ARTIKEL


ZUM 80. GEBURTSTAG VON HERBERT W. FRANKE

von Hermann Urbanek



Am 14. Mai 2007 feierte einer der Großen der SF-Szene seinen 80. Geburtstag - Herbert W. Franke, Pionier der Computerkunst, Mitbegründer der Ars Electronica in Linz, Physiker, Höhlenforscher und der Doyen der deutschsprachigen Science Fiction.
Herbert W. Franke wurde am 14. Mai 1927 in Wien geboren, studierte an der hiesigen Universität Chemie, Physik, Psychologie und Philosophie und dissertierte 1950 über ein Thema aus der theoretischen Physik. Von 1950 bis 1956 arbeitete er für Siemens Erlangen, seither war und ist er als freier Fachpublizist und Schriftsteller tätig. 1980 erhielt er in Österreich den Berufstitel Professor.
Franke ist Mitglied zahlreicher literarischer und kultureller Vereinigungen, darunter auch des internationalen PEN-Clubs. Im Laufe seiner Karriere verfasste er zahlreiche, zum Teil bahnbrechende Fach- und Sachbücher, darunter "Wildnis unter der Erde" (1956), "Magie der Moleküle" (1958), "Der manipulierte Mensch" (1964), "Der Mensch stammt doch vom Affen ab" (1966), "Computergraphik - Computerkunst" (1971), "Apparative Kunst" (1973; mit Gottfried Jäger), "Geheimnisvolle Höhlenwelt" (1974), "Kunst kontra Technik" (1978), "Die geheime Nachricht" (1982), "Leonardo 2000" (1987) oder "Vorstoß in die Unterwelt. Abenteuer Höhlenforschung" (2003). Von 1973 bis 1979 war Franke Mitherausgeber der SF-Reihe bei HEYNE, 1984 gab er für ULLSTEIN anlässlich des Orwell-Jahrs die OZEANISCHE BIBLIOTHEK heraus, mit Dystopien von George Orwell, Hermann Kasack, Karen Boye u.a.
Zur Science Fiction kam Franke durch die Lektüre von Hans Dominik und der "Sun Koh"-Serie von Lok Myler alias Freder van Holk alias Paul Alfred Müller, die er als Jugendlicher begeistert gelesen hatte. Sein Debüt als SF-Autor gab er 1953/54 in der österreichischen Literaturzeitschrift NEUE WEGE mit den Geschichten "Calziumaktivierung" (1953) und "Der grüne Komet" (1954), es folgten weitere Kurzstories in Publikationen wie im UTOPIA GROSSBAND, aber auch in Fanzines wie SLAN oder MUNICH ROUND-UP.
1960 wurde er Berater und Herausgeber bei GOLD-MANNS WELTRAUM-TASCHEN-BÜCHERN, in denen Autoren des "Golden Age" wie Isaac Asimov, John Wyndham oder Robert A. Heinlein der deutschen Leserschaft näher gebracht wurden. Hier erschien 1960 auch sein erstes eigenes SF-Buch, die Storysammlung "Der grüne Komet", in dem er über sechzig extrem kurze und prägnante Geschichten präsentierte, die seinen Ruf begründeten, einer der besten deutschsprachigen SF-Autoren zu sein. Diese Reputation festigte Franke dann weiter mit seinen zwischen 1961 und 1965 publizierten Romanen, in denen er sein Lieblingsthema, simulierte Wirklichkeiten, das Spiel zwischen Wirklichkeit und Illusion, mehrmals aufgriff und variierte, wobei sein Debütroman "Das Gedankennetz" (1961) besonders beeindruckenswert ist und mit Fug und Recht zu den besten deutschen SF-Romanen gezählt wird.
Zu dieser ersten Publikationsperiode gehören noch "Der Orchideenkäfig" (1961), "Die Glasfalle" (1962), "Die Stahlwüste" (1962) und "Der Elfenbeinturm" (1965) sowie das unter dem Pseudonym Sergius Both publizierte SF-Abenteuer "Planet der Verlorenen" (1963).
"Zone Null", in dem es ebenfalls um Illusionstechniken und deren Auswirkungen auf die Menschen geht, läutete 1970 die zweite SF-Periode Frankes ein, die bis auf wenige Ausnahmen mit Franz Rottensteiners Herausgeberschaft der Reihen SF DER WELT bei Insel und der PHANTASTISCHEN BIBLIOTHEK bei Suhrkamp in direktem Zusammenhang steht und der auch Frankes frühere Titel neu zugänglich machte.

In diese Periode fallen noch die weiteren Kurzgeschichtensammlungen: "Einsteins Erben" (1972), "Zarathustra kehrt zurück" (1977), "Paradies 3000" (1980), "Der Atem der Sonne" (1086) und "Spiegel der Gedanken" (1990), der Hörspielband "Keine Spur von Leben..." (1982), sowie die Romane "Ypsilon minus "(1976), "Sirius Transit" (1979), "Schule für Übermenschen" (1980), "Tod eines Unsterblichen" (1982), "Transpluto" (1982), "Die Kälte des Weltraums" (1984), "Endzeit" (1985), "Dea Alba" (1988; mit Michael Weisser), "Hiobs Stern" (1988) und "Zentrum der Milchstraße" (1989).
"Das große Herbert W. Franke Lesebuch" (1986) umfasste die Romane "Das Gedankennetz", "Der Orchideenkäfig" und "Der Elfenbeinturm", im Omnibusband "Einsteins Erben" (2002) waren "Ypsilon minus", "Zone Null" und "Einsteins Erben" enthalten. 1978 kam in der DDR eine Auswahl seiner Kurzgeschichten unter dem Titel "Ein Kyborg namens Joe" heraus, "Ypsilon minus" erschien dort 1979.
Danach war in Sachen neue SF etliche Jahre nichts zu hören, bis sich 2004 der DEUTSCHE TASCHENBUCH VERLAG als Frankes neuer Hausverlag etablierte, wo nicht nur frühere Titel neu aufgelegt werden - wie "Zone Null" (2006) und "Schule für Übermenschen" (2007) - sonder auch Jahr für Jahr ein neuer Roman zur Veröffentlichung gelangt. Bislang liegen aus seiner dritten Veröffentlichungsperiode die Romane "Sphinx_2" (2004), "Cyber City Süd" (2005), "Auf der Spur des Engels" (2006) und "Flucht zum Mars" (2007).
Franke hat sich aber auch als Anthologist einen Namen gemacht. Unter seiner Zusammenstellung erschienen sechs Bände der Anthologienreihe "Science Fiction Story Reader" (und zwar die geraden Nummern zwischen 2 bis 12; 1974-1979), "SF International I-III (1980-1982), die fünf Bände der Reihe "Kontinuum" (1985-1987) sowie "SF aus Rumänien" (1982; mit Mircea Oprita).
DIE ZEIT bezeichnet Herbert W. Franke, der mit Susanne Päch verheiratet ist, als "den prominentesten deutschsprachigen SF-Autor".


zurück