Spielbesprechung von Györög Kurt
Die Händler von Genua
28.08.2002

von Rüdiger Dorn
ALEA
für 2 - 5 Spieler
ab 12 Jahren

"Genua, Mitte des 16. Jahrhunderts. Die günstige Lage am Mittelmeer und die Geschäftstüchtigkeit ihrer Bewohner hat "la Superba" - die Stolze - zu einer der bedeutendsten Handelsstädte gemacht.
Und ihr seid mittendrin!
Schlüpft in die Rolle genuesischer Händler. Erfüllt gewinnbringende Aufträge und nehmt wichtige Gebäude der Stadt in Besitz. Doch ohne das Wohlwollen anderer Kaufleute ist dies nicht zu schaffen.
Und das kostet Geld... viel Geld!"


... handeln, handeln, handeln ... alles - zumindest fast alles - kann gekauft werden. Na dann, lasst uns ein Geschäft machen und den Handel eröffnen !!!

Spielmaterial:
Das Spiel besteht aus 1 Spielplan, 40 Warensteinen (je 5 Silber, Kupfer, Salz, Pfeffer, Weizen, Reis, Leinen und Seide), 60 Spielkarten(Große und kleine Aufträge, Botschaften und Privilegien), 80 Geldscheinen, 35 Besitzmarker (je 7 pro Spieler), 27 Sonderkarten, 1 Startspieler-Kärtchen, 1 Händlerturm (= 5 Holzscheiben), 2 achtseitige Würfel (in rot und blau) und eine Spielanleitung.

Spielziel:
Wer am Ende des Spiels die meisten Dukaten besitzt, ist Sieger.

Spielablauf:
Der Spielplan wird aufgelegt. Die Warensteine, Besitzmarker, sowie Sonder- und Spielkarten werden auf die dafür vorgesehenen Feldern bereitgelegt. Jeder Spieler 4 Spielkarten, sowie 130 Dukaten als Startkapital. Das Geld wird während des ganzen Spieles geheim gehalten.
Der jüngste Spieler ist Startspieler und erhält außerdem noch den aus 5 Scheiben bestehenden Händlerturm, die 2 Würfel und das Startspieler-Kärtchen. Er wird zum "Zugspieler".
Der Rundenanzeiger kommt auf das 1. Feld der Rundenzählleiste.

Ein Spielzug besteht nun aus folgenden Aktionen:
1. Händlerturm platzieren.
2. Händlerturm bewegen.
3. Besitzmarker setzen.
4. Händlerturm und Würfel an den nächsten Spieler weitergeben.

1. Händlerturm platzieren:
Es wird mit dem roten und dem blauen Würfel gewürfelt. Die beiden Zahlen geben einen Schnittpunkt - das Startfeld - auf dem Spielplan an, auf dem der Händlerturm - alle 5 Scheiben - gesetzt wird.

2. Händlerturm bewegen:
Vom Startfeld aus kann der "Zugspieler" den Händlerturm auf bis zu 4 benachbarte Felder bewegen.
Dabei lässt er auf jedem besuchten Feld eine Scheibe des Händlerturms liegen, die restlichen Scheiben werden auf das nächste Feld bewegt. Insgesamt kann der Spieler somit 5 Felder auf dem Spielplan besuchen.

Diese Felder können Gebäude, einen Marktplatz oder Gassen darstellen. In Gebäuden dürfen Aktionen durchgeführt werden, und zwar pro Spielzug nur eine Aktion je Gebäude. Außerdem darf pro Spielzug jeder Spieler - auch der "Zugspieler" - nur eine Aktion ausführen.
Damit nun die restlichen Aktionen nicht verfallen, können dem "Zugspieler" Angebote für die Aktionen gemacht werden, oder man versucht ihn mit dementsprechenden Geboten dazu zu bewegen, den Händlerturm in eine bestimmte Richtung bzw. auf ein bestimmtes Gebäude zu ziehen.
Dabei sind folgende "Gesetze der Stadt Genua" zu beachten:
§ 1 Folgende Reihenfolge ist bei den Verhandlungen und dem Ausführen der Aktionen zu beachten:

§ 1.1 Aktuelles Gebäude:
Es muss zuerst das aktuelle Gebäude "abgehandelt" werden.
§ 1.2 Nachbargebäude:
Bevor der Händlerturm weiterbewegt wird können Angebote gemacht werden, damit der "Zugspieler" den Händlerturm auf ein bestimmtes Nachbargebäude zieht.
§ 1.3 Nicht benachbarte, aber erreichbar Gebäude:
Es können dem "Zugspieler" Gebote unterbreitet werden, damit er - im Laufe des Spielzuges - ein bestimmtes Gebäude aufsucht.

