Spielbesprechung von Györög Kurt
Amun-Re
07.07.2003

von Reiner Knizia
Hans im Glück
für 3 - 5 Spieler
ab 12 Jahren

Im Land der Pharaonen
Amun-Re spielt im alten Ägypten zur Zeit der Pharaonen. Die Spieler übernehmen die Rolle rivalisierender Dynastien. Während des Spiels nutzen sie ihren Einfluss, um Provinzen in Besitz zu nehmen und dort Pyramiden zu errichten. Sobald jeder Spieler 3 Provinzen hat, endet das alte Königreich, und es findet eine erste Wertung statt. Dabei gibt es Punkte, vor allem für fertige Pyramiden. Danach wird der gesamte Spielplan abgeräumt, nur die Pyramiden und Bausteine bleiben stehen. Es beginnt die zweite Spielhälfte mit dem neuen Königreich. Der Ablauf ist der gleiche wie im alten Königreich. Am Ende findet eine letzte Wertung statt, und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.“


Amun-Re - ein Spiel für Götter und andere Unsterbliche ...

Spielmaterial:
66 Goldkarten (18x1, 12x2, 12x5, 9x10, 10x20, 5x“-3“), 39 Machtkarten, 15 Provinzkarten, 15 Einzel- und 15 Doppel-Pyramiden, 15 Bausteine für Pyramiden, 10 Spielersteine (in 5 Farben - je 1 Biet- und 1 Zählstein), 1 Amun-Re-Tempel, 1 Pharao für den Startspieler, 15 Provinz-Marker (in 5 Farben - 3 je Spieler), 45 Bauern, 5 Übersichtskarten, 1 Spielplan und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Nach der letzen Wertung die meisten Punkte zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan wird in der Tischmitte aufgelegt. Von den Machtkarten erhält jeder Spieler 1 Karte „Baumeister“ - die restlichen Machtkarten werden gemischt und verdeckt bereitgelegt. Ebenso werden die 15 Provinzkarten gemischt und verdeckt neben dem Spielplan abgelegt.
Neben der „Baumeister“-Karte erhält noch jeder Spieler 2 Spielsteine und 3 Provinz-Marker in seiner Farbe, sowie 1 Übersichtskarte, Goldkarten im Wert von 20 und 1 „-3“-Karte. Je 1 Spielstein kommt als Zählstein auf das Feld 0 der Zählleiste.
Die übriggebliebenen Goldkarten werden vom ältesten Spieler nach Werten sortiert und während des Spieles verwaltet. Übriggebliebene „-3“-Karten werden nicht mehr benötigt, und kommen in die Spielschachtel zurück.
Der Amun-Re-Tempel kommt auf das Feld links neben der Tempelleiste - und der älteste Spieler erhält noch den Pharao und wird somit zum Startspieler der ersten Runde.

Das Spiel gliedert sich in 2 Spielhälften - das alte und das neue Königreich, die jeweils aus 3 Runden bestehen, die wiederum in 5 bzw. 6 Phasen unterteilt sind:

Phase 1 - Aufdecken der Provinzkarten:
Der Startspieler deckt so viele Provinzkarten auf, wie Spieler teilnehmen und legt diese in die dementsprechenden Provinzen am Spielplan. In manche Provinzen werden noch zusätzlich Gratisbausteine, Gratismachtkarten und/oder Gratisgold gelegt - je nach aufgedruckten Symbol(en) am Spielplan. Gratismachtkarten werden verdeckt gezogen und auch verdeckt unter die Provinzkarte gelegt.

Phase 2 - Erwerb der aufgedeckten Provinzen:
Jeder Spieler erwirbt genau 1 Provinz - und zwar wie folgt:
Der Startspieler beginnt und legt seinen Bietstein auf ein Zahlenfeld seiner Wahl in eine der aufgedeckten Provinzkarten. Das ist sein Gebot - jeder nachfolgende Spieler hat nun 2 Möglichkeiten:
1. Er legt seinen Bietstein auf ein beliebiges Zahlenfeld einer Provinzkarte, auf der noch kein anderer Bietstein liegt, oder ...
2. Er legt seinen Bietstein auf ein höheres Zahlenfeld einer Provinzkarte, in der bereits ein oder mehrere andere Bietsteine liegen, als der bisherige Höchstplatzierte.

