REZENSION


HELLBOY

von Fred H. Schütz



Gesehen am 26.9.2008 bei Pro7.
USA 2003, nach dem Comic von Mike Mignola.

Wer von den Nazis gehört hat, weiß sicher auch, daß sie ganz gehörig auf Okkultismus abfuhren. Neben Adolf ganz besonders der Oberst Krönen, dem es in allen Schlachten, die er schlug, nicht nur um den Endsieg sondern vor allem und überhaupt um die Weltherrschaft ging. Wohl nicht nur deshalb bestellte er einem Dämon bei der Hölle. Die liefert auch prompt, aber man weiß ja, daß Onkel Satan der Herr der Lügen ist; er brachte einen Dämon im Babyformat zur, bzw. auf die Welt.
Leider war Oberst Krönens letzte Schlacht ein ziemlich mickriges, weil für ihn unrühmliches Gefecht in dem sich die GI's nicht nur zahlenmäßig als überlegen erwiesen. Da nützten selbst seine Höllenkünste nichts: sie nagelten ihn mit dem Bajonett an die Wand. Das Baby nahmen sie mit und übergaben es zuhause dem Professor Ruttenboom, seines Zeichens Direktor des Instituts zur Bekämpfung schwarzmagischer Verbrechen.
(Junge, Junge, ich hatte größte Mühe, John Hurt unter der bärtigen Maske des biederen Professors zu erkennen!)
In einem Anfall von Kreativität tauft der Professor das Baby auf den Namen Hellboy und unter seiner Aegide entwickelt es sich nicht nur prächtig zu einem Prachtjungen mit Stahlfaust - die ist viermal größer als eine normale Hand und kann selbst Betonwände durchboxen! - sondern ist auch so brav, daß er Hochwürden glatt als Messdiener zur Hand gehen könnte. Nur seine knallrote Hautfarbe und die abgesägten Widderhörner auf seiner Stirn erinnern noch an die Hölle.
(In diesem Plastikbody muß Hellboy alias Ron Perlman gehörig geschwitzt haben!)
Obwohl gutmütig wie die Mutter Gottes höchstselber - er riskiert sein Leben um das Kätzchen eines kleinen Mädchens zu retten - hat er doch ein so unbändiges Temperament, daß ihn der Professor die meiste Zeit unter Verschluß halten muß - in einem Betonkäfig mit stählerner Tresortür, von wo ihm seine Stahlfaust im Lauf des Films Ausgang verschafft…
Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte kommen weitere Helfershelfer hinzu: ein blauhäutiger Fischmensch, der sich am liebsten unter Wasser aufhält obwohl er Luft atmet und der sich von faulen Eiern ernährt, sowie ein blasses und schwarzhaariges Gruftmädchen das in Stressmomenten blaues Feuer erzeugt; Hellboy ist heimlich in sie verliebt. Ganz zum Schluß kommt ein junger FBI-Agent namens John Miller hinzu, der nicht recht weiß, was er hier eigentlich verloren hat und sich deshalb erstmal als Essensbeschaffer für Hellboy betätigt. Der Professor hat ihn eigens als seinen Nachfolger ausgewählt weil er weiß, daß er bald sterben muß.
Nun sind sechzig Jahre vergangen und der Frieden ist endgültig vorbei. Die ehemalige Nazi-Amazone Lisa hat Oberbösewicht Rasputin in einer Blutzeremonie ins Leben zurückgerufen. Auch der lang tote Oberst Krönen ist wieder lebendig, nur trägt er jetzt statt der Uniform einen Brustharnisch mit einer Schraube daran womit er sich immer wieder, wie ein Uhrwerk, aufziehen muß. Außerdem haucht Rasputin einem Haufen Dreck Leben ein und es entsteht ein Ungeheuer das einem Gorilla mit Octopuskopf gleicht; mit seiner mehrere Meter langen Zunge kann es kräftig zubeißen und mit jedem Biß legt es Eier in die Wunde. Geifern tut es natürlich auch.
(Bemerkung am Rande: Die eigentlich amerikanische Erfindung der Nazi-Amazone hat sich rasch weltweit verbreitet. Selbst bei Bond, James Bond, tritt sie auf, nur ist sie hier eine stalinistische Nazi-Amazone. Irgendwie hat sie auf die guten Filmheldinnen abgefärbt: auch die tragen stets eng anliegende, möglichst freizügige Lederkleidung, immer schwarz und oft als Uniform gestylt.)
Das eben beschriebene Ungeheuer tritt als erstes in Erscheinung und macht Hellboy das Leben schwer: er kann es umbringen sooft er will, immer wieder steht es auf und greift an. Nebenbei legt es in den Katakomben der U-Bahn haufenweise Eier - selbst Hellboy versucht es zu infizieren - immer unter Wasser sodaß des Professors Fischmensch seine liebe Not mit ihnen hat.
Rasputin läßt das Institut durch Krönen penetrieren. Dazu stellt sich der sowieso tote Unmensch tot und der Professor darf ihn sogar sezieren (zu dem was hier zum Vorschein kommt schweigt des Sängers Höflichkeit.) Im unbewachten Moment erhebt sich die Leiche, zieht sich nicht nur an sondern auch auf und begibt sich zum Professor den sie abmurkst. Der hält auch brav still, nur benimmt sich sein designierter Nachfolger zunächst reichlich dämlich.
Immerhin hat der Professor noch vor seinem Ableben festgestellt, daß sich etwas an der Adresse des Moskauer Rasputin-Museums tut. Also begibt sich die übrig gebliebene Gesellschaft dorthin - einschließlich Fischmensch der zum Schutz seiner Fischaugen eine Schutzbrille trägt wie sie seinerzeit Piloten benutzten als sie noch in offenen Cockpits unterwegs waren.
