Spielbesprechung von Györög Kurt
Sankt Petersburg
01.07.2004

von Michael Tummelhofer
Hans im Glück
für 2 - 4 Spieler
ab 10 Jahren

„1703 gründete Zar Peter der Große Sankt Petersburg, schon bald das „Paris des Osten“ genannt. Der Winterpalast, die Eremitage, die Erlöserkirche und viele andere Bauwerke begeistern noch heute Besucher aus aller Welt. Aber Sankt Petersburg war nur ein Teil seiner vielfältigen Aktivitäten. Peter reformierte das gesamte russische Reich und führte es vom Mittelalter in die Zeit des übrigen Europas. Dazu benötigte er eine neue Verwaltung, für die er vor allem die Adligen in die Pflicht nahm. Auch das Handwerk erlebte eine Blütezeit, da es im neuen Russland viel zu tun gab. Einiges von all dem kann man in SANKT PETERSBURG spielerisch nachvollziehen.
Die Spieler versorgen sich mit Handwerkern, Bauwerken und Adligen und legen sie vor sich aus. Sie bringen während des Spiels laufend Gold und Punkte oder beides. Für die Adligen gibt es am Spielende noch zusätzlich Punkte. Wer dies alles bei andauernder Geldknappheit am besten organisiert, gewinnt das Spiel.“


Lasst uns Handwerker und Adlige anwerben, sowie Gebäude bauen ...

Spielmaterial:
1 Spielplan, 116 Karten (31 Handwerker, 27 Adlige, 28 Bauwerke und 30 Austauschkarten) und 4 dazu passende Startspieler-Steine und -Karten, 8 Holzfiguren (2 Stück je Farbe), 382 Rubel (in den Werten 1, 2, 5, 10 und 20) und 1 Spielanleitung.

Spielziel:
Am Spielende die meisten Punkte gesammelt zu haben.

Spielablauf:
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Die Karten werden nach ihrer Art (Handwerker, Gebäude, Adlige und Austauschkarten) getrennt verdeckt gemischt, und auf die passenden Felder am Spielplan - ebenfalls verdeckt - abgelegt. Jeder Spieler erhält 2 Spielfiguren einer Farbe - eine kommt auf das Feld „0“ der Zählleiste, die zweite vor den Spieler. Außerdem gibt es noch 25 Rubel - der Rest wird als „Bank“ neben dem Spielplan bereitgelegt.
Das Geld wird während des ganzen Spieles geheim gehalten.

Jetzt werden noch die 4 Startspieler-Karten verdeckt gemischt und auf die Mitspieler aufgeteilt. Dabei kann es vorkommen dass ein oder mehrere Spieler 2 Karten erhalten. Nach dem Aufdecken der Karten, werden diese durch die passenden Startspieler-Steine ersetzt.

Der Spieler mit dem Startspieler-Stein der Handwerker ist Startspieler, und legt vor dem eigentlichen Spielbeginn noch doppelt so viele Handwerker - wie Spieler teilnehmen - vom entsprechenden Handwerker-Kartenstapel offen auf den Spielplan.
Der Handwerker-Kartenstapel ist in der 1. Runde der aktive Kartenstapel. Die Karten kommen in die oberste, der beiden Reihen am Spielplan. Danach beginnt das eigentliche Spiel.

Sankt Petersburg wird in mehreren Durchgängen gespielt, wobei jeder Durchgang aus 4 Runden besteht:
1. Die Runde der Handwerker
2. Die Runde der Bauwerke
3. Die Runde der Adligen
4. Die Runde der Austauschkarten
In den jeweiligen Runden ist immer der entsprechende Kartenstapel der aktive Stapel. Dies zeigt man damit an, indem man diesen Kartenstapel um 90° verdreht.

Jede Runde (bis auf die der Austauschkarten) läuft wie folgt ab:
1. Die Aktionen: Die Spieler haben abwechselnd die Möglichkeit 1 Karte zu kaufen, auf die Hand zu nehmen, von der Hand auszulegen oder zu passen.
Startspieler jeder Runde ist immer der Spieler mit dem passenden Startspieler-Stein.
Kaufen: Der Spieler nimmt eine Karte aus der Auslage, bezahlt die aufgedruckten Kosten und legt die Karte sofort vor sich auf dem Tisch aus.
Auf die Hand nehmen: Der Spieler nimmt eine Karte der Auslage - kostenlos - auf die Hand, wobei man nie mehr als 3 Karten auf der Hand haben darf. (Am Spielende zählen Karten auf der Hand 5 Punkte minus!!!)
Von der Hand auslegen: Der Spieler legt eine seiner Handkarten offen vor sich auf den Tisch aus, und bezahlt danach sofort die aufgedruckten Kosten für die Karte.
Passen: Ein Spieler kann oder will nichts tun.

