ARTIKEL


DIE SPINNEN, DIE BRITEN

von Eva Kalvoda



… hat schon Obelix gesagt, und beim Teutates, ich kann ihm nur Recht geben!
Als ich vor gut einem Jahr neugierig auf die britischen Geister wurde, habe ich ja gar nicht geahnt, wie verschroben die Briten sind, egal ob lebend oder untot.
Und weil ich ja bekanntlich Gedanken dieser Art schlecht für mich behalten kann, dürft ihr in Form einer Verlängerung des damaligen Artikels daran teilhaben. (Und ich kann nicht garantieren, dass es dabei bleibt, weil intensiver habe ich mich jetzt nur mit den südenglischen Geistern auseinander gesetzt und da ist noch viel Restbritannien übrig...)
Wo fang ich nur an? Mit der Insel an sich, warum werdet ihr gleich sehen:
Großbritannien ist das Geisterland schlechthin ist. Wenn man spukende Holländer sehen will, muss man nach Great Britain fahren. Wo spuken ägyptische Mumien und ihre Schutzgeister? Nein, nicht zuhause, sondern in Old Britain! Ob Australier, Norweger oder Römer, sie alle spuken in Großbritannien!
Was mich zu meiner Theorie bringt: Mit dieser Insel stimmt was nicht!
Habt ihr schon einmal davon gehört, dass in Italien ganze Heerscharen alter Soldaten spuken? Nein, könnt ihr auch nicht, weil alle Römer, die spuken, tun es in Britannien! Macht man sich auf die Suche nach - sagen wir mal - skandinavischen Geistern, findet man nur die bekannte Geisterwelt rund um Trolle und Co. Echten Spuk findet man kaum.
Oder nehmen wir Österreich. Es gibt gerade mal eine Hand voll Bücher zu österreichischen Spukgestalten, und die Hälfte sind Kasermandln und Almwichteln. Okay, von den siebenhundert Burgen in Österreich haben so an die zwanzig auch ihre Geister, aber in Großbritannien kommen zwanzig Geister auf eine Burg! Überhaupt scheinen britische Geister viel geselliger zu sein als andere. Kaum taucht irgendwo ein Geist auf, schon gesellt sich ein zweiter dazu, und dann ein dritter, und so fort. Es gibt Burgen, da findet man vom angelsächsischen Geist über tudorzeitliche Geister bis hin zum Tennis spielenden Beau aus den zwanziger Jahren alles was die Spukwelt hergibt. Oh, nicht zu vergessen, die ganzen Geister aus den Weltkriegen, es ist echt verwunderlich, das diese Insel noch nicht aus allen Nähten platzt. (Lobend wäre hier zum Beispiel "Herman the German" zu erwähnen, der es sich im Panzermuseeum von Bovington Camp gemütlich gemacht hat, und Besucher durch die Luke eines Tiger-Panzers ausspäht. Das manche ihn gemeinerweise "Fried Fritz" nennen, liegt sicher nicht daran, dass er in diesem Panzer vermutlich von Granatfeuer getötet wurde. Oder die Gruppe Piloten, die zu fünft, laut grölend - betrunken - immer wieder gegen dieselbe Hangarwand knallt wie damals.)
Und nicht, dass ihr jetzt denkt, es liegt an den Burgen. Nein, den gesellschaftsliebenden Geistern ist es egal ob sie in einer Burg, in einem Dorf, oder in einem Teich spuken. Es gibt Dörfer die locker sechzehn Geister zählen, wobei die Putzfrau der Kirche noch der harmloseste Geist ist.
Es muss also etwas mit der Insel an sich zu tun haben!
Und zwar nur mit dieser. Die unmittelbare Nachbarinsel, ja, die grüne, hat genug mit ihren Kobolden, Banshees und Feen zu tun. Okay, auch dort gibt es das eine oder andere Schlösserl mit Hausgeist, aber die Geisterdichte, oder eigentlich muss man ja Spukdichte sagen, reicht nicht annähernd an England heran.
Wieso können Briten nicht einfach tot umfallen, und liegen bleiben?
Auf dieser Insel gehen die Geister aus Gründen spuken, dafür würde bei uns nicht einmal ein Wurzelgnom aus seiner Höhle kriechen!
