REZENSION


ANDREAS GRUBER: DER JUDAS-SCHREIN

von Eva Kalvoda



Andreas Grubers "Judas-Schrein" ist im Frühjahr erschienen, und da wir den Autor schon vorgestellt haben, möchte ich auch noch sein neuestes Buch genauer in Augenschein nehmen.
Der Judas-Schrein ist definitiv eine Horrorgeschichte erster Klasse, auch wenn der Autor zunächst ein wenig mit den Genres spielt. Zuerst denkt man an einen Kriminalroman, wenn man vom Cover absieht, welches am Anfang der einzige Hinweis ist, dass es hier gruselig zugeht.
Ein Wiener Kriminalbeamter wird zu einem brutalen Mord in die kleine Gemeinde Grein geschickt, die zufällig sein Geburtsort ist. Sein Team und er hegen keine freundlichen Gefühle für die Einheimischen und umgekehrt ist es das gleiche. Bei den Ermittlungen kommen seltsame Ergebnisse zu Tage, die das Team ins Grübeln stürzt, und eigentlich nicht erklärbar sind. Bald wir die Theorie des Serienkillers durch einen neuen Mord zunichte gemacht, der ganz und gar nicht ins Bild passt. Ob vielleicht doch alles eine Verschwörung ist?
Je mehr Fakten zu Tage treten, umso mehr wird der Hauptcharakter mit seiner Vergangenheit konfrontiert, und bald wähnt man sich in einem Thriller. Endgültig ins Horror-Genre geschleudert wird man, als ein Hochwasser das Ermittlerteam im Ort Grein einschließt, und nicht nur immer mehr unfassbare Wahrheiten ans Licht kommen, sondern auch weitere bizarre Morde geschehen. Man will den Hauptcharakteren zu schreien "Rennt um euer Leben! Ertrinkt, wenn es sein muss! Hauptsache weg von dort!" Bald sind die Ermittler quasi auf der Flucht, doch eingeschlossen können sie sich dem Grauen im Endeffekt doch nur stellen.
Die Charaktere sind gut gezeichnet, haben Tiefgang und agieren authentisch. Ihre Ängste und Gefühle sind durchwegs echt, und lassen sie sehr Wirklichkeitsgetreu erscheinen. Die Fakten und Orte sind stimmig und real, was den Horror nur um so größer scheinen läst, da man sich in der Realität, sozusagen daheim fühlt. Man könnte aus der Tür treten, und einen der handelnden Charaktere antreffen. Der Schock, von der vertrauten Normalität ins Reich des Grauen gerissen zu werden ist wirklich fühlbar. Die Spannung verdichtet sich mit jeder Seite, und am Ende ist man praktisch atemlos. Ungläubig vielleicht, trotzdem, atemlos.


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