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DIE DRITTE HAND

von Susanne Stahr



Einzeln oder in kleinen Gruppen flanierten die Magier durch den Garten der Zauberakademie von Helonida. Sie alle waren erschöpft von dem dreitägigen Wettbewerb, in dem der Beste für die nächsten drei Jahre gekürt werden sollte. Jetzt beriet die Kommission. Von den dreißig Bewerbern waren elf schon am ersten Tag ausgeschieden. Der zweite Tag warf weitere siebzehn Zauberer aus dem Rennen. Zum Schluss war es nur noch ein Duell zwischen Quirool und Flaguen. Wer würde den Preis gewinnen?

Materielle Vorteile waren mit einem Sieg nicht verbunden, wenn man von einer polierten Medaille aus versilbertem Messing absah. Viel wichtiger war den Zauberern die Ehre.

Flaguen schob seine massige Gestalt an Quirool heran. "Ich bin ganz sicher, dass ich die Medaille gewinne." Sein runder Bauch berührte fast die Robe seines zierlich gebauten Kollegen.

"Deine Sprüche waren gut", gab dieser widerwillig zu. "Aber die Gesten wirkten auf mich gelegentlich unsauber." Es machte ihm Spaß, seinen schärfsten Kontrahenten zu kritisieren.

Flaguen nagte an seiner Unterlippe. "Wir werden ja sehen", meinte er und stolzierte davon.

Da dröhnte schon der Gong durch den Garten. Die Magier strömten in die Aula. Knisternde Spannung hing spürbar in der Luft. Da standen sie nun, fünf Erzmagier, uralt, weise und mächtig. Nicht das kleinste Geräusch war zu hören. Die ganze Versammlung schien den Atem anzuhalten.

Da trat der Fürst-Magus vor. "Die Kommission hat entschieden, dass dem Meistermagier Quirool der Preis gebührt."

Wie in Trance trat der kleine Zauberer vor. Der Applaus der Versammelten rauschte in seinen Ohren als er die Medaille entgegen nahm. Er hatte den Gipfel des Glücks erklommen. Dass Flaguen leichenblass wurde, bemerkte er gar nicht. Er taumelte von einem zum anderen, nahm Glückwünsche entgegen und ließ sich schließlich von seinem Gehilfen Pnuff zur Herberge führen.

Und noch etwas entging ihm. In der Nacht erschien ein dunkler Schatten unter seinem Fenster und murmelte unverständliche, jedoch mächtige Worte. Eine kleine, irisierende Wolke glitt durch das offene Fenster und verschwand im Inneren. Boshaft kichernd entfernte sich die Gestalt wieder.



Als sich Quirool am nächsten Morgen mit Pnuff auf den Heimweg machte, hatte er keine Ahnung von dem nächtlichen Besuch. Glücklich verabschiedete er sich von seinen Kollegen, auch von Flaguen. Dass dieser besonders freundlich war, fand er zwar seltsam, machte sich aber keine Gedanken. Das böse Erwachen kam erst als sie am Abend ein Dorf erreichten.

Quirool war kein wohlhabender Magier. Die Reise nach Helonida hatte er finanziert, indem er in jedem Dorf Hexenschüsse behandelte, Kobolde vertrieb oder Regenwolken rief. Die Heimreise nach Tschurf musste er ebenso bewerkstelligen wie die Hinreise, wollten er und sein Gehilfe nicht verhungern. Nun zeigte sich aber, dass jedes Mal, wenn er zauberte, irgend etwas an seinem Körper zu wachsen begann. Die Neutralisierung dieses Effekts kostete ihm soviel Magie, dass an eine Befreiung von dem Zauber nicht zu denken war. dass Flaguen die Ursache seiner Nöte war, erkannte er sehr bald. Der Zauber trug unverkennbar die Handschrift seines Rivalen.

Pnuff hatte ihm angeboten, statt ihm zu zaubern. Doch davon waren sie abgekommen, nachdem aus dem Euter einer Kuh statt Milch Eier kollerten. Er war je ein tüchtiger Bursche, doch musste er noch viel lernen. Vor einem halben Jahr hatte er bei Meister Kjölli seine Gesellenprüfung abgelegt. Danach war er, wie es der Brauch vorschrieb, auf Wanderschaft gegangen. Quirool war der zweite Meister, bei dem er Arbeit gefunden hatte und dort war er jetzt seit vier Monaten und wollte es auch noch länger bleiben.

