Spielkritik von Györög Kurt
Tal der Könige
18.07.2001

von Christian Beierer
Franckh-KOSMOS
Alter: ab 12 Jahre
Spieler: 2 – 4 Ägyptische Baumeister

"Im Tal der Könige liegen die Grabstätten der größten Pharaonen des alten Ägypten. Die sterblichen Überreste von Ramses, Tut-ench-Amun und vielen anderen bedeutenden ägyptischen Herrschern wurden hier beigesetzt.
Die Legende weiß von einem sagenumwobenen Pharao zu berichten, der, beeindruckt vom Bau der Pyramiden bei Gizeh, beschlossen hatte, im Tal der Könige noch viel beeindruckendere Pyramiden errichten zu lassen. Die fähigsten Baumeister der damaligen Welt wurden gerufen, um zum Ruhme von Isis und Osiris das Tal der Könige in eine gewaltige Pyramidenlandschaft zu verwandeln.
Was dann folgte, geriet allerdings zu einem der größten Bauskandale der Menschheitsgeschichte. Korruption und Intrigen erschütterten die damalige Oberschicht. Bis heute ist ungeklärt, ob der Pharao jemals seinen gewaltigen Plan verwirklichen konnte, ob es im Tal der Könige je Pyramiden gegeben hat. Unbestritten ist jedoch, daß noch Jahrhunderte später Bildhauer, Schriftsteller und Spieleerfinder sich mit diesem ungewöhnlichen Kapitel altägyptischer Kultur- und Baugeschichte auseinandersetzten.
Lassen Sie sich von diesem Spiel ins Tal der Könige entführen und nehmen Sie teil an den Freuden und Leiden der damaligen Baumeister."


Dies, so interessant klingende Strategie- und Taktik-Spiel bietet sich in einer ungewöhnlichen, mit schöner Grafik verzierten, dreieckigen Schachtel an. Und so "verzaubert" stürzt man sich in den Pyramidenbau, ins Tal der Könige ...

Spielmaterial:
Das Spiel besteht aus 20 Arbeitern (5 je Spieler), 8 Aufsehern (2 je Spieler), 32 Skarabäus-Steinen (8 je Spieler), 165 Bausteinen (5 Farben) und 1 Pharaostein. Alle Steine sind aus Holz gefertigt.
Dann gibt es noch 32 Biet-Tafeln (8 je Spieler), 4 Kurzspielregeln, 1 Säckchen, 4 Filzschreiber, 1 Spielanleitung und den Spielplan.
Dieser Spielplan ist, wie die Spielschachtel dreieckig, und zeigt, wunderschön aufbereitet das Tal der Könige. Auf ihm sind die Bauplätze für große und kleine Pyramiden eingezeichnet, die sich wiederum auf verschiedene Gebiete aufteilen. Im mittleren Gebiet befindet sich dann auch noch der Bauplatz für die Pharaonen-Pyramide.
Jeder Bauplatz (außer der für die Pharaonen-Pyramide) ist mit einer Zahl gekennzeichnet, und von Baufeldern umgeben, die wiederum mit Buchstaben beschriftet sind. Auch die einzelnen Gebiete sind mit Zahlen gekennzeichnet. Vier der Biet-Tafeln sind auf der Rückseite leer, auf den anderen Tafeln sind je 1, 2, 3 und 4 Ringe aufgezeichnet. Diese benötigt man, um die Bausteine für den Pyramidenbau zu ersteigern, die "leeren" Tafeln zum Bluffen.

Spielablauf:
Der Spielplan wird ausgelegt und der Startspieler ausgelost. Dieser erhält den Pharaostein.
Die Spielsteine kommen in das Säckchen und jeder Spieler erhält 5 Arbeiter, 2 Aufseher, 8 Skarabäus-Steine und 8 Biettafeln seiner Farbe, sowie eine Kurzspielregel. Arbeiter und Aufseher aller Spieler werden ins zentrale Gebiet um die Pharaonen-Pyramide gesetzt.
Eine Spielrunde besteht nun aus mehreren Aktionen, die jeweils der Startspieler beginnt:

1. Bausteine ersteigern
Hier zieht der Startspieler blind Fünfer-Gruppen von Bausteinen aus dem Säckchen, und zwar einmal mehr als Spieler teilnehmen. Nacheinander werden nun mit den Biet-Tafeln verdeckt Gebote für die einzelnen Fünfer-Gruppen abgegeben. Der Startspieler beginnt.
Dann werden die Gebote aufgedeckt, und die Bausteine an die Meistbietenden verteilt. Bei Gleichstand erhält jener Spieler die Steine, der sein Gebot als Erster abgegeben hat. Wird für eine Gruppe gar nicht, oder nur "leer" geboten, gibt man die Bausteine wieder in das Säckchen zurück.

2. Aufseher setzen
Jetzt dürfen die Aufseher maximal 6 Schritte weit bewegt werden.
Jedes überqueren einer Linie am Spielbrett wird als Schritt gezählt. Setzt man einen Aufseher in ein Baufeld eines unbesetzten Bauplatzes, wird dieser in Besitz genommen und mit einem Skarabäus gekennzeichnet. Jeder Aufseher kann je Runde nur einen Bauplatz in Besitz nehmen.

3. Arbeiter setzen
Nun dürfen die 5 Arbeiter insgesamt maximal 6 Schritte weit bewegt werden. Für jeden Arbeiter, der sich auf einem eigenen Bauplatz befindet, dürfen später 2 Steine verbaut werden.