Nachdem jeder Spieler einmal geboten hat, wird geprüft, ob ein oder mehrere Spieler überboten wurden. Ist dies nicht der Fall, so ist das Bieten beendet und jeder Spieler kann seine Provinz in Besitz nehmen.
Wurden jedoch Spieler überboten, so müssen diese ihre Bietsteine zurücknehmen und dürfen diese - nach den oben angegebenen Bietregeln - auf eine andere, als die bisherige Provinzkarte legen - und gegebenenfalls wieder andere Spieler überbieten. Dies geht solange, bis auf jeder Provinzkarte nur ein Bietstein liegt, und die Provinzen in Besitz genommen werden können.

Der gebotene Betrag muss von den Spielern an die Bank bezahlt werden. Jeder Spieler markiert seine erworbene Provinz mit einem seiner Provinz-Marker, nimmt sich gegebenenfalls in der Provinz liegende Gratismachtkarten oder Gratisgold auf die Hand. Die Provinzkarten kommen auf einen Ablagestapel. Gratisbausteine bleiben in der Provinz liegen und können in Phase 3 zum Bau von Pyramiden verwendet werden.

Phase 3 - Aktionen der Spieler:
Beginnend mit dem Startspieler kann jeder Spieler die folgenden 3 Aktionen (in der angegebenen Reihenfolge) durchführen:

1. Machtkarten kaufen und einsetzen:
Der Spieler kann Machtkarten kaufen und diese sofort - oder aber auch zu einem späteren Zeitpunkt - einsetzen. Machtkarten enthalten stets positive Aktionen für den Spieler, die dieser in bestimmten Phasen einsetzen kann. Die höchste Anzahl der Machtkarten die in einer Provinz eines Spielers abgebildet ist, gibt auch die maximale Anzahl von Machtkarten vor, die der Spieler in dieser Phase kaufen kann.
Die Anzahl von Machtkarten, die ein Spieler auf der Hand halten darf ist dagegen nicht beschränkt.
Machtkarten können vom Spieler auch jederzeit an die Bank gegen 1 Gold verkauft werden.

2. Bauern kaufen und einsetzen:
Der Spieler kann beliebig viele Bauern kaufen - muss diese aber sofort in eine oder mehrere seiner Provinzen auf freie Anbaugebiete einsetzen.
Durch den Einsatz der Machtkarte „Gratisbauer“ darf in dieser Phase ein Bauer gratis - in eine beliebige Provinz - gelegt werden und benötigt dabei kein Anbaugebiet.

3. Bausteine kaufen und einsetzen:
Der Spieler kann Bausteine kaufen - muss diese aber sofort in eine oder mehrere seiner Provinzen einsetzen. Legt der Spieler in eine seiner Provinzen einen 3. Baustein - so müssen diese Bausteine sofort gegen eine Pyramide eingetauscht werden. Kommt es in einer Provinz zum Bau einer 2. Pyramide, so können 2 einzelne Pyramiden gegen 1 Doppelpyramide eingetauscht werden.
Durch den Einsatz der Machtkarte „Baumeister“ können in einer Provinz auch schon 2 Bausteine in 1 Pyramide umgewandelt werden.

Phase 4 - Das Opfer für Amun-Re:
In dieser Phase kann jeder Spieler versuchen, durch sein „Geldopfer“ an Amun-Re den Wert der Ernte zu beeinflussen. Dazu muss jeder Spieler 1 oder mehrere seiner Goldkarten - oder die „-3“-Karte - verdeckt vor sich ablegen.
Die Summe aller Goldkarten ergibt die Höhe des Opfers - der Amun-Re-Tempel wird dementsprechend auf der Tempelleiste platziert.

Amun-Re belohnt nun die Spieler mit den höchsten Opfergaben:
  • der Spieler mit dem höchsten Gebot darf sich 3 Teile (Machtkarten, Bauern oder Bausteine) in beliebiger Zusammensetzung aussuchen.
  • der Spieler mit dem zweithöchsten Gebot darf sich 2 Teile nehmen.
  • alle anderen Spieler (die keine „-3“-Karte gespielt haben) erhalten noch 1 Teil.
  • Spieler, die die „-3“-Karte gespielt haben bekommen keine Belohnung - sondern 3 Gold aus der Bank.