Vor einer halben Stunde hatte Quirool ein gebrochenes Bein geschient und einen Heilzauber darüber gesprochen. Was mochte jetzt passieren?



"Was starrst du mich so an?", keifte Quirool seinen Gehilfen Pnuff an. Hast du noch nie einen Meistermagier gesehen?"

"A...a...aber, Meister", stotterte Pnuff verlegen und deutete mit einem fleischigen Zeigefinger auf die Stirn des kleinen Mannes vor ihm.

"Ist es schon wieder passiert?" Jetzt hatte die Stimme einen weinerlichen Beiklang. Die kleinen, wohlgeformten Hände tasteten die Stirn ab und stießen auch bald auf das gedrehte Horn, das dort wuchs. Das war nicht nur ärgerlich, sondern auch in höchstem Maße störend. Das Ding wollte nicht aufhören zu wachsen.

Quirool sprach seufzend einen Gegenzauber. Das Horn schrumpfte zusehends. "Mach Feuer, Pnuff. Ich hab Hunger", brummte er resignierend und setzte sich auf einen der Felsblöcke, die die Quelle, an der die beiden lagerten, in lockerem Kreis umgaben.

Gedankenverloren sah Quirool ihm zu wie er den Kessel über das Feuer hängte. Sie waren ein ungleiches Paar, obwohl Pnuff nur wenig größer als sein Meister war. An Quirool war alles klein und edel geformt. Pnuff hätte ein Bauer sein können, mit seiner untersetzten Gestalt und den breiten Händen. Die mädchenhaft dünnen Finger des Magiers strichen über die Stirn. Dem heiligen Plumpudding sei Dank! Das Horn war weg.

"Was soll ich nur tun?", murmelte er vor sich hin.

"Ich könnte für unseren Unterhalt arbeiten", erbot sich Pnuff.

"Nein, lieber nicht. Eine eierlegende Kuh reicht", wehrte er ab. "Was die Leute jetzt brauchen, ist Regen. Das muss ich selbst machen." Man brauchte sich nur das dünne Rinnsal ansehen, das hier der Erde entsprang, um die Wahrheit seiner Worte unterstrichen zu erkennen.

"Ich könnte Holz hacken oder Unkraut jäten", meinte Pnuff mit gesenktem Kopf während er Salz, eine geschälte Zwiebel und Petersilie in das brodelnde Wasser warf. Die Teile des gerupften Huhns folgten. "Singen wäre auch eine Möglichkeit."

Ja, das konnte er, der gute Pnuff. Seine besondere Begabung war, dass er in seinen Gesang jede Menge Magie einfließen lassen konnte um damit seine Zuhörer zu manipulieren.

"Das wäre doch Betrug", wandte Quirool halb überzeugt ein.

"Die Menschen zahlen gern für ein gutes Lied", bohrte Pnuff an der Redlichkeit seines Meisters.

"Du meinst es nicht ehrlich", schimpfte dieser schwach. "Ich sehe dein Grinsen."

Und so kam es dann auch. Pnuff nahm jede Arbeit an, die sich bot. Doch manchmal gab es nichts für ihn zu tun und da sang er ein Lied, dass die Herzen der Menschen dahin schmelzen ließ. Zwei Wochen später erreichten sie, ohne wesentlich Gewicht verloren zu haben, ihr Häuschen in Tschurf.

Obwohl ihm nicht wohl dabei war, hatte Quirool dann doch nachgegeben. Gebratene Hammelkeulen und Kirschenkuchen konnten jedes Gewissen einschläfern. Aufatmend ließ sich der Meistermagier in seinen Lieblingssessel sinken. Pnuff werkte bereits in der Küche und der Duft von Kräutertee und gebratenem Speck ließ Gutes ahnen. Er dankte dem heiligen Plumpudding, dass Pnuff so praktisch veranlagt war.