Da gibt es einen Reiter aus der Bronzezeit, einen der best dokumentierten Geister Großbritannien überhaupt, der eindeutig beweist, dass diese Insel ihre Toten schon immer aufgescheucht hat. Also der spukt echt schon lange!
Es gibt demnach etwas im englischen Boden, dass die dort verstorbenen Seelen nicht ruhen läst. Und nicht nur nicht ruhen, sondern sogar höchst eigenartige Verhaltensweisen entwickeln. Da benehmen sich alte Geister so schrullig, dass die Polizei kommt, um sie zu verhaften. Und erst wenn das nicht geht, ist klar, dass es ein Geist war.
Nehmen wir zum Beispiel diesen Marineoffizier in Devon. Der war zu Lebzeiten schon ein Liebespaar-Hasser. Es stört ihn nicht im Mindesten, das er nun schon lange tot ist, nein, er beschimpft immer noch Pärchen, die an seinem Fenster vorbeischlendern.
Oder der Typ in Avon, der seine weißen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hat, und auf der Gay Street (ja!) junge Männer anspricht. Ihr müsst nicht glauben, dass er nach seinem Tod damit aufgehört hat. Höchst kurios finde ich auch die Geister, die bei Lustleigh in Devon spuken. Da kommt ein ganzer Zug an Rittern und Gefolge, inklusive Windhunden, Pferden und wer weiß noch was alles daher, um im örtlichen Wald zu verschwinden. Als der Wald abgeholzt wurde, dachte man der Spuk würde aufhören. Aber weit gefehlt, nun erscheint auch noch der Wald selbst als Geist (äh, Geisterbäume, Kollektivgeist, … Wie sagt man zu so was überhaupt?).
Und weil wir gerade von Geistern sprechen, die so tun, als wären sie gar nicht gestorben und noch alles so machen, wie vor ihrem Tod, da darf Sarah Whitehead nicht fehlen!
Deren Bruder war bei der Bank of England angestellt, wurde aber 1811 wegen Fälschungen gehängt. Das konnte seine Schwester offenbar nicht verkraften. Vom Tag seines Todes an kam sie täglich in die Bank in London, um nach ihrem Bruder zu fragen, 25 Jahre lang, bis sie starb. Und dann machte sie natürlich als Geist weiter. Auch heute noch kommt sie täglich in die Bank of England. (Und ganz nebenbei gesagt, ist sie damit nicht der einzige Geist in der Bank! Da spukt auch noch ein ehemaliger Kassier, der sich innerhalb der Bank beerdigen lies, um nicht Grabräubern zum Opfer zu fallen. Leider wurde er bei Umbauarbeiten "aufgeweckt".)
In Weare Giffard in Devon spukt ein Geist, von dem niemand weiß, wer er ist, oder warum er geistert, man weiß nur, dass er extrem unhöflich ist. Der schnauzt die Leute an, sie sollen abhauen!
Obwohl, manche Geister kann ich durchaus verstehen. Da gab es einst in Cuckfield, ein Mädchen, dem fiel ein Geranientopf auf den Kopf, und es starb daran. Und wie nennen die garstigen Briten das Arme Geschöpf? Geranium Jane! Da würde ich auch spuken!
Und was sagen die Lebenden über den Mönch von Waverley Abbey, der gehängt, gestreckt und gevierteilt wurde? Der geht um, weil er seine Eingeweide sucht!
Manche Geister spuken so wie sie starben, wie etwa der ertränkte Zöllner von Scotney Castle, der immer noch tropfnass herumgeistert. Andere Unruhige suchen es sich aus. Lord Nelson zum Beispiel: Auch er spukt an vielen Orten, mal mit Arm, mal ohne, mal unversehrt mal ziemlich mitgenommen.
Oder T.E. Lawrences, mal mit Motorrad in Lederkluft, mal ohne Motorrad in arabischer Kleidung. Je nach dem, wo er auftritt, äh, erscheint.
In Wien spukt es nur im Burgtheater und in der Oper, aber in Großbritannien hat jedes (wirklich jedes!) Theater mindestens einen Geist. Meistens mehrere, da die Mimen nicht bereit sind abzutreten, schon gar nicht wegen solcherlei Kleinigkeiten wie dem eignen Tod. Das kann manchmal kuriose Formen annehmen. Da gibt es zum Beispiel diese Theater in Maddermarket, das früher eine Kirche war. Nur ist es dort ein Priester, der, wenn er erscheint, eine Geistermesse liest. Man stelle sich vor, wie es bei der Abendvorstellung zugeht, wenn lebende Schauspieler und ein toter Priester die Bühne gleichzeitig benützen!
