

"Und wie soll ich das machen mit einem Jandun in meinem Kopf, der mich jederzeit einsperren kann?"

Ein unwilliges Brummen kam von Daschir. "Ruh dich jetzt aus. Dein Körper muss den Alkohol absorbieren. Und dann ist wohl ein wenig Konditionstraining notwendig." Eisern zwang er Keegan zur Ruhe.

"Wir werden ja sehen" , grollte Keegan und entspannte sich. Er hatte genug Alkohol im Blut um sich wohl zu fühlen. Das ganze Leben lag noch vor ihm und St. Paul war genausogut wie Rapid City.


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