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DER UNBEGABTE POWDA

von Eva Kalvoda



Powda fand es ausgesprochen unangenehm, dass eigens wegen ihm eine Ratsitzung einberufen wurde. Die Erwachsenen waren furchtbar aufgeregt, und diskutierten heftig miteinander. Powda selbst konnte die ganze Aufregung nicht ganz nachvollziehen.

Okay, er hatte tatsächlich kein elektrisches Talent, und rein mechanisch war er auch keine Leuchte, aber das hieß doch noch lange nicht, dass er zu nichts zu gebrauchen war.

Gerade sprachen sie über die Sache mit der Statik. Das war nun aber wirklich ungerecht. Die dicke Loiba, mit ihrer ewig laufenden Nase war offensichtlich ein Naturtalent auf diesem Gebiet. Wer hätte das gedacht, hatte sie doch in ihren Kindertagen so gar kein Talent erkennen lassen. Ständig war sie hingefallen und hatte geheult. Wahrscheinlich war ihre Nase deshalb so rot, quasi ein Dauerzustand vom Weinen.

Tatsache war, die dicke Loiba hatte ein ganzes Zelt umgelegt, in dem sie nur einen ihrer dicken Finger auf einen bestimmten Punkt gedrückt hatte. Für Powda war das pure Angabe, hätte sie ihm fünf Minuten Zeit gegeben, hätte er das Zelt auch zerlegt, nur nicht mit einen Fingertippen, aber geschafft hätte er es. Und dann haben sich alle überschlagen, welche unglaubliche Begabung die dicke Loiba im Bereich Statik ist.

Zu Powda haben sie nur den Kopf geschüttelt, als er an den Stangen gerüttelt hat. Und dann haben sie ihn wieder weggeschickt, und dem Rat gesagt, man müsste etwas anderes für Powda finden.

Aber in der Technik-Abteilung ist es Powda auch nicht besser gegangen. Er verstand nicht, warum es so einen großen Unterschied machte, ob ein Kabel zu einer Batterie hin oder davon weg führte. Kabel war doch Kabel. Beide dick mit Plastik umpackt. Und dass die Batterie, statt langsam entleert zu werden, angefangen hatte zu kochen, war im Grunde doch nur Pech.

Und dann die Sache mit den Lampen. Als ob es wichtig wäre, ob diese Kontrolllampen leuchten oder nicht. Wenn was nicht funktionierte, merkte man das ohnehin.

Einen letzten Versuch wollten die Ausbilder noch starten, und Powda wurden zu den Schaltplanzeichner versetzt. Dort war es eine Zeit lang richtig nett.

Powda hatte schöne Zeichnungen abgegeben, und er mochte die geraden Striche. Aber dann waren sie angekommen, und hatten gesagt, dies würde so nicht funktionieren, dafür würde das andere explodieren. Und überhaupt, ob er eigentlich wisse, für was die Zeichen standen, die er in seine Pläne zeichnete.

Kurz darauf fand sich Powda bei den Mechanikern wieder.

Das war nun wirklich Arbeit nach seinem Geschmack. Schraub hier auf, füll dort hinein, Dreh kräftig zu, verbinde diese Teile. Es gab immer einfache Anweisungen, ohne lange Ursachen-Wirkungs-Gespräche, und im Theorie-Unterricht ließ es sich so richtig gut schlafen.

Warum die Ausbilder sich so über sein Tretboot aufgeregt hatten, konnte Powda nun wirklich nicht verstehen. Es war das lustigste Tretboot, das es jemals gab. Wenn man die Pedale trat, bäumte sich das Vorderteil auf, und wenn man lenkte, bäumte sich der Hinterteil auf. Wie wenn man am Wasser Hochschaubahn fahren würde. Na gut, man kam nicht weit, und konnte auch die Richtung nicht beeinflussen, aber dafür machte es so richtig Spaß.

Powda sah schon eine große Zukunft für sich in der Unterhaltungsindustrie, aber die Alten waren wieder einmal sauer, labberten etwas von unbegabt und größte Schande aller Zeiten, und holten Powda auch dort wieder weg.

Schließlich wurde Powda zu den Wasserträgern gesteckt. Lauter große Kerle, die zwei Kübeln auf einmal tragen konnten. Tatsächlich landeten dort alle, die nicht gerade mit Geistesgaben gesegnet waren. Darüber war Powda etwas gekränkt. Leider war er nicht so groß und stark wie die anderen. Powda konnte jeweils nur einen Eimer tragen, und das dauerte zweimal so lange wie normal. Und am Ende war nur noch einen Handbreit Wasser im Kübel, was den dort Verantwortlichen auch nicht zu passen schien. Powda verstand dass nicht. Wenn man das Wasser weg haben wollte, war doch egal wo es im Endeffekt landete, Hauptsache nicht dort wo es raus sollte, oder? Als er das seinen Ausbildern erklärte, schlugen sie die Hände über die Augen und stöhnten. Keiner schloss sich seiner Argumentation an, im Gegenteil, alle hackten auf ihm herum.

Und nun diskutierten die Alten schon eine Stunde lange, was man mit Powda anstellen sollte. Powda selbst fand diese Debatte völlig überflüssig. Schließlich hatte er schon bewiesen, dass er unheimlich kreativ sein konnte.

Einer von den Alten hatte sogar vorgeschlagen, Powda grün anzumalen und im Wald zu verstecken. Oder auf eine einsame Insel zu schicken.

Powda selbst fand es gar nicht so schlimm, dass er der einzige Gremlin in der Geschichte war, der gar keine technisch-mechanische Begabung besaß. Und überhaupt, was war kontrollierte Schadenseinwirkung?


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