§ 2 Weiterhin sind folgende Regeln bei den Verhandlungen zu beachten:

§ 2.1: Es sind keine Geschäfte ohne "Zugspieler" erlaubt.
§ 2.2: Zunächst ist alles unverbindlich - nur eine Absichtserklärung.
§ 2.3: Das Geschäft wird erst verbindlich, wenn es vom "Zugspieler" entgegengenommen wird.
§ 2.4: Die "erhandelte" Aktion muss ausgeführt werden.
§ 2.5: Nur "harte" Währung - Geld und Güter (Sonderkarten, Warensteine, Besitzmarker, usw.) - dürfen geboten werden.
§ 2.6:"Weiche" Währung darf nicht geboten werden. (Zusagen, Verzicht auf Züge, usw.)
§ 2.7: Es ist erlaubt mit Gütern zu bieten, die man erst mit der erwünschten Aktion erhalten würde.
§ 2.8: Es ist auch erlaubt, das der "Zugspieler" für ein Angebot etwas bezahlt oder abgibt.
§ 2.9: Der "Zugspieler" kann jedes Angebot annehmen, es muss nicht das höchste sein.
§ 2.10: Es kann auch um ein Gassenfeld geboten werden, dies ist dann nicht mit einer Aktion verbunden.

Durch das Ausführen von Aktionen in Gebäuden erhält man Aufträge, Botschaften, Besitzmarker, Sonderkarten, Warensteine oder Privilegien, die man wiederum für die Durchführung neuer Aufträge braucht.
Für die Durchführung der kleinen und großen Aufträge, sowie Botschaften erhält man Dukaten.
Dukaten erhält man am Spielende ebenso für Privilegien, die man sich während des Spieles erarbeiten kann.
Die Sonderkarten wiederum können während des Spieles z.B. für eine weitere Aktion eingesetzt werden, man erhält eine Ware seiner Wahl oder man darf die Aktion eines Gebäudes ausführen, auf dem ein eigener Besitzmarker liegt, usw.

3. Besitzmarker setzen:
Am Ende einer Spielrunde können Besitzmarker gesetzt werden. Besitzmarker dürfen auf Gebäude gelegt werden, die seitlich an ein betretenes Gassenfeld - eine Händlerscheibe liegt darauf - angrenzen. Es beginnt der "Zugspieler", danach geht es im Uhrzeigersinn weiter, wobei man auf das Legen auch verzichten kann. Wer dran ist, entscheidet sich für ein betretenes Gassenfeld, legt die Besitzmarker auf das oder die angrenzenden Gebäude und entfernt dann die Händlerscheibe. Sollte ein Gebäude angrenzen, auf dem bereits ein fremder Besitzmarker liegt, dann kann dieser - gegen Abgabe eines eigenen Besitzmarkers - wieder entfernt und danach mit einem weiteren eigenen Besitzmarker besetzt werden.

4. Händlerturm und Würfel an den nächsten Spieler weitergeben ...
... und den Rundenanzeiger um ein Feld weiterbewegen.

Spielende:
Das Spiel endet nach einer vorgegebnen Anzahl von Runden, und der Spieler mit den meisten Dukaten hat gewonnen.

Fazit:
Die Händler von Genua ist ein taktisches Verhandlungsspiel, mit sehr, sehr viel Interaktion.
Andauernd wird geboten, verhandelt und gefeilscht, und in dem ganzen Durcheinander muss man sehr aufpassen, das man nicht die Übersicht verliert - und vor allem seine Aufträge nicht aus den Augen lässt.
Da immer alle Spieler gleichzeitig "am Werk" sind, gibt es keine Pausen oder Wartezeiten. Über die ganze Spielzeit - und das können leicht mal 2 - 3 Stunden sein - ist man aktiv und in den Ablauf eingebunden.

Der Spielplan und das Spielmaterial sind schön gestaltet, teilweise aber etwas klein ausgefallen. Dazu gehören die Besitzmarker und das Spielgeld. Etwas größere "Scheine" wären mir lieber gewesen.
Dafür sind aber die Warensteine und der Händlerturm aus Holz, und jedes Teil hat seinen Platz in der gut organisierten Spielschachtel.

Die Spielanleitung ist mit 12 Seiten sehr umfangreich ausgefallen. Sie enthält aber sehr viele Beispiele und Bilder, die den ganzen Spielablauf bestens erklären, und keine Fragen offen lassen. Man muss sich einfach die Zeit nehmen, um die Anleitung durchzuarbeiten. Außerdem sind auf jeder Seite - seitlich - die Spielregeln in einer "Kurzregel" zusammengefasst werden, die einen Wiedereinstieg nach einer längeren Pause erleichtern.

Wenn auch der Spielablauf nach ein paar Runden klar ist, so dauert es doch einige Partien, bis man alle Möglichkeiten und Feinheiten des Spieles erkennt. Und nach einiger Zeit kann man sich auch besser auf das Geschehen und seine Aufträge konzentrieren, und verliert auch nicht so schnell die Übersicht. Dann wird aus zaghaften Verhandlungen ein "peinhartes" Geschäft, indem man auch mit "Bluff" einiges erreichen kann.

Die Händler von Genua ist ein Verhandlungsspiel, das vor allem durch seine Art, aber auch durch seine Spieldauer sicher nicht für jedermann geeignet ist. Und wer das Bieten und Feilschen nicht mag, wird auch diesem Spiel nichts abgewinnen könne - ABER: wer Verhandlungsspiele mag, wird "Die Händler von Genua" lieben ...

Vielen Dank an ALEA für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Die Händler von Genua" bei spielenet.de