STORIES


IN DIE SCHATTEN

Folge 14

von Thomas Kager



Was bisher geschah:
Sven, Wildfire und Moonshadow wurden entführt und gezwungen brutale Schaukämpfe auszutragen. Als sie nach langer Zeit endlich frei kommen, stehen sie im Bezirk Puyallup des Seattler Megasprawl des Jahres 2054 ohne Habe und Identität praktisch vor dem Nichts. Mit Hilfe von Ghost, dem Anführer einer Straßengang, versuchen sie nun, in das Gewerbe der "freiberuflichen Sonderkräfte" einzusteigen. Besser bekannt als Shadowrunner.
Dabei lassen sie nie ihr Ziel aus den Augen, mehr über ihre Entführer zu erfahren, doch alle Spuren verliefen bisher im Sand.


Sven erwachte durch das unbestimmte Gefühl, dass irgendetwas anders war, als sonst. Argwöhnisch sah er sich um. Im diffusen Licht der nächtlichen Stadt, das durch die Fenster drang erblickte er eine hohe dunkle Gestalt am Fußende ihres Bettes.
Schlagartig war er hellwach, stieß Wildfire mit einem warnenden Ruf an und rollte sich schnell aus dem Bett. Die ehemalige Texas Rangerin war nicht weniger rasch munter. Sie riss ihre schwere Pistole aus der Halterung an ihrem Nachtkästchen und fuhr in die Höhe. Ein roter Lichtpunkt erschien auf der Stirn der Gestalt und beleuchtete ein elfenhaftes Gesicht mit schneeweißen Haaren.
"Moonshadow?" fragte Sven verwundert und lockerte sich ein wenig. Wildfire tastete nach dem Lichtschalter. Sie senkte ihre Waffe, als das aufflammende Licht zweifelsfrei ihre Freundin enthüllte.
"Entschuldigt", sagte die schwarzhäutige Elfe. "Ich wollte euch nicht erschrecken."
"Schon in Ordnung", brummte Wildfire und legte ihre Pistole auf das Nachtkästchen zurück. Sie rückte ihr Kopfpolster zurecht und lehnte sich behutsam gegen das Kopfende des Bettes. Sven warf einen besorgten Blick auf die Halbindianerin. Er fürchtete, dass durch die raschen Bewegungen ihre Wunden wieder aufgebrochen sein könnten. Oder ihr zumindest wieder Schmerzen bereiteten. Doch falls sie das taten, ließ sie es sich nicht anmerken. Das Letzte was er wollte war, dass sie das Gefühl hatte, er würde sie bemuttern. Also setzte er sich auf das Bett und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Elfe. Es war das erste Mal, dass sie sie in ihrer neuen Wohnung besuchte. Etwas ungewöhnlich, fand Sven. Besonders, wenn er die Uhrzeit in Betracht zog. Und die Art und Weise.
"Tara ist weg", eröffnete Moonshadow ihnen. Sven und Wildfire wechselten verwunderte Blicke. Sie hatten die trotzige 15jährige bei Ghosts Straßengang kennen gelernt, bei der sie herumgehangen hatte. Mit ihrer frühreifen Art und ihrem ständigen Bemühen, allen zu zeigen, dass sie etwas wert war, konnte sie einem schon gehörig auf die Nerven fallen.
"Was meinst du mit 'weg'?" fragte Sven. "Hat sie - dich verlassen?"
Zum ersten Mal seit er Moonshadow kannte, zeigte sich kurz so etwas wie Unsicherheit oder Sorge auf dem fein gezeichneten Gesicht, als sie sich ihr weißes Haar zurückstrich. Zwischen ihr und dem Mädchen hatte sich eine Beziehung gebildet, die wohl über Bewunderung von Seiten Taras und mütterliche Instinkte der Elfe weit hinausging.
"Sie ist schon einer Woche nicht mehr daheim gewesen. Sie hat auch nicht gesagt, wohin sie geht. Ungewöhnlich für sie." Abermals tauschten Sven und Wildfire verwunderte Blicke. Tara war ein Straßenmädchen. Sie war schon von ihrer eigentlichen Familie ausgerissen. Warum sollte sie es nicht wieder getan haben?
"Das würde sie nicht tun", bekräftigte Moonshadow, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. Doch sie konnte ein leichtes Zittern in ihrer Stimme nicht verbergen. "Zumindest nicht für so lange Zeit. Oder mir gegenüber. Außerdem habe ich schon versucht, sie mit Hilfe ritueller Magie zu finden. Aber ohne Erfolg."
Sven kannte Moonshadow als überaus fähige Magierin. Wenn die Beziehung zwischen ihr und Tara so weit ging, wie er vermutete, hatte sie bestimmt ausreichend "stoffliches" Material von der Kleinen, um sie damit auch über größere Entfernungen hinweg ohne Probleme aufspüren zu können.
"Dann muss sie sehr weit weg sein..." oder sie ist tot, hätte Sven fast gesagt. Aber diese Möglichkeit hatte Moonshadow sicherlich auch schon in Betracht gezogen.
