REZENSION


DAS WANDELNDE SCHLOSS

Filmbetrachtung von Fred H. Schütz



Wer mich kennt weiß, daß ich mir einen Märchenfilm nicht entgehe lasse - aber wer sieht schon frühmorgens fern! Also habe ich's erst gemerkt als der Film längst angefangen hatte - und aus diesem und anderen Gründen will ich mich damit begnügen ihn großräumig zu umreißen (eigentlich dauert er nämlich rund neunzig Minuten und bietet allerhand Sehenswertes.)
Da ist also die bescheidene aber hübsche Hutmacherin Sophie die sich unsterblich in den Zauberer Hauro verliebt. Das passt einer neidischen Hexe nicht und die wirft ihr quasi im Vorüberrauschen einen Fluch zu. Der Fluch bewirkt daß Sophie sich augenblicklich in ein altes Weib verwandelt, was ihr ganz und gar nicht gefällt.
Nun macht sie sich auf zum wandelnden Schloß das ihr auch stampfend und schlingernd aber immerhin gefällig entgegenkommt. Unterwegs trifft sie eine Vogelscheuche die auf einem Bein (einem Stecken) daherhüpft. Das Schloß hat einen Hintereingang, durch den sie hineingelangt. (Später bleibt das Schloß stehen und als sie nachsieht hat sich die Vogelscheuche im Getriebe verheddert. Sie zieht sie heraus und holt sie herein.)
Im Schloß begrüßt sie ein Feuerdämon der ganz klein wird wenn man ihn vernachlässigt und ganz riesig wenn man ihn füttert, und ein kleiner Junge der sich gern als bärtiger Zwerg verkleidet. Sogleich macht sich Sophie ans Saubermachen und als sie das Badezimmer sieht wird ihr schlecht (mir auch!)
Das hat aber seinen Grund. Hauro der Zauberer - den sie noch garnicht gesehen hat - pflegt nämlich in Gestalt einer riesigen Schwalbe umherzufliegen und die Schwadronen von Kriegsmaschinen zu verwirren die das Land heimsuchen. Denn woimmer die fliegen, regnet Stahlgewitter aus ihnen und unten auf der Erde, wo die Menschen wohnen, blühen mörderische Feuerblumen. Wenn er dann nach Hause kommt ist er so erschöpft, daß der Zauber wie öliger Schweiß von ihm abrinnt und er zuerst ein Bad nehmen muß. Dann ist das Bad wieder so dreckig wie vorher.
Beim Saubermachen bringt sie jedoch seine Zaubersachen durcheinander und er ist entsetzt als sich sein schönes silberblondes Haar in eine schwarze Mähne verwandelt.
Fortan geht sie Einkaufen, stets in Begleitung des verkleideten Jungen. Sie verläßt das Schloß jeweils durch die Haustür eines schönen Patrizierhauses, das schon immer da gestanden hat und niemandem fällt etwas auf. Während eines dieser Einkäufe trifft sie eine überaus elegante Dame, die in einem teuren Automobil daherkommt (der Film ist im späten neunzehnten Jahrhundert angesiedelt) und in Sophie augenblicklich ihre verlassene Tochter erkennt. Sie habe wieder geheiratet, vertraut sie ihr an und schon rauscht sie wieder davon. Wenn Sophie Wäsche aufhängt, hilft ihr die hüpfende Vogelscheuche und dann machen sie und der Junge Picknick im Grünen während die Vogelscheuche Wache steht.
Eines Tages steckt ihr der Zauberer einen Ring an den Finger der ihr den Weg weisen soll, und schickt sie zum Königsschloß um dem König eine Petition zu überbringen. Unterwegs wird sie von der hämisch grinsenden Hexe überholt. Die sitzt in einer Sänfte die für ihre überfette Fülle viel zu klein ist. Als sie vor das Schloß gelangen machen die Träger schlapp und zerfließen. Die Hexe muß sich wohl oder übel allein die Treppe hinaufbemühen, aber je weiter sie klettert um so länger und höher wird die Treppe. Sie stöhnt und wimmert und alle Eleganz fällt von ihr ab. Nur den überfetten Hals behält sie.
