REZENSION


INGLORIOUS BASTERDS

von Andreas Leder



2009, USA/D/F, Regie: Quentin Tarantino
Lt. Aldo Raine: Brad Pitt
SS-Standartenführer Hans Landa: Christoph Waltz
Feldwebel Hugo Stiglitz: Til Schweiger
Sgt. Donny Donowitz: Eli Roth
Lt. Archie Hicox: Michael Fassbender
Frederick Zoller: Daniel Brühl
Cpt. Wilhelm Wicki: Gedeon Burkhard
Private Smithson Utivich: B.J. Novak
Omar Doom: Omar Ulmer

Als Lektor vieler geschriebener Beiträge fiel mir natürlich sofort die seltsame Schreibweise auf, in der dieser Filmtitel daher kam, aber das Rätsel löste sich bald. "Inglorious Bastards" hieß ein Film aus dem Jahr 1978, der deutsch synchronisiert unter dem Titel "Ein Haufen verwegener Hunde" ein paar mal in unseren Kinos lief.
Seinerzeit waren die "verwegenen Hunde", amerikanische Deserteure und Kriminelle, die auf ihrem Weg zur Exekution in einen Bombenangriff geraten, sich dadurch befreien konnten und nun versuchten, in die neutrale Schweiz zu entkommen.
Tarantinos "Inglorious Basterds" ist zweifelsohne ein Film über die Geschichte, wie sie im Sinne der Amerikaner liebend gerne verlaufen wäre und zweifelsohne ein Märchen, reine Fantasy.
Der Film ist so brutal, dass ich fast nach der Hälfte aus dem Kino gegangen wäre. Es ist aber nicht das Schießen, das Sterben, das Skalpieren, es ist die Begegnung zwischen den Menschen, die Tarantino so meisterhaft inszeniert. Es tat mir richtig körperlich weh, als der "Judenjäger" auf eine junge Frau trifft, deren Familie auf seinen Befehl hin umgebracht worden ist. Sie erkennt ihn wieder, er weiß nicht wer sie ist - das ist so stark inszeniert, also ich wäre am liebsten aufgesprungen und hinausgelaufen.
Die Schauspieler sind gut gewählt, vielleicht sind es die besten ihres Fachs.
Die soeben erwähnte junge Frau ist Melanie Laurent, sie spielt die Rolle der Shosanna Dreyfuß, sieht aus, wie die junge Katherine Deneuve und spielt auch so wunderbar, wie die Deneuve in ihren jungen Jahren. Sie betreibt unter dem Decknamen Emanielle Mimieux ein ganz bestimmtes Kino in Paris.
Der in der Rolle des "Judenjägers" brillierende Christoph Waltz spielt in den gemeinsamen Szenen mit Brad Pitt - gegen Ende des Films - diesen ganz locker an die Wand. Diese Charakterdarstellung, das feine Minenspiel, die Nonchalance, die Unverbindlichkeit aber auch die ganz offensichtlich zur Schau gestellte Falschheit zeigt er mit selten gesehener Bravour. In der ersten Szene des Films, am Hof des Milchbauern Pierre LaPadite, da blitzt dieses Talent zum ersten Mal auf, aber La Padite (Denis Menochet - spielt tatsächlich gut) hat ihm gegenüber nicht zu brillieren, er ist das erste Opfer in diesem Film und er ist sich dieser Rolle bewusst.
Denis Menochet und Christoph Waltz

Brad Pitt spielt die Rolle des intelligenten Anführers, der es so gerne mal richtig krachen lassen möchte. Er und seine sieben Mitläufer bringen alle paar Tage einige Nazis um. Naja, Kleinigkeiten, in einem Land, in dem es von Nazis nur so wimmelt. Plötzlich hat er die große Action vor der Nase hängen und sie lässt ihn nicht mehr los. Zu einer Filmpremiere in Paris werden alle Nazi-Größen des Dritten Reichs erwartet. Nicht nur Göbbels, sondern auch Göring, Bormann und Hitler werden das neueste Produkt der Reichspropaganda mit ihrer Anwesenheit ehren.
Der Plan sieht nun vor, dass das Kino während der Filmvorführung gesprengt wird. Doch alles ist auf so tönernen und wackeligen Füßen, sprich Annahmen und Eventualitäten, aufgebaut, dass das eigentlich nur schief gehen kann.
Dass in Tarantinos Film die Reichsgrößen tatsächlich das Zeitliche segnen ist - wie schon gesagt - reine Fantasy und Trash-Kino in Reinkultur. Aber es ist schönes Trash-Kino, wie wir es von Tarantino erwarten.
Zum Gelingen des Plans muss ein ganz anderer auftreten und er erscheint.
Ich will hier nicht auf das Ende des Films eingehen, wer sich das cineastische Vergnügen entgehen lassen möchte, der lese auf Wikipedia nach, der andere fühle sich aufgefordert doch wieder einmal einen Abend im Kino zu verbringen. Was gibt es schöneres als ein unerwartetes Ende?

Trotzdem für meinen Geschmack zu viel Französisch gesprochen wird - ich habe es einmal gelernt, doch mein Wortschatz ist unweigerlich zusammengeschrumpft, wie mancher Leute Aktienpakete im Verlauf der Wirtschaftskrise - ist es in diesen Szenen nicht das gesprochene Wort (man könnte sich ja auf die Untertitel konzentrieren), sondern die darstellerische Kunst, die wie ein Hammer auf den Zuseher niedersaust.
Ja, das ist Kino, wie ich es mag.


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