Spielbesprechung von Györög Kurt
Villa Paletti
09.10.2002

von Bill Payne
ZOCH-VERLAG
für 2 - 4 schwindelfreie Baukünstler
ab 8 Jahren

"Im Land wo die Zitronen blühen, lebte einst ein lustiger junger Bursche, den seine Freunde schlicht "Paletti" nannten.
Der hatte nur eines im Kopf: Das prächtige Luftschloss fertig zu bauen, das sein etwas schrulliger Großvater einst begonnen, aber mangels Dukaten nie vollendet hatte.
Dukaten hatte Paletti zwar auch keine, dafür aber einen genialen Plan: Wozu neue Säulen kaufen, wo doch in den unteren Etagen so viele nutzlos rumstehen?! Die werden ausgebaut, höher gestellt und ganz oben wieder eingebaut!
"Excellente, Paletti" riefen seine Freunde und machten sich ans Werk. So entstand ein waghalsiger Prachtbau: die VILLA PALETTI.

Erst jüngsten Ausgrabungen ist es zu verdanken, dass die statischen Delikatessen der VILLA PALETTI heute jedermann zugänglich sind. Im spielerischen Höhenrausch können Jung und Alt, Groß und Klein, diplomierte Wackelkandidaten und verkannte Plattenbauingenieure den architektonischen Widrigkeiten des aberwitzigen Bauwerks trotzen - und so das erhebende Gefühl beim Bau des ersten eigenen Luftschlosses erleben."


... auf, lasst uns ein Luftschloss bauen bzw. fertig stellen !!!

Spielmaterial:
Es gibt ein Fundament, 5 Holz-"Ebenen" (blau, grün, gelb, orange und rot = die Reihenfolge, in der diese verwendet werden), 20 Säulen (3 kleine runde, 1 eckige und 1 dicke runde je Spieler), 1 Baumeistersiegel, 1 Hacken und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Eigene Säulen auf die höchste Ebene bringen und damit am meisten Punkte sammeln.

Spielablauf:
Das Fundament wird auf den Tisch gelegt. Auf diesem werden die 20 Säulen in den verschiedenen Farben verteilt - darüber kommt die erste Ebene (blau).
Das Baumeistersiegel und der Hacken werden bereitgelegt.

Der jüngste Spieler ist Startspieler und würfelt mit dem Baumeistersiegel.
Dadurch wird seine Spielfarbe bestimmt. Reihum dürfen nun die anderen Spieler eine Farbe wählen, mit der sie spielen wollen.

Wer an der Reihe ist muss nun eine seiner Säulen aus der unteren Etage nehmen und auf die oberste Ebene stellen:
  • Wenn es gelingt, ist der Zug beendet und der nächste Spieler ist an der Reihe.
  • Wenn man jedoch während des Zuges bemerkt, das man durch das Herausziehen einer Säule die Villa zum Einsturz bringen sollte, kann man den Versuch abbrechen. Der Spielzug ist dann ebenfalls beendet - die betroffene Säule darf aber für das restliche Spiel nicht mehr benutzt werden.
  • Glaubt man am Beginn des Zuges, keine eigene Säule mehr Höherstellen zu können, so kann man den Antrag auf eine neue Ebene stellen. Die anderen Spieler beraten über den Antrag.
Will ein Spieler den Antrag ablehnen, so muss er den Gegenbeweis antreten und eine Säule des Antragsstellers aus einer unteren Etage herausnehmen. Gelingt es wird diese aus dem Spiel genommen und der Antrag abgelehnt.
Schlägt der Gegenbeweis fehl - muss also abgebrochen werden - so wird eine Säule dieses Spielers aus dem Spiel genommen und der Antragsteller darf die nächste Ebene auf die obersten Säulen stellen. (Dies ist auch der Fall, wenn niemand einen Einspruch gegen den Antrag einlegt.)
Beim Aufsetzen der neuen Ebene ist darauf zu achten, das mindestens 3 Säulen überdeckt werden müssen.