"Das muss es nicht zwangsläufig bedeuten", wandte die Elfe ein. Sven war sich nicht sicher, ob sie nur den ausgesprochenen oder auch den unausgesprochenen Teil seiner Folgerung meinte. "Die Magie ist keine so exakte und gleichförmige Wissenschaft. Es gibt leere Bereiche, Hindernisse, Barrieren - viele Möglichkeiten, welche die astralen Spuren verwischen könnten..."
"Wir helfen dir suchen", unterbrach Wildfire. Obwohl sie und Tara mehrmals aneinander geraten waren, empfand sie doch eine gewisse Sympathie für das Mädchen. Sven nickte zustimmend.
"Ich danke euch", murmelte Moonshadow. Er konnte sehen, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel.

Die nächsten Tage verbrachten sie damit, mögliche Aufenthaltsorte nach Tara abzuklappern. In der alten Feuerwache, in der die T-Birds hausten, hatte sie schon länger niemand mehr gesehen. Sogar Ghost, der normalerweise immer sehr gut informiert war, hatte keine Ahnung, wo sie steckte. Dr. Dominique wusste ebenfalls nichts. Seit Taras Finger nach dem missglückten Versuch, sich Nagelmesser einsetzen zu lassen, verheilt waren, war sie nicht mehr bei ihr gewesen. In diversen Lokalen und Treffpunkten, die Tara früher öfter besucht hatte war ebenfalls Fehlanzeige. Immer mehr weiteten die drei ihre Suche aus, bis sie plötzlich wieder auf dem verlassenen Sportflugplatz standen, auf dem vor einiger Zeit eine Übergabe von einem Heckenschützen vereitelt worden war.
"Ich war mit Tara ein paar Mal hier, nachdem..." Moonshadow brach ab und warf einen um Entschuldigung bittenden Blick zu Wildfire. Mit verschlossenem Gesicht musterte diese die Ruinen der Kontrollgebäude, bei denen sie beinahe ihr Leben verloren hätte, wenn Moonshadow nicht mit ihrer Magie zur Stelle gewesen wäre. Unbewusst strich sie sich dabei über ihre Wunden, die immer noch nicht ganz verheilt waren.
"Aber dieser Platz hier ist schön, unberührt und von Magie erfüllt. Ich wollte Tara einmal etwas anderes zeigen, als die dreckigen Straßen, in denen sie aufgewachsen ist."
"Schon in Ordnung", versicherte Wildfire und humpelte näher zu den Mauerresten. Jetzt, wo er sie bei Tageslicht sah, wunderte sich Sven ein wenig drüber, wie stark sie in den 40 Jahren seit ihrer Stilllegung verfallen waren.
Von Tara konnten sie allerdings keine Spur entdecken. Die Wiese schien, als wäre schon jahrelang niemand mehr hier gewesen. Auch sie selbst nicht. Dabei war es noch nicht allzu lange her, seitdem zwei schwere Fahrzeuge das hohe Gras niedergewalzt und die Erde aufgewühlt hatten.

Wildfire humpelte mühsam aufwärts. Der Lift funktioniert noch immer nicht und die Wunde in ihrem Oberschenkel machte das Treppensteigen zu einer Qual. Trotzdem unterließ Sven es geflissentlich, ihr seine Hilfe anzubieten, sondern folgte seiner sturen Freundin mit mehreren Einkaufstüten bepackt.
"Moonshadow macht sich wirklich ernsthafte Sorgen", meinte er.
"Ja", pflichtete ihm Wildfire bei und atmete auf, als sie die letzte Stufe endlich erreicht hatte. "Die Kleine scheint ihr sehr viel zu bedeuten. Hätte ich nicht gedacht."
Sven nickte zustimmend. "Langsam weiß ich nicht mehr, wo wir noch suchen... was ist?"
Wildfire wollte gerade ihre Wohnung betreten, als sie mit dem Türgriff in der Hand erstarrte. Doch sie brauchte nichts zu erklären, denn im gleichen Moment bemerkte es auch Sven. Aus ihrer Wohnung strömte ein merkwürdiger Geruch. Nicht stark, nur ein feiner Hauch. Frisch, sauber, irgendwie nach Blumen. So angenehm er auch war, das war nicht normal. Und "nicht normal" konnte in den Schatten leicht "sehr schlecht" bedeuten. Vorsichtig stellte Sven die Einkaufstüten auf den Boden, während Wildfire ihre Pistole unter der Jacke hervorzog und den Hahn spannte. Sven folgte ihrem Beispiel und vergewisserte sich schnell, dass es im Gang nichts Ungewöhnliches gab. Vorsichtig und so leise wie möglich schlichen sie vorwärts, bis sie den Eindringling entdeckten.
Auf ihrem Bett saß eine junge Frau mit einem weiten blumigen Rock und ließ unbekümmert ihre nackten Füße wippen. Ein paar kleine Erdkrümel lagen auf dem Boden unter ihr. In ihrem kurzärmeligen wollenen Pullover und den langen blonden Haaren hingen Samen, Gras und Blütenblätter, als hätte sie sich gerade eben ausgiebig in einer blühenden Wiese herumgewälzt. Über Stirn und Ohren lag ein Kranz aus kleinen weißen Blumen. Daher kam wohl dieser ungewöhnliche Geruch. Sie sah Sven und Wildfire mit ihren hellen grasgrünen Augen groß an.
