Spielbesprechung von Györög Kurt
Dracula
18.03.2004

von Michael Rieneck
Kosmos
für 2 Spieler
ab 12 Jahren

„Der unselige Graf Dracula ist mit dem Schiff im Hafen eingelaufen, um Schrecken über die Stadt zu bringen. Doch sein Verfolger Dr. van Helsing hat sich ebenfalls auf den Weg gemacht. Gerade ist er mit der Kutsche angekommen. Ihre Helfer haben die beiden Erzfeinde schon vorausgeschickt. Das Ziel Draculas ist es, fünf unschuldige Opfer in den Häusern zu finden. Van Helsing muss dies verhindern und gleichzeitig die fünf in der Stadt versteckten Särge des untoten Grafen finden, was dieser natürlich zu unterbinden versucht. Wer wird den Zweikampf wohl für sich entscheiden?“

Die Nacht der Entscheidung ...

Spielmaterial:
1 Spielplan, 30 kleine Begegnungs- und 20 große Handlungskarten, 2 Spielfiguren, 8 Energiesteine, 4 Barrieren (rot, blau, grün und gelb) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Als Erster alle 5 gegnerischen Zielkarten zu finden - oder dafür zu sorgen, das der Gegner seinen letzten Energiestein abgeben muss.

Spielablauf:
Die Spieler entscheiden sich, wer Dracula und wer Dr. van Helsing spielen möchte.
Der Spielplan wird in die Tischmitte gelegt. Auf ihm sind (in einem 3 x 4 Raster) 12 Orte abgebildet - 10 Häuser, 1 Hafen = Startfeld von Dracula und 1 Kutschenstation = Startfeld von van Helsing..
Dracula erhält die schwarze Spielfigur, 4 schwarze Energiesteine, seine 10 Handlungs- und 15 Begegnungskarten (9x Vampir, 1 Draculas Amulett und 5x Gruft).
Van Helsing erhält die braune Spielfigur, 4 braune Energiesteine, seine 10 Handlungs- und 15 Begegnungskarten (9x Vampirjäger, 1 van Helsings Kruzifix und 5x Opfer).
Beide Spieler mischen ihre Handlungskarten, nehmen verdeckt die obersten 5 Karten und legen diese als ihren verdeckten Vorrat vor sich ab. Dies sind die aktuellen Handlungskarten, die man sich jederzeit ansehen darf - die restlichen 5 Karten werden beiseite gelegt.
Jeder spielt wählt aus seinen Begegnungskarten 6 Karten aus. Alle 12 Karten (die 6 Karten von Dracula und die 6 Karten von van Helsing) werden verdeckt gemischt und ebenfalls verdeckt und zufällig auf die 12 Orte am Spielplan verteilt. Die restlichen 9 Begegnungskarten legt jeder Spieler als 2. Vorrat vor sich ab.
Dracula setzt zusätzlich seine Figur auf den Hafen, van Helsing seine auf die Kutschenstation.
Jetzt werden noch die 4 Barrieren und alle 8 Energiesteine neben dem Spielplan bereitgelegt.

Die Handlungskarten:
Jeder Spieler verfügt über 10 Handlungskarten - wobei die Kartensätze für Dracula und van Helsing verschieden sind.
Auf allen Handlungskarten sind aber folgende Angaben enthalten:
  • Schrittzahl: in der linken oberen Ecke - sie gibt an, wie weit der Spieler in seinem Zug mit dieser Karte maximal ziehen darf bzw. kann. (1 Schritt = die Bewegung der Spielfigur von einem Ort zu einem, waagerecht oder senkrecht - benachbarten Ort.)
  • Kampfstärke: in der rechten oberen Ecke - in jedem Kartensatz gibt es eine Karte, die keine Kampfstärke hat.
  • Farbe des Balkens: unter dem Namen der Karte - sie gibt an, welche Barriere ins Spiel gebracht bzw. versetzt werden darf.
  • Sonderaktion: der Text auf der Karte gibt an, ob bzw. welche Sonderaktion mit ihr durchgeführt werden darf.

    In jedem Spiel muss genau eine Handlungskarte - und zwar nach der Bewegung seiner Figur - ausgespielt werden.
    Die - auf der Karte - aufgedruckte Schrittzahl muss mindestens so hoch sein, wie die Anzahl der Schritte, die man mit seiner Figur gezogen ist.
    Kommt es nach der Bewegung zu einem Kampf, so ist auch für diesen, der - auf dieser Karte aufgedruckte - Kampfwert ausschlaggebend.
    Deshalb sollte man bei der Bewegung seiner Spielfigur auch immer gut überlegen, welche Karte man danach ausspielen möchte.

