Spielbesprechung von Györög Kurt
Dos Rios
02.09.2004

von Franz-Benno Delonge
Kosmos
für 2 - 4 Spieler
ab 12 Jahren

„Zwei große Flüsse bahnen sich ihren Weg aus den Bergen hinab ins Tal. Nur die Felder, über die sie fließen, bringen ihren Besitzern Erträge. Diese braucht man, um Fincas und Haziendas zu bauen. Daher versucht jeder seine Bauern (Campesinos) so zu platzieren, dass sie auf den Feldern stehen, die als Nächstes zur Ernte anstehen. Dabei geht man nicht gerade zimperlich miteinander um. Fremde Campesinos werden von lukrativen Feldern kurzerhand vertrieben. Dämme werden gebaut und die Flüsse umgeleitet. So trocknen Felder aus, die eben noch bewässert waren, und wasserarme Felder werden fruchtbar.“

Dämme bauen - Flüsse stauen und umleiten ...

Spielmaterial:
1 Spielplanrahmen aus 6 Teilen, 12 Einlegeteile, 24 Campesinos (je 6 in 4 Farben), 16 Fincas (je 4 in 4 Farben), 4 Haziendas (je 1 in 4 Farben), 40 Flussteile, 40 Dammhölzer, 50 Geldscheine (40x 100 Rio, 10x 500 Rio), 15 Erntekarten und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Als Erster 4 seiner Gebäude (die Hazienda muss dabei sein) auf bewässerten Feldern - oder aber alle 5 Gebäude auf beliebigen Feldern - gebaut zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplanrahmen wird aus den 6 Teilen zusammengebaut und mit den 12 Einlegeteilen beliebig gefüllt.
Der Spielplan zeigt danach eine Landschaft, die aus Hügeln, Wald und Anbaufeldern besteht. Am oberen Teil gibt es (rechts und links) die Quellen der beiden Flüsse Rio Verde und Rio Moreno - am unteren Teil (rechts und links) zwei Seen und in der Mitte eine Stadt.

Zunächst werden nun die beiden Flüsse ausgelegt. Ausgehend von den Quellen werden Flussteile nach den folgenden Regeln auf den Spielplan gelegt und die Flussläufe gebildet:
  • ein Fluss fließt immer von oben nach unten (von den Quellen in Richtung Seen bzw. Stadt).
  • der 1. Flussteil wird immer von der Quelle zum Mittelpunkt des nächsten Feldes gelegt.
  • jeder weitere Flussteil wird von dem Feld ausgehend gelegt, in dem der letzte Flussteil geendet hat. Dabei kann der Fluss in folgende 3 Richtungen fließen:
    • gerade nach unten oder
    • schräg nach links unten oder
    • schräg nach rechts unten.
    Welche Richtung er nimmt hängt wiederum von der Feldart der drei möglichen Felder ab. Jede Feldart hat dabei unterschiedliche Höhen:
    • Hügel: sind am höchstgelegen.
    • Wald: haben mittlere Höhe.
    • Anbaufelder: liegen am tiefsten.
    Der Fluss fließt dabei immer auf das tiefste der möglichen Felder. Sind mehrere möglich, darf der auslegende Spieler sich ein Feld aussuchen. Dabei ist es durchaus möglich, dass ein Fluss von einem tieferen auf ein höheres Feld fließt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.
  • mündet ein Fluss in den anderen, gibt es ab diesem Feld nur noch einen Flusslauf, der für beide Flüsse zählt.
  • ein Fluss endet, wenn er einen See oder die Stadt erreicht.

Sind die Flüsse ausgelegt, erhält noch jeder Spieler 6 Campesinos, 4 Fincas, 1 Hazienda in seiner Farbe, sowie 2 Dammhölzer.
Die 15 Erntekarten werden gut gemischt und kommen als verdeckter Nachziehstapel neben den Spielplan. Außerdem werden noch das Geld und die restlichen Dammhölzer bereitgelegt.

