SCHWERPUNKTTHEMA


SCHWERTER


HERMINBERGA

von Susanne Stahr



Mit einem nur halb unterdrückten Seufzer zählte Skudilo die Absolventen der Magierakademie, die vor ihm eine lange Schlange bildeten. Noch achtzehn! Dieses langweilige Ritual der Einweihung hatte schon so lange gedauert und jetzt noch die feierliche Überreichung eines Zaubergegenstandes. Er brannte darauf, seine Fähigkeiten gewinnbringend auszuüben. Seine Familie war zwar gebildet, aber nicht reich. Er hatte es satt, jede Münze dreimal umdrehen zu müssen, bevor er sie ausgab.
Eben bekam Hortari, der Klassenstreber, einen goldenen Ring und entfernte sich durch den Seitenausgang. Das passte ausgezeichnet zu diesem Angeber. Gaina, die letzte Ballkönigin, erhielt einen Kamm aus Horn. Vor Enttäuschung fiel ihre Kinnlade herunter und sie verhaspelte sich bei der Eidesformel, was ihr ein missfälliges Stirnrunzeln einbrachte. Der Nächste wurde mit einem kleinen Teppich ausgerüstet. Und so ging es immer weiter.
Skudilo überlegte, was man ihm wohl geben würde. Jeder bekam etwas Anderes und die besten Dinge, Ring, Teppich, Lampe, Kristall, waren schon vergeben. Eben wurde einem Absolventen ein Käfig mit einem Wellensittich überreicht. Oh nein! dachte Skudilo, bitte kein Tier!
Fast ohne sein Zutun führten seine Füße Lockerungsübungen aus. Er spürte, wie sich seine Muskeln langsam erwärmten. Vielleicht bekomme ich magische Stiefel, überlegte er. Das wäre eine äußerst nützliche Sache.
Oje! Nun überreichte der Erzmagier dem kleinen Bauto ein Paar Stiefeletten. Das war's wohl auch nicht. Die Schlange rückte immer weiter vor und wurde dabei immer kürzer. Endlich stand nur noch Rando, sein bester Freund, vor ihm.
"Dir, Rando von Respindial, verleihen wir einen Dämon zweiter Klasse. Mögest du immer guten Gebrauch von ihm machen", sprach der Erzmagier und hielt Rando die leere Hand hin. "Du musst ihn füttern", fügte er flüsternd hinzu.
Dieser machte ein verwirrtes Gesicht und stotterte: "Wo... wo ist denn?" Auf ein erzmagisches Stirnrunzeln besann er sich und sagte die Eidesformel: "Ich gelobe es, bei meiner Magierehre." Mit einem winzigen Schulterzucken in Skudilos Richtung ging er auf den Seitenausgang zu.
Skudilo, der dem wesentlich kleineren über die Schulter gesehen hatte, war auch überrascht und verpasste fast den Anschluss. Schnell machte er einen Schritt vor und vollführte die vorgeschriebene Verneigung.
"Dir, Skudilo von Mellobaudes, verleihen wir ein Schwert." Der Erzmagier griff in die Luft und hielt plötzlich ein schön gearbeitetes Schwert mit silbernem Heft samt Scheide und Gürtel in der Hand.
Schnell stieß Skudilo die Eidesformel hervor, nahm das Ding und lief seinem Freund nach. Was soll ich bloß mit einem Schwert, haderte er in Gedanken mit dem Schicksal. Einen der Professoren zu fragen, hatte keinen Sinn. Jeder Absolvent der Akademie musste selbst herausfinden, wozu seine magische Hilfe gut war. Aber ein Gespräch mit Rando war immer nützlich. Vor dem Tempel fand er seinen Freund im Kreis der anderen Absolventen. Offenbar wurde er von allen bedrängt.
"Wo ist dein Dämon?"
"Wie sieht er aus?"
"Ist er unsichtbar?"
"Hat er schon zu Dir gesprochen?"
Diese und viele andere Fragen prasselten auf den armen Rando herab. Dieser konnte nur mit den Schultern zucken und immer wieder "Ich weiß es nicht", sagen. Nun stießen auch die letzten Absolventen zu ihnen.
