REZENSION


MENETEKEL - ODER WIE MAN SCHLECHTE FILME MACHT

von Fred H. Schütz



Die Handschrift an der Wand (Mene mene tekel upharsin) erschien dem König Belschasar im sechsten Jahrhundert vor Christus am Vorabend einer Schlacht in der er getötet wurde. Die Worte sind aramäisch und bedeuten "Gesehen, gesehen, gewogen, geteilt." Heute deutet man sie gerne um als "Gewogen und zu leicht befunden," und sieht sie immer noch als ein übles Vorzeichen.
Nun, ich habe die Filme, die ich Euch heute kurz skizzieren möchte, gesehen, habe sie also "gewogen und zu leicht - na ja, nicht gerade grottenschlecht - befunden."
Es sind diese:

Dungeons & Dragons (hiervon gibt es zwei Teile, das heißt, der zweite Teil ist eigentlich ein Sequel und hat zum ersten nur den Bezug, als daß er so gut wie die gleichen Probleme behandelt - mehr oder weniger - und in beiden der Superbösewicht der nämliche britische Schauspieler ist, dessen Namen ich prompt vergessen habe, obgleich er ein berühmter sein soll …)
Ehrlich gestanden, in meinem Gedächtnis haften geblieben ist einzig Jeremy Irons, der im ersten Teil als Bösewicht die zweite Geige spielt. Als Berater der jugendlichen Kaiserin - die mich fatal an Endes kindliche Kaiserin von Fantasien erinnert - berät er sie mehr als falsch, indem er sie in ihrer Besessenheit bestärkt, die Demokratie einzuführen, wo er doch "nur" die Macht für sich alleine haben will.
Allerdings begeht er gleich zu Beginn den Fehler den guten Erzzauberer hinmurksen zu lassen, und das ruft nicht nur dessen Ziehtochter sondern auch den ehrlichen Dieb (der echt Ali Baba heißen könnte) und dessen treuen schwarzen Freund (echt eine Eddie Murphy-Kopie) auf den Plan. Die bestreiten sodann die ganze Handlung. Den guten Kräften im Land sind also die denkbar schlechtesten Karten zugeteilt und deshalb gewinnen sie auch, allerdings erst am Ende einer Reihe von mitunter recht ansehnlichen Kämpfen und nachdem anläßlich der Verteidigung des kaiserlichen Schlosses (das ausschließlich kilometerhohe Türme aufweist) gegen die in Massen heranstürmenden und durch ihr Gespeie wahre Feuersbrünste auslösende Drachen der riesige Oberdrache genüßlich grinsend Jeremy Irons verspeist. Der schreit noch als er schon längst tief im Drachenschlund steckt.
Ach, noch dabei ist außerdem ein rotrauschebärtiger Zwerg samt seiner gut einen Zentner wiegenden Streitaxt, der mich doch ganz verdächtig an den zwergischen Helden in Tolkiens Lord of the Rings erinnert …
Der zweite Teil war dann so gut, daß ich keinen blassen Schimmer mehr habe was darin abgelaufen ist und schon garnicht, wer mitgespielt hat (außer natürlich dem bereits erwähnten von der Fernsehzeitschrift hoch gelobten britischen Schauspieler ohne Namen.) Der ganze Schmonzes wurde kürzlich (etwa Mitte August 08) an einem Abend von VOX gesendet - und daß das Ganze auf dem berühmten Rollenspiel gleichen Titels basiert brauche ich nicht extra zu betonen, oder?
Soweit so schlecht. Der Tragödie nächster und bisher letzte Teil lief kurze Zeit später (kalendermäßig) auf einem anderen Sender und hieß

