AUTORENPORTRAIT

INTERVIEW
Andrea Gluding und Marcus Brandt - ShadowArts

von Eva Kalvoda


1) Wie habt Ihr zwei euch zu einem Autorengespann zusammengefunden?

Andrea: Marcus hat in der Mitglieder-Zeitung unserer Fern-Uni Leute gesucht, die gerne Fantasy-Geschichten schreiben. Er wollte ein Fanzine auf die Beine stellen. Ich habe mich sogar ganz formell vorgestellt - mit Lebenslauf, Foto und meiner damaligen Lieblingsgeschichte "Die Träne des Drachen". Ich war so aufgeregt, als ich endlich Antwort von ihm bekam und war völlig aus dem Häuschen, als er mir sagte, dass ihm die Geschichte gefällt. Bald schon liefen die Telefondrähte zwischen Homburg und Krefeld heiß, denn wir haben viele gemeinsame Interessen. Unsere große Leidenschaft gilt den Vampiren. Und bei so vielen Gemeinsamkeiten hat sich schnell eine tiefe Freundschaft entwickelt, und deshalb sind wir ein so gutes Team.

Marcus: Stimmt - das mit dem Lebenslauf war sehr lustig. Sogar ein Passbild war dabei. Ich hab damals eine Menge Leute kennen gelernt - aber Andrea ist die Einzige, zu der ich noch Kontakt habe.


2) Was hat euer Deutschprofessor/-professorin zu euren Aufsätzen und Schularbeiten gesagt?


Andrea: Bei dieser Frage musste ich erst einmal Lachen, denn in der ersten Grammattikarbeit in Deutsch auf dem Mannlich-Gymnasium habe ich meine allererste ( und allerletzte ) sechs geschrieben. Daraufhin hat mein Deutschlehrer meine Mutter in die Schule bestellt. Unterdessen hatten wir eine weitere Arbeit geschrieben, und er konnte meiner Mutter nur verwundert mitteilen, dass ich die beste Arbeit der Klasse geschrieben hatte (mit ganz wenig Grammatikfehlern ). Er lobte mich vor der ganzen Klasse, und ich musste meinen Aufsatz vorlesen. Ich war so aufgeregt, dass ich mich bestimmt 20 Mal verlesen habe und ins Stolpern kam, aber ich war sehr stolz damals und ich habe die Geschichte von dem armen kleinen Hund, der am Ende doch noch ein zu Hause fand, immer noch. Seit dieser Zeit schreibe ich gerne.

Marcus: Mein Deutschlehrer auf dem Moltke-Gymnasium hat mich sogar individuell gefördert - und meine Stories lektoriert. Von professionellen Autoren und Journalisten kann man allerdings besser lernen. Später im Studium habe ich mich enorm weiter entwickelt. Mittlerweile lektoriere ich selbst die Manuskripte anderer Phantastik-Autoren. Das ist oft nicht leicht, aber es macht Spaß.


3) Welche drei (phantastischen) Romane würdet ihr auf die Insel mitnehmen?


Andrea: Auf eine einsame Insel würde ich folgende Bücher mitnehmen:
Glenna McReynolds - Kelch und Schwert
Claudia Groß - Die Runenmeisterin
R.A. Salvatore - Die Drachenweltsaga

Marcus: Herr der Ringe, Stephen King's "Es", Wolfgang Hohlbeins "Enwor"-Zyklus.


4) Was lest ihr im Urlaub?


Andrea: Momentan lese ich ganz gerne die Schottlandsaga von Diana Gabaldon und wenn es etwas düsterer sein soll lese ich "Die Chronik der Unsterblichen" von Wolfgang Holbein.

Marcus: Ich bin momentan auch mit der "Chronik der Unsterblichen" beschäftigt. Auf meinem Schreibtisch liegt aber auch noch "Der König der purpurnen Stadt" von Rebecca Gablé.


