Spielbesprechung von Györög Kurt
Die Brücken von Shangrila
26.02.2004

von Leo Colovini
Kosmos
für 3 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„Einst lebten hoch oben in den Dörfern von Shangrila die weisesten Menschen der Erde. Doch eines Tages verschwanden diese Weisen auf geheimnisvolle Art und nur einer, nämlich der legendäre unsichtbare Brückensprenger, blieb zurück. Kaum hatte die Kunde vom Auszug der Weisen die Runde gemacht, schickten die Bergvölker, die in den Hochtälern rund um Shangrila lebten, ihre gewitztesten Meister und deren gelehrigste Schüler auf große Wanderschaft dorthin. Sie sollten dafür sorgen, dass künftig ihre eigene Kultur auf Shangrila vorherrsche.“

Lasst uns die Brücken sprengen und sehen, wer der größte Meister ist ...

Spielmaterial:
1 Spielplan, 23 Holzbrücken, 168 Meisterplättchen (in 4 Farben mit je 6x 7 Meistersymbolen - Heiler, Drachenzüchter, Feuerbewahrer, Gebetsmüller, Regenmacher, Sterndeuter und Yeti-Flüsterer), 11 Steine der Weisen (und 1 Ersatzstein), 2 Startaufstellungen mit Kurzregeln und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Ende des Spieles die meisten Plätze in den Dörfern von Shangrila mit Meistern der eigenen Farbe besetzt zu halten.

Spielablauf:
Der Spielplan wird in die Mitte des Tisches gelegt. Auf ihm gibt es 13 Dörfer - mit jeweils 7 verschiedenen Meister-Symbolfeldern - die durch Wege miteinander verbunden sind. Jeder dieser Wege ist durch eine Bruchstelle unterbrochen.
Auf jede dieser Bruchstellen kommt eine der 23 Holzbrücken - außer ihm Spiel zu dritt werden nur 20 Holzbrücken benötigt, da das rote Dorf, im rechten oberen Eck, nicht mitspielt.
Die 11 bunten Glassteine („Steine der Weisen“) werden neben dem Spielplan bereit gelegt - und jeder Spieler erhält die Meisterplättchen seiner Farbe. Von jedem der 7 Symbole (=Gilden) gibt es 6 Meisterplättchen.

Vor Beginn des eigentlichen Spieles setzen die Spieler reihum 7 verschiedene Meisterplättchen (= 1 Meisterplättchen jeder Gilde) der eigenen Farbe in Dörfer der eigenen Wahl. Das Meisterplättchen kommt dabei immer auf das dementsprechende Meister-Symbolfeld im Dorf.
In dieser Einsetzphase dürfen je Dorf nicht mehr als 3 Plättchen insgesamt - und nicht mehr als 2 Plättchen einer Farbe in einem Dorf platziert werden. (Beim Spiel zu dritt dürfen pro Dorf nicht mehr als 2 Plättchen gesetzt werden - und diese Plättchen müssen von verschiedenen Spielern kommen.) Diese Einschränkung gilt aber nur für die Einsetzphase.
Die verbleibenden 5 Meisterplättchen je Gilde bilden nun den Vorrat des jeweiligen Spielers.

Anfänglich kann das Spiel aber auch mit einer vorgegebenen Startaufstellung begonnen werden, um schneller in die taktischen Feinheiten des Spieles zu kommen.

Wer an der Reihe ist, wählt stets eine der folgenden 3 Möglichkeiten:
  • ein Meisterplättchen in einem Dorf platzieren, oder ...
  • Schüler rekrutieren, oder ...
  • Wanderung der Schüler veranlassen.

Ein Meisterplättchen in einem Dorf platzieren:
Dazu nimmt der Spieler ein Meisterplättchen aus seinem Vorrat, und platziert dieses auf einem entsprechenden freien Meister-Symbolfeld in einem Dorf, in dem er mindestens schon ein weiteres eigenes Meisterplättchen liegen hat.

Schüler rekrutieren:
Dazu nimmt der Spieler bis zu zwei Meisterplättchen aus seinem Vorrat, und legt diese auf entsprechende Meisterplättchen der eigenen Farbe. Diese werden somit zu „Schülern“. Die zwei „Schüler“ können auf Meisterplättchen in verschiedenen Dörfern eingesetzt werden - auf einem Meister darf aber immer nur maximal ein „Schüler“ liegen.

Wanderung der Schüler veranlassen:
  • Eine Wanderung kann immer nur zwischen zwei direkt benachbarten Dörfern stattfinden, die durch eine Brücke miteinander verbunden sind.
  • Eine Wanderung kann nur von einem Spieler veranlasst werden, der in dem Dorf - aus dem ausgewandert wird - mindestens einen eigenen „Schüler“ liegen hat.
  • An der Wanderung nehmen alle „Schüler“ eines Dorfes teil - die Meister bleiben auf ihren Plätzen zurück.
  • Der Spieler - der die Wanderung veranlasst - entscheidet in welches Dorf ausgewandert wird.
  • Sobald die Wanderung durchgeführt wurde, wird die Brücke zwischen den beiden Dörfern abgerissen.
  • Sind alle Brücken zu einem Dorf abgerissen, so kehrt „Friede“ in das Dorf ein. Als Kennzeichnung erhalten diese Dörfer einen „Stein der Weisen“ - und es dürfen in diesem Dorf keine Aktionen mehr durchgeführt werden.
  • Die Stärke eines Dorfes ergibt sich aus der Summe aller Plättchen - Meister und Schüler - die sich in einem Dorf befinden. Gibt es hier einen Gleichstand, gilt jenes Dorf als stärker, in dem es mehr Meister gibt. Gibt es auch hier einen Gleichstand, so gilt jenes Dorf als stärker, in das eingewandert werden soll.