Mit dem Aufsetzen der grünen Ebene kommt dann auch das Baumeistersiegel ins Spiel und zeigt den Punkteführenden an. Als erstes erhält es jener Spieler, der die erste Säule auf die grüne Ebene stellt. Danach wechselt das Siegel, wenn es einem anderen Spieler gelingt, mehr Punkte auf die Ebene zu bringen als der Besitzer des Baumeistersiegels. Punkte gibt es für aufgestellten Säulen - nämlich 1 Punkt für jede kleine runde Säule, 2 Punkte für die dicke und 3 Punkte für die eckige Säule.
Wechselt das Siegel den Besitzer, so wird es von diesem mit der Farbe des Vorbesitzers nach oben vor sich abgelegt. Dies ist deshalb notwendig, damit man eruieren kann - wenn der Baumeistersiegelbesitzer die Villa zum Einsturz bringt - wer der Vorbesitzer war und somit das Spiel gewonnen hat.

Spielende:
Das Spiel endet, wenn
  • die Villa zum Einsturz gebracht wird oder
  • kein Spieler mehr eine Ebene oder eine Säule mehr setzen kann.

Gewonnen hat, wer das Baumeistersiegel besitzt bzw. wenn die Villa durch den Siegelbesitzer zum Einsturz gebracht wird, der Vorbesitzer.

Fazit:
Villa Paletti ist ein Spiel, das sich in seiner Art und Weise von den anderen - mir bis jetzt bekannten Brettspielen - unterscheidet. Es geht nicht darum Spielsteine auf einem Spielplan zu ziehen und Aktionen auszuführen - nein - es geht darum "Säulen" in die Höhe zu bauen und so Punkte zu sammeln.
Das es sich jetzt bei diesem Bauspiel nicht unbedingt nur um ein Kinderspiel handelt, liegt sicher daran, das man doch einiges an Taktik beim Setzen der Säulen und Legen der "Ebenen" einsetzen und nutzen kann.
Aber auch mit weniger Taktik - als Geschicklichkeitsspiel eingesetzt - kann Villa Paletti seine Verwendung finden. Hier können sich dann aber auch schon Kleinkinder betätigen und die Säulen als Bauklötze verwenden.

Somit handelt es sich hier um ein Familienspiel, das auch noch optisch seinen Reiz hat.
Die aus Holz schön gearbeiteten und bunt bemalten Säulen haben schon einige "neugierige Nasen" zum Zuschauen bewegt. Und zum Übersehen ist Villa Paletti nun auch wirklich nicht - im vorgerückten Spielverlauf kann man damit schon mal eine Spielhöhe von ½m und mehr erreichen. Aber auch das Spielende - jedenfalls dann, wenn die Villa zusammenbricht - ist unüberhörbar und dazu geeignet, andere auf das Spiel aufmerksam zu machen.
Um die Nachtruhe des Nachbarn nicht zu stören, sollte man Villa Paletti somit nicht spät in der Nacht spielen ;-) ...

Die einfachen Spieregeln werden in der, mit vielen Beispielen ausgestatteten Spielregel gut, einfach und klar erklärt. Um das Spiel aber anderen Spielern zu erklären benutze ich immer eine "Proberunde", wo wir einfach einmal losbauen. Das hat bis jetzt eigentlich immer gut funktioniert - egal ob mit 2, 3 oder 4 Spielern.

Bei Villa Paletti kann sich die ganze Familie zu einem kurzweiligen Bau- und Geschicklichkeitsspiel treffen, dessen Wiederspielreiz groß ist. Und da es hier nicht ausschließlich um Taktik, sondern auch um Geschicklichkeit handelt, können sich die Kleinen mit den Großen, sowie die Erfahrenen mit den Neulingen messen - der Ausgang wird nicht unbedingt von vornherein klar sein.

Und das alles ist eine willkommene - unübersehbare und vor allem auch unüberhörbare - Abwechslung, die bei uns immer wieder gerne auf den Tisch kommt und viel Spaß in die Runde bringt. Einfach einmal etwas anderes ...

Vielen Dank an den ZOCH-VERLAG für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Villa Paletti" bei spielenet.de