Die Spieler sind solange nacheinander an der Reihe - und können jeweils eine der angegebenen Aktionen ausführen - bis alle Spieler hintereinander gepasst haben.

Die Kosten der Karten:
Grundsätzlich kostet jede Karte den aufgedruckten Wert. Es gibt aber 4 Möglichkeiten, die Kosten einer Karte zu senken:
1. Für jede - bereits vor dem Spieler ausliegende - gleiche Karte darf man 1 Rubel abziehen.
2. Karten aus der 2. Reihe am Spielplan kosten immer 1 Rubel weniger als aufgedruckt.
3. Wer das Bauwerk „Goldschmiede“ ausliegen hat, zahlt für jede „rote Karte“ 1 Rubel weniger.
4. Wer das Bauwerk „Schreinerei“ ausliegen hat, zahlt für jede „blaue Karte“ 1 Rubel weniger.
Alle Kostensenkungen addieren sich - ein Mindestbetrag von 1 Rubel pro Karte ist aber immer zu bezahlen.

2. Die Wertung: Je nachdem - in welcher Runde sich das Spiel befindet - werden die Handwerker, Bauwerke oder Adligen gewertet. Für jede ausliegende - der Runde entsprechende - Karte gibt es Geld und/oder Punkte.
Geld wird aus der „Bank“ gezahlt, Punkte werden auf der Punkteleiste gezogen.

3. Neue Karten:
Jetzt werden die Karten (in der obersten Reihe am Spielplan) vom nächsten Stapel (rechts vom aktiven Stapel) auf 8 Karten aufgefüllt. Die Anzahl richtet sich dabei aber nach allen Karten am Spielplan - es werden auch Karten in der 2. Reihe berücksichtigt.
Danach wird der Kartenstapel, von dem die Karten nachgezogen wurden, zum neuen aktiven Stapel und um 90° verdreht. Der alte aktive Kartenstapel wird wieder „zurückgedreht“.

Die Runde der Austauschkarten und das Ende eines Durchganges:
  • Die Runde läuft grundsätzlich gleich wie alle anderen Runden ab - es gibt nur keine Wertung.
  • Nachdem alle Spieler gepasst haben, werden alle Karten der 2. Reihe auf den Ablagestapel am Spielplan gelegt. Alle Karten der 1. Reihe kommen in die 2. Reihe.
  • Der Durchgang gilt als beendet - als „nächster“ Stapel gilt der Stapel der Handwerker-Karten, von dem nun wieder die Auslage auf 8 Karten ergänzt wird, und der auch zum nächsten aktiven Kartenstapel wird.
  • Jeder Spieler gibt seine(n) Startspieler-Stein(e) an seinen linken Nachbarn weiter - und ein neuer Durchgang (mit der Handwerker-Runde) beginnt.

Besonderheit der Austauschkarten:
Austauschkarten müssen immer eine Karte derselben Farbe ersetzen, die bereits beim Spieler ausliegt. Bei den grünen Karten ist zusätzlich auch noch auf ein passendes Symbol (rechts oben) zu achten.
Die Karten kosten immer die Differenz zu den Kosten der Karte, die ausgetauscht wird. Es gelten auch hier alle - oben angeführten - Kostensenkungen, und das ein Mindestbetrag von 1 Rubel pro Karte gezahlt werden muss.

Einige besondere Karten:
Mariinskij-Theater: Bei der Wertung der Bauwerke erhält der Spieler für jeden ausliegenden Adligen 1 Rubel.
Steuereintreiber: Bei der Wertung der Adligen erhält der Spieler für jeden ausliegenden Handwerker 1 Rubel.
Potemkinsches Dorf: Beim Kauf kostet die Karte 2 Rubel. Wird sie durch eine Austauschkarte ersetzt, hat sie einen Wert von 6 Rubel.
Lagerhaus: Der Spieler darf bis zu 4 Karten auf der Hand halten.
Schenke: Sofort - nach jeder Wertung der Bauwerke - kann der Spieler sich für je 2 Rubel bis zu maximal 5 Punkte kaufen.
Zar und Zimmermann: Diese Karte kann durch jede grüne Austauschkarte ersetzt werden.
Sternwarte: Diese Karte bringt grundsätzlich bei der Wertung der Bauwerke 1 Punkt. Sie kann aber auch in der Bauwerke-Runde dazu benutzt werden, dass man die oberste Karte eines beliebigen Stapels kaufen und auslegen, auf die Hand nehmen oder auf den Ablagestapel legen darf. Dann erhält man in dieser Wertungsrunde keinen Punkt.