Der Startspieler eröffnet die 3 Einsetzrunden, in denen die Spieler abwechselnd je einen Campesino auf ein beliebiges Feld am Spielplan stellen. Dabei ist zu beachten, das auf jedem Feld nur Campesinos eines Spielers stehen dürfen - und pro Feld nicht mehr als 2. Die restlichen Campesinos der Spieler kommen in die Stadt.

Anschließend werden von den verdeckten Erntekarten 3 offen neben den Nachziehstapel in einer Reihe ausgelegt, und zwar immer eine Karte mehr als Spieler teilnehmen.
Wird dabei eine Desperadokarte aufgedeckt, wird diese einstweilen beiseite gelegt. Liegen alle Erntekarten aus, werden eventuelle Desperadokarten wieder in den Nachziehstapel gemischt. Danach kann das eigentliche Spiel beginnen.

Wer an der Reihe ist, führt folgende Aktionen - in der angegebenen Reihenfolge - aus:

1. Bewegungen und Aktionen der Campesios (Reihenfolge beliebig):
eigene Campesinos bewegen:
Für die Bewegung hat der Spieler 6 Bewegungspunkte zur Verfügung, die er beliebig auf seine Campesinos verteilen kann. Jeder Zug eines Campesinos von einem Feld zum anderen kostet 1 Bewegungspunkt.
Es darf auf alle Felder (auch Stadt und Straßen) gezogen werden, nur nicht auf das Gebirge bzw. auf die Seen. Dammhölzer stellen dabei kein Hindernis dar.
Auf jedem Feld dürfen am Ende des Spielzuges nur Campesinos eines Spielers stehen, und zwar - mit Ausnahme der Stadt und der Straßen - maximal 2. Es ist auch nicht erlaubt, durch Felder mit fremden Campesinos hindurch zu ziehen. Felder mit fremden Campesinos dürfen nur betreten werden, wenn man diese vertreiben kann.

fremde Campesinos vertreiben:
Ein einzelner fremder Campesino kann von einem Felder vertrieben werden, indem man entweder ...
  • 2 eigene Campesinos auf das Feld zieht, oder
  • 1 eigenen Campesino von einem höher gelegenen Feld auf das Feld mit dem fremden Campesino zieht.
Zwei fremde Campesions können nur vertrieben werden, wenn man 2 eigene Campesinos von höher gelegenen Feldern auf das Feld mit den fremden Campesinos zieht.
Die Stadt und die beiden Straßen sind niedriger gelegen als die Anbaufelder - vrtriebene Campesionos werden in die Stadt gestellt und können von dort aus wieder auf den Spielplan gezogen werden.
Ausnahme: In der 1. Spielrunde dürfen nur Campesinos von Spielern vertrieben werden, die schon an der Reihe waren.

Dämme bauen:
Während eines Spielzuges dürfen beliebig viele Dammhölzer auf Grenzen zwischen zwei Feldern gebaut werden, wobei die Grenzen an ein Feld mit einem eigenen Campesino angrenzen müssen. Jedes - einmal gelegte - Dammholz bleibt bis zum Spielende liegen, und blockiert dort den Flusslauf.
Der Fluss kann nun nur mehr auf das tiefste - nicht blockierte - Feld fließen, das noch übrig ist.
Wird ein Damm auf eine Grenze gebaut, über die derzeit ein Fluss fließt, so wird dieser sofort vom Spieler umgeleitet.