"Auf zum Bankett" hieß es und der Kreis um Rando löste sich auf. In kleinen Gruppen ging es zum Festsaal. Der Erzmagier und die anderen Mitglieder des Kollegiums hatte bereits Platz genommen. Dies war das letzte gemeinsame Mahl für längere Zeit, denn die Absolventen gingen hinaus in die Welt um den Menschen mit ihrer Magie zu dienen.
Skudilo und Rando hatten beschlossen, sich zusammen zu tun. In Sconebar, einer kleinen Stadt, drei Tagereisen von der magischen Akademie entfernt, wollte sich ein alter Magier zur Ruhe setzen. Wenn beide ihr Erspartes zusammen legten, konnten sie den Preis zahlen, den der Alte für seine Praxis verlangte. Der Anfang würde sicher nicht leicht sein. Doch mit viel Geduld, Fleiß und Sparsamkeit hofften sie es zu schaffen.
Die Fähigkeiten der Freunde ergänzten einander prächtig. Rando, dessen gedrungene, kräftige Statur schon seine Herkunft aus dem bäuerlichen Milieu vermuten ließ, war ein Meister in Wetter- und Wachstumszaubern. Er konnte gut die Fruchtbarkeit des Viehs erhöhen und kannte jede Menge Sprüche gegen Ernteschädlinge. Auch Zauber, die die Haltbarkeit des Werkzeugs verlängerten und Diebe in die Flucht schlugen, kannte er zu Hauf.
Skudilo dagegen war ein Gelehrter. Schlank und feingliedrig war seine Gestalt. Und während auf Randos Kopf eine dichte Matte borstiger, brauner Haare wuchs, schmeichelten seidige, blonde Locken seine Wangen. Er beherrschte die Sprachen vieler Völker und Zauberwesen, unterhielt sich mit Tieren auf telepathischem Wege. Die Austreibung von Geistern und Dämonen war seine Spezialität. Zudem war er ein guter Heiler.
So wanderten sie nun durch den lichten Wald den Berg hinunter, auf dem die Akademie der Zauberer stand. Die Morgensonne malte Bilder von Licht und Schatten auf ihren Weg. Der Sommer neigte sich dem Ende zu und der Duft von reifen Beeren und Nüssen lag in der Luft.
"Ich bin wirklich froh, dass wir unterwegs sind", meinte Rando. "Arderach hat mir wieder mal Wanzen ins Bett gezaubert." Knurrend kratzte er einen kleinen, roten Fleck an seinem Hals.
"Dein ewiger Streit mit Arderach", seufzte Skudilo. "Damit wird jetzt endlich Schluss sein."
Eine sanfte Brise spielte mit Skudilos Locken. Er hatte sich den Schwertgurt um die Hüften geschlungen. Dieser war aber offenbar für einen dickeren Mann gedacht, denn er hatte Mühe ihn dort zu halten. Auch das Schwert verrutschte immer wieder und geriet dabei zwischen seine Beine. Zweimal schon hatte ihn nur die kräftige Hand Randos vor einem Sturz bewahrt. Noch immer wusste er nicht, wozu das Ding gut sein sollte.
"Ich möchte wirklich wissen, was sich der Erzmagier gedacht hat, als er mir dieses Ding verpasste", schimpfte er. "Vielleicht sollte ich ein Loch in den Gürtel bohren, damit es endlich passt."
Das Schwert vibrierte und gab einen zischen Laut von sich.
"Das würde ich nicht tun", meinte Rando ."Du musst nur noch lernen, damit umzugehen. Was soll ich sagen? Ich habe meine Dämon noch immer nicht gesehen." Seine Linke kratzte wieder den Fleck am Hals.
"Vielleicht ist er unsichtbar", vermutete Skudilo. "Ruf ihn einfach."
"Hm." Rando strich sich über seine runden Wangen und blieb stehen. "Darauf hätte ich auch kommen können." Verlegen kratzte er sich hinter dem Ohr. "Dämon, zeig dich", befahl er und begleitete die Worte mit einem verstärkenden Zauber."