"Hallo", grüßte sie fröhlich und ließ sich dabei nicht im Geringsten von den beiden Waffen beeindrucken, die auf sie gerichtet waren. Von der völligen Unbefangenheit irritiert, ließen Sven und Wildfire ihre Waffen etwas sinken.
"Wer bist du?", wollte Wildfire wissen. "Was suchst du hier? Wie bist du hier hereingekommen?"
"Ich bin Bellis", erwiderte die junge Frau bereitwillig. Sie sprang auf und machte einen leichten Knicks, wobei sie ihren Rock mit den Händen etwas zur Seite zog. "Und ich suche dich." Dabei deutet sie auf Wildfire und ihr Gesicht verlor etwas von dem fröhlichen Ausdruck. Nur unbewusst registrierte Sven, dass sie die letzte Frage nicht beantwortet hatte.
"Mich?" fragte Wildfire misstrauisch und hob den Lauf ihrer Pistole wieder. "Warum?"
"Du bist stark, erfahren im Kampf und ein Kind dieser Erde. Dazu besitzt du ein großes Herz, bist gerecht und hilfst den Schwachen."
Überrascht zog Wildfire die Augenbrauen hoch. "Ach ja?" war das einzige, was sie sagen konnte. Bellis nickte so überzeugt, als wäre das ein Naturgesetz.
"Ich hatte eigentlich befürchtet, dass du diese Welt verlassen hättest. Aber als ich dich letztens wieder gesehen habe, habe ich gewusst, dass nur du mir helfen kannst."
Die Halbindianerin war inzwischen so verwirrt, dass sie ihre Waffe komplett sinken gelassen hatte. Sven verstaute seine Pistole wieder im Halfter. Die junge Frau wirkte zwar etwas merkwürdig, schien aber keine Gefahr darstellen.
"Wobei soll sie dir denn helfen?" fragte er, da seine Freundin immer noch einen perplexen Eindruck machte. Bellis sah Sven unsicher an, als wäre sie sich nicht sicher über ihn. Dann verdüsterte sich ihr Gesicht betrübt. "Meine - Heimat ist in großer Gefahr. Böse Menschen wollen sie mir wegnehmen, sie verderben und für ihre finstere Zwecke missbrauchen."
"Wo liegt denn deine Heimat?"
Bellis überlegt einen Moment. "Am Rande der Stadt, die ihr Puyallup nennt."
"Und was sind das für böse Menschen?" wollte Wildfire wissen, die sich inzwischen wieder gefangen hatte. Abermals dachte das Mädchen über die Frage nach.
"Böse Menschen eben." Sie zuckte mit den Schultern. " Sie haben keinen Respekt vor der Natur und wollen sie nur verderben und ausbeuten."
"Konzernmenschen?"
"Was sind Konzernmenschen?" fragte Bellis so offen ahnungslos, dass es Sven fast nicht glauben konnte.
"Wo finden wir sie?"
"Ich weiß es nicht. Sie haben sich verborgen."
"Und was sollen wir gegen diese bösen Menschen tun?" fragte Wildfire mit einem immer skeptischer werdenden Gesichtsausdruck weiter.
"Sie aufhalten natürlich", erklärte Bellis bestimmt, wurde dann aber unsicher. "Du bist doch so eine - Shadowrunnerin, oder?"
"Shadowrunner werden in der Regel bezahlt."
"Bezahlt?" fragte das Mädchen abermals so offen ahnungslos wie schon vorhin. Wildfire verdrehte kurz die Augen.
"Du gibst uns Geld dafür, dass wir die bösen Menschen für dich aufhalten."
Bellis legte den Zeigefinger auf ihre Lippen und dachte angestrengt nach.
"Geld habe ich keines", gab sie schließlich kleinlaut zu. "Aber ich kann dir so etwas geben." Damit langte sie in die Tasche ihres Rockes und zog ein paar kleine gelbliche Klumpen hervor, die sie Wildfire auf der ausgestreckten Handfläche anbot.
Wildfire musterte die Goldnuggets kurz. "Und wann wollen diese böse Menschen deinen Heimat verderben."
"Das weiß ich auch nicht", gestand Bellis betrübt. "Aber ich glaube, sie warten noch bis ihre Macht größer ist."
Wildfire seufzte. "Bellis, wir würden dir ja wirklich gerne helfen, aber mit den Angaben können wir leider nichts anfangen. Außerdem müssen wir uns ganz dringend um eine Freundin kümmern, die scheinbar in ziemlichen Schwierigkeiten steckt. Wenn es sowieso noch etwas dauert, bis diese - bösen Menschen aktiv werden, kannst du noch ein paar Informationen sammeln, die uns weiterhelfen können. Melde dich doch einfach, wenn du mehr weißt und wir reden noch einmal darüber."