5) Hast du Schreibrituale?


Andrea: Ja, ich habe Schreibrituale. Als erstes brauche ich einen guten heißen Tee, dann meinen Diskman mit instrumentaler Musik (am liebsten den Soundtrack von "Legends of the fall" oder "The Crow"). Am liebsten schreibe ich bei Unwetter oder bei Dunkelheit - da kommen die besten Ideen.

Marcus: auch ich schreibe hin und wieder mit Musik. Meine Zeit ist früh am Morgen. Dann kann ich mich am Besten konzentrieren. Ich lese in der Regel immer zuerst noch einmal die letzten drei bis fünf Seiten durch, um mich wieder in die Handlung hinein zu versetzen.


6) Schreibst du einfach drauf los, oder entwickelst du ein Expose für eine Geschichte?


Andrea: Bei Kurzgeschichten mache ich mir vorher kaum Notizen, da schreibe ich meist drauf los. Korrigiert und geändert wird dann erst, wenn die Geschichte im Groben fertig ist. Wenn ich keine Zeit habe schreibe ich mir das wichtigste an Ideen auf - da kann eine Szene schon mal gut ausgebaut sein und der Rest nur in Stichwortform, damit ich mich später wieder gut reinfinden kann.
Bei langen Projekten arbeiten wir schon mit Konzepten - sonst würde es nicht funktionieren.

Marcus: Bei kurzen Stories über wenige Seiten habe ich nur ein paar Notizen als Leitfaden. Bei Romanen oder Novellen gibt es schon ein Konzept - das allerdings eher grob gehalten ist. Meistens wird während des Schreibens sowieso das Konzept abgeändert bzw. ergänzt.


7) Ihr schreibt gerade zu zweit an dem Buch "Der Wanderer im Dunklen". Wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit? Schreibt Ihr abwechseln, oder schreibt einer das um, was der andere grob hinwirft? Wie funktioniert das?


Andrea: Marcus hat das Konzept entwickelt. Das Buch ist in Jahrhunderte unterteilt - jeder schreibt abwechselnd ein Kapitel und sucht sich den Schauplatz selbst aus. Natürlich sprechen wir uns vorher ab, es muss ja zur Geschichte passen und die Entwicklung der Hauptcharaktere in dem jeweiligen Jahrhundert sollte schon nachvollziehbar sein. Einer schreibt, der andere liest und macht Verbesserungsvorschläge. Und das immer abwechselnd. Bis jetzt hat´s prima funktioniert.

Marcus: genau so ist es. Momentan liegt der "Wanderer" allerdings auf Eis, da wir parallel an einer Anthologie arbeiten. Da sind schon einige Geschichten zusammen gekommen. Die Anthologie wird wohl noch vor dem Roman erscheinen.


8) Ihr seid beide Sinclair-Fans und Schreiber. War das eure "Einstiegsdroge"? Oder womit seid ihr zum Schreiben gekommen?


Andrea: Bei "John Sinclair" hat man einen guten Einstieg. Heutzutage ist es nicht leicht eine Kurzgeschichte unterzubringen, deshalb finde ich die Idee mit "Die Horrorstory der Woche" gut. Hin und wieder reiche ich gerne eine Geschichte dort ein, schon weil ich mit dem Lektorat gut zurechtkomme (ich lasse ungern an meinen Geschichten "Rumschnippeln"), und die Sinclair-Fans sind dankbare Leser.

Marcus: Ich habe Sinclair gelesen, als ich zwölf war. Mittlerweile lese ich ihn kaum noch. Die Sinclair-Hefte waren ein gutes "Testgebiet" für kleinere Stories, die wir geschrieben haben.


9) Ihr studiert beide Belletristik. Unterscheidet sich der Alltag eines Autors von dem, was ihr im Studium lernt?