Bei einer Wanderung können folgende Fälle auftreten:
a) Das Dorf, aus dem die Schüler auswandern, ist stärker als das Dorf, in das die Schüler einwandern. Dann ist wie folgt vorzugehen:
  • trifft ein Schüler auf ein leeres Symbolfeld seiner Gilde, so besetzt er das Feld und wird zum Meister.
  • trifft ein Schüler auf ein besetztes Symbolfeld seiner Gilde, so kommt er auf den Meister und bleibt Schüler. Sollte sich dort bereits ein Schüler befinden, so kommt er in den Vorrat des Spielers zurück.
  • trifft ein Schüler auf ein besetztes Symbolfeld einer fremden Gilde, so wird er neuer Meister. Der „alte“ Meister kommt in den Vorrat seines Besitzers zurück. Sollte sich auf dem „alten“ Meister auch noch ein Schüler der fremden Gilde befinden, so kommt auch dieser zurück in den Vorrat des jeweiligen Spielers.

b) Das Dorf, aus dem die Schüler auswandern, ist schwächer als das Dorf, in das die Schüler einwandern. Dann passiert folgendes:
  • trifft ein Schüler auf ein leeres Symbolfeld seiner Gilde, so besetzt er das Feld und wird zum Meister.
  • trifft ein Schüler auf ein besetztes Symbolfeld, so wird er - auch von eigenen Meistern - abgewiesen, und kommt in den Vorrat des Spielers zurück.

Hat der Spieler seine Aktion durchgeführt, so kommt der nächste an die Reihe.

Spielende:
Das Spiel endet sofort, nachdem der letzte „Stein des Weisen“ gelegt wurde (es bleiben immer 2 Dörfer übrig.)

Wer nun die meisten Meister-Symbolfelder in den Dörfern besetzt hat, ist Sieger.
Bei Gleichstand gewinnt, wer in den meisten Dörfern vertreten ist.

Fazit:
Die Brücken von Shangrila ist ein faszinierendes - wenn auch anfänglich etwas unscheinbares - Lege- und Positionsspiel der „Meisterklasse“.
So einfach und simpel es auch im Ablauf ist, eröffnen sich dem Spieler mit jeder neuen Runde, neue taktische Möglichkeiten. Und immer wieder kommt man auf neue Kniffe und Tricks, die man ausprobieren könnte und möchte.
Ein langer Spielreiz und -spaß ist damit auf alle Fälle gesichert.
Auch lässt sich das Spiel auf mehrere Arten spielen, ohne das es damit etwas von seinem Reiz verliert. Mal kann man es mit der sicheren und eher konfrontationslosen Art spielen, oder aber auch auf Angriff - wo man alles daran legt, möglichst viele fremde Meister zu vertreiben.
Mit jeder Runde durchschaut man das Spiel mehr und lernt vorausschauender zu Planen. Da dieses Spiel ohne jeglichen Glücksfaktor auskommt, ist dies auch sehr gut möglich.

Das Spielmaterial besteht zum größten Teil aus kompakten, einfachen - aber nett illustrierten - Plättchen, 23 hölzernen (richtigen) Brücken und 12 grünen Glasperlen. Die Plättchen scheinen anfänglich nicht so ganz zur restlichen Art des Spielmaterial zu passen - schnell erkennt man aber, das die einfache Lösung mit den einfärbigen Plättchen der Übersicht am Spielplan sehr gut tut. Mit bunten Plättchen hätte es da sicherlich Probleme gegeben.
Das Ganze ist in einer großen Schachtel mit doch recht viel „Luft“ untergebracht. Hier hätte man sicherlich auch auf eine halb so große Schachtel (von der Höhe her) zurückgreifen können, wie wir sie von den Erweiterungen zum Der Herr der Ringe kennen.

Die Spielanleitung ist auf 4 großformatigen Seiten zusammengefasst, vorbildlich aufgebaut und mit vielen Bildern und ausführlichen Beispielen versehen. Fragen sind bei uns keine offen geblieben. Da der Ablauf des Spieles aber auch sehr einfach ist, ist ein Einstieg nach längerer Pause auch kein Problem.

Das Spiel lässt sich in beiden Besetzungen - zu dritt und zu viert - sehr gut spielen. Die Spieldauer von ca. 60 Minuten wird man in den meisten Fällen auch einhalten können - außer man hat den perfekten Denker und Grübler in der Runde mit dabei, der alles ganz genau und bis in letzte Detail vorausrechnen will.
Dann kann sich das Ganze schon auch mal in die Länge ziehen und über die vorgegebenen 60 Minuten Spieldauer hinausgehen.

Die Brücken von Shangrila ist ein Spiel, das vor allem Taktiker, Grübler bzw. Tüftler ansprechen wird. Aber auch Gelegenheitsspieler können aufgrund des einfachen, aber doch spannenden Spielablaufes, ihren Reiz am Spiel finden.
In unseren Runden ist das Spiel auf alle Fälle sehr gut ankommen - und wird immer wieder gerne gespielt ...

Vielen Dank an KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

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