REZENSION


CONSTANTINE

von Fred H. Schütz



USA, 2005, gesehen am 1.3.09 auf Pro7

Um's vorwegzunehmen, ich mag A) keine Filme mit religiösen Themen, alldieweil sie mir allesamt nach dem Motto Der Mensch ist gut aber die Leute sind schlecht gemacht vorkommen. Ich mag auch B) Keanu Reeves nicht, weil mir der Kerl (in den USA guy, in Großbritannien bloke) viel zu geschönt erscheint um wahr zu sein. Schließlich habe ich C) ein Hörproblem mit modernen Filmen bei denen Nebengeräusche (Musik, Schritte, Pistolenschüsse, usw.) viel zu laut, Gespräche jedoch zu leise rüberkommen - und wenn ich den Apparat höher einstelle um wenigstens etwas zu verstehen dröhnt garantiert das Gerät und ich höre nur Krach. Meine Nerven ertragen sowas nicht mehr.
Außerdem ist D) ein neues Phänomen aufgetaucht: die Dialoge des hier angesprochenen Films finden samt und sonders im Flüsterton statt! Ich bin zwar erst siebenundsiebzig, aber Flüstern nehme ich nur noch als kontinuierliches Kratzgeräusch wahr. Wie sollte ich also begreifen was in dem Film abgeht und was kann ich davon erzählen?
Nix!
Aber was soll der Mensch machen wenn das Programm nichts anderes hergibt? Ich zahle ja nur die Fernsehgebühren, also muß ich mir nolens volens den obigen Wahnsinn antun!
Also erzähle ich was ich der Filmbeschreibung entnahm - soweit man dieser überhaupt trauen kann - und was ich bildlich beim Anschauen begriff, ohne jedoch so etwas wie eine kontinuierliche Handlung zu schildern.
Nun gut: Als Constantine hat Keanu die Gabe Dämonen und sonstigem Höllengelichter entgegenzutreten und deshalb steht er von ihnen bedrängten Leuten bei, indem er die Teufelsbrut dahin befördert, wo sie hingehört. Das tut er auf recht grobe, um nicht zu sagen rücksichtlose Weise - welches er gleich in der ersten Szene beweist, als er ein junges mexikanisches Dienstmädchen brutal von seiner Besessenheit befreit; den Dämonen befördert er aus ihrem Bauch in einen Spiegel den er auf der Straße zerschellen lässt. Adiós - besser gesagt: zur Hölle - Dämon! (Adiós bedeutet nämlich Gottbefohlen.)
Seine Helfer in dem gottgefälligen Bemühen sind Beman (also B-Mann, und damit zweiter im Team) ein dicklicher, ungepflegter und schwerfälliger Typ, der aber Keanu treu ergeben ist, und ein junger Taxifahrer, dessen Taxi ausschließlich nur ihn befördert und ihm daher jederzeit zur Verfügung steht. Dieser junge Mann ist von dem glühenden Wunsch beseelt selber so ein Teufelsaustreiber zu werden wie Keanu. Letztendlich aber bezahlen die beiden ihre Treue mit dem Leben.
Gegen Keanu, das heißt Constantine, steht aus Gründen, die mir aus dem oben unter B) genannten Grund ziemlich begreiflich sind, der Erzengel Gabriel alias Tilda Swinton (was denn, Damenbesetzung für eine Männerrolle?) die ihm deswegen ständig an die Karre fährt.
Eine gewissermaßen tragende Rolle spielt außerdem der Speer des Schicksals (eigentlich nur die wunderschön geschmiedete goldbronzierte Speerspitze) die dem Träger Wunderkräfte verleiht. Damit will Gabriel gegen Filmende Keanu abstechen, aber der Teufel fährt ihr dazwischen.
Schließlich ist es in dem Film ständig Nacht, oder es herrscht trübe Sicht und es regnet, was aber Constantine nicht beeinträchtigt: er bleibt trocken.