"Heute möchte ich den Fluch loswerden", verkündete Quirool beim Frühstück. Er hatte gut geschlafen, endlich wieder in seinem Bett, und er war voller Tatendrang. "Du nimmst dir die Cordonischen Beschwörungen vor und ich werde Sondraks Geheimen Nachlass durchforsten. Falls wir da nichts finden, können wir noch die Zauberlehre Meister Mintachs und ...."

Ungeduldige Schläge an die Haustür ließen ihn verstummen. Pnuff stopfte noch schnell das letzte Stück Brot in den Mund und ging öffnen. Wenig später kehrte er mit der Witwe Blasia wieder.

"Meister Quirool, ich bin ja so froh, dass du wieder da bist!," begrüßte sie den Zauberer und pflanzte ihre magere Figur in Pnuffs Stuhl. "Dieser Hexenschuss!", jammerte sie. "Du musst mir unbedingt helfen!" Bei diesen Worten legte sie zwei Silbertaler auf den Tisch. "Reicht das?"

Quirool fühlte sich hin und her gerissen. Wenn er jetzt diese Frau behandelte, konnte er damit rechnen, dass wieder irgend etwas aus seinem Körper wuchs. "Nun ja, ich ... äh ..."

Ein dritter Silbertaler gesellte sich zu den Zweien. "Ich habe furchtbare Schmerzen."

Es war der Frau anzusehen, dass sie nicht log. Nun, dachte er, ein Tag mehr spielt auch keine Rolle mehr. Freundlich lächelnd führte er sie in sein Besucherzimmer. Ein kurzer Spruch nahm ihr die Schmerzen. Dann gab er ihr noch eine Salbe. "Damit musst du dich morgens und abends einreiben. Sonst kommt es wieder. Du solltest auch nichts Schweres heben für einige Zeit," ordnete er an.

"Ich danke dir, Meister Quirool!", flötete die Witwe. Sie wollte sich noch in weitere Lobeshymnen ergehen, doch Pnuff schob sie geschickt zur Tür hinaus.

"Jetzt können wir loslegen", erklärte er und rieb die Handflächen aneinander. Ein Wink mit dem Zeigefinger ließ ein dickes Buch auf ihn zu flattern, mit dem er sich in eine Ecke des Zimmers zurück zog.

Zwei Stunden lang war nun das leise Geräusch zu hören, das beim Umblättern der Seiten entstand. Quirool rieb seinen Nacken und streckte sich, dass es knackte. "Du könntest Kaffee kochen, Pnuff", sagte er und kratzte sich hinterm Ohr. Zuerst fiel ihm gar nichts auf, doch als er sich eine Locke aus der Stirn strich, ohne das Buch los zu lassen, stutzte er.

"Pnuff!", brüllte er.

Sein Gehilfe, der gerade mit dem Kaffe zurück kehrte, ließ beinahe das Tablett fallen. "Meister!", rief er aus. "Das war der Hexenschuss!"

Unglücklich schlug Quirool alle drei Hände vors Gesicht. "Jetzt fängt das alles wieder von vorn an!", seufzte er. "Wie soll ich nur diesen Fluch loswerden!"

"Hm", brummte Pnuff und zupfte an seinen Bartstoppeln. Das war ein untrügliches Zeichen, dass er eine Idee hatte.

"Nun?", fragte Quirool hoffnungsfroh. "Was hast du ausgebrütet?"

"Ich finde, diese dritte Hand passt sehr gut zu den anderen beiden." Daraufhin duckte er sich schnell. Denn Meister Quirool hatte das Tintenfass nach ihm geworfen, mit der dritten Hand. Das Fass war leer und diente immer als Wurfgeschoss, wenn er sich über seinen Gehilfen ärgerte. Vorsichtshalber ging Pnuff hinter Quirools Lehnstuhl in Deckung. Von dort rief er: "Geschickter als die anderen ist sie auch. Diesmal hättest du mich fast getroffen."

"Du Schandmaul! Wie kannst du so etwas sagen!", schimpfte Quirool. "Nichtsnutziger Bursche! Hast du keine bessere Idee?"

"Aber Meister, du arbeitest doch seit langem an einem kombinierten Zauberspruch. Da sagtest du doch einmal, eine dritte Hand wäre hilfreich. Vielleicht gelingt er jetzt." Pnuff riskierte ein Auge als schon geraume Zeit Stille herrschte.