Das Mädchen legte wieder den Zeigefinger auf ihre Lippen und dachte intensiv über Wildfires Worte nach. "Natürlich", murmelte sie mehr zu sich selbst. "Du musst deiner Freundin zuerst helfen. Das liegt in deinem Blut." Dann hellte sich ihr Gesicht auf und sie strahlte Wildfire groß an. "Und ich werde inzwischen nach den bösen Menschen suchen."
Bellis sprang auf Wildfire zu und drückte ihr überraschend einen Kuss auf die Wange. Dann machte sie zu Sven einen leichten Knicks und hüpfte beschwingt aus der Wohnung. Als die Tür hinter ihn zufiel, schüttelte Sven den Kopf. Dies war wohl der ungewöhnlichste Anwerbeversuch, den er bisher erlebt hatte. Wildfire seufzte schwer.
"Warum glauben diese Neo-öko-Hippies eigentlich immer, dass ich ihnen so blindlings auf einen ihrer Naturkreuzzügen folge? Nur weil mein Vater Indianer war? Kind dieses Landes", brummte sie unwillig.
"Wie sie wohl auf dich gekommen ist?" fragte Sven. Wildfire zuckte nur mit den Schultern. "Wir sollten einmal nachfragen und ihnen ein paar Maßregeln geben. Vorher müssen wir uns aber noch um die Sicherheit unserer Wohnung kümmern. Es kann ja nicht angehen, dass jeder hier so einfach reinkommt. Bei Moonshadow kann ich es ja noch tolerieren. Aber nicht bei einem kleinen - Blumenmädchen."

"Das wollte die?" fragte Moonshadow ungläubig, als Wildfire ihr die ungewöhnliche Unterredung mit Bellis geschildert hatte. Sven nickte nur. Die dunkle Elfe schüttelte den Kopf. "Auf was für Ideen diese Leute kommen. Habt ihr wenigstens den Sicherheitscode an eurer Tür erneuert?"
"Ja, haben wir", bestätigt Sven. "Doch sie ist nicht durch die Tür gekommen. Das Codeschloss zeigt keinerlei Anzeichen einer Manipulation. Ebenso wenig die Fenster. Wir können es uns nicht erklären, wie sie herein kommen konnte."
"Ist die Tür vielleicht nicht richtig ins Schloss gefallen, als ihr weggegangen seid?" Sven hob die Schultern. Daran hatten sie auch schon gedacht, hielten es aber für nicht wahrscheinlich.

Alle drei erstarrten überrascht, als es plötzlich an der Tür klopfte.
"Erwartet ihr jemanden?" fragte Moonshadow leise. Sven und Wildfire schüttelten gleichzeitig die Köpfe.
"Ob das wieder Bellis ist?" mutmaßte Wildfire.
"Glaubst du wirklich, dass die anklopfen würde", fragte Sven. Leise ging er zu der Wohnungstür und blickte auf den Monitor der kleinen Überwachungskamera.
"Ein Konzernschlips", berichtete er ungläubig Wildfire und Moonshadow. "Was wollen Sie?" fragte er durch die Sprechanlage.
"Guten Tag, Sir. Ich hätte sie gerne bezüglich einer Anstellung als Schutzengel für eine junge weibliche Person mit derzeit unbekanntem Aufenthaltsort gesprochen."
Uff. Sven blieb die Luft weg. Dieser Typ hatte in einem Satz gleich zwei Hinweise untergebracht, die für ihn unmissverständlich waren. Sven war vor seiner Entführung bei einem privaten Sicherheitsdienst als Leibwächter angestellt gewesen. Guardian Angels, Schutzengel, war dessen Name gewesen. Somit wusste der Mann um Svens früheres Leben Bescheid. Ungewöhnlich, da er offiziell als tot galt und seine Entführer erhebliche Anstrengungen unternommen hatten, seine Spuren zu verwischen. Und bei dieser "jungen weiblichen Person mit derzeit unbekanntem Aufenthaltsort" konnte es sich doch nur um Tara handeln.
Wildfire und Moonshadow teilten seine Vermutungen, als er sie ihnen leise mitteilte. Die dunkelhäutige Elfe hockte sich lässig auf den Tisch, während Wildfire sich neben das Bett stellte, die Pistole hinter ihrem Rücken verborgen. Sven öffnete die Tür. "Kommen Sie herein."
Der Konzernmann mit der altmodischen rahmenlosen Brille verbeugte sich in einer genau abgezirkelten Bewegung und betrat die Wohnung. Sven warf noch schnell einen Blick den Gang hinauf und hinunter, dann folgte er dem Besucher und blieb am Ende der kurzen Diele stehen. Somit befand sich der Fremde genau zwischen ihnen dreien und konnte sie nicht gleichzeitig angreifen. Auch wenn seine kultivierte Erscheinung dies nicht vermuten lies. Aber falls er doch etwas Feindseliges unternehmen würde, würden sie sich bei ihren Reaktionen nicht gegenseitig behindern. Der Konzernschlips schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Mit der gleichen förmlichen Höflichkeit verbeugte er sich vor jeder der beiden Frauen.
