REZENSION


SAME PROCEDURE AS LAST YEAR

von Fred H. Schόtz



Früher, als es noch kein Fernsehen gab, war es die Theatersaison, die winters stattfand und den Leuten half, den dunklen Teil des Jahres einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Mit Einführung des Fernsehzeitalters hat sich die Tradition fortgesetzt, und zu Weihnachten gab es besondere Filme. Was dazu führte, was daran schuld ist, daß sie - die Tradition - in letzter Zeit aufbrach, kann ich nicht sagen. Vielleicht ist es die zunehmende Verrohung des Geschmacks oder die Realisierung bei den Programmgestaltern, daß man der Masse alles ohne Widerwehr vorhalten kann, ich weiß es nicht. Oder vielleicht ist es auch eine Entscheidung unserer politischen Elite, daß das Publikum nur dieses aber nicht jenes sehen darf? Schließlich will und muß die Nation ja erzogen werden, nichtwahr …
Da fällt mir der Titel eines Liedchens ein das Willy Millowitsch mal gesungen hat: "Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel …" Ob es nicht besser heißen sollte "Wir werden alle, alle, alle an der Nase geführt …"? Jedenfalls mußte ich mit der Lupe suchen um in den "Rauhen Nächten" von Weihnachten 2008 bis Neujahr 2009 etwas zu sehen das der Mühe lohnte!
In den Tagen vor Weihnachten so gut wie garnix, zumindest wenn man von der Wiederholung von Der Herr der Ringe absieht (von welchem uns der dritte Teil auch noch vorenthalten wurde!)
Bisher war der Sender für Asterix-Filme
Sat-1 (einschließlich der beiden herrlichen Life Action-Filme mit Gerard Depardieu als Obelix). Am 27.12.08 bescherte uns RTL Asterix und die Wikinger (F/Dk 05) und der war irgendwie anders und bei weitem nicht so gekonnt, wie die früheren bei Sat-1 gezeigten. Man müßte allerdings ein besseres Vergleichskriterium anwenden als mein Erinnerungsvermögen, um zu erkennen. woran das liegt.
Wer kennt nicht Hal Fosters Comic-Abenteuer von Prinz Eisenherz? Vielleicht erinnert sich auch der eine oder andere des gleichnamigen Films der fünfziger Jahre mit Robert Wagner als Prince Valiant, James Mason als der schwarze Ritter und der damals noch blutjungen Janet Leigh als Ilene. Also höchste Zeit für eine Neuverfilmung, nichtwahr? Nun, K-l hat dem jungen und jung gebliebenen Zuschauer den Gefallen getan und zeigte am 30.12. Prinz Eisenherz (D/GB/Irl 96.)
Ach, hätten sie's doch nur sein gelassen! Der frühe Film, in dem Eisenherz den schwarzen Prinzen mit dem Breitschwert ersticht, war ja schon schlimm, aber das war wenigstens nur ein Fehler! Deutscher Film und Filmkunst, das sind zwei Paar Schuhe!
Aber dann, an Sylvester, Dinner for One auf allen dritten Programmen! Die deutsche Fernsehproduktion die an einem einzigen Tag des Jahres endlos wiederholt wird! Ich habe sie alle geguckt, konnte mich nicht sattsehen! Nur, was dachten die sich dabei, schlecht gemachte Dialekt-Versionen mit unbegabten Schauspielern zur gleichen Zeit zu senden? Oder wer hat angesichts der weltbekannt schlechten englischen Küche Interesse an dem Menu an dem Miss Sophie sich delektierte?
Für den Freund schwerverdaulicher Fernsehkost brachte K-1 am Neujahrstag Mary Shelley's Frankenstein (US 94). Kenneth Branagh mag ja ein brillianter Schauspieler -sein, aber ein krachbetonter Film, in dem eine mit den Hüften wackelnde nackte Marionette der einzige Höhepunkt ist, also ich weiß nicht …
Und wer, bitteschön, findet an dem unerträglichen Harry Potter Gefallen, es sei denn er sei noch im Vorschulalter? Welchen Gefallen tut sich das ZDF mit diesen Schinken zur besten Fernsehzeit?
Aber es gab auch Lichtblicke. Irgendwann in der Weihnachtszeit sah ich eine Persiflage von Mark Twains Geschichte vom Yankee am Hofe König Arthurs in der ein Verkäufer vom Stil Al Bundys ins allerfinsterste Mittelalter gerät und sich dort nicht nur mit dumm-schlächtigen Rittersleuten sondern vor allem auch mit Geistern, Untoten und tückischen Zauberbüchern herumschlagen muß, ehe es ihm gelingt wieder nach Hause zurückzufinden. Ich habe gelacht bis mir die Seiten wehtaten, aber erst hinterher fiel mir ein, was für ein überaus gelungenes Prachtstück diese Klamotte gewesen ist. Leider hatte das Mörchen schon das Fernsehjournal der Weihnachtswoche entsorgt und weil mein Gedächtnis in letzter Zeit notorisch schlecht geworden ist fällt mir der Titel dieses Streifens partout nicht mehr ein …
Super-RTL zeigte am 1. und 2.1.2009 den Zweiteiler Monkey King (US/D 00) in dem es um den auch im Westen bekannten chinesischen Roman "Die Reise nach Westen" von Wu Cheng-En geht. Ein amerikanischer Literaturexperte wird ins chinesische Reich der Schatten versetzt um nach diesem Buch zu suchen und nebenbei die Welt zu retten. Er tut sich mit der Hauptfigur des Romans, dem zauberischen König der Affen zusammen, lernt dessen Weggefährten kennen, befreit den Autoren aus fünfhundertjähriger Gefangenschaft und verliebt sich ausgerechnet in die chinesische Göttin der Barmherzigkeit. Es bedarf keiner Frage, daß er am Ende mittels des ihm von Wu Cheng-En geschenkten Schreibpinsels den Widersacher alles Guten, einen schurkisch-finsteren chinesischen Halbgott besiegt und die Welt rettet. Seine Gwanyin kriegt er auch. Trotzdem sehenswert.