Obwohl, eigenartig wie die Briten sind, würden die Schauspieler wohl einfach Priester und Messe ignorieren. So hält es zumindest ein britischer Taxifahrer aus Essex, wenn dort eine Gruppe römischer Geistersoldaten über die Straße wandern, fährt der Taxilenker einfach durch sie hindurch. Man kann nur hoffen, dass er nie an Halloween Dienst tut!
Ernsthaft, so mancher ist schon wegen dem eigenartigen Umgang der Briten mit ihren Geistern umgekommen! Sich auf dieser Insel als Geist zu verkleiden, ist höchst gefährlich. Da kann man die Treppe runter geworfen werden, erstochen werden, oder sogar erschossen! Ja, Briten schießen auf Geister!
1804 erschoss die Bürgerwehr in Hammersmith einen Stuckateur, der auch mal das örtliche Phantom spielen wollte! Nicht der erste, der erschossen oder getötet wurde. Und das machen die nur, weil echte Geister offenbar verschwinden, wenn man auf sie schießt.
Dieses Hin und Her zwischen Ignorieren und Angreifen finde ich persönlich höchst verwirrend.
Manchmal haben sogar die Briten genug von ihren Geistern. Der alte Landsitz Hinton Ampner war derart spukverseucht, dass ihn die neuen Besitzer kurzerhand abreißen ließen, damit die Geister nur noch die Grillen im Garten wach halten können.
Ganz im Gegenteil zu Peter de Savary, dem Eigentümer von Littlecote House, in dem mehr als zwanzig Geister umgehen. Es gibt Teile des Hauses wo kein Lebender hingeht, Teile, wo kein Toter herum wurschtelt, und einige Bereiche, die man sich großzügig teilt.
Wären doch nur alle so nett. Da versteh einer die Briten! Die einen lassen einen höchst charmanten Geist austreiben, der auch noch im Haushalt behilflich war, die anderen bauen ein abgebranntes Theater wieder auf, obwohl selbst in der Brandruine noch garstige Geister umgehen. Ich muss wohl kaum erwähnen, dass sie sich über ein besser geeignetes Refugium gefreut haben.
Übrigens spukt es in allen Schlössern der Queen, aber am meisten stört es die Sicherheitsleute im Buckingham Palace, weil dort Major John Gwynne spukt, der Privatsekretär von Edward VII., der sich in seinem Arbeitszimmer erschoss. Und wie spukt er? Oh ja! Er erschießt sich immer wieder! Stets höchst aufregend für die Sicherheitsleute.
Auch ein höchst eigenartiges Verhältnis zu ihrem Hausgeist haben die Besitzer eines Hauses, das auf einem ehemaligen Flughafen steht. Dort spukt der Geist eines Kriegspiloten. Und was regt die Besitzer daran auf? Dass der Geist ständig eine Schneiderpuppe umschmeißt, die eine Naziuniform trägt!
Auch halten sich britische Geister nicht an irgendwelche Gebietsbeschränkungen. Bei Ashmore war einmal ein Grabhügel, der von Gabbygammies bewohnt wurde. Als die landwirtschaftliche Bestellung den Grabhügel großzügig geplättet hat, sind die Gabbygammies einfach ins nächst gelegene Dorf übersiedelt. Als Tipp sein noch gesagt, das Abreißen manchmal keine Lösung ist. Das hat man auch mit dem Pfarrhaus in Borley versucht, das als das meistheimgesuchte Haus in England galt. Seit es 1944 abgerissen wurde, sind die Geister nach und nach in die nahe gelegene Kirche umgezogen.
Oder der Geist von Lady Howard, der fährt jede Nacht an Schloss Okelhampton vorbei, in einer Kutsche aus den Knochen ihrer vier verblichenen Ehemänner, gezogen von keinerlei Pferden, gelenkt von einem Geisterkutscher ohne Kopf, begleitet von einem treuen Skelett-Geister-Hund. Ich kann mir vorstellen, was passiert, wenn dieses Gespann am Castle vorbeifährt. Bestimmt kommt der dort lebende, äh, stationierte schwarze Hund hervor geschossen, um seinen skeletierten Rivalen anzubellen.