"Guten Tag. Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Walter Peck. Mein Arbeitgeber schickt mich zu Ihnen, mit der Bitte, ihm einen Besuch abzustatten. Es geht dabei um eine gewisse Person, an der er, genauso wie Sie selbst, ein erhöhtes Interesse hat."
"Wer ist Ihr Arbeitgeber?" wollte Wildfire wissen.
"Ich bin leider nicht befugt, Ihnen darüber Auskunft zu erteilen", erwiderte Peck mit einem bedauernden Lächeln, das durchaus ehrlich wirkte.
"Welches Interesse hat er an - der gewissen weiblichen Person?"
"Darüber darf ich Ihnen leider auch keine Auskunft geben."
"Hat er Kenntnis über den derzeitigen Aufenthaltsort der gewissen weiblichen Person?"
"Nein, bedauerlicherweise nicht. Und ich versichere Ihnen, er ist darüber nicht weniger beunruhigt, als Sie. Daher bittet er Sie um eine kurze Unterredung. Sie haben dabei nichts zu befürchten. Mein Arbeitgeber gibt Ihnen darauf sein Ehrenwort."
Sven war sich nicht darüber im Klaren, wie viel dieses Ehrenwort einer unbekannten Person wert war. Allerdings hielt er eine Falle für ziemlich unwahrscheinlich. Was würde sie nützen, wenn die anders Seite sowieso schon wusste, wo sie sich befanden und nun sogar an einem Ort beisammen hatte? Zu viel Aufwand für einen Anschlag. Er wechselte mit Wildfire und Moonshadow ein paar Blicke.
"In Ordnung", sagte Sven schließlich. "Wir treffen uns mit Ihrem Arbeitsgeber."
"Prächtig." Peck schien ehrlich erfreut darüber zu sein. "Ein Wagen steht unten bereit."
Gemeinsam verließen sie die Wohnung. Vor der Nachbarwohnung blieb Wildfire jedoch plötzlich stehen. Verstohlen deutete sie auf die nur angelehnte Tür. Sehr ungewöhnlich. Bisher war sie zu jeder Zeit fest verschlossen gewesen. Sven trat näher und stieß sie vorsichtig auf. Direkt dahinter standen mehrere Personen in dunkeln Körperpanzern bereit. Der vorderste von ihnen spielte mit der Taserpistole in seinen Händen und sah ihn unschlüssig an. Wildfire, Moonshadow und Sven tauschten bezeichnende Blicke und sahen dann zu Peck, der an der Treppe auf sie wartete. Lächelnd machte er eine einladende Handbewegung und ignorierte die merkwürdige Begegnung geflissentlich. Sven vermutete, dass die Bewaffneten zu seinem Schutz abgestellt waren, für den Fall, dass das Zusammentreffen nicht so ablief, wie es sein Chef geplant hatte. Natürlich bestand auch die Möglichkeit, dass sie sicherstellen sollten, dass die Einladung auch wirklich angenommen wurde.
Vor dem Haus wartete eine unauffällige Limousine mit getönten Scheiben. Einen Tick zu vornehm und zu gut gepflegt für die Gegend hier, wie Sven fand. Das Innere des Wagens war geradezu luxuriös ausgestattet. Helle einladende Ledersitze, ein samtener Himmel und ein Bodenteppich wie in einer noblen Suite. Peck bot ihnen Getränke aus einer ausgesuchten Bar und Musik an, was sie aber ablehnten. Im Gegenzug wich er allen ihren Fragen mit der Bitte, sich noch ein klein wenig zu gedulden, aus. Daher verlief das Gespräch schnell im Sand. Den Rest der Fahrt blickten sie stumm aus den Fenstern, Peck mit seinem verbindlichen Lächeln auf den Lippen.

Die Limousine verließ Puyallup auf der Schnellstraße in Richtung Norden. Vorbei an den Distrikten Auburn und Renton und Sven vermutete schon fast, dass sie Seattle Downtown selbst ansteuerten, doch überraschenderweise bogen sie kurz vorher nach Osten ab.
Wie sehr sich Bellevue von ihrem derzeitigen Wohnort unterschied. Erstklassige Straßen, schmucke Umgebung, große und prachtvolle Anwesen, Leute, die ohne Angst durch die gepflegten Park wandeln konnten, patrouillierende Sicherheitsdienste. Ja, es lagen Welten zwischen den Nobeldistrikt des Seattler Metroplex und Puyallup. Sven konnte sich nicht erklären, welche Verbindungen ein Straßenmädchen wie Tara hierher haben könnte.
Ohne einer merkbaren Kontrolle passierte die Limousine ein schmiedeeisernes Tor und fuhr über einen weißen Kiesweg entlang eines sorgsam gestutzten weitläufigen Rasens auf eine ausladende und vornehme Villa zu. Es schien, als wäre sie geradewegs aus einer diesen kitschigen und unrealistischen "Ultrareich und wunderschön"-Daily Soaps im Trideo entsprungen. Doch Sven bemerkte auch den Sicherheitsmann mit den beiden großen Wachhunden, die Vorrichtungen, welche den Zaun als elektrisch geladen auswiesen, die Überwachungskameras, die unauffälligen Abdeckungen, hinter denen sich womöglich tödliche Selbstschussanlagen verbargen. Eben die vielen kleinen, aber todbringenden Messer hinter der blendenden Fassade, welche die schöne heile Welt gegen das Böse von außen verteidigten.