Quirool saß in tiefem Nachdenken versunken. Seine dritte Hand zauste dabei sein feines, graues Haar. "Komm her, Pnuff. Ich will mal etwas ausprobieren", sagte er lächelnd.

"Warum brauchst du mich dazu?", fragte Pnuff vorsichtig. Ihm war der hinterhältige Unterton aufgefallen.

"Du hast mich auf eine Idee gebracht und jetzt sollst du beim ersten Versuch dabei sein." Ungeduldig wedelte er mit seiner Extrahand.

Nun kam Pnuff zögernd näher. "Was hast du vor, Meister?" Misstrauisch legte er den Kopf schief.

Quirool hob grinsend die dritte Hand und beschrieb eine magische Geste.

"So etwas habe ich geahnt", piepste das Eichhörnchen, das nun statt Pnuff auf dem Teppich saß.

"Es funktioniert!", jubelte Quirool begeistert. "Du bist gar nicht so dumm, Pnuff." Aufgeregt suchte er in einem Berg von Papieren. "Wo sind denn meine Aufzeichnungen über den kombinierten Spruch. Hilf mir mal, Pnuff."

"Als Mensch könnte ich das sicher besser!", quietschte das Eichhörnchen verärgert.

"Ach so!" So ganz nebenbei vollführte Quirool eine andere Geste und Pnuff war wieder Pnuff.. "Ich will aber trotzdem mehr über diesen Fluch wissen. An die Arbeit, Gehilfe!"

Wieder versank das Haus in Schweigen. Am späten Nachmittag stieß Pnuff einen Schrei aus. "Das könnte es sein, Meister!", rief er und deutete auf eine Stelle in dem Buch, das er auf dem Schoß hatte.

Quirool fuhr schnaufend hoch. Er war über seinem Buch eingenickt. "Was schreist du so?", fuhr er seinen Gehilfen an. "Ich war gerade in diesen Abwehrzauber vertieft."

Pnuff unterdrückte ein Grinsen. "Sieh, Meister. Das hört sich so ähnlich an wie der Zauber, mit dem du belegt wurdest. Ein Fluch mit Sekundäreffekt."

Quirool schnäuzte sich in ein seidenes Tüchlein und besah sich interessiert die Passage. "Hm, ja. Sieh mal im Thaumaturgischen Lexikon unter Sekundäreffekt nach." Eine Hand verscheuchte lässig eine Fliege während die zweite das Buch hielt und die dritte umblätterte.

"Aber, Meister ...." Pnuff musterte seinen Arbeitgeber kritisch.

"Was ist denn? Pnuff, du sollst das Lexikon holen. Weißt du nicht, wo es ist?" Unwillig runzelte er die Stirn.

"Doch, doch, das weiß ich. Aber, Meister, es ist gar nichts gewachsen, als du mich in ein Eichhörnchen verzaubert hast. Jedenfalls kann ich nichts feststellen."

Sekundenlang starrte der Magier Pnuff an. Dann nickte er bedächtig. "Du hast recht. Es ist nichts dazu gekommen. Hol das Lexikon, aber blitzartig."

Pnuff sauste los und war eine halbe Stunde später wieder da. "Sekundäreffekte", zitierte er. "Bei nicht magischen Menschen unbegrenzt, bei Magiern einmalig, bei Tieren und Pflanzen unwirksam. Du hättest die äh ... Zuwächse einfach nicht gleich wegzaubern sollen, dann wäre die Sache von selbst zum Stillstand gekommen."

"Ach! Du meinst also, ich hätte mit einem Horn auf der Stirn herum laufen sollen? Oder mit einem Tentakel an der Hüfte? Oder mit einem Kuhschwanz? Von den Krebsscheren will ich gar nicht erst anfangen." Zornig reckte er seine kleine Gestalt um größer zu scheinen.

"Nun, letzten Endes hast du doch richtig gehandelt", lenkte Pnuff ein. "Mit der dritten Hand bist du doch gut bedient."

