Spielbesprechung von Györög Kurt
Inkognito
21.08.2002

von Alex Randolph und Leo Colvini
WINNING MOVES
für 3 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

"Agententreff in Venedig ...
Karneval in Venedig - die Nacht ist erfüllt vom fröhlichen Lärm, dem ausgelassenen Jubel, Gesang und Gelächter vermummter Gestalten, die durch die engen Gassen quirlen.
Doch untergetaucht in dieser wilden, ausgelassenen Atmosphäre sind auch vier ganz andere Charaktere:
Wahre Meister der Täuschung, fähig, sich bis zur Unkenntlichkeit zu tarnen, so schleichen sie in geheimer Mission durch die Nacht. Diese vier (und einer davon bis DU!) lassen sich wie folgt beschreiben:

Lord Fiddlebottom war schon beim Geheimdienst, als der Dienst noch gar nicht geheim war. Er ist ein Mann von unschätzbarem Reichtum, auf Du mit allen Adelshäusern Europas, und erreichte Venedig an Bord seiner Luxusyacht MATA HARI II. Eine würdige Figur. Doch die langen Jahre eines brisanten Doppellebens beginnen Wirkung zu zeigen. Was sich unter anderem erkennen lässt am ständigen Zwinkern seines rechten Auges.

Colonel Bubble ist seit Jahren Lord Fiddlebottoms rechte Hand. Genau gesagt: Seit er die Armee verließ, wo er sich vor allem mit der Gründung der Königlichen Ballon-Brigade große Verdienste erworben hatte. Man sagt vom ihm, dass er unerschütterlich sei und selbst in größter Gefahr so kühl, dass es ihn sichtbar friert. In Agentenkreisen ist er bekannt für seine Schlagfertigkeit und für die seltsame Angewohnheit, an seinem linken Ohrläppchen zu zupfen.

Agent X ist eXtrem durchtrieben, eXtra hinterhältig und von eXquisiter Bosheit. Niemand kennt Einzelheiten aus seiner finsteren Vergangenheit, aber zur Zeit soll er sich in Venedig aufhalten. Es ist ein absoluter Profi, völlig unbestechlich, und von geradezu perfekter Gefühllosigkeit. Äußerlich ist er so farblos, dass seine Konturen bereits zerfließen beginnen, wenn er vor einer Raufasertapete steht. Das würde ihn perfekt machen, wäre da nicht sein zwanghaftes Stirnrunzeln.

Madame Zsa Zsa behauptet von sich, sie sei in jungen Jahren eine gefeierte Ballerina gewesen. In Wirklichkeit ist sie aber als Gummimensch aufgetreten, was vielleicht ihre verbogene Persönlichkeit erklärt. Man sagt ihr auch die Beteiligung an einigen zweifelhaften Geschäften nach, wofür aber die örtlichen Behörden gar kein Interesse zeigen. Jeder weiß, dass sie eine Spionin ist und zur Zeit mit dem berüchtigten Agent X zusammenarbeitet. Sie selbst hälft sich für so überaus überlegen, dass sie oftmals anderen gegenüber verächtlich die Nase rümpft.

Und noch eine fünfte Figur mischt sich ins Spiel:
Der glücklose Botschafter.
Er ist stets freundlich, von angenehmer Uneffektivität, und liebt es, auf jeder Party irgendwelche Gesprächsfetzen aufzuschnappen, die er dann sorgsam notiert und im Botschafts-Safe hinterlegt - direkt neben der supergeheimen MEGA-Liste, von der er unerklärlicherweise immer eine Mikrofilm-Kopie in seiner Westentasche mit sich herumträgt."


... klingt alles ganz mysteriös und geheimnisvoll - und das ist es auch !!!

Spielmaterial:
Zum Spiel gehören 1 Spielbrett, 16 Spielfiguren in 4 Farben, 1 Botschafter, 4 Reisepässe, Aufzeichnungsblätter, je Farbe 4 Identitätskarten und 4 Gestaltkarten, 12 Geheimkarten (4 neutrale Identitäten, 4 neutrale Gestalten und 4 Aufträge), 1 Spielregel und das Menetekel.