Wie Sven erwartet hatte, steuerte die Limousine nicht auf die prächtige Eingangstreppe zu, sondern fuhr in die große unterirdische Garage, deren Tor sich direkt hinter ihnen schloß. Leute wie sie wurden immer heimlich durch den Hintereingang empfangen.
Peck führte sie, immer noch mit einem freundlichen Lächeln, durch mehrere reich geschmückte Gänge in einen Raum mit bequemen Sofas. Er bat sie, einen Moment zu warten und schlüpfte durch eine Tür.
"Also wenn das Ganze den Zweck hatte, uns zu beeindrucken, dann ist es gelungen", murmelte Wildfire, die sich sichtlich unwohl fühlte. Sven konnte sich dem nur anschließen. Er kam sich fehl am Platz vor und hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Sie hatten keinen einzigen Bediensteten getroffen. Ebenso wenig hatte jemand sie nach ihren Waffen gefragt. Dabei war er sich sicher, dass sie durch zumindest einen Kontrolldetektor gegangen waren. Pecks Auftraggeber musste sich ihrer sehr sicher sein. Moonshadow betrachtete eingehend eines der großen Bilder. Sie waren noch nach alter Tradition per Hand gemalt und zeigten verschiedene Personen bei diversen Freizeitaktivitäten, wie reiten oder beim Tennis. Es hatte sicherlich mehr gekostet, als Sven in seinem ganzen Leben verdienen würde. Falls die Magierin ihr Unbehagen teilte, überspielte sie es meisterhaft.
Nach ein paar Minuten kehrte Peck zurück. "Darf sich Sie bitten weiter zu kommen? Sie werden erwartet." Sie folgten ihm durch ein großes Vorzimmer, in welchem eine Sekretärin in einem schlichten Konzernkostüm sie aufmerksam musterte und traten durch eine große Tür, die Peck ihnen aufhielt.
"Die Personen, die Sie sehen wollten, Sir", verkündete er, während sie eintraten.
"Danke, Walter", brummte der untersetzte Mann hinter dem riesigen Schreibtisch inmitten des geschmackvoll eingerichteten Privatbüros. "Sie können dann gehen."
Peck verbeugte sich mit einer genau abgezirkelten Bewegung und schloss die Tür von draußen. Der Mann in dem Designeranzug musterte sie ein paar Augenblicke eingehend. Sven bildete sich ein, dass seine grauen Augen dabei länger auf Moonshadow ruhten, als auf Wildfire und ihm. Die wohlgenährten Wangen zuckten dabei kaum merklich und die von einem grauen Haarkranz umrahmte Glatze glänzte leicht. Seine ganze Haltung strahlte Macht und Führungsanspruch aus. Ein Konzernexec, wahrscheinlich sogar ein recht hoher, wenn er sich so ein verschwenderisches Anwesen leisten konnte. Bei seinen Worten war ein leichter Akzent mitgeschwungen, den Sven als russisch oder zumindest slawisch einschätzte.
Schließlich deutete er mit seiner breiten Hand, an der ein teurer Ehering und ein auffallender Firmenring steckten auf ein paar bequeme Stühle vor seinem Schreibtisch. "Setzen sie sich." Er war es sichtlich gewohnt, Anweisungen und Befehle anstatt Bitten auszusprechen. Die drei nahmen Platz und der Mann wandte sich einem großen Bildschirm zu. Das einzig sichtbar technische Gerät in dem etwas altertümlich eingerichteten Arbeitsraum.
"Jessica Suzan. Alias: Kleiner Puma. Alias: Wildfire. Weiblich. Metatypus: Sapiens. Alter: 33. Geboren: Dallas, Texas, damalige USA. Absolvierte die Jemerie Hihton Schule. Danach Besuch der staatlichen Polizeiakademie. Abschluss mit Auszeichnung. Zwei Jahre Streifendienst in Dallas. Versetzung zur Spezialeinheit der Texas Ranger, Bereich Sondereinsätze. Sonderausbildung im Nahkampf und Feuerwaffen. Einpflanzung eines Reflexbooster der Marke Marese-Pinkert Mark III. Zwei Auszeichnungen, eine Lebensrettungsmedaille. Verstorben im Einsatz April 2052. Anfang 2054 Festnahme wegen Teilnahme an unerlaubten Wettkämpfen und der Erstellung von illegalen Simsinn-Aufnahmen im Distrikt Puyallup des Seattler Metroplex, United Canadian and American States. Anklage wurde fallen gelassen. Danach Mitglied der Straßengang der T-Birds. Mitwirkung bei diversen illegalen und halblegalen Handlungen. Seit kurzem Freiberufliche im Bereich Unabhängiger Sonderkräfte."
