REZENSION


CSI - "KILL GIL"

von Andreas Leder





Das Ende der fünften Staffel "CSI - Tatort Las Vegas" durfte der bekennende CSI-Fan Quantin Tarantino drehen. Dass er nicht nur Regie führte, sondern auch einen großen Teil der Ideen für die Handlung einbrachte war spätestens bei der Vorschau für das Staffel-ende klar.
Scherzhaft meine Tarantino "Kill Gil" wäre doch ein guter Arbeitstitel für diese Regieaufgabe. Er wollte nicht nur das Ende einer besonderen Staffel drehen, er wollte auch den Grundstein für die sechste Staffel legen.
Aber zuerst noch einen kleinen Rückblick auf die fünft CSI-Staffel, die einige Besonderheiten aufwies. Grissoms Team wurde von seinem Intimfeind Conrad Ecklie, nachdem dieser stellvertretender Direktor geworden ist, bei der erstbesten Gelegenheit zerrissen, seine Position damit geschwächt. Und es zeigte sich, dass Catherine doch nicht so gut in Personalführung ist, wie sie selbst glaubte.
Die Freundschaft zwischen Nick Stokes und Warrick Brown konnte wachsen, da sie jetzt, in Catherines Team, so gut wie immer zusammen arbeiteten.
In einer Folge (Gefallener Engel) wurde auf die Mitwirkung fast des ganzen CSI-Teams verzichtet, im Mittelpunkt stand Detective Cpt. Brass, der seiner Tochter zu Hilfe eilte.
Da ich mich auch dazu bekenne, ein CSI-Fan zu sein und versuche, keine Folge zu versäumen, sind mir diese Unterschiede zu den früheren Staffeln aufgefallen. Wie froh war ich, dass im Österreichischen Fernsehen die Doppelfolge zum Staffelende an einem einzigen Abend gesendet wurde, nur unterbrochen von Kurznachrichten.

