REZENSION


DAS VERSCHWUNDENE ZIMMER

von Fred H. Schütz



Gesehen bei RTL-II am 4. und 5. April 2008)

Die Vorankündigung des Senders erweckte bei mir die Überzeugung, daß ich eine Fantasie reinsten Wassers zu sehen bekäme und mehr oder weniger war es dann auch so -- bis eben auf das reine Wasser ...
Wenn man einen besseren Drehbuchschreiber, einen besseren Regisseur und bessere Schauspieler engagiert hätte wäre vielleicht was daraus geworden, denn die Idee an sich ist nicht schlecht. So ist nicht einmal eine Persiflage daraus geworden. Das gute Geld ist vertan und der Zuschauer schaltet verärgert ab.
Und ich habe diese Besprechung mit Zähneknirschen geschrieben.
Der alleinerziehende Cop Joe Miller (Peter Krause) hat's nicht leicht, auch wenn er mal sein braves Töchterchen Anna vorübergehend von einer Kollegin hüten lassen kann, während er Verbrecher jagt. Doch als ihm einer dieser Gentlemen kurz vorm Sterben einen Zimmerschlüssel in die Hand drückt fangen seine Probleme erst richtig an.
Dieser Schlüssel paßt zu jeder Tür, aber welche Tür man auch immer aufschließt man gelangt stets in das gleiche Motelzimmer. Wenn man es verlässt, braucht man sich nur zu wünschen wo man sein will und schon ist man dort.
Das wissen aber auch andere Leute, und die versuchen ihm den Schlüssel mit List, Tücke und Gewalt abzujagen. Einer entführt zu diesem Zweck die kleine Anna und während des Gerangels um Schlüssel und Kind verschwindet das Letztere in dem Zimmer.
Alle Versuche des braven Polizisten das Kind wiederzufinden scheitern. Es stellt sich nämlich heraus, daß es doch nicht immer das gleiche sondern eine Serie gleichartiger Zimmer ist zu denen der Schlüssel führt, und genau in welches Zimmer das Kind gelaufen ist verrät der Schlüssel nicht.
Die Not macht Todfeinde zu Verbündeten und gemeinsam geht die Jagd weiter. Joe Miller erfährt, daß nicht nur der Schlüssel sondern über einhundert "Objekte" merkwürdige Eigenschaften besitzen. So hält ein bestimmter Kamm die Zeit für eine Viertelminute an wenn man damit sein Haar berührt, ein gewisser Kugelschreiber erschießt die damit berührte Person und ein auf eine Fliegenklatsche montiertes Ticket wirft die damit berührte Person durch Zeit und Raum - stets an die gleiche Stelle, einen Straßenabschnitt genau vor dem Motel zu dem der Schlüssel gehört.
Geruhsam ist der Film nur in den ersten Minuten, doch schon geht eine rasante Berg- und Talfahrt los die bis zum Schluß anhält - in zwei Teilen zu je drei Stunden. Wer kann da noch Schritt halten ... Verstehen kann die Ereignisse nur, wer sich vorher durch die Lektüre einer detaillierten Inhaltsbeschreibung ausreichend informiert hat, und genau in diesem Punkt ist mein Tele-Journal mehr als sparsam: es verrät so gut wie garnichts.
Joe Miller gerät an eine Reihe von Leuten die alle nichts Gutes im Schilde führen alldieweil sie - nicht nur - den Schlüssel haben wollen und dafür im Sinne des Wortes über Leichen gehen. Nicht nur deshalb sondern vor allem, weil er sein Kind zurückhaben will, reist er per Schlüssel durch die meisten der Vereinigten Staaten. Kein Wunder, daß ihm dabei ein Viertagebart wächst. Aber daß er nicht nur sein Leben sondern auch den Schlüssel behält, grenzt schon an ein Wunder.
Nur eines gelingt ihm im Verlauf der sechs Filmstunden nicht, und das ist sein Töchterchen zurückzuerhalten. Solange sein Kind nicht wieder bei ihm ist wird er den Schlüssel behalten - sagt er - doch wenn er es wiederhat mag sich den Schlüssel krallen wer will ...
Zuletzt gerät er an einen der - wegen oder trotz des Schlüssels oder der anderen Objekte - in den letzten sechzig Jahren halbwegs jung geblieben ist und im Irrenhaus sitzt. Er ist der Urheber der ganzen Affäre.
Der Cop holt ihn da raus - wie mag er das wohl angestellt haben - und düst mit ihm wieder dahin, wo augenscheinlich alles seinen Anfang nahm. Im Motelzimmer angekommen eröffnet er (der Irre) ihm (dem Cop) daß wenn er (der Cop) die kleine Anna (so heißt das Kind) zurückhaben will, muß er (der Cop) ihn (den Irren) töten. Was seinen (des Irren) Geisteszustand wohl hinlänglich dokumentiert.
Joe Miller befindet sich in einem Dilemma. Als Cop hat er größte Hemmungen einen Menschen umzubringen, aber als Vater ...
Man sieht das verfallene Gebäude das alten Motels von außen. Ein Schuß knallt, dann öffnet sich die Tür und heraus treten ...
Joe Miller und sein Töchterchen! (Hier zeigt sich übrigens wie sparsam der Regisseur mit seinen Mitteln umgegangen ist. Wohl, um die kleine Seele zu schonen, hat man dem Kind die vier Worte beigebracht die es zu sagen hat, aber nicht wie es das tun soll. Ich habe jedenfalls noch nie zuvor ein Kind so schlecht agieren gesehen wie dieses ...)
Hier wäre der Film also mehr oder weniger zu Ende.
Ein Fazit kann und will ich nicht ziehen, außer, daß mir sämtliche Darsteller wie der Regisseur unbekannt sind. Von Catherine erfuhr ich, daß der Hauptdarsteller (Peter Krause) in den USA als drittklassiger TV-Schauspieler und Sänger gehandelt wird (der Gesang blieb dem Zuschauer - Gott sei's gedankt - erspart.)
Mein Rat: Man besorge sich das Manuskript, nötigenfalls das Drehbuch des Films, lese es aufmerksam durch und erst dann schaue man sich den Film - NICHT AN.


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