Sven konnte sich einen schnellen Seitenblick auf seine Freundin nicht verkneifen. Obwohl sie nur die Augenbrauen gehoben hatte, konnte er erkennen, wie überrascht sie von dieser Aufstellung ihres Lebens war. Besonders wenn man bedachte, wie gründlich ihre Entführer damals mit der Auslöschung ihrer Identität und dem Verwischen ihrer Spuren waren.
Der Konzernexec warf Sven einen Blick zu, bevor er von seinem Bildschirm ablas.
"Sven Noldor. Alias: Sven. Männlich. Metatypus: Sapiens. Alter: 35. Geboren: Albany, New York, damalige USA. Besuchte die Grimmerson Schule. Ausbildung zum Ki-Adept der Stufe 5 nach Berkley/Stanley Ausrichtung Nahkampf und Wurfwaffen. Abbruch des Sportstudiums. Diverse kurzzeitige Arbeitsverhältnisse. Zuletzt beschäftigt beim Guardian Angels Sicherheitsdienst in Newark. Getötet bei einem Bombenanschlag im November 2052. Anfang 2054 Festnahme wegen Teilnahme an unerlaubten Wettkämpfen und der Erstellung von illegalen Simsinn-Aufnahmen im Distrikt Puyallup des Seattler Metroplex, United Canadian and American States gemeinsam mit Jessica Suzan. Von dort an gemeinsame Aktivitäten."
Das war doch ein ziemlich guter Überblick, fand Sven. Er fragte sich, welche Details in den Dateien des Konzernexec gespeichert waren. Ihr Gastgeber blickte nun zu Moonshadow und abermals hatte Sven den Eindruck, dass er sie länger musterte als Wildfire oder ihn.
"Moonshadow. Alias: Midnight. Alias: Die schwarze Hexe. Alias: Dark Banshee. Alias: Tanit, Alias: Tinnit. Wirklicher Name: Unbekannt. Weiblich. Metatypus: Nobilis. Alter: unbekannt. Geburtsort: unbekannt. Ausbildung: unbekannt. Hermetische Magierin zumindest der Stufe 12 nach Berkley/Stanley. Verdacht auf Mitwisserschaft, Organisation und Teilname an verschiedensten illegalen und halblegalen Aktivitäten in Newark, Boston, Detroit und Cleveland. Zweimalige Festnahme, keine Verurteilung. Verschwand Mitte 2052 unter ungeklärten Umständen. Anfang 2054 Festnahme wegen Teilnahme an unerlaubten Wettkämpfen und der Erstellung von illegalen Simsinn-Aufnahmen im Distrikt Puyallup des Seattler Metroplex, United Canadian and American States gemeinsam mit Jessica Suzan und Sven Noldor. Von dort an gemeinsame Aktivitäten."
Sven warf der dunklen Elfe einen schnellen Blick zu. Nach den ordentlichen Überblicken von Wildfire und ihm war er überrascht, dass es bei Moonshadows Dossier so viele Lücken und Unbekannte gab. Andererseits waren doch ein paar sehr beeindruckende Informationen dabei. Sie hatte ihnen zwar erzählt, dass sie schon früher als Shadowrunnerin gearbeitet hatte, doch Sven hatte nicht gewusst, in welch großem Maßstab. Er hätte sie auch nicht als so stark eingeschätzt. Es wunderte ihn, dass sie keinerlei Überraschung oder gar Bestürzung zeigte, was in diesem Gewerbe durchaus verständlich wäre, wenn jemand derartige Informationen über einen sammelte. Im Gegenteil, sie schmunzelte sogar leicht. Was für Geheimnisse mochten sich wohl noch hinter ihren elfenhaften Zügen verbergen?
Der stämmige Konzernexec setzte sich gerade hin, legte die Unterarme auf die Tischplatte und führte die Fingerspitzen leicht aneinander.
"Sie sehen, ich habe gewisse Erkundigungen über Sie eingeholt und weiß, wer Sie sind. Daher möchte ich mich nun kurz vorstellen. Mein Name ist Boris Michail Tostlaw und ich bin Vorsitzender einer recht gut laufenden Firmengruppe mit Standorten in den UCAS, Europa und Russland. Und uns verbindet eine Gemeinsamkeit."
Damit nahm er eines der Holobilder mit verschnörkeltem Silberrahmen von der Seite seines Schreibtisches und stellte es vor sich hin. Es zeigte ein junges Mädchen. Das lange weiße Kleid kontrastierte gut mit den langen dunkeln Haaren und den großen brauen Augen. Obwohl sie lächelte, war ihr Kinn in einer unbewusst trotzigen Haltung leicht vorgeschoben.
"Tara?" fragte Wildfire ungläubig.
"Nadjeschda Tamara Tostlaw", korrigierte der Konzernexec. "Meine jüngste Tochter."