Indessen kommt auch die uralt gewordene Sophie an einem Stock dahergehumpelt. Ein kleines Hündchen hat sich an ihre Fersen geheftet und weil es nicht abläßt trägt sie es die Treppe hinauf. Dabei überholen sie die kläglich bettelnde Hexe, aber erst als sie oben angekommen ist und das Hündchen absetzt, kann Sophie sich der Hexe zuwenden und ihr das letzte Stück hinauf helfen. Oben angekommen nimmt die Hexe sofort den einzigen Stuhl in Beschlag.
Die Wachen wollen Sophie abweisen, aber sie besteht darauf den König zu sehen und die Wachen bringen sie vor die Königsmutter. Die sitzt in einem überaus bequemen und supereleganten Rollstuhl und in der Hand hält sie einen riesigen Zauberstab: bei aller Sanftheit ist sie Oberzauberin des gesamten Geschehens!
Als der König militärisch forsch hereintritt, durchschaut sie auch sofort die Maskerade; er ist nämlich Hauro der die Gestalt des Königs angenommen hat. Sie läßt eine Meereswoge hereinschwappen, um die Eindringlinge zu ersäufen, aber Hauro lädt Sophie mitsamt der zur alten Vettel verkommenen Hexe und dem Hündchen auf eine Flugmaschine (ein fliegender Torpedo mit Küchenstühlen obenauf) und macht sie unsichtbar, sodaß sie unbehelligt nach Hause ins wandelnde Schloß fliehen können. Dabei geht die Schloßfront in Trümmer.
Nun folgt eine lange Reihe von Geschehnissen die ich (leider! leider! leider!) nicht mitverfolgen konnte weil ich mehrere Male das Zimmer verlassen mußte und der Film hielt ja auch nicht an ... Die traurige Folge ist daß ich den Faden verlor!
Was ich noch weiß ist folgendes: zuerst verläßt Hauro der Mut weil er sich nicht zum Menschen zurückverwandeln kann und glaubt er müsse für immer ein Vogel bleiben, aber Sophie hilft ihm; die Hexe ist nicht nur alt und häßlich sondern auch, aller Zauberkräfte bar, völlig hilflos geworden und wird Sophie für ihre Fürsorge auf ewig dankbar sein; Hauro verwandelt das halbzerstörte Schloß in eine hübsche Villa und Sophie bekommt wieder ein eigenes Zimmer (sie hatte ihr Bett der namenlos bleibenden alten Hexe überlassen); die gewesene Vogelscheuche, wieder Mensch geworden, gibt sich als Königssohn des Nachbarreiches zu erkennen; aber das Allerschönste ist, Sophie ist wieder jung!
Am Schluß stehen sie und Hauro in Liebe vereint auf dem Altan der Zaubervilla und schauen hinaus ins blühende Land, denn die Königinmutter hat erkannt, daß Krieg zu nichts Gutem führt und beschließt, daß nunmehr Friede und ewiger Frühling im Lande herrschen.
Fazit: Wenn der Eindruck entstehen sollte, daß das Ganze und vor allem der Schluß Kitsch ist, dann habe ich nicht richtig erzählt. Ich halte den Film jedenfalls für außerordentlich gut gemacht (schließlich ist's ein Cartoon eines japanischen Oscarpreisträgers dessen Name ich mir leider nicht merken konnte, aber wieviel japanische Oscarpreisträger gibt es denn wohl) und überaus sehenswert! Letztendlich entstammt das Ganze der Feder einer nicht unbekannten englischen Schriftstellerin, nämlich niemand geringerem als Diana Wynne Jones - und so ist der Originaltitel denn auch Howl's Moving Castle (wobei nur anzumerken wäre daß Howl zu Hauro einjapanisiert wurde und daß der Film im Jahre 2004 entstand.)
... und das ist das Happy End ...


zurück