Und in Dvizes, in dem "Bloody Ditch" genannten Graben, wo 800 Soldaten der Parlamentarier von den Royalisten getötet wurden (und da war nicht einmal die Hauptschlacht damals, 1643), dort spuken nicht etwa diese Soldaten, nein, nur - und ausschließlich - deren Pferde geistern dort herum.
Es kommt auch vor, dass an einem geisterlosen Ort gebaut wird, und kaum steht da ein hübsches Herrenhaus, finden sich alle Geister der letzten 500 Jahre dort ein!
Und einer der eigenartigsten Geister Britanniens ist der eines gerupften Hühnchens! Vermutlich haben alle schon mal die Geschichte von Sir Francis Bacon gehört, der starb, weil er mitten im Winter der Idee nachging, dass Schnee ein genauso gutes Frischhaltemittel wäre, wie Salz (er war Lordkanzler und macht sich Gedanken über die Versorgung der Soldaten). Er holte sich eine Erkältung und starb daran. Weniger bekannt ist, dass er für sein Experiment ein Huhn kaufte, das er töten und ausnehmen lies. Nun ja, es ist fast peinlich, aber genau dieses Hühnchen spukte - gerupft, wie es war - noch bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts in der Gegend herum.
In Britannien spuken die Geister sogar körperlich getrennt!
Da gibt es in Dorset einen Wilderer, dessen Hand wo anders spukt, als der restliche Körper. Was soll man davon halten? Wie kann die Hand überhaupt alleine irgendwo herumgeistern? Okay, in Plympton gibt es gleich zwei Hände, die spuken. Sie sind unglaublich behaart, und fallen nur über Fortbewegungsmittelbenutzer her. Seltsames Wort, aber wie ist es sonst zu erklären, dass die Hände sich an Windschutzscheiben von LKWs und PKWs festkrallen, Autofahrer anfallen, Motorradfahren den Lenker versuchen zu entreißen (ging übrigens schon einmal tödlich für den betroffenen Lenker aus), oder zur Not, wenn nichts anderes da ist, auch schon mal die Fenster eines Wohnmobils entlang spukten.
Und wenn das noch nicht ungewöhnlich genug ist: Sogar die britischen Heiligen spuken! Thomas Becket zum Beispiel, der ist so kurz nach seinem Tod heilig gesprochen worden, dass ich echt nicht verstehen kann, warum der spukt. Jetzt mal ganz abgesehen von den theologischen Verwicklungen (Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, wie viele Priester und Mönche, ja sogar Bischöfe in Britannien als Geister umgehen, aber ein Heiliger, der spukt, bringt doch die ganze Religion ziemlich zum Wackeln.). Hätte der alte Thomas schon hundert Jahre gespukt, bevor er heilig gesprochen wurde, würde ich sagen, er hat sich halt schon so daran gewöhnt, dass er auch als St. Thomas nicht mehr aufhören konnte. Aber so? Und natürlich, wie es sich für Berühmtheiten gehört, spukt auch Thomas Becket nicht nur an einem Ort. Außer natürlich an dem Ort, an der er ermordet wurde, dort spukt ein anderer Bischof, mutmaßlich, weil sein Kopf in Sudbury begraben liegt, während der Rest von ihm eben in Canterbury äh, nicht ruht. Offenbar gilt die Geselligkeit der britischen Geister nicht für Bischöfe. Ich konnte keinen einzigen finden, ob heilig gesprochen oder nicht, der sich seinen Spukort mit einen ihm gleichgestellten Geist teilt.
Oh, und ich muss euch unbedingt von dem Geist der Hexe Nanny Izzard erzählen. Die wurde aus Eynesbury vertrieben, nur vertrieben, noch nicht einmal getötet, und trotzdem erscheint sie hier. Natürlich standesgemäß auf ihrem Hexenbesen.
Und ebenfalls ein Geist der anderen Art ist jener von Richard Jordan, bei dessen Beerdigung elf Geistliche anwesend waren (wohl in frommer Voraussicht). Genutzt hat es indes nichts, seine Leiche wurde so häufig außerhalb seines Sarges gefunden, dass er nun mit Hilfe einiger Ketten in seiner letzten Unruhestätte gehalten wird.