"Kein Grund so zu schreien", piepste ein winziges Stimmchen. "Ich bin doch die ganze Zeit bei dir."
Das Gesicht des jungen Magiers war ein einziges Fragezeichen. "Wo bist du? Mach dich größer."
"Dein Wunsch ist mir Befehl, Meister." Ein leiser Donnerschlag erklang und dann saß ein hundegroßer Floh vor den verblüfften Magiern auf dem Weg. "Möchtest du, dass ich diese Größe beibehalte? Da muss ich dich aber darauf aufmerksam machen, dass ich dich in spätestens einer Woche leer getrunken habe."
Skudilo wollte sich vor Lachen ausschütten. "Ein Floh!", prustete er. "Das passende Haustier! Wie willst du ihn denn rufen? Beißi? Oder Springerle? Und Ardarich musst du Abbitte leisten. Dein Dämon hat dich angezapft."
Ärgerlich stampfte der Dämon mit einem Sprungbein auf und ein krachender Donnerschlag ließ Skudilos Heiterkeit mit einem Schlag verschwinden.
"Mein Name ist Arbogast", verkündete der Floh stolz. "Ich stamme aus einem der edelsten Dämonengeschlechter der Zweiten Ebene. Nur meiner überschäumenden Güte hast du es zu verdanken, dass ich überhaupt da bin."
"Nun mach mal halblang", bremste Rando seinen Floh. "Dämonen werden gebannt. Das haben wir im dritten Semester gelernt. Also gib nicht so an."
"Schon gut, Meister", gab Arbogast zu. "Man hat doch auch seinen Stolz. Das musst du doch verstehen."
"Spring auf mein Ohr und mach dich wieder so klein wie vorher", befahl Rando. Im nächsten Augenblick lag er am Boden. Arbogast hatte seine Befehle genau in der Reihenfolge befolgt, in der er sie gesagt hatte. Wen würde ein hundegroßer Floh nicht von den Beinen reißen?
Diesmal verkniff sich Skudilo das Lachen. Er half seinem Freund auf und sagte: "Du Glücklicher, jetzt weißt du Bescheid. Ich habe noch immer keine Ahnung, was ich mit diesem Ding anfangen soll." Missmutig verschob er den Schwertgurt. Er verrutschte gleich wieder und Skudilo wäre fast gestolpert. .Es brummt und zischt manchmal. Ob das eine Sprache sein soll?"
"Das müsstest du doch wissen. Haben Gegenstände eigene Sprachen?"
.Hm, äh ... keine Ahnung. Irgendeinen Nutzen muss es doch haben."
"Vielleicht sollst du fechten lernen", vermutete Rando.
"Fechten?" Skudilo verzog das hübsche Gesicht vor Entrüstung. "Ich heile Wunden! Niemals möchte ich jemanden verletzen."
Rando zuckte mit den Schultern. "Was weiß ich." Mit bereits geübter Hand bewahrte er seinen Freund wieder einmal, über das Schwert zu stürzen. Dann versank er in Schweigen. Auch Skudilo hatte im Moment nichts mehr zu sagen.
So wanderten sie eine Weile weiter. Die Sonne stieg höher, doch auch der Wind verstärkte sich und verhinderte, dass es wärmer wurde. Unter einer alten Eiche machten sie Mittagsrast.
"Ein Feuer wäre gut". meinte Rando während er Brot und Dauerwurst auspackte. "Ein heißer Tee" ."Ich sammle Holz, du richtest das Essen her", bestimmte Skudilo kurz und ging ein Stück vom Weg ins Unterholz. Dort fand er jedoch nur sehr wenig dürre Äste am Boden. An den Bäumen selbst gab es genug. Kurz entschlossen zog er sein Schwert und hieb damit einige trockene Aste ab. "Zu irgendwas muss das Ding doch gut sein", brummte er vor sich hin. Und das Schwert schien mit einem ärgerlichen Brummen zu antworten. Doch darauf achtete er nicht.
Nach einer Stunde zogen sie gestärkt und aufgewärmt weiter. Es war noch kühler geworden. Nun zogen auch noch dunkle Wolken auf. Die Freunde holten ihre Umhänge aus den Rucksäcken und beschleunigten die Schritte.