König Arthur (wohlan: man muß es den Machern des Films oder wer sonst für die Titelvergabe zuständig ist, hoch anrechnen, daß sie ihn korrekterweise Arthur und nicht wie sonst hierzulande üblich (stöhn!) Artus nannten, aber wer nach Ähnlichkeit mit der Arthur-Legende, etwa nach dem Muster von Marlowes Morte d'Arthur ausschaut, sieht sich grausam getäuscht.)
Arthur ist nämlich garnicht König! Das wird er erst nachdem man ihm am Ende den Spruch in den Mund legt "wir wollen ein Volk Britanniens sein!" Was dann wohl seinen Anspruch auf die Königskrone bekräftigen soll.
Es wird zwar einmal kurz Excalibur (mit Blick auf eine keltische Streitaxt!) erwähnt, aber Camelot suchst du vergebens. Ebenso den runden Tisch mit dem Siège Perilous (Kippstuhl der den runter wirft der nicht draufgehört.)
Ich denke mal, die Macher wollten dann doch wohl lieber einem keimenden Konflikt durch den Vergleich antiken Gedankenguts mit moderner Demokratie (was heutzutage allzu gern in unsere Filme eingeflochten wird) ausweichen, und das ist ein Punkt, den ich dem Film gutschreibe.
Zunächst ist Arthur ein römischer Feldherr. Als er und seine (was weiß ich: Zeltgenossen? Sagen wir Landsmänner) nach fünfzehnjähriger Vertragszeit den Abschied vom Dienst an Rom ersuchen (allerdings schielen sie doch zurück, denn im sonnigen Rom gefiel's ihnen besser als im rauen Britannien) wird ihnen eine allerletzte Auflage gemacht: Sie sollen sich quer durch das gesamte keltische Feindesland schlagen, um eine einsam und allein dort verbliebene römische Familie abzuholen und sicher ins römische Lager geleiten; erst dann wird ihnen der Abschied gewährt.
Nach dieser Vorlage war eins klar: es würde nicht ohne Kampf gehen! Es ist ja auch gar zu schön: ohne Balgerei geht es heute nicht mehr und wenn die Szene abgedreht ist stehen die Akteure auf, klauben sich das Kunstblut herunter und setzen sich an den Biertisch.
Als nach zehn Minuten Film der Schlachten - des Schlachtens? - kein Ende nehmen wollte, gab ich auf. Ich ließ den Film weiterlaufen und gab mich sinnvollerer Betätigung hin. Aber weil ich immer wieder mal ein Auge riskierte, kann ich bestätigen, daß es im ganzen Film von vorne bis hinten nichts anderes zu sehen (und zu hören!) gab.
Die Charaktere sind bunt gemischt. Sir Galahad ist ein kampferprobter Held, der vom Gral keinen Schimmer hat und den Lancelot (vonwegen DuLac!) gab's schon als kleinen Jungen. Laut Darstellerliste gab's auch einen Merlin aber den habe ich (hauptsächlich wohl weil ich so gut wie kaum hingeschaut habe) nicht gesehen.
Groß herausgeputzt kam Guinevere (noch keine Lady) als brünettes und besser aussehendes Gegenstück zur roten Sonja indem sie als streitbares, schwertschwingendes Mannweib mit Fleischbeschau auftrat und einen Kelten nach dem anderen - wohl mal auch zwei auf einmal - umsäbelte. Ihren Arthur hat sie jedenfalls ständig im letzten Moment gerettet. Die Darstellerin gehört zur jungen Garde des internationalen Films die sich längst einen wohlklingenden Namen gemacht hat - nur habe ich ihn vergessen!
Ach ja, der deutsche James Bond-Verschnitt Till Schweiger ist auch dabei! Er tritt als rüder Kelte mit kahlgeschorenem und dafür blau eingefärbtem Schädel, sowie einem zu einem langen Zopf geflochtenen Ziegenbärtchen in Erscheinung, und eine Sprechrolle ist's obendrein. Also, wenn's sich da nicht lohnt …

Ich will ja niemandem den Spaß verderben. Wem das ewige Kampfgetümmel und wüste Gebrüll (sonst gab's ja nichts) gefällt, wird sein Vergnügen dabei finden.

Ganz zum Schluß will ich noch berichten, daß mein Töchterlein den vierten Teil von Indiana Jones im Kino gesehen hat. Er hat ihr nicht gefallen, aber über das Warum wollte sie nicht ins Detail gehen. Nun, ich will nicht verschweigen, daß ich dem Urteilsvermögen eines knapp vierzigjährigen Kindes kein unbedingtes Vertrauen schenke.
Und der Weisheit allerletzter Schluß: Es werden zwar immer mehr Filme produziert - eine veritable Sintflut cineastischer Orgien - aber immer weniger, die anzuschauen es sich wirklich lohnt …


zurück