Und dann gibt es noch unruhige Seelen die wirklich subtile Mittel haben. So wie die Geisterfrau vom Bell Hotel, die es bis heute schafft, einzig durch ihre Fingerabdrücke aufzufallen. Diese hinterlässt sie aber dafür an der Innenseite einer Glasplatte, die vor einem Gemälde hängt.
Der Boden der englischen Hauptinsel ist sogar so spukaktivierend, dass auch unbelebte Dinge dort spuken. Einige habe ich euch ja beim letzten Mal schon näher beschrieben, aber auch hier gibt es noch Steigerungen.
Ich habe einen spukenden Backstein gefunden! Jawohl! Ein Backstein. Findet sich normalerweise im festen Verband mit anderen Backsteinen in Form von Mauern. Nicht so in West Malling, den dortigen Flughafen gab es auch schon im 2.Weltkrieg, und damals wurde ein Spitfire-Pilot von einem Backstein tödlich getroffen, als er eine Mauer streifte. Heutzutage ist dort nur noch das Flugfeld, weshalb die Leute von der Flugsicherung auch immer höchst erstaunt sind, wenn sie mitten im Nichts von einem Geisterbackstein getroffen werden.
Da ist die Glocke der Priorei in Burford ja kaum erwähnenswert, die jeden Morgen um zwei Uhr von selbst läutet. Sehr zum Ärger der nun ansässigen Benediktinerinnen, denn die beginnen ihre Morgenandacht eigentlich später. Aber was soll man tun, die Glocke stammt noch aus Zeiten, da die Priorei eine Augustiner-Gemeinschaft war, und die haben nun mal um zwei Uhr Morgens ihren ersten Gottesdienst abgehalten.
In Wittering haben sie einen Geisterbomber, der stürzte im Krieg in den Kontrollturm. Ihm war das offenbar peinlich, denn heute landet der Bomber stets vorbildlich auf der Piste.
Oder das Schloss von Hastings, ursprünglich 1069 erbaut ist es mittlerweile fast ganz verschwunden, nicht einmal mehr eine richtige Ruine. Stört das Schloss aber gar nicht, es erscheint trotzdem manchmal in ehemals voller Größe und Pracht!
Oh, und natürlich nicht zu vergessen, die seidene Schlinge, mit der Lord Stourton 1557 hingerichtet wurde. Die erscheint als fluoreszierender Umriss über seinem Grab.
Und wenn schon jedes bessere Herrenhaus einen Geist hat, der irgendwo eingemauert ist, muss London natürlich einen Geisterzug haben, der vermutlich nur deshalb geistert, weil er einfach eingemauert wurde!
Warum hingegen ein Bus der Linie 7 spukt, und schon mehrere Unfälle verursacht hat, wissen nicht einmal die Londoner selbst.
Von den vielen kopflosen Geistern, die trotzdem stöhnend herumspuken, wollen wir gar nicht erst anfangen. London ist übrigens ein wahres Geistermekka! Alleine im Tower spuken ja Unmengen an ehedem Lebenden, mehrere Bären (zwegen der grausligen Bärenhatz), und wer weiß noch alles. Sogar Polly Nicholls spukt! Das erste Opfer von Jack the Ripper erscheint am Ort ihres Todes, im Zustand ihres Todes, nur mit einer kleinen Zusatzausrüstung, die niemand vermuten würde: ein Heiligenschein!
Und nur ganz nebenbei möchte ich erwähnen, dass sich britische Geister natürlich nicht an die Tag/Nacht Regel halten. Die spuken, wann immer sie wollen! Und sie haben sich ihrer Manieren entledigt. Es gibt einige Spukerscheinungen, ob ganzen Kutschen oder nur einzelne Reiter, die in die Burgen und Schlösser hineinreiten oder fahren, und sogar die Treppe hoch! Dabei weiß doch jeder Brite, dass Pferde in Hallen und auf Treppen nichts verloren haben.