"Es sieht nach Regen aus", stellte Rando fachmännisch fest.
"Und weit und breit kein Haus, wo wir uns unterstellen können", fügte Skudilo hinzu.
"Das werden wir doch gleich einmal sehen', grinste nun der junge Magier, "Arbogast, gibt es hier in der Nähe irgendwelche Wohnstätten?"
"Zwischen den Wurzeln der Eiche rechts wohnt ein Wichtel", kam die prompte Antwort. "Zehn Schritte nach Südost lebt eine Koboldfamilie. Dann gibt es noch hundert Schritt nach Westen eine Höhle mit einem Drachennest..." "Menschliche Wohnstätten meinte ich", unterbrach Rando seinen Dämon.
"Eine halbe Stunde voraus wohnt ein Köhler", seufzte Arbogast. "Ich hätte dir so gerne noch von dem Mantikor, dem Greif und der Zwergenfamilie erzählt. Die Hexe ..., na, das ist wohl nicht mehr in der Nähe."
"Der Köhler reicht", versuchte Rando den Redefluss des Dämons zu stoppen.
"Ich bin ja schon still", raunzte Arbogast und verkroch sich in Randos Haar.
"Das ist fantastisch!", rief Skudilo aus. "Was bist du doch für ein Glückspilz!"
"Ja, ja!", brummte sein Freund. "ich habe einen geschwätzigen Dämon am Hals, der mich nach und nach aussaugt."
"Ich speise einmal täglich", kam eine beleidigte Antwort aus Randos Matte.
"Versteh doch! Mensch, Rando! Dein Dämon kann jedes Zauberwesen aufspüren. Er kann dir mit untrüglicher Sicherheit sagen, ob ein Ernteschaden von Tieren oder einem Kobold verursacht wurde."
"Ich kann auch tierische Spuren lesen", prahlte nun Arbogast.
Randos Miene hellte sich zusehends auf. Im Geist ging er hundert Möglichkeiten durch, wo er Arbogast einsetzen konnte. "Du hast Recht", pflichtete er seinem Freund bei. "Sieh mal!" Seine ausgestreckte Hand deutete auf ein Schindeldach, das einen dichten Haselstrauch überragte. "Komm, laufen wir!"
Das war auch notwendig, denn es fielen bereits die ersten dicken Tropfen. Ein wenig atemlos erreichten sie die Hütte. Rando klopfte an die Tür. Nichts rührte sich im innern. Nun klopfte Skudilo und fügte ein lautes "Hallo! Jemand zu Hause?" hinzu. Mit dem gleichen Erfolg.
Rando beugte sich plötzlich vor und beäugte die Tür genauer. Sacht drückte er dagegen und sie schwang quietschend nach innen. Im Halbdunkel der Hütte erkannten sie einen roh gezimmerten Tisch mit zwei Hockern, eine Feuergrube unter einem Rauchloch, daneben einen Topf und eine Pfanne. Eine Teller, eine Tasse und Besteck standen säuberlich aufgereiht auf einem Wandbord. Neugierig betraten sie die Heimstätte. Es sah alles sehr ordentlich, aber verstaubt aus. So als wäre es sehr lange nicht mehr benutzt worden.
"Arbogast!?", rief Rando streng. "Ist das die Hütte, die Du gemeint hast?"
"Natürlich", piepste es neben seinem Ohr.
"Ich sehe aber keinen Bewohner", nörgelte der Magier nun.
"Dann mach die Augen auf!", schrie der Floh so laut er konnte. "Er steht vor dir!" Ratlos wandte sich Rando an seinen Freund. "Verstehst du, was der Winzling meint?" Skudilo überlegte kurz und sog dann heftig die Luft ein. "Bei allen Göttern!", rief er aus.
"Ein Geist!"
