REZENSION


HINTER DEM HORIZONT - DAS ENDE IST ERST DER ANFANG

von Andreas Leder



Regie: Vincent Ward
Darsteller: Robin Williams, Cuba Gooding Jr., Annabella Sciorra, Josh Paddock, Max von Sydow, Jessica Brooks Grant, Josh Paddock, Rosalind Chao, Werner Herzog
Originaltitel: What Dreams May Come, USA1998

Auf einem Bergsee stoßen zwei Boote aneinander, das ist der Beginn einer großen Liebe zwischen dem Kinderarzt Chris (Robin Williams) und der Künstlerin Annie (Annabella Sciorra). Doch nach einigen Jahren lässt sie das Glück im Stich. Ihre Kinder kommen bei einem Autounfall ums Leben und etwas später wird auch Chris von einem außer Kontrolle geratenen Wagen getötet. Annie hält die Einsamkeit nicht mehr aus und begeht Selbstmord...

Dies ist die Ausgangssituation, in der Vincent Wards bildgewaltige und farbenfrohe Vision vom Leben nach dem Tod einsetzt. Das Jenseits entpuppt sich als die Umkehrung des Lebens: Die Realität ist ausschließlich ein Produkt der eigenen Vorstellung.

Damit Chris die erste Zeit besser überstehen und verstehen kann und sich in seinem neuen Leben nach dem Leben besser zurecht findet, stellen sich verschiedene Personen an seinen Seite. Mit der Zeit erkennt er, dass es sich bei diesen Seelen um seine früh verstorben Kinder handelt. Die Wiedersehensfreude ist entsprechend groß.

Während Chris und die Kinder sich in Himmel tummeln, fristet Annie ihr Dasein in einer depressiven Hölle.

Selbstmörder kommen eben nicht in den Himmel. Das ist keine Bestragung, sondern logische Konsequenz.

In diesen düsteren Orkus wagt sich Chris hinab, um Annie zu retten. Er geht aber nicht alleine, sondern findet Begleiter, die ihresgleichen suchen. Natürlich findet er Annie, aber seine Worte dringen nicht bis zu ihr durch, so tief ist sie in ihrer Depression verstrickt. Er verabschiedet sich von seinem Begleiter, denn seine weitere Existenz möchte er an der Seite seiner Frau verbringen. Da greift die Depression auch nach ihm.

Jetzt erst erkennt Annie, dass es sich bei dem Besucher um ihren geliebten Mann handelt, der sie gesucht und gefunden hat. Jetzt erst ist es ihr möglich, die Depression zu überwinden. Gemeinsam sind sie stark genug, der Düsternis zu entkommen.

Beide sind nun in der Welt, die sich Chris erträumt hat, vereint mit ihren Kindern. Bald schon entschließen sie sich zu einer Wiedergeburt.



In der letzte Szene des Filmes spielen ein Bub und ein Mädchen auf einem Bootssteg. Sie lassen kleine Spielzeugboote auf dem Wasser fahren, die aber zusammenstoßen. Die Kinder sehen sich an, lächeln und gehen aufeinander zu. Sie haben sich wieder gefunden.

Der Film hat eine simple Botschaft: Liebe ist stärker als der Tod.

Um so komplexer sind die überwältigenden Bilder. Für die visuellen Effekte gab es sogar den Oscar.



Die opulenten Bilder, die angebotenen Optionen der Polarität von Himmel und Hölle, abseits jeglicher Religiosität, entsprechen sicher vieler Leute Verständnis vom Leben nach dem Leben.

Im Himmel bestimmt die Phantasie deine Existenz. Willst du fliegen, dann fliegst du, willst du gehen, dann gehst du. Hast du Boden unter den Füßen, ist es gut. Hast du keinen Boden unter den Füßen, ist es auch gut.

Die althergebrachten Sichtweisen aus dem körperlichen Leben haben hier keine Bedeutung mehr. Was Bedeutung hat, ist das Miteinander, die Freundschaft und die Liebe. Der Rest ist gestaltbare Kulisse.

Ich mag diesen Film, er ist ganz einfach wunderbar.


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