"Das kannst du laut sagen", stimmte Quirool zu. "Bring mir diese Werke." Er gab Pnuff eine Liste. Als dieser die Bücher angeschleppt hatte, nickte er zufrieden. "Du studierst jetzt mal die nächsten drei Kapitel in Badulafs 'Kunst der Magie'. Ich will heute nicht mehr gestört werden." Damit schob er seinen Gehilfen aus dem Zimmer und vertiefte sich in die Bücher.

Es war schon tiefe Nacht als Meister Quirool nach Pnuff brüllte. Seine Augen waren gerötet und brannten. Sein Nacken war steif und schmerzte. Aber um seine fein geschwungenen Lippen spielte ein vergnügtes Lächeln. "Sieh dir das an, Pnuff!", kicherte er und deutete auf einen der vielen vollgekritzelten Zettel, die seinen Schreibtisch bevölkerten. "Was sagst du dazu?"

Pnuff zog konzentriert die Brauen zusammen und las die Formel langsam durch, einschließlich aller Zusatzanweisungen. Es kostete ihn einige Anstrengung, doch schließlich verstand er sie doch. "Das ist genial, Meister!", sagte er bewundernd und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Diesen Spruch kannst nur du wirken."

"Ja, du hast es erfasst. Aus dir wird noch ein tüchtiger Meistermagier." Quirool wollte sich schier ausschütten vor Lachen. Dann schnappte er sich Pnuffs Ohr und flüsterte seine Pläne hinein. Als er endlich losließ, grinste sein Gehilfe breit. "Morgen schicken wir Melia, meine treue Brieftaube, mit einer freundlichen Einladung zu Flaguen", schloss Quirool gähnend. "Aber jetzt muss ich zuerst einmal schlafen."



Flaguen gestaltete seinen Besuch bei Quirool wie einen Triumphzug. Sein bestes Gewand spannte sich über seine tonnenförmige Gestalt, blitzblau mit Goldborte. Vier niedrige Dämonen trugen ihn in einer weißen Sänfte durch Tschurf und ein Rabe flog voraus und verkündete krächzend, dass der edle Meister Flaguen seinen ähem Kollegen mit seiner erlauchten Anwesenheit beehre.

Das Häuschen des Magiers begrüßte den Gast mit einladend geöffneter Tür. Pnuff, in einer schlichten, braunen Tunika, führte Flaguen ins Wohnzimmer, wo bereits der Tisch festlich gedeckte war. Gemäß der Tageszeit, es war früher Nachmittag, gab es Kaffee und eine Schokoladentorte mit Schlagobers.

Die Augen des fremden Magiers quollen bei diesem Anblick gierig aus den Fettwülsten. Doch er bemühte sich um eine gleichgültige Miene. Selbstgefällig ließ er sich in den bequemsten Sessel fallen. "Willst du mich mit einer Torte dazu bewegen, meinen Fluch von dir zu nehmen?", fragte er anzüglich während Pnuff ihm ein großes Stück auf den Teller legte. "Da wirst du schon etwas mehr investieren müssen, mein teurer Kollege."

"Lass es dir gut schmecken, mein geschätzter Gildenbruder", gab Quirool zurück. "Danach können wir verhandeln." Ungeniert benutzte er die dritte Hand um Kaffee einzuschenken während eine andere die Tasse hielt und die zweite die Zuckerdose öffnete. Flaguens faszinierte Blicke ignorierte er gekonnt.

Nun ergriff Pnuff seine Lyra und begann die Ballade vom verliebten Zauberer zu singen. Ganz vorsichtig ließ er in seinen Gesang Magie einfließen, die Flaguens Misstrauen einschläferte und ihn in eine unachtsame Stimmung versetzte.

Dann war es endlich so weit. Flaguen saß mit gut gefülltem Bauch da und musterte Quirool spöttisch. "Wie ich sehe, hast du dich bereits mit dem Fluch abgefunden", stichelte er. "Oder möchtest du ihn vielleicht doch loswerden?"

"Nun, dein Fluch hat mir einiges Ungemach bereitet"; gab Quirool zu. "Doch jetzt habe ich seine Struktur erkannt. Allerdings würde ich es begrüßen, wenn du ihn jetzt von mir nimmst."