Bauern und Bausteine müssen - wie in Phase 3 angegeben - sofort in Provinzen eingesetzt werden.

In dieser Phase kann auch die Machtkarte „Opferkorrektur“ eingesetzt werden. Spieler, die diese Karte spielen, dürfen bei der Ermittlung der Opfersumme selbst bestimmen, ob zum Opfer 3 Gold dazugezählt oder abgezogen werden – und somit die Ernte direkt beeinflussen.

Phase 5 - Die Ernte und weitere Einnahmen:
Beginnend mit dem Startspieler erhält nun jeder Spieler folgenden Einnahmen:

Ernteerträge:
Der Spieler bekommt für jeden Bauern in seinen Provinzen so viel Gold, wie der Amun-Re-Tempel vorgibt.

Weitere Einnahmen:
  • Die Spieler, welche Provinzen mit aufgedruckten Goldstücken (ohne Kamel) besitzen, erhalten dementsprechend die Anzahl an Gold zusätzlich.
  • Die Spieler, welche Provinzen mit aufgedruckten Goldstücken und Kamel besitzen, erhalten nur dann die dementsprechende Anzahl an Gold, wenn der Amun-Re-Tempel auf der Tempelleiste ebenfalls ein Kamel anzeigt.

In dieser Phase können auch die Machtkarten „8 Gold“ bzw. „Erntesteigerung“ eingesetzt - und in Gold umgewandelt werden.

Haben alle Spieler ihre Einnahmen erhalten, so beginnt die nächste Runde wieder mit der Phase 1.
Nach 3 Runden endet das alte Königreich und es kommt zur ...

Phase 6 - Die Wertung:
Alle Spieler erhalten Punkte, die mit dem Zählstein festgehalten werden.

1. Für die Pyramiden:
Jede Pyramide bringt 1 Punkt.

2. Für vollständige Sätze von Pyramiden:
Die höchste Anzahl von Pyramiden in einer der Provinzen des Spielers wird mit 3 Punkten multipliziert.

3. Für die Provinz mit den meisten Pyramiden sowohl westlich wie auch östlich des Nils:
Die Besitzer dieser Provinzen erhalten 5 Punkte.
Bei Gleichstand zählen die zusätzlichen Bausteine in den Provinzen - gibt es auch hier Gleichstand, erhalten alle beteiligten Spieler die 5 Punkte.

4. Für Tempel in den Provinzen DAMANHUR, EDFU und AMARNA:
Ein Tempel bringt so viele Punkte, wie der Amun-Re-Tempel auf der Tempelleiste vorgibt.

5. Für die Bonus-Machtkarten:
Sind die Bedingungen der Bonus-Machtkarten erfüllt, so legt man diese offen und erhält je Karte 3 Punkte.

6. Für Gold (nur am Ende der 2. Spielhälfte, also am Spielende !!!):
Der Spieler mit dem meisten Gold erhält 6 Punkte, der Spieler mit dem zweit meisten Gold 4 Punkte und der Spieler mit dem dritt meisten Gold 2 Punkte. Die restlichen Spieler gehen leer aus.

Zwischen dem alten und neuen Königreich ...
... werden nach der 1. Wertung alle Provinz-Marker und Bauern vom Spielplan genommen und in den Vorrat zurückgelegt. Nur die Pyramiden und Bausteine bleiben liegen.
Alle im alten Königreich aufgedeckten Provinzkarten werden gemischt und verdeckt wieder bereitgelegt. (Zuvor nicht verwendete Provinzkarten kommen nicht zum Einsatz.)

Die 2. Spielhälfte - Das neue Königreich ...
... beginnt wieder mit der Phase 1.

Spielende:
Das Spiel endet nach der Phase 6 der 2. Spielhälfte, also nach insgesamt 6 Spielrunden.

Der Spieler mit den meisten Punkten hat gewonnen. Bei Gleichstand entscheiden die Pyramiden, bzw. die Bausteine. Ansonsten gibt es mehrere Sieger.

