SCHWERPUNKTTHEMA


HEXEN


BEKANNTMACHUNG DES VEREINS ZUR ERFORSCHUNG ÖSTERREICHISCHER HISTORIE UND BESONDERHEITEN

von Eva Kalvoda



Im Mai letzten Jahres wurden bei Grabungen zum U-Bahn-Bau alte Bücher entdeckt. Wir könnten die meisten unversehrt bergen, da sie sich alle in einer noch intakten Holztruhe befanden, welche mit einer Harzschicht überzogen war. Aus Sicherheitsgründen können wir den genauen Fundort leider nicht bekannt geben. Wir haben lange gebraucht, und die Bücher zu konservieren und in die moderne Sprache zu übersetzen. Eines der Bücher enthielt jedoch eine Sensation, die wir Ihnen heute vorstellen können, und aus dem wir einige interessante Abschnitte hiermit veröffentlichen, aber wir versprechen im Laufe der Zeit das gesamte Buch vorzustellen:

Die Gedanken und Betrachtungen einer Wiener Hexe aus dem 12.Jahrhundert!

(Anmerkung des Übersetzers: dieses Buch versteht sich als Mischung aus Tagebuch, Gedankenniederlegung und Konversation mit einer nachfolgenden Generation.)

Geistvertrauter:
Wieso kommen so viele von uns auf die Idee, einen Kater als Geistervertrauten zu nehmen? Ich frage mich dass schon länger, um genau zu sein, seit dem Tag als ich meinen Kater bekam.
Er ist frech, faul, wählerisch, und generell ein sehr eigenwilliger Gefährte. Von dienstbarem Geist keine Spur. Er mäkelt an meinem Essen herum, nur weil er sich zu Schade ist, eine dieser fetten Kanalratten zu jagen. Niemand hat mir vorher gesagt, dass ich ihn verpflegen muss! Alle haben von Hilfsenergien, und bessern Zugang zu Tiergeistern gesprochen.
Wenn mein Rücken schmerzt, ist er nicht bereit, sich auf die schmerzende Stelle zu legen, dabei weiß doch schon jeder Lehrling, dass Katzenfell gut gegen Rückenschmerzen ist. Er tut dann so, als verlange ich etwas Unanständiges. Hat man jemals von einer Kröte gehört, die an den Fliegen herummäkelt, die man ihr gibt? Oder von einer Kröte, die einem das Bett streitig macht? Ganz zu schweigen von einer sieben Kilo schweren Kröte, die einem unbedingt über die Schulter hängen will?
NEIN!!
Weil Kröten viel Pflegeleichter sind als Kater, und fast genauso gute Geistervertraute.
Regt sich eine Kröte auf, wenn man sie Morpheus tauft? Ich kenne keine. (Obwohl ich nur eine Hexe kenne, die eine Kröte als Geistervertrauten hat, und die heißt Albert. Die Kröte meine ich, nicht die Hexe.)
Ich gebe ja zu (aber nur hier), dass es ein wenig übertrieben war, den Kater Angelus zu nennen. Aber damals war er noch ein Halbwüchsiger Wicht, der ständig diesen verlorene Seele-Blick drauf hatte. Götterlob sind wir bald weggezogen und dann kamen die Wanderjahre, so konnte ich zu Angel übergehen, und heute glauben alle anderen im Zirkel, er heißt Angel, weil ständig auf der Schwelle sitzt und "Zwischen Tür und Angel" zu lang war, und nur Tür oder Zwischen sich noch doofer anhört. Und das mit der Schwelle stimmt schließlich. Nie kann er sich reinhocken, oder draußen bleiben, immer muss er auf der Schwelle hocken. Ständig bin ich erkältet, weil es hier immer zieht! Ich verbrauche mehr Medizin selber, als ich verkaufe!
Aber versteht er das? Nein. Er meckert mich an, ich würde immer intoleranter werden, und beschwert sich über meine Manieren! (Jawohl, ER, der sich sein Hinterteil leckt, wenn ihm nicht passt, was ich sage!)

Wetter brauen:
Ich kann einfach nicht verstehen, weshalb zu Hause kein Wetterzauber gelingt! Ich habe mich vorsichtig umgehört, es geht allen Hexen so! Jawohl! Keine einzige ist bei ihr zuhause fähig, richtiges Wetter zu brauen. Womöglich liegt es an der ständigen Anwesenheit der Hexe. Vielleicht gewöhnen sich die Wettergötter so an einem, dass man gar nicht mehr wahrgenommen wird? Wenn ich einen Tag lang reise, und dort einen Zauber in die Wolken werfe, funktioniert alles wunderbar, komme ich jedoch zwei Wegstunden von Zuhause an, erreiche ich mit einem Regenzauber höchstens, dass ein Wolkenvogel seine Blase entleert!
Versuche ich einen Sturmzauber, ist es sogar noch schlimmer: dann trabt der nächste Donnerbock daher und spuckt mir auf den Rock! Ganz abgesehen davon, dass Ziegenspucke zu keinem Trank zu verwenden ist, weshalb ich sie auch nicht brauche, ist das doch sehr widerlich!

Nachtrag: Durch meine vorsichtigen Nachforschungen haben wir einen Wettertaubenring ins Leben gerufen. Da es allen Kollegen so geht, haben wir folgendes ausgetüftelt: Wenn wir das Wetter bei uns ändern wollen, schicken wir eine Wettertaube (der Ausdruck stammt von Brunhilde aus Walsbach) zur nächstmöglichen Hexe außerhalb des Zu-Hause-Umrisses, welche dann den Zauber webt, und ihn mit der Taube wieder retour schickt. Funktioniert perfekt. Nur haben wir im Moment noch hohe Taubenausfälle durch zu früh hochgegangene Zauber, aber ich schätze, dass sind nur Anfangsschwierigkeiten.



Kirche:
Die Christen fangen an, dummes Zeug über uns zu reden! Letzten Sonntag, gehe ich an einer Kirche vorbei, und da höre ich doch wie der Pater gegen Hexerei wettert. Ich bin natürlich sofort hinein und habe mir alles angehört. Danach haben wir gleich eine Zirkelversammlung einberufen. Hat der Pater doch glatt erzählt, Hexen wären mit dem Teufel im Bunde. Das ist doch dämlich, jeder weiß doch, dass Teufel nur drittklassige Dämonen sind. Warum sollten wir mit DENEN arbeiten?! Und dieses Konstrukt, das die Priester Satan nennen, ist doch der Rat der obersten zehn Hauptdämonen. Niemand kann mit allen Zehn gleichzeitigen Kontakte herstellen! Also ich glaube den Christen kein Wort mehr! Ich war richtig beleidigt, das ist ja so, als würden die behaupten, ich würde mit einem von diesen Zehn zu groß geratenen Würmern ins Bett gehen! Iigitt! Als der Pater dann auch noch behauptet hat, wir würden böse Zauber wirken, habe ich ihm vor Ärger gleich Filzläuse angehext. Also ehrlich!


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