Somit wäre im großen und ganzen erklärt, wer und was in dem Film abläuft, bzw. womit und mit wem sich Keanu/Constantine herumzuschlagen hat. Das größte Problem, das ihn quasi während des ganzen Films beschäftigt, präsentiert ihm eine sich für schön haltende junge Dame namens Rachel Weisz (auf Deutsch würde das Weiß geschrieben.) Rachel ist ein Zwillingspärchen von welchem die gute Schwester (die mit der Gabe) bereits zu Filmbeginn von bösen Geistern hingelyncht wurde und nur im Leichenschauhaus zu sehen ist. Warum sich die weniger gute, normale - ihr Filmname ist Isabel - nun auf Teufelkommheraus mit dem Spuk herumschlagen will, hat sie sicherlich Keanu anvertraut, nur weiß ich das trotzdem nicht. Jedenfalls macht sie dauernd das Falsche und bringt sich und Keanu in Gefahr. Was auf die Dauer nicht gut gehen kann und so kommt was kommen muß: sie kriegt eine zuviel an die Nuß.
Worauf sie mehr oder weniger tot auf den blütenweißen Fließen des Hamam hingestreckt herumliegt. (Hamam ist türkisch für Badehaus; jedenfalls befindet sich darin ein großes Badebecken und in demselben findet auch der Showdown statt.)
Aber auch Keanu - sprich Constantine - ist von dem ganzen Klimbim völlig aufgerieben und liegt (nachdem er ein letztes Teufelchen aus Rachels Bauch geholt hat, das sich perspektivisch wunderschön verkleinernd in die Hölle stürzt) ziemlich scheintot im Badehaus herum. Er hat endgültig die Nase voll und will - nun ja, das Ende ist zwar nah aber nicht da. Noch nicht.
Tilda - sprich Gabriel - sieht ihren Moment der Wahrheit gekommen und zückt den magischen Speer um ihn abzustechen aber der Teufel hält die Zeit an.
Der Teufel ist ein vornehmer älterer Herr im blütenweißen Anzug dessen bloße Füße blutige Abdrücke auf dem weißgefließten Fußboden hinterlassen. Er hockt sich zu dem apathisch am Fenster lehnenden Keanu, gibt ihm Feuer für eine letzte Zigarette und zeigt ihm mal kurz die Hölle, eine unter schneeweißer Asche begrabene Stadtlandschaft im Sturmwind einer Atombombenexplosion.
Es ist das zweite Mal, daß Constantine die Hölle sieht.
Sodann begibt sich Satan - ich nehme an er läßt nun die Zeit weiterlaufen - zu Gabriel und beginnt mit ihr einen Zweikampf um Constantines Seele und obwohl dieser im Badebecken stattfindet bleibt sein teurer Anzug - im Gegensatz zu Keanu, der pechschwarz gekleidet ist, tragen er und Tilda reines Weiß - völlig trocken. Gabriels Anzug hingegen wird ruiniert und darüber hinaus verliert sie - oh Jammer - ihre schönen Flügel. So bleibt ihr wohl der Rückflug in den Himmel versagt.
Satan wähnt sich als der Gewinner und will sich Constantines Seele greifen. Der aber entgleitet seinen Händen und schwebt empor - dahin wo Gabriel herkam. Als Letztes zeigt er noch Satan den Finger …
Das war's dann. Ein wilder Actionfilm, der dir keine Verschnaufpause gönnt. Wenn er mir trotz aller beschriebenen Widersächlichkeiten gefallen hat - selbst Keanu war als unsympathischer Held zu ertragen - so ist dies der Fantasie all jener zu verdanken, die den Film gemacht haben, indem sie Hölle und Höllenbrut in aller Deutlichkeit zeigten. Unter dem Gelichter fällt einer auf, genau wie Tolkiens Gollum, jedoch ohne Augen und der Oberteil des Schädels ist abgerissen - aber Beißerchen hat er wie T-Rex - so rennt er wie ein Hund auf allen Vieren durch die Gegend.


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