Sein Blick wanderte durch den Raum und blieb an einem Lager hängen. Zwischen den mottenzerfressenen Resten einer Decke schimmerten die bleichen Knochen eines menschlichen Skeletts. Mit zwei Schritten war er dort. Seine magischen Sinne sagten ihm, dass der Köhler einfach an einem Herzschlag gestorben war. Da niemand seinen Leichnam begraben hatte und die Totengebete sprach, war sein Geist einfach hier geblieben. Es war Ehrensache für die beiden Magier, dies nach zu holen.
"Dein Dämon hat nicht gelogen", stellte Skudilo trocken fest. "Der Köhler ist noch immer da."
"Er fragt, ob er endlich sein Begräbnis bekommt", warf Arbogast ein. "Ihr seid die ersten Besucher, die seit seinem Tod vorbei gekommen sind."
"Wenn wir hier eine Schaufel finden", brummelte Rando zögernd. Sein Blick ging durch das einzige Fenster der Hütte. Der Regen hatte nun voll eingesetzt. "Sobald der Regen aufhört, können wir ihn begraben - falls wir eine Schaufel finden."
"Hinterm Haus ist ein Schuppen, sagt er", erklärte Arbogast beflissen.
"Zuerst müssen wir den ... äh, Leichnam vorbereiten", meinte Skudilo.
Er hatte eine kleine Truhe entdeckt. Darin fand er einige halb zerfallene Kleidungsstücke.
Auch ein löchriger Mantel war darunter. Schnell sprach er einen Reparaturzauber und die Löcher wuchsen zu. Mit Randos Hilfe breitete er den Mantel neben dem Lager aus. Vorsichtig legten sie die Knochen darauf und wickelten den Mantel zusammen. Mit zusammen geknoteten Stoffstreifen banden sie die Überreste des Köhlers zu einem handlichen Bündel.
"Nun die Gebete", erinnerte Rando. Gemeinsam sprachen sie die heiligen Verse. "Eine Ansprache..." Skudilo sah sich in der Hütte um. In der Ansprache sollten die guten Seiten des Toten erwähnt werden um ihm einen angenehmen Aufenthalt im Totenreich zu sichern. Aber keiner der Beiden kannte den Verstorbenen. Skudilo versetzte sich kurz in magische Trance und nahm die Aura der Hütte auf. Ja, da war einiges, das erwähnenswert war.
"Herr der Dahingegangenen", begann er. "Eine arme Seele begehrt Einlass in Dein Reich. Lange musste sie warten. Doch sie hat vorbildliche Geduld bewiesen, da sie uns nicht mit Zorn begegnete. Sie wohnte in einem Köhler, einem fleißigen Mann, der sein Heim immer sauber hielt und mit viel Liebe wohnlich gestaltete. Er liebte Blumen und... und... war ein guter Mensch. Nimm seine Seele mit Wohlwollen auf."
"Er möchte sein Heim in Ordnung verlassen", piepste der Floh-Dämon. "In der Ecke dort steht ein Reisigbesen."
"Auch das noch", seufzte Rando und griff nach dem Besenstiel. Eine Mäusefamilie raste sternförmig davon und hinterließ einen morschen Stock in Randos Hand und ein Häufchen zerbissenes Reisig am Boden zurück. "So geht's also nicht", brummte der junge Zauberer ärgerlich.
"Sieh, der Regen hat aufgehört!", rief Skudilo, der die Tür geöffnet hatte und nach draußen sah. Tatsächlich fanden sogar einige Strahlen der untergehenden Sonne die Hütte. "Wir sollten uns beeilen, Rando", rief er in Richtung seines Freundes und ging auf die Suche nach einer Schaufel.
Ja, es gab einen Schuppen. Ein Dach hatte dieser aber schon lange nicht mehr. Er fand die Überreste einer Säge, eines Spatens und einen noch halbwegs brauchbaren Hammer. Alles war stark verrostet und mit Ausnahme des Hammer nicht mehr zu gebrauchen. Da stand er nun, auf das Heft des Schwertes gestützt.
"Arbogast meint, das wäre ein guter Platz", sagte Rando neben ihm.
Skudilo zuckte zusammen, denn er hatte das Nahen seines Freundes nicht gehört "Fragt sich nur, wie wir ein Grab ausheben sollen", antwortete er verdrießlich. "Das Werkzeug ist unbrauchbar. Ich brauche eine Schaufel und . . .Ohhh!"