(Die heißt in Amerika "Goggles." Das Wort ist auch als Verb erhältlich und dann bedeutet es "Fischaugen machen," d.h. klotzen.)
Da das Institut zur Bekämpfung schwarzmagischer Verbrechen naturgemäß dem FBI untersteht, ist nicht nur Jungmann Miller sondern auch der aufsichtführende Oberagent Namenlos dabei. Als Beamter gibt sich der zwar äußerst unsympathisch, aber wer Zigarre raucht, kann nicht durch und durch schlecht sein. Das sieht man zum Beispiel auch am gleichfalls Zigarre rauchenden Hellboy (nur hält der die seine zwischen den Zähnen und benutzt zum Anzünden einen Zippo.) Das Institut ist übrigens so geheim, daß seine Existenz von eben diesem Oberagenten im Fernsehen heftig bestritten wird.
In Moskau ist es zunächst eklatant winterlich. Aber nicht im Rasputin-Museum. Dieses erweist sich als supertechnologische Mausefalle mit wandernden Stahlwänden und Räderwerk wie eine gigantische Kuckucksuhr. Die Falle trennt die Mitglieder der Mission voneinander, aber Hellboy will das nicht leiden und boxt sich durch. Miller und Gruftie (die im bürgerlichen Leben Selma Blair heißt) treffen auf eine Horde von Ungeheuern wie das oben beschriebene und Gruftie macht sie mit ihrem blauen Feuer alle. Oberst Krönen taucht auf und Hellboy fixiert ihn mittels eines mehrere Zentner wiegenden Riesenzahnrads auf ein Nagelbett - ob der so durchlöcherte Oberst dadurch endgültig alle ist bleibt dahingestellt; jedenfalls ist er weg vom Fenster.
Aber jetzt trumpft Rasputin auf. Er nimmt die Gesellschaft gefangen und Hellboy wird mit magisch verstärkten Ketten umgarnt die er nicht brechen kann. Bei Gruftie macht Rasputin Mund-zu-Mund-Beatmung und bläst ihr somit das Lebenslicht aus. Miller wird mit eisernen Manschetten an eine Säule geheftet. Fischmensch und Oberagent hat der Regisseur momentan vergessen.
Rasputin nimmt Hellboy den ihm einst von einer frommen Seele verehrten Rosenkranz weg - den er achtlos in den Schnee schmeißt - und verlangt von ihm, er solle sich als Ausgeburt der Hölle outen. Der derart arg Bedrängte stimmt zu und prompt fallen nicht nur seine Ketten; auch die bis dato immer kurz gehaltenen Widderhörner wachsen ihm wieder zu voller Bogenlänge. Er tritt an das mit kabbalistischen Zeichen übersäte magische Tor und benutzt seine Stahlfaust als Schlüssel indem er sie in die Schloßlöcher einführt und dreht. Währenddessen verfinstert sich der Vollmond - die Chaosgötter hecheln in den Startlöchern! Und -
Miller hat sich die Hand an der Handschelle blutig gerissen um sich zu befreien. Er klaubt den Rosenkranz aus dem Schnee und wirft ihn Hellboy zu. Der schnappt ihn in der Luft und das heilige Ding brennt ihm das Kreuzzeichen in die Hand. Das bringt Hellboy zur Besinnung. Er bricht sich die Widderhörner ab und rammt sie dem ihm gierig über die Schulter zusehenden Rasputin in den Bauch.
Der also tödlich Getroffene bricht zusammen und die Amazone - die wohl aus dramaturgischen Gründen vergessen hat in den vergangenen sechzig Jahren zu altern - wirft sich jammernd über ihn.
Der Fischmensch kann gerade noch Hellboy einen mit Granaten gespickten Patronengürtel zuwerfen, als ein Unwesen aus Rasputins Wunde herauskommt, das aussieht wie ein Octopus ohne Kopf aber mit einer Unmenge von Armen. Es windet sich und wächst mit atemberaubender Geschwindigkeit bis es die Größe einer alten Eiche erreicht. Dabei ergreift es Hellboy und schwingt ihn hin und her - zwanzig Meter hin, dreißig Meter her - immer wieder, bis er zufällig an das Ende des hochragenden obersten Arms gelangt wo sich der Schlund des Ungetüms befindet. Rasch wirft er einige Granaten hinein, die explodieren eine nach der anderen und das Monster ist hin.
Mit ihm Rasputin und die Nazi-Amazone. Der Vollmond ist auch wieder klar und die Chaos-Götter kannst du vergessen. Die bösen Mächte sind besiegt aber die Gefahr noch nicht vorüber. Die Gesellschaft muß rennen um aus dem brennenden Gebäude zu entkommen.
Im nächsten dunklen Gang legt Miller das entseelte Gruftiemädchen ab und Hellboy versucht sich an Wiederbelebung. Während sie zu sich kommt gibt der Oberagent Hellboy eine Lektion im Zigarreanzünden, nämlich mit Streichholz. Und dann darf der arg enttäuschte Jungagent Miller zusehen wie Hellboy und Gruftie von ihren blauen Flammen umlodert in Liebe verschmelzen …
Fazit: Wenn amerikanische Filmemacher böse Mächte darstellen ist's mit etlicher Sicherheit höllische Brut oder aber Nazibrutalität. Hier kommt beides zusammen, aber wenn man das Absurde außer Acht lässt und die erwiesene Wertigkeit in Betracht zieht kann man sich wie ich an diesem Film ergötzen. Er ist vielleicht kein Meisterwerk aber ein gelungenes Gesellenstück allemal.
Als Regisseur zeichnet Guillermo del Toro. Na ja, bei diesem Namen …


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