Gebäude errichten:
Ein Spieler darf während seines Zug (jedoch noch vor der Auswertung der Erntekarte) jederzeit 1 oder 2 Gebäude auf Felder bauen, auf denen er mindestens einen eigenen Campesino stehen hat. Eine Finca kostet 500 Rio - die Hazienda 1.000 Rio. Auf jedem Feld kann nur ein Gebäude errichtet werden.
Auf einem Feld mit einer Finca dürfen fremde Campesinos ihren Zug nicht beenden - sie dürfen aber durch das Feld ziehen, wenn keine Campesinos bei der Finca stehen.
Ein Feld mit einer Hazienda ist für fremde Figuren überhaupt gesperrt, und schützt außerdem vor Desperados. Die Hazienda hat zusätzlich noch den Vorteil, dass man für nur 2 Bewegungspunkte direkt von der Stadt auf die Hazienda ziehen darf. Umgekehrt ist das allerdings nicht erlaubt.
Ein Feld mit einem Gebäude bringt bei einer Ernte auch Erträge, wenn sich keine Campesinos dort befinden.

2. Aktuelle Erntekarte auswerten oder verschieben:
Als Abschluss seines Zuges darf ein Spieler die aktuelle (vorderste) Erntekarte auswerten oder ans hintere Ende der Kartenreihe schieben. Danach ist sein Zug beendet und der nächste Spieler an der Reihe.
Ausnahme: In der 1. Spielrunde werden die Erntekarten ignoriert.

Es gibt 4 verschiedene Arten von Erntekarten:

Ernte in einer bestimmten Anbausorte: je 2x Weizen, Tabak und Mais
Wird eine solche Karte ausgewertet, erhält jeder Spieler - der auf passenden bewässerten Anbaufeldern einen Campesino oder ein Gebäude stehen hat - für jedes Feld 100 Rio.
Holz schlagen: 1x
Wird eine solche Karte ausgewertet, erhält jeder Spieler - der auf bewässerten Waldfeldern einen Campesino oder ein Gebäude stehen hat - für jedes Feld 1 Dammholz. Ein Spieler darf aber nie mehr als 5 Dammhölzer besitzen.
Ernte an einem bestimmten Fluss: je 3x Rio Verde und Rio Moreno
Wird eine solche Karte ausgewertet, erhält jeder Spieler - der auf, von diesem Fluss bewässerten Anbau- bzw. Waldfeldern einen Campesino oder ein Gebäude stehen hat - für jedes Feld 100 Rio bzw. 1 Dammholz.

Wurde eine Erntekarte ausgewertet, so kommt sie offen auf einen Ablagestapel und die Kartenreihe wird mit der obersten verdeckten Erntekarte aufgefüllt, indem diese offen an das hintere Ende gelegt wird.

Desperados: je 1x Rio Verde und Rio Moreno
Wird beim Nachziehen eine solche Karte aufgedeckt, so wird diese nicht an das hintere Ende der Kartenreihe gelegt, sondern sofort ausgeführt. Auf den ersten drei Feldern des genannten Flusses - auf denen sich Campesinos befinden, und die nicht von einer Hazienda beschütz sind - werden von den Desperados je ein Campesino in die Stadt vertrieben.

Danach kommt die Karte auf den Ablagestapel und es wird sofort eine neue gezogen, um die Kartenreihe zu ergänzen.

Spielende:
Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler 4 Gebäude (es muss auch die Hazienda darunter sein) auf bewässerten Feldern oder alle 5 Gebäude gebaut hat. Dieser Spieler hat gewonnen.

Fazit:
Dos Rios ist ein lustiges, kurzweiliges und taktisches Aufbauspiel, mit einem nicht zu geringen Ärgerfaktor.