Plötzlich hatte er eine Schaufel mit silbernem Griff in der Hand und das Gewicht an seiner Hüfte war verschwunden.
"Dein Schwert!", rief Rando überrascht aus. "Es hat sich verwandelt!"
"Na, endlich!", nörgelte die Schaufel. "Ich dachte schon, du redest nie mit mir."
"Es spricht!" Skudilo besah sich das Ding mit neu erwachtem Interesse. "Wir sollten zuerst den Köhler begraben", meinte er dann. "Dann kann ich mich mit dir befassen." Etwas ungeschickt begann er ein Loch zu graben.
"Lass mich los", verlangte die Schaufel. "Ich kann das allein besser."
Augenblicklich ließ Skudilo das Ding fahren. Wenige Minuten später hatte die Schaufel ein sauberes Loch in passender Größe gegraben. Aufatmend betteten die Magier die Überreste des Köhlers hinein und die Schaufel schloss das Grab. Ein kurzes Aufblitzen ließen die Erdkrume von ihrem Blatt verschwinden, dann verwandelte sie sich wieder in ein Schwert.
Skudilo hob es respektvoll auf und trug es in die Hütte. "Kannst du auch ein Besen werden?", fragte er hoffnungsvoll und hielt im nächsten Moment das gewünschte Gerät in der Hand, wieder mit silbernem Stiel. Schnell fegte er die Stube.
"Er ist gegangen", meldete sich Arbogast.
"Wer?", fragten die beiden Magier gleichzeitig.
"Na, der Köhler. Ab ins Jenseits. Mit dem Fegen war er zwar nicht so zufrieden aber er schätzte es, dass du ihn einen guten Menschen genannt hast."
"So genau wollten wir das gar nicht wissen", kommentierte Rando, der inzwischen ein Feuer in der Kochgrube entfacht und Wasser aufgesetzt hatte. Während sein Freund Karotten in Scheiben schnitt und ins Wasser warf widmete sich Skudilo seinem Schwert.
"Du bist also ein Schwert, das sich in jedes Werkzeug verwandeln kann?", fragte er.
"Ja", antwortete die Waffe knapp. "Aber ... wenn ich dir einen Tipp geben darf, Ich werde am Rücken getragen, mit dem Gurt diagonal über den Körper. Ich bin es einfach Leid, noch mehr durchgeschüttelt zu werden."
"Darauf wäre ich nie gekommen", gestand Skudilo. "Und ... äh ... muss ich nun fechten lernen?" Sein schmales Gesicht zog sich bei diesem Gedanken noch mehr in die Länge.
Ein metallisches Lachen kam aus der Klinge. "Das wäre toll. Aber unbedingt nötig ist es nicht", beruhigte sie ihn. "Falls ich dich einmal beschützen muss, kämpfe ich lieber allein."
"Großartig!", freute sich Skudilo. "Du bekommst einen Ehrenplatz in unserem Haus. Hast du auch einen Namen?"
"Natürlich. Herminberga von Satibarzanes. Ich wurde aus dem Erz der sisigambischen Berge geschmiedet. Ich bin bester Stahl und außerdem mit einem Zauber belegt, der mich nie rosten oder stumpf werden lässt." Obwohl es sich nicht veränderte, hatte Skudilo den Eindruck, dass sich das Schwert aufplusterte.
"Ich fühle mich geehrt", stieß der Magier verdutzt hervor und überlegte, ob alle magischen Leihgaben so eingebildet waren wie Arbogast und Herminberga. Schmunzelnd steckte er das Schwert in die Scheide und richtete seine Aufmerksamkeit dem Eintopf, den Rando inzwischen zustande gebracht hatte. Wenn er so schmeckte wie er duftete, konnte man zufrieden sein.
Tausend Ideen gingen ihm durch den Kopf, wo und wie er sein Schwert einsetzen konnte. Fast vermeinte er schon das Klingeln von Münzen zu hören. Seine Zukunft erschien ihm nun in einem rosigen Licht.


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