Spielbesprechung von Györög Kurt
Auf den Spuren von Marco Polo
08.04.2004

von Reiner Knizia
Ravensburger
für 2 - 5 Spieler
von 8 - 99 Jahren

„Im Jahre 1271 begleitete der 17-jährige Marco Polo seinen Vater Niccoló und seinen Onkel Maffeo auf ihrer zweiten Reise nach China an den Hof des mongolischen Großkhans.
Ihre Reiseroute führte sie zunächst über das Mittelmeer nach Vorderasien. Von dort reisten sie mit einer Karawane weiter nach Zentralasien.
Ihr langer und mühsamer Weg führte sie dabei durch endlose Wüsten, über gewaltige Gebirgszüge und durch die weiten Steppen der Mongolei. Unterwegs besuchten sie immer wieder auch beeindruckend schöne Städte, in denen sie intensiven Handel betrieben. In der Oasenstadt Kantshou leben die Polos gar ein Jahr, bevor sie ihre Reise fortsetzten. Im Jahre 1275 erreichten sie endlich Daidu, das heutige Peking, die Hauptstadt der Mongolen und Hauptsitz ihres Herrschers Kublai Khan.

Als Mitglied einer Karawane reist ihr auf Marco Polos Spuren. Ausgangspunkt eurer Reise ist die Hafenstadt Hormus.
Auf der abenteuerlichen Reise durch Wüsten, Steppen, Gebirge und Städte tauscht ihr begehrte Handelswaren wie Seide und Gewürze gegen Gold. So gilt es für jedes Karawanenmitglied, als Erstes die besten Orte zu erreichen, um dort die lukrativsten Geschäft abzuschließen.
Vor allem in Kantshou und Daidu kann lohnender Handel betrieben werden. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg und die Konkurrenz ist mitten unter euch.“


Clevere Händler im Wettstreit um Waren, Gold und gute Geschäfte ...

Spielmaterial:
1 Spielplan, 5 Spielfiguren, 5 Händlerkarten (in 5 Farben), 55 Spielkarten (40 Warenkarten - in je 5 Farben: 2x Öl, 2x Gewürze, 2x Seide, 2x Obst und 15 Karawanenführer - je 3 in 5 Farben), 36 Goldkisten (je 12x die Werte 1,2 und 3) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Spielende das meiste Gold zu besitzen.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Tischmitte und wird - wie vorgegeben - mit ein paar Goldkisten bestückt.
Die Spielkarten (Warenkarten und Karawanenführer) werden gut gemischt und mit den restlichen Goldkisten neben dem Spielplan bereit gelegt.
Jeder Spieler erhält in seiner Farbe 1 Spielfigur und die entsprechende Händlerkarte, 1 „3er“-Goldkiste als Startkapital und 5 Karten auf die Hand. Weiter 5 Karten werden nun noch neben dem „Nachziehstapel“ - offen - aufgelegt.

Der jüngste Spieler wird Startspieler, und stellt seine Spielfigur auf die Stadt Hormus. Die restlichen Spieler stellen ihre Spielfiguren im Uhrzeigersinn auf das jeweils nächste freie Feld. Auf jedem Feld darf immer nur eine Figur stehen.

Wer an der Reihe ist, kann ...
  • seine Spielfigur bewegen oder
  • passen.
Danach zieht er noch eine Karte nach, und beendet damit seinen Zug.

Spielfigur bewegen:
Um seine Figur auf das nächste freie Feld zu bewegen (besetzte Felder dürfen übersprungen werden), muss man die dort abgebildete Anforderung erfüllen:
  • 1 Kreis mit Stern: eine beliebige Warenkarte - egal in welcher Farbe - ablegen.
  • mehrere Kreise mit Stern: so viele gleiche Warenkarten wie Kreise angegeben sind - egal in welcher Farbe - ablegen.
  • Kreise mit vorgegebenen Waren: je eine Karte der 4 Warensorten - egal in welcher Farbe - ablegen.
  • Karawanenführer: so viele Karawanenführer wie angegeben - egal in welcher Farbe - ablegen.
  • mehrere leere Karten: so viele beliebige Karten wie angeben - in der gleichen Farbe - ablegen.
  • 5 verschieden farbige Karten: je eine beliebige Karte der 5 Farben ablegen.

Erreicht man als Erster ein Feld mit einer Goldkiste, so darf man diese an sich nehmen und behalten.

Sollte man während des Spieles schneller voran kommen bzw. einen Rückstand aufholen wollen, so hat man einmal pro Zug die Möglichkeit - gegen Abgabe von Gold im Wert von „1“ - seine Figur um ein Feld weiter zu bewegen, ohne die Bedingung des Feldes erfüllen zu müssen (= „Ballast abwerfen“).
Dies ist aber nur dann möglich, wenn man dadurch nicht an die Spitze der Karawane kommt (= „Erster“ wird).

Passen:
Kann oder will man seine Figur nicht bewegen, kann man auch jederzeit passen.

Nachdem genau eine Karte nachgezogen wurde, ist der nächste Spieler an der Reihe.
Diese Karte kann entweder vom verdeckten Nachziehstapel gezogen werden, man kann sich aber auch eine der offen ausliegenden Karten nehmen, die dann wieder durch eine neue Karte vom Nachziehstapel ersetzt wird.