Andrea: Wir haben beide Belletristik studiert. Allerdings ist es nicht immer leicht das Gelernte umzusetzen. Tägliche Fingerübungen wie man sie im Studium gelernt hat, kommen oft viel zu kurz. Das hängt vor allem am voll gepackten Alltag. Man muss schon richtig um den Freiraum kämpfen, damit man am Ball bleiben kann, und das Schreiben nicht wieder verlernt. Dabei muss der Haushalt auch wie am Schnürchen laufen und man muss zur Arbeit gehen, und die Familie darf auch nicht zu kurz kommen - alles in allem eine Gratwanderung, die es zu meistern gilt. Aber man hat im Studium irgendwie den Blick geschärft, man sieht Dinge plötzlich in ganzem anderem Licht. Und insgeheim ist man immer auf der Suche nach gutem Stoff für eine Geschichte, auch wenn man im Stress ist

Marcus: Ich habe Belletristik und Journalismus studiert. Vieles was ich im Studium gelernt habe, ist mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Insofern war das Studium recht praxisnah. Ich habe gelernt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, und Geschichten hinter dem Alltäglichen zu sehen. Letztes Jahr im Urlaub z.B. sind wir nachts an einer Windkraftanlage vorbeigefahren - und schon hatte ich eine Idee für eine Story. Auch Zeitungsartikel haben mir schon geholfen, auf gute Ideen zu kommen. An Inspiration mangelt es nicht - leider an der Zeit, sie umzusetzen.


10) Marcus, du bist der Initiator der Grimoire-Autorengruppe. Was passiert dort?


Marcus: Das Grimoire ist ein lockerer Zusammenschluss deutschsprachiger Phantastik-Autoren. Derzeit haben wir knapp 20 Mitglieder. Wir sind über eine Mailingliste vernetzt, und unterstützen uns gegenseitig beim Schreiben, lektorieren unsere Texte, tauschen uns über Publikationsmöglichkeiten aus.


11) Andrea, du arbeitest als frei Journalistin, welche Beiträge schreibst du besonders gerne? Gibt es einen Artikel, an den du besonders gerne denkst?


Andrea: Für die Zeitung schreibe ich schon einige Zeit nicht mehr, das ließ sich zeitlich nicht mehr vereinbaren. Aber Spaß hat es schon gemacht. Am Liebsten waren mir die Beiträge die ich frei wählen konnte, z.B. als ich mitten im Winter die Marktleute interviewen sollte. Thema war: Was machen die Marktleute gegen die Kälte.
Resultat: Kalte Füße und Zähnegeklapper auf beiden Seiten und ein lustiger Artikel.


12) Marcus, du bist bekennender Rollenspieler, und holst dir viele Storyideen aus dem Spiel. Was sagst du zu Dork-Tower?


Marcus: Ist ganz lustig - den Humor kann man allerdings wohl nur als Rollenspieler nachvollziehen. Ich selbst lese es nicht, hab aber schon mal im Laden drin geblättert.


13) Ihr nennt euch Shadowarts, weshalb?


Andrea: Wir mögen beide die dunkle Seite der Fantasie. Besonders interessant für uns sind die Geschöpfe der Schattenwelt ( Vampire, Werwölfe und andere ) und wir schreiben auch am liebsten über sie. Irgendwann kamen wir mal auf den Namen "Shadowarts" und sind bis heute dabei geblieben.

Marcus: Andrea hat den Namen erfunden - und er ist schnell unser Markenzeichen geworden.


14) Wenn ihr einen Rundbrief an eure Fans schreiben würdet, was wäre der erste Satz?


Andrea: Auf zu neuen Abenteuern in der Welt des Unheimlichen - und gebt Acht, daß ihr euch nicht verirrt, denn in dieser Welt könnt ihr nicht mal eurem eigenen Schatten vertrauen...

Marcus: Wir haben Fans? Meine Güte. Ich würde jeden einzeln mit Handschlag begrüßen (das würde wohl nicht lange dauern :-) ).


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