Es ist eine klaustrophobische und abgrundtief böse Geschichte, die uns serviert wurde, typisch für Regisseur Quentin Tarantino, der mit seinem eigensinnigen Stil, absonderlichen Gangsterwelten und kunstvoll inszenierten Gewaltorgien zum Kult-Regisseur avancierte.
Er ist Drehbuchautor und Produzent von Filmen wie "True Romance", "Natural Born Killers", "Pulp Fiction", "Jackie Brown" und "Kill Bill: Vol. 1 und Vol. 2". Auch zu dieser CSI-Doppelfolge lieferte er viele Ideen fürs Drehbuch - und das sieht man.
Der Alptraum beginnt mit einem vermeintlichen Routineeinsatz:
CSI-Ermittler Nick Stokes (George Eads) wird zu einem Tatort gerufen, an dem Leichenteile liegen sollen, doch statt menschlicher Überreste findet er dort nur die Gedärme eines Hundes vor. Es ist eine kunstvoll angelegte Falle, denn der CSI-Mann folgt der Spur und am Ende dieser Spur, die voll von Ungereimtheiten ist, wird er von einem maskierten Mann betäubt und entführt.
Niemand hat etwas gesehen, der Cop, der aufpassen hätte sollen, musste sich übergeben - die aufgefundenen Gedärme hatten sich auf seinen Magen geschlagen - und es gibt auch kein offensichtliches Motiv für die Tat. Das gesamte CSI-Team ist ratlos - bis eine Botschaft des Entführers eintrifft. Er fordert eine Million Dollar Lösegeld und gibt den Ermittlern Zugriff auf eine Internet-Seite, auf der sie Nick über eine Webcam live sehen können: Der Entführer hat ihn in einem Plexiglas-Sarg lebendig begraben.
Im Sarg ist eine Beleuchtung angebracht, so dass die Ermittler ihren Kollegen mit jedem Mausklick für zwei Minuten sehen können. Was sie nicht ahnen: Jedes Mal, wenn sie das Licht einschalten, wird auch ein Ventilator eingeschaltet und bläst Luft in den Sarg, um so Nicks Leiden zu verlängern.
Nick empfindet das sich wiederholende ein- und ausschalten des Lichts jedoch als weitere Folter und löscht die Lampe mit einem gezielten Pistolenschuss, mit der einzigen Kugel, die ihm der Entführer gelassen hat. Jetzt hat er noch ein paar Stangen chemisches Licht bei sich, die im seinen Gefängnis gelegen sind.
Die Stadtverwaltung weigern sich, auf die Erpressung einzugehen, das Team steht alleine da. Deshalb ergreift schließlich Catherine Willows die Initiative und bittet ihren reichen Vater und Casinobesitzer um das Geld, mit dem Grissom schließlich zum vereinbarten Übergabeort, einem alten Lagerschuppen, fährt. Doch der Entführer hat geblufft: Er will das Geld gar nicht und sprengt sich vor Grissoms Augen mit ein paar Kilo Semtex um die Hüften in die Luft.
Die Chance Nick zu retten ist offensichtlich um den Faktor 10 kleiner geworden. Alles, was er Grissom vor seinem Tod verraten hat, ist sein Motiv: Er wollte dem CSI-Team demonstrieren, wie es sich anfühlt, vollkommen hilflos zu sein, keinen Hinweis auf den Verbleib des Entführungsopfers zuhaben. In diesem Holzschuppen finden die Ermittler nun einen kleinen Plexiglas-Sarg, mit viel Technik drum und dran, in dem ein Hund Versuchstier für Nicks jetzigen Alptraum war.
Mittels DNA-Analyse wird der Entführer als Walter Gordon identifiziert, dessen Tochter Kelly seit Jahren wegen Beihilfe zum Mord im Gefängnis sitzt und dort von Mitinsassinnen misshandelt und missbraucht wird. Sie ist jedoch so verbittert, dass sie nicht bereit ist, den Kriminalisten zu helfen. Unterdessen schließt Nick bereits mit seinem Leben ab und spricht seiner Familie und seinen Freunden einen Abschiedsbrief auf das Tonbandgerät, das der Entführer ihm gelassen hat.
Verzweifelt kämpfen die Ermittler gegen die Zeit, als das nächste Unglück geschieht: Der Plexiglas-Sarg bekommt Risse, und Nick wird von Feuerameisen befallen. Während er Höllenqualen leidet, sind es jedoch ausgerechnet diese Ameisen, die seine Rettung bedeuten könnten: Grissom, dem Käfer- und Insektenspezialisten gelingt es, die Art zu bestimmen, die im Raum Las Vegas äußerst selten vorkommt. So können die Ermittler Nicks Position einkreisen, den Sarg mit Nick finden, doch der Albtraum ist noch längst nicht vorbei.
An der Unterseite des Versuchssarges finden die Laborspezialisten Reste von Semtex - das lässt den Schluss zu, dass auch unter Nicks Gefängnis Sprengstoff liegt, der bei einem Befreiungsversuch hoch geht. Grissom öffnet den Deckel des Plexiglas-Sarges, hängt Nick an ein Seil und lässt eine Baggerschaufel voll Erde in Nicks Sarg und auf ihn schütten. Im selben Moment ziehen die Kollegen Nick mit einem Ruck aus dem Gefängnis. Hinter ihm detoniert die Sprengfalle.
Als Resumee erkennen die Ermittler die Wut des Vaters auf den CSI, dessen Spurensuche seine Tochter ins Gefängnis gebracht hat.

So gut mir diese Doppelfolge auch gefallen hat, so schwerwiegend ist doch ein Widerspruch für mich. Cathrine bittet ihren Vater, dem CSI das Lösegeld zur Verfügung zu stellen. Okay, er hat es gemacht. Aber: Vor etwa einem Jahr wurde eine Folge gesendet, in der Cathrine feststellte, wer ihr Vater ist und dass dieser Mann auch ein gesuchter Mörder ist.
So viel Serienzeit ist nicht vergangen, dass dieser Mann inzwischen seine Gefängnisstrafe (vielleicht 10 Jahre wegen Totschlags, vielleicht auch ein paar Jahre weniger wegen guter Führung) absitzen hätte können. Diese Ungereimtheit ist mir sehr stark aufgefallen.
Der Rest war Tarantino-like, mit einigen CSI-Klischees, wie einer der entscheidenden Hinweise auf den Ort, an dem Nick eingegraben war, die Feuerameisen. Natürlich kommen diese im Raum Las Vegas selten vor und dann hauptsächlich in Baumschulen. Die Tochter des Entführers hat in einer Baumschule gearbeitet, dort fanden die Ermittler auch ihren Kollegen im Plexiglas-Sarg.

Inzwischen habe ich die ersten zwei Folgen der sechsten Staffel gesehen, noch zeichnet sich nicht ab, ab Grissoms zerrissenes Team wieder zusammengeführt wird, ob Conrad Ecklie vielleicht Fehler bei seinen Ermittlungen gemacht hat und gehen muss. Er ist sicher kein Sympathieträger.
In der zweiten Folge wurde der von mir bemängelte Widerspruch aufgegriffen, Catherines Vater steht vor seinem Mordprozess.
Wir können weiterhin gespannt sein.


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