STORIES


TAXI DRIVER

von Pascal Bothe



Wie immer stand mein Taxi vor dem Rockefeller Center in New-York. Um nicht einzuschlafen hatte ich - auch wie immer - ein paar Zeitschriften dabei, die mir die Zeit des Wartens vertreiben sollten.
Für mich war es nichts Besonderes mehr, dieses riesige Einkaufszentrum inmitten dieser riesigen Stadt. Für die Einkäufer und die Touristen mochte es ja noch toll sein. Wenn man nun aber jeden Tag davor steht und wartet, wurde es schnell langweilig.
Ich griff zur Ablage und kramte ein Magazin hervor, das ich gestern bereits angefangen hatte zu lesen. Anhand eines kleinen Papierzettels erkannte ich, wo ich mit dem Lesen aufgehört hatte und blätterte die Zeitschrift dort auf.
Meinen Sitz verstellte ich etwas nach hinten und drückte mir ein Kissen in den Nacken. Dann vertiefte ich mich in den Artikel. Mit dem Magazin in der rechten Hand, griff ich mit der linken Hand zu einem Kaffeebecher, der im Getränkehalter stand.
Er war leer.
Mist.
Doch dann gingen die hinteren Türen meines Wagens auf und zwei kichernde Damen stiegen ein. Sie legten beide lächelnd ihre Handtaschen zur Seite, die eine Frau eine Tasche aus Krokodilleder oder einem billigen Imitat, ihre Begleitung legte eine gewöhnliche schwarze Tasche zur Seite.
"Guten Tag. Wo soll's hingehen?", fragte ich und drehte mich um. Ich sah in vier hübsche blaue Augen.
Sie nannten mir einen Straßenamen in einem Vorort New Yorks.
"Alles klar, kein Problem!" sagte ich und drehte den Schlüssel um, sodass der Motor startete und mein Taxi den Parkplatz verlassen konnte.
Ich hörte die beiden hinter mir tuscheln und immer noch kichern. Die Blonde zupfte an ihrem orange Pullover.
"Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir noch schnell etwas zum Trinken kaufe?", fragte ich, schaute dabei in den Rückspiegel und zeigte auf den leeren Kaffeebecher.
Beide Damen schüttelten den Kopf. "Nein, machen Sie nur. Taxifahrer haben schließlich auch Durst." Die blonden Haare der einen und die braunen Haare der anderen bewegten sich mit.
"Oh, das ist sehr nett. Dauert auch nicht lange.", sagte ich und setzte den Blinker, sodass ich auf den Parkplatz des Supermarktes fahren konnte.
Ich gab den Frauen ein kurzes Handzeichen, öffnete dann die Tür meines Wagens und ging in den Supermarkt. Schnell eilte ich zu einem Kühlschrank, der in Kassennähe stand und nahm drei Flaschen Wasser heraus. Dann stellte ich mich an die Kasse und zahlte. Ich hatte Glück, heute war nicht viel los und ich konnte schnell wieder zurück zum Taxi.
"So, da bin ich auch schon wieder", sagte ich und drehte mich um. "Wollen Sie vielleicht auch einen Schluck?"
Ich bekam keine Antwort.
Es schien als würde sich eine Wand vor mir aufbauen, die zu flackern begann. Doch es war keine Wand die flackerte und auch keine flackernde Luft. Vielmehr waren es die beiden Frauen, die zu flackern begannen.
"Ist alles in Ordnung mit Ihnen?"
Ich bekam wieder keine Antwort und das Wabern ihrer Körper setzte sich fort. Ihre Gesichter verformten sich zu hässlichen Grimassen und wurden immer schmaler. Man konnte ihre feinen Gesichtszüge kaum noch erkennen. Die Körper wurden immer blasser und Sekunden später waren die Damen verschwunden.
Ich saß noch immer auf meinem Sitz und bewegte mich nicht. Eine innere Kälte hatte sich in mir ausgebreitet und schien mich zu fesseln. Ich löste mich aus dieser Starre und tastete dorthin, wo sie eben noch gesessen und gekichert hatten.
Mit der linken Hand rieb ich meine Augen, um zu sehen, ob ich nicht träumte. Es half nichts, die Frauen waren weg. Vor meinen Augen aufgelöst.
Ich schüttelte nur noch den Kopf.
An diesem Tag wollte ich nicht mehr Taxi fahren. Der Schock saß einfach zu tief und ich hätte mich auch nicht mehr konzentrieren können.
So fuhr ich also wieder auf einen Parkplatz und kramte mein Handy heraus. Ich wählte die Nummer unserer örtlichen Polizei. Das übliche Summen war zu hören, bis ein Mann mit tiefer Stimme abnahm.
"New York Police. Wie kann ich ihnen helfen?"
Ich berichtete ihm von dem Erlebnis in jeder Einzelheit. Auch das Aussehen der zwei Frauen schilderte ich ihm.
"Tut mir leid, Mister. Da kann ich ihnen nicht helfen. Doch zu ihrem Trost kann ich ihnen sagen, dass Sie nicht der einzige sind, dem diese beiden Frauen erschienen sind. Allein in der letzten Woche hatten wir vier dieser Vorfälle. Sie sehen uns ziemlich ratlos. Wenn wir aber etwas Neues über diesen Fall erfahren, melden wir uns bei ihnen."
Ich bedankte mich und hinterließ meine Telefonnummer, damit sie mich erreichen konnten. Wenigstens wusste ich jetzt, dass ich nicht fantasiert hatte.
Was mir da nun aber passiert war, wusste ich immer noch nicht.

E N D E


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