Jeder Zug besteht darin, mit seinen Campesinos das Optimum für diesen Zug herauszuholen, gleichzeitig aber auch so viel wie möglich fremde Campesinos von (zukünftigen) ertragreichen Feldern zu vertreiben.
Da dies meist durch Um- bzw. Ableiten von Flüssen, aber auch durch Legen von Dämmen erfolgt, geschieht sehr viel am Spielplan und er verändert sich von Zug zu Zug (meist sogar) erheblich.
Und immer wieder muss man sich dann auf neue Gegebenheiten ein- und umstellen, und darauf reagieren, was (unter Umständen auch selbst) „verursacht“ wurde.
Außerdem ist man auch immer im Zwiespalt, ob man seine Campesinos „aufteilt“ und angreifbarer macht, um das große Geld zu machen oder ob man lieber auf „Nummer sicher“ geht, und die Campesinos im „Doppelpack“, und somit sicherer spielt.
Aber genau davon und damit lebt das Spiel, und hat uns allen sehr gut gefallen.
Auch erschließt sich einem das Spiel mit jeder Runde mehr, und man entdeckt Möglichkeiten und Taktiken die man unbedingt noch ausprobieren möchte.
Wichtig, und nicht ganz klar aus der Spielanleitung herauszulesen ist, dass man sein Geld verdeckt halten soll.
Dies kann vor allem in der Schlussphase des Spieles von Bedeutung sein, wenn einem - unter Umständen - nur mehr ein paar 100 Rio für das letzte Gebäude fehlen.

Das Spiel spielt sich sowohl mit 2 Spielern, als auch in voller Besetzung sehr gut, läuft aber sehr unterschiedlich ab. Zu Zweit ist es ein sehr taktisches Spiel, und das Spiel bzw. die Spielzüge lassen sich vorausplanen und -denken. Mit 3 und (vor allem mit) 4 Spielern ist das Spiel aber zunehmend chaotischer und ganz und gar nicht mehr planbar. Hier kann man nur mehr auf bestehende Situationen reagieren und der Ärgerfaktor rückt immer mehr in den Vordergrund.
Spaß macht Dos Rios aber allemal - eben nur in verschiedener Hinsicht ...

Das Spielmaterial besteht aus kompakten Karton und hölzernen Spielfiguren bzw. Dammhölzern. Die Grafiken sind hübsch und gut zum Thema passen ausgefallen. Beim Aufbau des Spielplanes sollte man sich aber unbedingt genau an die Spielanleitung halten, und die Einlegeteile von links nach rechts „einbauen“.
Der Rahmen ist nämlich so genau ausgelegt, dass es sonst zu Problemen kommen kann, wenn man das letzten Teil einlegen möchte. Etwas sanfte Gewalt ist auch so schon notwendig. Dafür hält der Spielplan aber sehr gut zusammen und es gibt kein verrutschen ...
Bei den Erntekarten hatten wir anfänglich etwas Probleme, die Desperado-Karten zu erkennen. Obwohl diese mit einer „rötlichen“ Umrandung gekennzeichnet sind, fiel uns das beim Nachziehen nicht unbedingt immer sofort auf, so dass es anfänglich auch vorgekommen ist, das Desperado-Karten „ausgelegt“ wurden. Nach mehreren Spielen gewöhnt man sich aber schnell daran, und der „Fehler“ kommt dann nicht mehr vor.
Das Spielgeld ist zwar etwas „dünn“ ausgefallen und könnte handlicher sein, dem Spielspaß tut dies aber keinen Abbruch.
Untergebracht ist alles in einer Schachtel mit genügend Fächern, wo die Teile ihren Platz und haben und auch nach einem Transport behalten.

Die Spielanleitung ist übersichtlich und strukturiert auf 4 großformatigen Seiten untergebracht. Es gibt reichlich Bilder und ausführliche Beispiele, und bis auf den Punkt mit dem verdeckt zu haltenden Geld blieben keine Fragen offen. Grundsätzlich eine vorbildliche Anleitung, wie man sie sich nur wünschen kann …

Mit einer Spieldauer von ca. 60 Minuten (wenn nicht ein allzu genauer „Planer“ bzw. „Denker“ dabei ist), hat man mit Dos Rios ein wunderbares Spiel, dass man jederzeit auf den Tisch bringen kann, und für das man seine Mitspieler sicher nicht suchen muss ...

Vielen Dank an KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Dos Rios" bei spielenet.de