    Nach dem Ausspielen der Handlungskarte kommt diese - für jeden Spieler separat - auf einen eigenen Ablagestapel.
    Sind alle 5 Karten aufgebraucht, so werden die beiseite gelegten (restlichen) Handlungskarten auf die Hand genommen und gespielt. Sind auch diese verbraucht, werden wieder alle 10 Karten gemischt und - wie anfänglich - wieder zwei 5er-Stapel gemacht, mit denen wieder weitergespielt wird.

    Dracula beginnt das erste Spiel - danach immer der Verlierer des letzten Spiels.
    Abwechselnd wird nun jeweils ein Spielzug durchgeführt. Dieser besteht immer aus 2 Teilen:

    1. Bewegung der eigenen Spielfigur:
    Die Spielfigur darf dabei nur waagerecht oder senkrecht auf direkt benachbarte Orte gezogen werden - wobei man die Figur um mindestens 1 Schritt weiterbewegen muss.
    Es ist erlaubt, auf den Ort zu ziehen, auf dem sich die gegnerische Figur befindet. Der Spieler - der am Zug ist - entscheidet dann, ob sich beide Spieler gegenseitig alle Begegnungskarten ihres Vorrats zeigen müssen.
    Nach jedem Schritt - und auch nach einer „gemeinsamen Begegnung“ - darf der Spieler für sich entscheiden, ob er die, auf dem jeweiligen Ort liegende Karte ansehen möchte oder nicht:
    • Ist es eine eigene Karte: so darf man diese zu seinen eigenen Begegnungskarten dazulegen - ohne diese seinem Mitspieler zeigen zu müssen. Danach legt man eine beliebige seiner Begegnungskarten (es kann auch die soeben aufgedeckte sein) wieder verdeckt auf den Ort zurück - und ist weiterhin dran - und kann seine Spielfigur weiterbewegen.
    • Ist es eine gegnerische Karte: so muss die Karte aufgedeckt und abgehandelt werden:
      • Opfer oder Vampirgruft: gegnerische Zielkarten werden offen auf dem Tisch abgelegt - und durch eine eigene Begegnungskarte am Spielplan ersetzt.
      • Vampir bzw. Vampirjäger: Gegner des Mitspielers müssen bekämpft werden. Ausschlaggebend ist die Kampfstärke der - nach der Bewegung - ausgespielten Handlungskarte:
        • Ist die Kampfstärke höher: so hat man den Gegner besiegt und die Karte kommt auf den Ablagestapel des „Besitzers“ - und wird am Spielplan durch eine eigenen Begegnungskarte ersetzt.
        • Ist die Kampfstärke niedriger: so hat man den Kampf verloren und die Karte kommt wieder verdeckt auf den Ort zurück. Der unterlegene Spieler muss aber dafür einen Energiestein abgeben.
        • Ist die Kampfstärke gleich hoch: so gibt es ein unentschieden und die Karte kommt wieder verdeckt auf den Ort zurück - es muss aber kein Energiestein abgegeben werden.
      • Draculas Amulett bzw. van Helsings Kruzifix: wird das gegnerische Zeichen der Macht aufgedeckt, so verliert man sofort - ohne Kampf - einen Energiestein.
      Müsste man auf einen Ort eine Begegnungskarte legen - hat aber keine mehr im Vorrat - so bleibt der Ort einstweilen leer, und kann im weiteren Spielverlauf von jedem Spieler - der den Ort wieder betritt - „befüllt“ werden.
      Der Bewegung des Spielers endet jedoch auf alle Fälle.

    2. Ausspielen einer Handlungskarte:
    Mit dem Ausspielen der Handlungskarte muss für die Anzahl der gezogenen Schritte bezahlt werden.
    Ist der Spieler jedoch weiter gezogen, als die Schrittzahl auf der Karte, so muss für jeden überzähligen Schritt ein Energiestein abgegeben werden.

    Nach dem „Bezahlen“ für die Bewegung, kommen nun auch noch die restlichen „Funktionen“ der Karte zum Tragen:
    • Kampfstärke: um - wie oben beschrieben - einen Kampf bestreiten zu können.
    • Sonderaktionen: die Sonderaktionen der Karte können sich auf den aktuellen Zug, aber auch auf den nächsten Spielzug des Gegners auswirken - müssen aber vom Spieler nicht eingesetzt werden.
    • Barrieren: zum Abschluss des Zuges darf der Spieler noch die, auf der Karte angegebene Barriere, auf das Spielbrett legen bzw. dort versetzen. Dabei ist zu beachten, dass Barrieren immer zwischen zwei Orten gelegt werden müssen - und das der Spielplan dabei nicht in zwei Hälften getrennt werden darf. Jeder Ort muss immer irgendwie erreichbar sein.
      Ist auf der Karte ein grauer Balken aufgedruckt, so darf jede beliebige Barriere gelegt bzw. versetzt werden.