Fazit:
Amun-Re ist ein taktisches Biet- und Mehrheitenspiel, das sehr interessant ist, viel Spaß macht und noch viel mehr Möglichkeiten im Spiel bietet.

Die Anleitung ist zwar sehr umfangreich (12 Seiten) ausgefallen, aber mit sehr vielen Beispielen und Bildern ausgestattet, sehr gut strukturiert und lässt so gut wie keine Fragen offen. Ausgenommen:
Aus der Anleitung geht leider nicht ganz klar hervor, ob man nach dem Einsatz der „-3“-Karte, diese wieder zurück auf die Hand erhält oder nicht.
Die Antwort - nach Abklärung im Spielbox-Forum - ist ein eindeutiges „JA“ - man erhält die Karte jedes mal wieder auf die Hand zurück !!!

Hat man sich nun durch diese Anleitung gearbeitet, so eröffnet sich einem ein Spiel mit sehr vielen Möglichkeiten. Einerseits, weil auf sehr vielfältige Art und Weise gepunktet werden kann und man nicht die Übersicht verlieren sollte, andererseits auch weil es viele „Phasen“ gibt, in denen man tätig werden kann und auch soll, um immer vorne mit dabei zu sein.

Hier merkt man dann aber auch recht schnell, das Amun-Re kein Spiel ist, das man schnell durchschaut hat und nur mal so spielen kann, sondern das es immer wieder neue Möglichkeiten und taktische Raffinessen gibt, die es auszuprobieren und zu erarbeiten gilt.
Daraus ergibt sich auch ein sehr hoher Wiederspielreiz, da es schon sehr vieler Runden Amun-Re bedarf, um genau zu wissen wo man wie am besten punktet.

Auch das Zusammenspiel vieler verschiedener Mechanismen - Bieten, Bluffen und Taktieren - macht Amun-Re zu einem Spiel, das in unseren Spielrunden immer wieder gerne gesehen ist und gespielt wird. Hierzu gehört auch die - meiner Meinung nach sehr gute Idee - in der 2. Spielhälfte alle Provinzen - inklusive aller Pyramiden und Bausteine - neu zu Versteigern. Dies führt dazu, das sich das Spiel in der 2. Spielhälfte von der Spannung her sehr zuspitzt und aufbaut, und gutes Taktieren und Überlegen erfordert. Es bleibt der Spielausgang bis zur letzten Runde spannend und offen ...

Auch durch den geschickten Einsatz der Machtkarten - die aber auch etwas Glück ins Spiel bringen - gibt es immer wieder spannende und interessanter Situationen, die nicht vorhersehbar sind - und die das Spiel aber auch ab und zu ganz umdrehen - und den Spielausgang beeinflussen - können. Man sollte die „Macht“ der Machtkarten nicht unterschätzen ...

Aber nicht nur von der großen Anzahl der Möglichkeiten, die einem das Spiel bietet, wird man anfangs fast „erschlagen“ - das Spiel selbst ist auch mit reichlich Spielmaterial ausgestattet. Der Spielplan, die Pyramiden (aus Plastik), sowie die passenden Karten und Bausteine lassen richtig Stimmung am Tisch aufkommen.
Einzig die Bauern (kleine Plättchen aus Karton) sind fast etwas klein und unhandlich ausgefallen.
Das ganze Material ist aber in der gut durchdachten Schachtel bestens und sicher untergebracht, und kann nach einem Transport auch wieder dort gefunden werden, wo es hineingelegt wurde.

Außerdem positiv zu erwähnen ist, das sich Amun-Re auch in jeder Besetzung gut spielen lässt - und so für 90 Minuten Spaß und Spannung garantiert. Wartezeiten im Spiel gibt es fast keine, da in vielen Phasen alle Spieler zugleich an der Reihe sind und „miteinander“ spielen.

Amun-Re ist ein Spiel, das wir sehr gerne spielen, und das uns immer wieder viel Spaß macht und fasziniert - und das uns aufgrund seiner Vielfältigkeit sicher noch lange in seinen Bann ziehen wird ...

Vielen Dank an HANS IM GLÜCK für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Amun-Re" bei spielenet.de