Flaguen brach in wieherndes Lachen aus. "Was wäre dir denn die Auflösung meines Zaubers wert?" Schon warf er begehrliche Blicke auf Quirools magischen Spiegel, die sprechende Büste Meister Babulonias' und einige andere wertvolle Gegenstände. "Wie wäre es, wenn du mir dein Haus in Bausch und Bogen überschreibst? Du bist ja soooo ein guter Magier, dass du dir in, sagen wir .... Favtau ganz schnell eine gute Stellung erarbeiten kannst." Sein rundes Gesicht strahlte vor Vergnügen.

"Ich habe einen anderen Vorschlag", konterte Quirool lächelnd. "Favtau sagt mir vom Wetter her nicht zu. Meine alten Knochen vertragen diese heftigen Temperaturschwankungen nicht mehr."

Wieder lachte der dicke Magier. "Da bin ich aber gespannt. Das muss ja ein besonderes Angebot sein."

"Ja, das denke ich auch", sagte Quirool. "Ich werde dir einen mächtigen Zauber schenken. Er ist mehr wert als alles, was du hier in meinem Haus siehst. Bist du einverstanden?"

Nun zeigte sich die Wirkung von Pnuffs Gesang. Flaguen schöpfte keinen Verdacht. "Dann lass mal sehen. Aber bedenke, ich bin sehr anspruchsvoll."

"Genau das habe ich bedacht", nickte Quirool. Schon hob er alle drei Hände und zeichnete feurige Runen in die Luft während er einen komplizierten Spruch rezitierte.

"Und was soll der Spruch bewirken?", fragte Flaguen noch immer arglos.

"Nun, er lässt jeden Zauber, den du wirkst, auf dich selbst zurückfallen", kicherte nun der Meistermagier schadenfroh.

"Waaaas?" Flaguens Mienenspiel wechselte von Überraschung über Ernüchterung und Ärger zu Angst. Eine Rune und ein magisches Wort ließen einen Feuerball entstehen, der auch sofort ein Loch in seine blitzblaue Robe brannte. "Du hast mich hereingelegt, du Aas!", brüllte er.

"Nun ja, das will ich nicht bestreiten", gab Quirool zu. "Es hat mich echt verhärmt, dass du mich nach dem Wettbewerb so leicht erwischt hast. Allerdings hast du etwas übersehen."

Der Betrogene folgte diesen Worten mit offenem Mund. "Du ... du ... du ...", stotterte er nur.

"Das Gleichgewicht der Kräfte", fuhr der Meistermagier unbeirrt fort. "Dein Fluch hat mir mit dieser dritten Hand zusätzliche Macht verliehen. Ein Beispiel dafür ist der Zauber, mit dem ich dich belegt habe. Da ich aber Mitleid mit dir habe, überlasse ich dir sämtliche Unterlagen zu dem Fluch." Freundlich grinsend überreichte er Flaguen einen Stoß Papiere.

Eifrig begann dieser zu lesen. Doch sein Gesicht, das anfangs noch hoffnungsvoll war, wurde immer länger. "Aber wie soll ich denn ....?, jammerte er.

"Tja, das ist ganz einfach. Du brauchst dir nur einen dritten Arm wachsen lassen."

Magische Formeln flossen von den wulstigen Lippen. Es blitzte und donnerte, aber sonst geschah nichts. "Warum geht das nicht?", greinte Flaguen. Seine Selbstgefälligkeit war nun gänzlich dahin.

"Du hast schon wieder nicht aufgepasst. Wie willst du jemals einen Wettbewerb gewinnen?", rügte Quirool milde. "Ich sagte dir doch, dass nun jeder Zauber auf dich selbst zurück fällt. Richtest du jedoch einen gegen dich selbst, so neutralisiert er sich. Aber sei versichert, auch da gibt es einen Ausweg. Es ist nur eine Frage des Charakters." Quirool erhob sich. "Und nun verlass mein Haus und kehre nie wieder!", donnerte er.

Flaguens Abgang vollzog sich erheblich weniger pompös als seine Ankunft. Man könnte sagen, er glich einer heillosen Flucht.

Quirool und Pnuff aber machten sich über die Reste der Torte her.

ENDE



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