Spielende:
Das Spiel endet, wenn die letzte Karte eines Kartenstapels auf dem Spielplan ausgelegt wird.
Alle Runden dieses Durchgangs werden noch zu Ende gespielt - dann folgt die Schlusswertung:
  • Je nach Anzahl der unterschiedlichen Adligen, die ein Spieler ausliegen hat, erhält er noch 1 bis 55 Punkte.
  • Für je volle 10 Rubel erhält man außerdem noch 1 Punkt.

Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. Bei Gleichstand zählt das verbliebene Geld.

Fazit:
Sankt Petersburg ist ein schnelles und rundes Kartensammel- und Ablagespiel, indem etwas Kartenglück - aber auch viele strategische und taktische Möglichkeiten enthalten sind. Man ist mit ständigem Geldmangel konfrontiert, sowie mit der Aufgabe aus den ausliegenden Karten das Optimum herauszuholen.
Aber genau diese - immer wieder sich wechselnden Situationen und Vorgaben - machen den Reiz dieses Spieles aus, und „verleiten“ immer wieder zu einer neuen Partie (oder auch Revanche) ...

Bei diesem Spiel handelt sich aber auch um ein Spiel, bei dem es weniger um ein gegen- bzw. auch miteinander, sondern um ein nebeneinander geht. Es geht vielmehr darum richtig abzuschätzen, wann der richtige Zeitpunkt zum Kaufen ist - und was man sich dann aus der Auslage „holt“, oder ob man Karten nur in der Hand „zwischenparkt“, was aber wieder mit (eventuell) höheren Kosten verbunden sein kann (da danach - beim Auslegen - keine Kostensenkungen mehr gültig sind).
Auch läuft man dann Gefahr, im richtigen Moment keinen Platz mehr auf der Hand zu haben. Und warte ich zulange, ist die Karte auf alle Fälle weg: entwerde am Ablagestapel oder bei einem meiner Mitspieler ...

Die Spielanleitung erstreckt sich über 8 ausführliche Seiten, und ist auch mit reichlich Bildern und Beispielen versehen, sodass wir eigentlich keine Probleme damit hatten. Kleinere Unklarheiten und Fragen haben sich spätestens nach der 1. Runde von selbst gelöst. Hier darf man sich von der ausführlichen Anleitung nur nicht abschrecken lassen - auch wenn man sie ein paar Mal lesen muss.
Bekommt man das Spiel aber erklärt, so kann man schon nach ein paar Minuten zu spielen beginnen und seinen Spaß haben.

Sollte doch Fragen offen bleiben, so hat man die Möglichkeit sich auf Homepage von Hans im Glück schlau zu machen, und im Abschnitt „FAQ - Fragen & Antworten“ nachlesen.
Auch eine neue überarbeitete Spielanleitung ist in nächster Zeit auf der Homepage angekündigt ...
(08.09.2004: Die neue Anleitung und ein Referenz-Blatt sind nun bereitgestellt und können heruntergeladen werden ...)

Das Spielmaterial besteht aus einem kompakten Spielplan, goldig schimmernden Karten und Holzfiguren. Alles passt sehr gut zum Thema - Kartengrafiken und Illustrationen, Spielplan und auch der Spielablauf haben uns sehr gut gefallen. Für alles gibt es passende Fächer in der Spielschachtel, die eine angenehme Größe hat und leicht unterzubringen ist.

Das Spiel spielt sich in allen Besetzungen sehr gut, und hat mit 45 - 60 Minuten eine angenehme Spieldauer, die eine 2. Partei bzw. Revanche immer zulässt. Geübte Spieler werden sich eher an der unteren Zeitgrenze bewegen, bei Neulingen kann es dann schon auch ab und zu etwas über 60 Minuten hinausgehen.

Auf alle Fälle handelt es sich bei Sankt Petersburg um ein kurzweiliges und interessantes Spiel, das uns sehr gut gefällt.

PS: Beim Autor „Michael Tummelhofer“ handelt es sich um ein Pseudonym, hinter dem sich eigentlich der Verlagseigner von Hans im Glück - Bernd Brunnhofer - versteckt. Nähere Informationen, wie es zu diesem Pseudonym kam, gibt es ebenfalls auf der Homepage unter „FAQ - Fragen & Antworten“

Vielen Dank an HANS IM GLÜCK für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars

"Sankt Petersburg" bei spielenet.de