Womit auch immer Sven gerechnet hatte, damit wohl am wenigsten. Sogar auf Moonshadows Gesicht zeichnete sich ein Hauch von Überraschung und Unglauben ab. Tara hatte es offenbar geschafft, auch sie hinters Licht zu führen. Aber wie konnte sie die Tochter eines so hohen Konzernexec sein? Wie kam sie nur von den Villen Bellevues in die Straßen von Puyallup?
Tostlaw musste die Fragen sehr genau von ihren Gesichtern ablesen können. Wahrscheinlich hatte er sie sogar erwartet. Er erhob sich und legte die Hände hinter seinem fülligen Rücken zusammen. Langsam schritt er auf und ab, während er zu erklären begann: "Ich bin nie gut mit Nadja ausgekommen. Schon als sie noch ein kleines Kind war. Sie war viel zu aufgeweckt, lebhaft und dickköpfig. Sie wollte sich den strengen Regeln unserer Gesellschaft einfach nicht fügen. Als ihre Mutter dann starb...", hier berührte der Konzernexec flüchtig eines der Holobilder, "kam niemand mehr mit ihr klar. Vielleicht lag es auch an mir. Ich vergrub mich zu dieser Zeit in meiner Arbeit, um meinen eigenen Schmerz zu verdrängen. An dem Tag, an dem ich erneut heiratete, lief sie das erste Mal weg. Drei Mal ist sie in den nächsten 2 Monaten ausgerissen und drei Mal ließ ich sie durch meinen Konzernsicherheitsdienst zurückbringen. Doch das vergiftete unser Verhältnis noch mehr. Als sie schließlich das vierte Mal davonlief, ließ ich sie gehen. Ich hatte erkannt, dass es besser für uns beide war." Tostlaw hielt kurz inne und seufzte leicht. Dann fuhr er mit fester Stimmer fort: "Aber ich liebte sie trotz allem und schließlich war sie erst zwölf. Daher ließ ich sie von meinen Leuten überwachen. Über jeden ihrer Schritte wurde ich informiert, doch ich mischte mich nie offen ein. Nicht, als sie hungrig am Straßenrand schlief oder sich in einer Rauferei die Nase brach oder mit zweifelhaften Leuten herumhing. Sie versetzte mich oft in Staunen, wie gut sie sich auf der Straße schlug und wie geschickt sie sich aus vielen Gefahren wieder herausmanövrierte. Manchmal empfand ich sogar fast so etwas wie Stolz. Ich verfolgte ihren Weg bis nach Puyallup, wo sie sich bei diesen T-Birds bemühte, aufgenommen zu werden. Ich war davon überzeugt, dass sie es schaffen würde, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte." Hier hielt Tostlaw in seiner Wanderung inne und wandte sich ihnen zu. "Doch da sind Sie aufgetaucht und plötzlich waren die T-Birds nicht mehr wichtig. Zu Ihnen hatte sie Vertrauen. Sie sind so etwas wie Freunde für Nadja geworden. Und Sie...", dabei sah er Moonshadow an, "Sie wurde sogar ihre...", der Konzernexec suchte nach dem richtigen Wort.
"Lebenspartnerin, Geliebte, Gespielin, Herrin" half die dunkle Elfe ihm mit verschlossener Miene aus. An Tostlaws säuerlichem Gesicht war unschwer zu erkennen, dass ihm keine dieser Bezeichnungen sonderlich zusagte. "Sie sind ihr näher gekommen, als kein anderer Mensch in ihrem Leben. Vielleicht abgesehen von ihrer Mutter. Aber es liegt mir fern, ihre Beziehung zu bewerten. Es ist Nadjas Leben und ich wollte mich nicht einmischen."
Tostlaw setzte sich wieder und sein eher plauderhafter Tonfall wich einem grimmigen Ernst. "Doch nun ist etwas eingetreten, das ich nicht weiter ignorieren kann. Wie sie ja selbst wissen, ist Nadja seit nunmehr zehn Tagen verschwunden. Selbst meine Leute haben ihre Spur verloren und konnten sie nicht wieder aufnehmen. Das ist etwas, was in den letzten 4 Jahren noch nie vorgekommen ist und das ich nicht hinnehmen werde. Hier haben sie einen Chip mit den Daten über Nadjas Aktivitäten im letzten Monat. Ich bin sicher, dass er ihnen weiterhelfen wird."
Er schob ein kleines Chipetui über den Schreibtisch. Wildfire griff danach, doch Moonshadow kam ihr zuvor und ließ den Datenträger in einer der unergründlichen Taschen ihres Mantels verschwinden.
"Sie finden darauf auch die Comnummer von Mark Schmeling. Er ist der Leiter der Abteilung Hawkeye innerhalb meines Sicherheitsdienstes, falls sie Unterstützung benötigen. Ich bitte Sie, finden Sie meine Tochter. Ich zahle ihnen jeden Preis und kann auch noch andere Dinge anbieten, die sie sicherlich interessieren..."
"Wir werden Tara finden", versprach die dunkle Elfe grimmig, wobei sie den Namen extra betonte. "Aber allein aus dem Grund, dass uns etwas an ihr liegt. Wir werden dafür bestimmt kein Geld von Ihnen annehmen."

Wird fortgesetzt...


zurück