Spielziel:
Seinen "eigenen" Partner zu finden, und den "gemeinsamen" Auftrag zu erfüllen.

Spielablauf:
Jeder Spieler sucht sich eine Farbe aus, und bekommt den dazugehörigen Satz Karten - 4 Identitätskarten (Lord Fiddlebottom, Colonel Bubble, Agent X und Madame Zsa Zsa) und 4 Gestaltkarten (groß, klein, dick und dünn), einen Reisepass als Sichtschirm und ein Aufzeichnungsblatt.
Die Spielfiguren und der Botschafter werden auf die "Startfelder" am Spielplan gestellt, und das Aufzeichnungsblatt vorbereitet -Name und Farbe der Mitspieler notiert.
Außerdem werden die "Geheimkarten" - je eine Identität, eine Gestalt und ein Auftrag - verdeckt auf die Mitspieler aufgeteilt. Danach weiß jeder Spieler für sich, wer er ist, welche Gestalt und welchen Auftrag er hat.

Durch geschickte Befragung der Mitspieler muss man nun versuchen, seinen Partner zu finden und den "geheimen" Auftrag zu erfüllen. Dazu muss man sich durch die Lagunenstadt bewegen, und auf andere Mitspieler treffen.
Um zu bestimmen wie weit bzw. wo man in der Lagunenstadt sich mit seinen Figuren bewegen darf, muss man das Menetekel schütteln. In dem Menetekel befinden sich 10 Kugeln, in den Farben rot, blau, gelb, schwarz und weiß. Drei davon werden nach dem Schütteln immer angezeigt, und haben folgende Bedeutung:

rot: 1 Feld auf dem Landweg ziehen.
blau: 1 Feld auf dem Wasserweg ziehen.
gelb: 1 Feld auf dem Land- oder Wasserweg ziehen.
schwarz: den Botschafter um 1 Feld weiter ziehen.
weiß: kein Zug.

Wobei die 3 Zugmöglichkeiten beliebig auf verschiedene, aber auch auf einzelne, eigene Figuren aufgeteilt werden können. Züge dürfen auch verfallen.

Trifft man nun nach einem Zug auf eine andere Spielfigur, dann hat man die Möglichkeit diese zu befragen:
Entweder nach der Identität, oder nach der Gestalt. Dementsprechend erhält man vom betroffenen Mitspieler 3 Karten verdeckt zu Ansicht (Identität: 2 Identitätskarten und 1 Gestaltkarte, Gestalt: 2 Gestaltkarten und 1 Identität), wobei davon aber mindestens eine Karte wahr sein muss.
Trifft man sogar auf den Botschafter - bzw. man zieht den Botschafter auf eine eigene Figur, dann erhält man nur 2 verdeckte Karten (Identität: 2 Identitätskarten, Gestalt: 2 Gestaltkarten), wobei eine Karte davon wahr sein muss. Nach der Befragung wird die Figur des betroffenen Spielers bzw. des Botschafters auf eine anderes Feld verbannt.

Bei den Antworten der Mitspieler sollte man besonders gut aufpassen. Verwendet jemand die 3 gleichen Karten nochmals, darf das reklamiert werden, und der betroffene Mitspieler darf nur mehr mit 2 Karten antworten. Gab es diese Kombination auch schon einmal, muss dieser Mitspieler eine wahre Karte als Antwort verwenden.
Hat man bereits genug Informationen, kann man auch auf die Befragung verzichten, und stattdessen einen weiteren Zug (auf dem Land- oder Wasserweg machen). Diese Möglichkeit kann gegen Ende des Spieles vom großem Interesse sein.

Die Antworten werden im Aufzeichnungsblatt eingetragen, und durch geschicktes Kombinieren kann man dann seinen Partner herausfinden, und sich diesem zu erkennen geben. Denn nur mit Hilfe seiner Missionskarte kann man den "gemeinsamen geheimen" Auftrag herausfinden, denn man erfüllen muss, um das Spiel zu gewinnen.

Außerdem gibt es für jeden Charakter eine Eigenheit: Lord Fiddlebottom zwinkert mit dem rechten Auge, Colonel Bubble zupft an seinem linken Ohrläppchen, Agent X runzelt mit der Stirn und Madame Zsa Zsa rümpft die Nase. Damit kann man während des Spieles auch versuchen sich seinem Partner zu erkennen zu geben bzw. die anderen Mitspieler zu verwirren.