4. Pyramiden bauen
Die erworbenen Bausteine können nun auf eigenen Bauplätzen verbaut werden. Dabei ist zu beachten, das die Pyramiden Stufe für Stufe gebaut werden müssen. Es ist nicht erlaubt, eine 2. Ebenen zu beginnen, wenn die erste noch nicht fertiggestellt ist.
Wird eine Pyramide vollendet, wird der zugehörige Skarabäus-Stein auf die Spitze der Pyramide gelegt.
Bausteine die übrig bleiben, müssen zum Bau der Pharaonen-Pyramide herangezogen werden.

5. Startspieler wechseln
Der Pharaonen-Stein wird im Uhrzeigersinn weitergegeben.

Die folgenden Runden ...
... sind jetzt vom "Neid der Baumeister" bestimmt, und es kommt zu folgenden Änderungen:

1. Bausteine ersteigern
... unverändert ...

2. Aufseher setzen
Mit den mitgelieferten Filzschreibern notiert man geheim auf den Kurzspielregeln wohin die beiden Aufseher gesetzt werden sollen. Es ist nun auch möglich Aufseher auf fremde Bauplätze zu ziehen, um dort unter bestimmten Bedingungen Bausteine zu stehlen oder sogar den ganzen Bauplatz zu übernehmen. Werden mehr als 6 Schritte verplant, müssen beide Aufseher auf ihren Plätzen stehen bleiben.

3. Arbeiter setzen
... unverändert ...

4. Bausteine entwenden
Hat man auf einem fremden Bauplatz mehr Aufseher, aber weniger Arbeiter als der Besitzer, können für jeden Arbeiter 2 Bausteine "gestohlen" werden. Pyramiden dürfen aber nur Ebenen für Ebene von oben wieder abgebaut werden. Fertige Pyramiden dürfen nicht mehr bestohlen werden.

5. Fremde Bauplätze übernehmen
Besitzt man auf einem fremden Bauplatz mehr Aufseher und mehr Arbeiter als der Besitzer, dann kann der Bauplatz übernommen werden. Dazu tauscht man den fremden gegen einen eigenen Skarabäus-Stein aus. Auch hier gilt, fertige Pyramiden dürfen nicht mehr übernommen werden.

4. Pyramiden bauen
... unverändert ...

5. Startspieler wechseln
... unverändert ...

Spielende:
Das Spiel endet nachdem die Pharaonen-Pyramide vollendet wurde oder wenn zuvor alle anderen Pyramiden fertig gebaut wurden. Die Spielrunde wird noch fertiggespielt.
Zuletzt kommt es zur Bewertung der Pyramiden. Am meisten Punkte erhält man für einfärbige Pyramiden. Schichtpyramiden (jede Ebene hat eine eigene Farbe) sind dann noch etwas mehr wert als "bunte" Pyramiden.
Sieger ist, wer die meisten Punkte erreicht.

Fazit:
"Tal der Könige" ist ein sehr schön aufbereitetes, taktisches Pyramiden-Bauspiel. Vor allem der sehr schön gestaltete Spielplan mit den ägyptischen Zeichen, sowie die "hölzernen" Pyramiden lassen den Spieler in die Zeit von Ramses und Tut-ench-Amun zurückversetzen.

Die Spielanleitung finde ich gut aufgebaut. Man kann Abschnitt für Abschnitt lesen und sofort nachspielen. Der Einstieg ins Spiel wird dadurch sehr erleichtert.

Zwei "Kleinigkeiten", die mich etwas gestört haben, möchte ich hier anmerken:
1. Das man mit den Stiften auf den Kurzanleitungen seine Spielzüge abgeben sollte.
Hier wäre es schön gewesen, wenn anstatt der Filzstifte, Pappscheiben zum Einstellen der Spielzüge für die Aufseher beigelegt worden wären. (So ähnliche Scheiben gibt es beim Spiel "Verrat!", aber ein Blatt Papier tut es auch.)
2. Die Biet-Tafeln sind zwar klein, aber wirkliche Biet-"TAFELN".
Sie sind ziemlich starr und damit etwas unhandlich. Spielkarten wären angenehmer gewesen. (Aber das Flair des alten Ägypten wird so sicher besser wiedergegeben)

Dies sind aber nur Nebensächlichkeiten, die sich auf den Spielspass nicht auswirken.

Je nach Spieleranzahl werden mehr oder weniger Bauplätze am Spielplan benutzt. Das ist auch der Grund, warum das Spiel seinen vollen Reiz erst ab drei Spielern richtig zur Geltung bringt.
Beim Spiel zu zweit sind alle benutzbaren Bauplätze "ziemlich" in Reichweite. Beim Spiel zu dritt wird es dann schon "weitläufiger" und man muss sich seine "Schritte" besser einteilen.
Auch das Stehlen von Bausteinen und Übernehmen von Bauplätzen wird interessanter, da die Auswahl ungleich größer ist.

Für fortgeschrittene Baumeister oder Spieler die eine kürzere Spielzeit wünschen, sei noch folgende Variante erwähnt:
Wird für eine Baustein-Gruppe nur "leer" oder gar nicht geboten, werden die Steine für den Bau der Pharaonen-Pyramide verwendet, und nicht wieder ins Säckchen zurückgelegt.

Pyramiden-Experten können auch noch eine weiter Pyramidenart einführen: die "Streifenpyramide".

Die Spielschachtel ist durch ihr dreieckiges Format sicher immer und überall ein Blickfang, aber zum Mitnehmen und im Regal verstauen dann doch etwas unhandlich.

Zum Schluss möchte ich noch auf den Preis des Spieles hinweisen.
Mit Kosten von ca. 66,-- € überlegt man sich die Anschaffung schon zweimal. Auch wann man dafür ein hochwertiges taktisches Spiel bekommt, das sicher sein Geld wert ist.

Vielen Dank an KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Tal der Könige" bei spielenet.de - 66,21 €