Erreicht ein Spieler mit seiner Figur die Stadt Kantshou, so muss er seine Bewegung dort beenden - zieht aber noch eine Karte nach. Danach kommt es zur Zwischenwertung:
Jeder Spieler, der mit seiner Figur auf einem der 6 Wertungsfelder steht, erhält dementsprechend viele Goldkisten ausbezahlt. Die Anzahl bzw. der Wert wird vom jeweiligen Feld vorgegeben.
Danach kommen alle Spielfiguren (der Wertungsfelder) auf das Stadtfeld Kantshou und starten von dort aus ihre weitere Reise.
Spielfiguren, die noch kein Wertungsfeld erreicht haben, gehen leer aus und werden erst beim Erreichen des ersten Wertungsfeldes auf das Stadtfeld vorgerückt.

Spielende:
Das Spiel endet, wenn der erste Spieler das 2. Etappenziel Daidu erreicht.
Es kommt zur Schlusswertung:
Jeder Spieler, der mit seiner Figur ein Wertungsfeld der 2. Etappe erreicht hat, erhält dementsprechend viele Goldkisten ausbezahlt. Auch hier wird die Anzahl bzw. der Wert vom jeweiligen Feld vorgegeben.

Es gewinnt der Spieler, der jetzt im Besitz des meisten Goldes ist.
Bei Gleichstand gewinnt der Spieler, dessen Figur Daidu erreicht hat bzw. ihr am nächsten ist.

Spielregel für 2 Spieler:
Alle Regeln bleiben gleich, jeder Spieler spielt aber mit 2 Farben.
Die Spieler spielen abwechselnd, pro Spielzug darf aber immer nur die Spielfigur einer Farbe bewegt werden.

Wenn man es noch strategischer möchte, kann man aber auch vereinbaren, das jederzeit mit jeder Spielfigur gezogen werden darf.
Trotzdem ist es nur einmal pro Zug erlaubt „Ballast abzuwerfen“.

Fazit:
Auf den Spuren von Marco Polo ist ein interessantes, strategisches Tüftel- und Sammelspiel für Groß und Klein, dass mit sehr wenigen und einfachen Spielregeln auskommt. Es ist sehr einfach und schnell zu erklären, und kann so Neulingen leicht beigebracht werden.
Es ist aber auch ein Spiel, dass man schon einige Male Spielen muss, um denn Mechanismus zu durchschauen, und um leichter Abschätzen zu können, wann denn der richtige Moment gekommen ist, um seine Karten auszuspielen und einen Angriff auf die Führung zu wagen. Oft ist es um einiges sinnvoller sich etwas zurückfallen zu lassen, und geschickt - durch den Einsatz von einer Goldkiste im Wert von „1“ - schwierigere Felder zu meistern und damit viele, kostbare Karten zu sparen.
Die Möglichkeiten und Strategien eröffnen sich erst von Partie zu Partie, und man findet immer mehr gefallen am Spiel, und es wird von Mal zu Mal interessanter und spannender ...

Das Spielmaterial besteht aus einem schön und passend illustriertem Spielplan, sowie sehr nett ausgefallenen Kamelfiguren, die von Karawanenführern begleitet werden. Auch die Spielkarten besitzen sehr passende Bilder und Grafiken - alles in allem ein sehr abgerundetes, harmonisches, schönes Spielmaterial, das als solches sehr gut zum Thema und Spielablauf passt.
Das Thema selbst passt zwar auch sehr gut zum Spiel und zum Ablauf, könnte aber sich durch andere ersetzt werden.
Bei den „Goldkisten“ muss man dann schon etwas genauer hinsehen, um zu erkennen, welche Wertigkeit sie haben. Diese erkennt man nämlich nur an der Anzahl von „Gurten“, die die Kisten bildlich zusammenhalten. Eine kleine farbliche „Abhebung“ wäre hier hilfreich gewesen.

Das Ganze ist dann aber in ein viel zu groß geratenen Schachtel untergebracht. Einer Schachtel mit sehr, sehr viel „Luft“.
Hier hätte man leicht mit einer halb so großen Schachtel das Auslangen gefunden.

Das Spiel spielt sich - an und für sich - in jeder Besetzung recht gut, wobei mir das Spiel zu Zweit (in beiden angegebenen Varianten) am besten gefallen hat. Hier ist das Spiel aber auch am taktischsten und planbarsten. Ab einer Besetzung von 4 bis 5 Spielern wird das Spiel dann etwas unberechenbarer und unvorhersehbarer.
Die Spieldauer variiert zwischen angenehmen 30 bis 45 Minuten, wenn man nicht einen ausgesprochenen „Denker“ bzw. „Tüftler“ am Tisch hat, der das Ganze dann natürlich dementsprechend in die Länge ziehen kann.

Die Spielanleitung findet auf 4 A4-Seiten Platz, inklusive Bilder, Beispielen und sonstigen Angaben, die zu einer Anleitung gehören. Sie ist gut strukturiert und aufgebaut, erklärt ausführlich und einfach den Ablauf, und lässt keine Fragen offen.

Auf den Spuren von Marco Polo ist ein Spiel, das man erst im Laufe von einigen Partien kennen, spielen und lieben lernen muss, dass einem dann aber mit jeder Partie mehr gefällt und nicht mehr loslässt. So wurde es bei uns von einem - zuerst nur mittelmäßig beurteilten Spiel - zu einem Spiel, dass doch nun recht oft auf den Tisch kommt, und das sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen sehr beliebt ist.
Mit Kindern sollte man hier vor allem etwas Geduld und Ausdauer haben, und ihnen anfänglich schon Mal erklären und zeigen, dass es von Vorteil ist, nicht immer nur auf das nächste Feld „zu sparen“, sondern schon auch mal „vorausschauend“ zu planen. Dann werden auch diese sehr viel Spaß am Spiel haben ...

Vielen Dank an RAVENSBURGER für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Auf den Spuren von Marco Polo" bei spielenet.de