Das Spiel für 3 Personen läuft ziemlich gleich ab. Ein Charakter spielt nicht mit, und wird verdeckt aus dem Spiel genommen. Wenn man nun entdeckt, das es der eigene Partner ist, der nicht mitspielt, dann hat man eine fix vorgegebene Mission zu erfüllen, um zu gewinnen. Alles andere bleibt gleich.

Spielende:
Das Team, das sich als Erster findet und seinen geheimen Auftrag erfüllt, hat dann auch das Spiel gewonnen.

Fazit:
Inkognito ist ein geniales Spiel, das man kennen lernen muss, und dann lieben wird. Jedenfalls war das bei uns der Fall.
Das einzige Manko, auf das ich gleich kommen möchte und das bei uns sehr störend ist, das der Spielplan sehr, sehr groß ist, und nicht so schnell auf jeden Tisch passt. Am Küchentisch geht's bei uns gar nicht. Am, etwas größeren Gartentisch - denn wir ins Wohnzimmer verlegen - muss der Spielplan dann schräg bzw. über Eck aufgebaut werden, damit die einzelnen Spieler noch Platz für den "Pass", die Karten und das Aufzeichnungsblatt finden. Etwas ärgere ich es mich schon, da ich der Meinung bin, das der Spielplan - etwas kleiner gehalten - auch seinen Zweck erfüllen würde.
Der Spielplan selbst ist nett illustriert und die Spielfiguren werden als originelle Plastikfiguren dargestellt und passen sehr gut zum Thema und bringen Stimmung auf den Tisch. Das Auffälligste ist aber das Menetekel, mit dem "gewürfelt" wird. Es bringt zwar etwas "Lärm" und "Würfelglück" ins Spiel - spielentscheidend ist es jedoch nicht.

Inkognito ist aber auch ein Spiel, für das man sich Zeit nehmen muss. Es ist kein schnelles Spiel, und es kann schon dauern bis man wieder an der Reihe ist. Langweilig wird einem dabei aber nie. Einerseits ist man damit beschäftigt seine "Befragungen" auszuwerten, und anderseits kommt es ja immer wieder vor, das man aktuell "befragt" wird, und man eine neue "Kombination" zum Antworten austüfteln muss.

Die Spielanleitung ist übersichtlich und gut gestaltet, und erklärt in witziger Weise die einzelnen Agenten, die im Spiel verkörpert werden. Auch der Ablauf wird gut erklärt, und lässt - auch aufgrund des einfachen Prinzips - keine Fragen offen.
Was wir anfangs immer wieder nachlesen mussten war, welcher Agent welche "Eigenheiten" hat. Dieses "Spiel im Spiel", mit dem man sich seinem Partner "zu erkennen geben kann", ist eine nette Nebensache. Nicht nur um schneller seinen Partner zu finden - nein - vielmehr auch um die anderen Mitspieler zu verwirren, kann man dies sehr gut einsetzen. Und dies ist nicht nur - laut Spielanleitung erlaubt - sondern auch erwünscht, und trägt das Seinige zum Spielspass bei.

Und dieser Spielspass steigert sich mit jeder Runde. Und mit jeder Runde wird Inkognito interessanter und lustiger.
Wenn man etwas Routine hat, fällt einem das Kombinieren und Taktieren einfach leichter. Und die Spannung bleibt in jeder Partie bis zum Schluss vorhanden - denn man weiß nie wann Schluss ist, und wie weit die "Gegenspieler" schon gekommen sind.
Hier sei noch erwähnt, das zwar die Variante für 3 Personen auch seinen Reiz hat, Inkognito aber - wenn möglich - mit 4 Spielern gespielt werden sollte, um seinen vollen Reiz entfalten zu können.

Mit Inkognito ist Alex Randolph und Leo Colvini in Klassiker gelungen, der bei unseren Spieleabenden nicht mehr wegzudenken ist.

Vielen Dank an WINNING MOVES für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Inkognito" bei spielenet.de