    Ist der Spieler mit seinem Zug fertig, so kommt sein Mitspieler an die Reihe.

    Spielende:
    Das Spiel endet, wenn ...
    • ein Spieler nachweisen kann, das sein Gegenspieler keine Zielkarten mehr auf dem Spielplan hat:
      Dies ist dann der Fall, wenn ein Spieler alle 5 Zielkarten gefunden und offen vor sich abgelegt hat - oder aber auch, wenn ein Spieler nach einer „gemeinsamen Begegnung“ - nach dem Aufdecken der gegnerischen Begegnungskarten - alle restlichen Zielkarten dort findet - und somit „sichtbar“ macht. Dieser Spieler hat das Spiel sofort gewonnen ...
    • ein Spieler seinen letzten Energiestein abgeben muss:
      Dieser Spieler hat das Spiel verloren ...

    Fazit:
    Dracula ist ein interessantes und spannendes Merk- und Positionsspiel, indem aber auch Glück und Bluff ihre Rolle spielen, dass aber auf alle Fälle kurzweilig ist und viel Spaß macht.

    Das Spielmaterial ist sehr gut gelungen, und stimmig und atmosphärisch sehr gut ausgefallen. Die Illustrationen auf dem Spielplan und den Karten bringen wirklich Nacht- und Nebel, aber auch Gruselstimmung auf den Tisch - und sorgen schon alleine damit für eine gewisse Spannung, ohne dass das Spiel begonnen hat. Die Figuren und Barrieren sind aus Holz - und alles ist wunderbar in einer gewohnten „2-Spieler“ Spielschachtel untergebracht.

    Die Spielanleitung beschreibt auf 8 Seiten ausführlich und genau den Ablauf des Spieles. Sie ist mit vielen Bildern, Beispielen und Erklärungen (vor allem für die Sonderaktionen) ausgestattet, strukturiert aufgebaut und erlaubt so ein schnelles Wiederauffinden von Passagen bzw. Stellen, wenn man etwas nachlesen bzw. noch mal durchlesen möchte. Fragen blieben bei uns keine offen - nach dem ersten Mal Durchlesen der Spielanleitung aber der Eindruck, dass es sich bei dem Spiel um ein sehr komplexes Spiel handeln muss, dass kompliziert und umständlich bzw. schwierig ablaufen muss.
    Wenn man aber die ersten Partien hinter sich gebracht hat, merkt man sehr schnell, dass alles eigentlich ganz einfach und leicht überschaubar ist. Einzig, das man seine Handlungskarten erst nach der Bewegung ausspielen darf - an das muss man sich gewöhnen. Dann aber spielt sich Dracula recht flüssig und schnell - und macht auch sehr viel Spaß. Dazu trägt sicher einiges die Möglichkeit des Bluffens bei. Mal ganz bewusst Barrieren so gelegt, dass der Mitspieler glaubt, dahinter muss sich Wichtiges verbergen - oder aber auch der bewusste Tausch einer Begegnungskarte mit der gleichen Karte, aber so getarnt - als würde man ein großartiges, taktisches Manöver ausführen bzw. planen.

    Wenn das Spiel auch gewisse „Memory“-Elemente beinhaltet - allzu viel und zu genaues Merken von Karten bringt in diesem Spiel nicht sehr viel. Jede Karte kann - mehr oder weniger - jederzeit wieder ausgetauscht bzw. verändert werden, und man ist wieder aufs Raten angewiesen.

    Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - ist Dracula spannend und macht auch so viel Spaß - wenn man dieser Art von Spiel mag, in der es eben auch auf das Quäntchen Glück ankommt, oder aber auch auf den geeigneten Moment, wo man sein „Pokerface“ aufsetzt und Sachen vorgibt, die dann gar nicht passieren bzw. stattfinden.
    Man sollte Dracula als nicht allzu ernstes Spiel nehmen, und nicht versuchen viele strategische bzw. taktische Elementen einbringen zu wollen - dies ist zwar sicher zu einem Teil sehr gut möglich - vor allem sollte man Dracula als ein Spiel sehen, an dem man Spaß und Spannung haben will und kann.

    Das Spiel hat aber auch eine sehr angenehme - und für diese Art von Spiel - sehr gut passende Spieldauer von ca. 30 Minuten. Dadurch ist eine Revanche immer drin bzw. sollte auch auf alle Fälle eingeplant werden.
    Da die beiden Kartensätze für Dracula und van Helsing nicht gleich sind - und teilweise doch verschiedene Möglichkeiten bieten - sollte jeder mal in die eine und dann in die andere Rolle schlüpfen - um einen gerechten „Macht“-Vergleich machen zu können.

    Dracula ist ein spannendes und interessantes Spiel mit vielen Elementen, dass man auf alle Fälle einmal ausprobieren sollte ...

    Vielen Dank an KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

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