Das ZDF beehrte seine Zuschauer am 2.1.2009 mit Sleepy Hollow (US/GB 99). Ich wüßte nur zu gerne, ob der Film Washington Irvings Horrorgeschichte von dem Reiter ohne Kopf einigermaßen getreu widergibt (ein paar Wochen zuvor war ein anderer aber gräßlich entstellter Film mit gleichem Thema im Fernsehen gelaufen) aber leider hatte ich bisher nicht das Glück die Story in englischer Sprache, das heißt im Original aufzutreiben. Aber mal ehrlich: sind wir uns nicht alle einig, daß seit "Piraten der Karibik" Johnny Depp der Renner ist? Dieser Film ist kein bißchen schlechter als "Piraten," nur anders.

Ganz zum Schluß sei noch eines Werkes gedacht, das zwar chronologisch nicht mehr zur Jahreszeit passt, weil deutlich nach Neujahr gesendet, das aber thematisch durchaus dazu gehört.
Nun hat sich Ursula K. LeGuin in ihrer Webseite von der Verfilmung ihrer Romantrilogie "Erdsee" distanziert, beklagt sich - zu recht - daß man sie nicht konsultiert habe und daß Sex und Gewalt einfach nicht dazu gehörten.
So sehe ich es auch, aber mir ist es egal ob die Bewohner der einen Insel eingeborene Amerikaner, und die einer anderen Schwarze oder Weiße sind. LeGuin irrt wenn sie meint, daß dies wichtig sei. Ich habe mir also die Schwarte angesehen und jetzt weiß ich wieder warum ich die Bücher seinerzeit nicht behalten wollte: Mene mene tekel upharsin = gewogen und zu leicht gefunden!
An dieser Stelle wollte ich einen allerletzten Titel besprechen - nur bin ich überhaupt nicht mehr dazu gekommen weil mir der Herzinfarkt dazwischenfunkte und was das für ein Film gewesen sein mag … ich hoffe nur, daß es ein guter war …


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