Ich habe auch ernsthaft versucht, für die Kutsche, die in einem Dorf in Devon spukt, eine Erklärung zu finden. Dort geistert nur die Kutsche, ohne Insassen, ohne Kutscher, ohne Pferde, eben nur die Kutsche. Das kuriose dabei ist aber warum diese Kutsche spukt. Weil die Herrin dieser Kutsche den Kutscher wegen seines Fahrstils erschlug. Nicht die mörderisch Lady spukt, nein, auch nicht der unschuldige (vermutlich, man weiß ja nicht wie er tatsächlich gefahren ist) Kutscher spukt, nein, nur die Kutsche!
Es scheint auch Geister zu geben, die, ob der mangelnden Aufmerksamkeit ihrer lebenden Mitbriten, zu unorthodoxen Methoden greifen. Als 1965 ein Fernsehbericht über Morley Old Hall gedreht wurde, hat sich doch tatsächlich der vernachlässigte Hausgeist ins Bild geschummelt!
Da ist der Geist der alten Lady aus dem Black Horse-Inn ja noch dezent vorgegangen. Die schrieb immer nur einen Namen an die Fenster des Pubs. Vielleicht mochten die Besitzer den Namen James einfach nicht, oder dachten, es handelt sich um den Geist eines Schurken, wie auch immer, 1933 ließen sie den Geist von einem Medium austreiben. Und siehe da, es stapfte eine dicke alte Dame mit verärgertem Gesichtsausdruck von dannen.
Immerhin gibt es auch nette Geister in Großbritannien. Das ist diese alte Lady in Manor House in Offord Cluny, die jede frisch eingeheiratete Frau aufs freudigste Willkommen heißt. Oder der alter Bischof in der Kathedrale von St. Albans, der bei jeder Einsetzung eines Bischofs mit seiner Anwesenheit glänzt. Vermutlich weil er es einfach nett findet.
Oder der altes Butler im Langham Place, heute ein Hotel, der pflichtschuldig mit Tablett und Getränken durch die Flure schreitet, auch wenn er irgendwann seine Schuhe verloren hat, und seine Socken leider Löcher haben. Auch der Butler von Prior´s Court nimmt manche seiner Pflichten auch noch nach seinem Tod wahr. Zumindest läst er es sich nicht nehmen, eintreffende Gäste weiterhin persönlich zu begrüßen. Britische Butler und Hausdiener scheinen überhaupt extrem pflichtbewusst zu sein. Von denen spuken unheimlich viele, meistens, um dafür zu Sorgen, dass weiterhin alles korrekt erledigt wird. So wie der Hausdiener von Althops Herrenhaus. Zu Lebzeiten gehörte es zu seinen Aufgaben, alle Kerzen zu löschen, um Brände zu verhindern. Na ja, der arme Kerl ist schon so lange tot, dass er sich nicht daran gewöhnen kann, dass elektrisches Licht kein Feuer macht. Wenn im Herrenhaus jemand vergisst, das Licht auszuschalten, stellt sich unweigerlich der Geist des Hausdieners ein.

Allerdings ist es nicht verwunderlich, dass Briten die beliebtesten Bücher rund um Übernatürliches schreiben. Die haben ja schließlich alle Anregungen direkt vor der Haustür. Ich weiß zumindest, wo Joanne K. Rowling die Idee mit den Geistern her hatte, die bei Harry Potter aus ihren Bilderrahmen steigen, um den Nachbarn besuchen. Das ist eins zu eins abgekupfert von Lady Hoby, die seit 1609 in der Abtei von Bisham spukt. Die Dame steigt regelmäßig aus ihrem Gemälde in der Great Hall!
Es gibt Dinge, die kann niemand vernünftig erklären. Was auch immer mit dem britischen Boden los ist, ich kann mir nicht einmal im Traum eine vernünftige Erklärung dafür vorstellen, warum diese Insel alles was auf ihr stirb oder irgendwann einmal bewegt wurde, lange nach deren physischen Entschwinden immer wieder auferstehen läst.

Oh, das ist es: Jetzt weiß ich es!
Die britische Insel war so begeistert über den "Auferstehungs-Trick" dass sie ihn einfach immer wieder anwendet. So, wie mancher Mensch eine Vorliebe für ein bestimmte Wort hat, und dieses ständig und ein wenig zu oft benutzt.
Diese ganzen Geister können gar nicht dafür! Sie sind sozusagen der Ausdruck einer etwas ausufernden Vorliebe dieser Insel!

Die spinnt - die britische Insel.


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